Nds. Landesarchiv, Abt. Hannover > Kreise

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Beschreibung: Gliederung (Tektonik)

Identifikation (Gliederung)

Titel 

Kreise

Kontext

Geschichte des Bestandsbildners 

Die Einrichtung von Kreisen auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsens reicht zurück bis in die Zeit der Provinz Hannover. Bereits 1867 wurden nach preußischem Vorbild gleichnamige Verwaltungseinheiten geschaffen, die die bis dahin im Königreich Hannover üblichen Ämter ablösten. Die Einrichtung der teilweise bis heute bestehenden Kreise erfolgte allerdings erst nach Erlass einer Kreisordnung für die Provinz Hannover am 6. Mai 1884, mit deren Inkrafttreten zum 1. April 1885 Kreise und Stadtkreise neu gebildet wurden. Damit entstanden staatliche Verwaltungsbezirke, die sowohl den Charakter von Gebietskörperschaften als auch von unteren staatlichen Verwaltungsbehörden hatten. Als Kopf dieser 'Doppelbehörde' war der Landrat bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges Organ der Staatsregierung und führte vom jeweiligen Sitz der Gebietskörperschaft aus die Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung.

Erst infolge einer Revision der Gemeindeordnung (Verordnung Nr. 21 der Militärregierung im Britischen Kontrollgebiet zur Abänderung der Deutschen Gemeindeordnung vom 1. April 1946) wurden die Kreise aus der staatlichen Sphäre herausgelöst. Die Landräte waren nicht länger Vertreter des Staates, sondern als Kreistagsvorsitzende oberste politische Repräsentanten der Kreise als kommunale Selbstverwaltungskörperschaften. Diese 'Vollkommunalisierung' stellte im Vergleich zu den Ländern unter französischer und US-amerikanischer Besatzung eine Besonderheit dar, die auch nach Gründung des Landes Niedersachsen beibehalten wurde.

Das Gesetz zur vorläufigen Regelung einiger Punkte des Selbstverwaltungsrechts vom 28. Mai 1947 (Nds. GVBl 1947 Nr. 7 S 62-63) machte aus den Kreisen kommunale Gebietskörperschaften, mit auftragsweise übertragenen staatlichen Verwaltungsaufgaben. Als solche waren sie zwar keine staatlichen Einrichtungen mehr, jedoch anderen Gemeinden und mit staatlichen Verwaltungsaufgaben betrauten Körperschaften gleichgestellt. Eine Festschreibung der 'Vollkommunalisierung' der Landkreise fand in der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) vom 4. März 1955 (GVBL. I. S. 126) und der Niedersächsischen Landkreisordnung (NLO) vom 31. März 1958 (Nds. GVBl. S. 17) statt. Letztere trat am 1. Juli 1958 in Kraft und bestimmt seitdem – in geänderten Fassungen – die Rechtsstellung und innere Organisation der Landkreise.

Die nächste größere Veränderung für die Landkreise ergab sich aus Neustrukturierungen und Neubildungen im Rahmen der Gebietsreform, die zwischen 1972 und 1978 in Niedersachsen durchgeführt worden ist. Diese umfasste eine zweistufige Kreisreform, die durch Auflösung und Eingliederung die Zahl der Landkreise zunächst von 60 auf 48 und der kreisfreien Städte von 15 auf zehn reduzierte. Betroffen waren hiervon die Landkreise Bersenbrück, Blankenburg, Braunschweig, Burgdorf, Duderstadt, Einbeck, Melle, Wittlage, Zellerfeld, Münden, Neustadt a. Rbge und Springe sowie die Städte Goslar, Hameln, Celle, Lüneburg und Hildesheim.

Durch das Achte Gesetz zur Verwaltungs- und Gebietsreform vom 28. Juni 1977 (Nds. GVBl. S. 233) wurde die Anzahl der Landkreise nochmals von 48 auf 37 reduziert und die der kreisfreien Städte mit Wirkung zum 1. August 1977 von zehn auf neun. Aufgrund einer erfolgreichen Klage vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof wurde der zunächst aufgelöste Landkreis Wittmund zum 1. Januar 1980 wiederhergestellt, sodass letztlich mit Abschluss der zweiten Reformphase 38 Landkreise existierten. Dies entspricht mit einer Ausnahme auch dem derzeitigen Stand. Lediglich Hannover stellt einen Sonderfall dar: zum 1. November 2001 wurde aus der kreisfreien Stadt Hannover und dem Landkreis Hannover die Region Hannover als Kommunalverband besonderer Art gebildet. Ebenso wie ihr Rechtsvorgänger, der Landkreis Hannover, ist sie der größte Landkreis der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2005 ist sie zudem Teil der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg.

Im Jahr 1996 wurde in Niedersachsen die Kommunalverfassung geändert (Landkreisordnung in der Fassung vom 22. August 1996, Nds. GVBl. S. 365). Anstatt der sogenannten 'Doppelspitze' aus ehrenamtlichem Landrat und hauptamtlichem Oberkreisdirektor gibt es fortan einen von der Bevölkerung gewählten, hauptamtlichen Landrat. Er ist oberster Repräsentant des Landkreises und Chef der Kreisverwaltung.

Des Weiteren trat die Allgemeine Zuständigkeitsverordnung für die Gemeinden und Landkreise zur Ausführung von Bundesrecht (AllgZustVO-Kom) vom 14. Dezember 2004 (Nds. GVBl. S. 589) am 1. Januar 2005 in Kraft, die die Wahrnehmung von Bundesangelegenheiten durch die Landkreise regelt.

Eine erneute Veränderung innerhalb der Landkreise bewirkte die Auflösung der Regierungsbezirke zum 1. Januar 2005 und die damit verbundene Abschaffung der Mittelinstanz der bis dahin dreistufigen niedersächsischen Verwaltung. Teile der zuvor von den Bezirksregierungen ausgeführten Aufgaben wurden auf andere Landesbehörden und Körperschaften umverteilt; lediglich 10% konnten kommunalisiert werden.

Am 1. November 2011 trat das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) vom 17. Dezember 2010 (Nds. GVBl. S. 576) in Kraft. Es fasste die in der NLO, NGO, dem Gesetz über die Region Hannover, dem Gesetz über die Neugliederung des Landkreises und der Stadt Göttingen (Göttingen-Gesetz) und der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von Rechtsvorschriften kommunaler Körperschaften (BekVO-Kom) enthaltenen Vorschriften zusammen und nahm eine Anpassung an gewandelte Anforderungen vor. Die bisherigen niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetze und die BekVO-Kom wurden zeitgleich aufgehoben.

Das NKomVG bestimmt als Organe der Landkreise den Kreistag, den Kreisausschuss und den Landrat bzw. die Landräten (§ 7 Abs. 2) und unterscheidet bei der Aufgabenerfüllung der Kommunen zwischen eigenen (kommunalen) und übertragenen (staatlichen) Wirkungskreisen. Dabei sollen die Landkreise im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die für die Einwohner ihres Kreises notwendigen sozialen, kulturellen, sportlichen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereitstellen (§ 4 Abs. 1 und 2). Sie agieren damit als Träger öffentlicher Aufgaben, die entweder von überörtlicher Bedeutung sind (u.a. Bau und Unterhaltung von Kreisstraßen, Erhaltung von Landschaftsschutzgebieten und Naturdenkmalen, Förderung des Fremdenverkehrs und Verbesserung der Wirtschaftsstruktur) oder deren Durchführung die Ressourcen der kreisangehörigen Gemeinden übersteigt (u.a. Ausrüstung der Feuerwehren). Dabei fördern die Landkreise die Gemeinden bei ihrer Aufgabenerfüllung und vermitteln einen angemessenen Ausgleich ihrer Lasten. Die Finanzierung ihrer Ausgaben erfolgt über eine Kreisumlage und den kommunalen Finanzausgleich.

Stand: 2. Juli 2015

Bestandsgeschichte 

Für die Archivierung des in den Landkreisen entstandenen Schriftguts ist bis zur Revision der Gemeindeordnung 1946 und dem damit verbundenen Austritt der Kreise aus der staatlichen Sphäre das Niedersächsische Landesarchiv zuständig. Gemäß dem Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut in Niedersachsen (Niedersächsisches Archivgesetz – NArchG) vom 25. Mai 1993 (Nds. GVBl. S. 129) sind die Landkreise als kommunale Körperschaften selbst für die Sicherung des bei ihnen entstandenen analogen und digitalen Schriftgutes zuständig. Sollten sie keine eigenen Archive unterhalten, kann ihr Schriftgut dem Archiv des Landtags, Archiven anderer kommunaler Körperschaften oder sonstiger der Aufsicht des Landes unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie dem Landesarchiv angeboten werden (§ 7 NArchG). Entsprechend befindet sich das Archivgut der Landkreise in der Regel in Kreisarchiven; in Ausnahmefällen auch als Depositum im Niedersächsischen Landesarchiv.

Stand: 2. Juli 2015

Literatur 

Verfassung und Verwaltung des Landes Niedersachsen. Begr. Von Heinrich Korte. Fortgef. Von Bernd Rebe. 2. Aufl. Göttingen 1986.

Verzeichnis der Gemeinden, Samtgemeinen und Landkreise in Niedersachsen. Hannover 1994-2002.

Hesse, Joachim Jens: Kommunalstrukturen in Niedersachsen. Untersuchung im Auftrag des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Niedersachsen. Berlin 2010.

Kommunalgesetze Niedersachsen. Textsammlung mit Einführung in die Grundzüge des niedersächsischen Kommunalrechts. Hrsg. v. Arne Pautsch. Dresden 2014.

Bearbeiter 

Regina Schleuning (2015)