
Identifikation
Titel
Aufenthalt fremder Unvergleiteter Juden, deren Handlung und von der hiesigen Judenschaft dagegen geführte Beschwerden, auch deshalb ergangene Verfügungen
Laufzeit
1705 - 1789
Enthält
"Dass bei hiesigem Schutzjuden, dem alten Isaak, sich ein fremder Jude [...] schon über drey Viertel Jahre aufgehalten", vermerken die Geheimbten pp. Rähte übel und verlangen dessen "ohnverzüglichen" Fortzug, da "keinem der vergleiteten Juden gebühret frembde Juden über einige wenige Tage bey sich zu behalten" (cf. Blatt 1, dat. April 1705). Auch dem "nicht in gewöhnlichen Schutz" genommenen Juden Heine Behrens sei zu bedeuten, sich "innerhalb 8 Tagen von hier weg begeben [...] bey Vermeidung willkührlicher Strafe" (cf. Blatt 4, dat. Juli 1710, die "zur Justitz Cantzley des Fürstenthumbs Zell verordneten pp. Rähte" an Burgvogtei). Zur Beschwerde der "hiesigen gesambten Schutzjuden" über das Verweilen Heine Behrens cf. Blatt 5ff., eine weitere Beschwerde ergeht im August 1713 durch den Burgvogtei selbst, weil unvergleitete Juden "Ihr demeure, wie Sie intendiren, noch ziemliche Zeit alhie anhalten mögte"(cf. Blatt 8ff). Im April 1824 erlassen die Geheimbten Räthe "an die Magistrate in den großen Städten im Lande" eine Verlautbarung wg. des Edikts bzgl. Beherbergung von fremden Juden, diese dürften, sofern sie "reputirliche Juden" seien, "bey Ihren Glalubensgenossen abtreten und von denenselben beherberget" werden, sofern jenes der "Obrigkeit des Orts" angemeldet werde, für "Bettel: und andere liederliche diebische Volk und Landstreichern" hingegen bleibe besagtes Edikt bestehen (cf. Blatt 11). 1731 richten die Celler Schutzjuden ein Supplicatum an den Burgvogt, sie vor "Nahrungsstöhrern" zu schützen, da "hiesige Judenschaft, die doch bekandtermaßen an SchutzGeldern jährlich eincontribuiret, hierdurch in ihrer ohedehm gar sauren und schlechten Nahrung nicht wenig gedrücket und beeinträchtiget" werde, namentlich richtet sich die Beschwerde gegen den "frembde(n) unvergleitete(n) Jude(n) Israel von Hamburg", der "durch seine beständig treibende Handlung (scil. des Hausierens) der hiesigen säbtlichen Judenschaft großen Abbruch" tue (cf. Blatt 14ff., siehe dort auch weitere Beschwerdepunkte). Eine ähnliche Klageführung verhandelt die Burgvogtei gegen drei weitere Juden (cf. Blatt 17f.). 1732 erlassen die Geheimten Rähte eine Verordnung, dass Juden, die "außerhalb Jahr=markts" hausieren gehen, ihrer Waren verlustig erklärt werden, auch ihren Schutzbrief verlieren sollen, falls sie diesen mißbräulich "außländischen Juden" überlassen (cf. Blatt 19). Blatt 20-30 (dat. November 1736 bis August 1737) umfaßt den Schriftwechsel zwischen den Kgl. pp Geheimten Rähten und der Burgvogtei bzgl. des sich bei seinem Schwiegervater aufhaltenden Juden Abraham Lübmann Wertenheimer, der seinen Aufenthalt (aufgrund der Niederkunft seiner Frau und des kränkelnden Säuglings) "so sehr über Gebühr" ausgedehnt habe. 1738 wird dem Schutzjuden Isaac Cussel verstattet, "für ein Jahr lang [...] seinen Schwager Wolff bey sich zu behalten, jedoch dass dieser im geringsten zu keiner Handelung gebrauchet werde" bei Verlust der eigenen Konzession (cf. Blatt 31-35). 1740 ergeht eine weitere Beschwerde der "Judenschaft über den fremden Juden Simon Nathan" (cf. Blatt 36), der sich auf der Blumlage aufhalte (desgl. 1743, cf. Blatt 38f.). Ein weiterer fremder Jude, "Israel Salomon Wolff modo Israel S. Wittel", der sich bei Levi Jacob eingemietet habe, wird wegen "Verdachts der Geldwechseley" des Landes verwiesen (cf. Blatt 39-46, dat. 1744). Des weiteren sind zwei unvergleitete "Juden, Namens Samuel Alexander Und Moses Aaron [...] auf denen dortigen beyden Tobacks=Fabriquen" engagiert worden, doch werden diese, "so lange selbige sich keiner weiteren Handlung anmaßen, fernerhin daselbst geduldet werden können" (cf. Blatt 47ff., dat. 1744). Dem "ohne unsere Vergünstigung verheurahteten Polnische(n) Jude(n) Michel Hirsch" attestiert der "Hof-Medici Dr. Conradi", dieser könne ohne Lebensgefahr nicht, wie die Geheimen Räthe es verfügt haben, fortgeschafft werden (zum gesamten Sachverhalt vgl. 52-71, dat. 1747, dem polnischen Juden Michel Hirsch, der sich mit seiner Frau bei Her(t)z Baruch eingemietet hat, sei "bey Gefängniß und KarrenStraffe zu bedeuten [...], nebst seinem Weibe binnen acht Tagen" die Stadt zu verlassen und "sich nicht zu ermächtigen, an anderen Orten hiesiger Lande aufzuhalten" [Blatt 60], nach kurzer schwerer Krankheit [cf. hierzu die Petitio von "Levi Jacob et Consorten", Blatt 67.] verstirbt Hirsch [cf. Blatt 70], seine Witwe hat mit ihren Kindern "binnen 14. Tage die hiesigen Lande zu verlaßen." [ibid.]). Dem ebenfalls schwer erkrankten fremden Juden Benjamin Levi Jacobs wird 1757 der Aufenthalt bis zu seiner Genesung gestattet (cf. Blatt 74). Blatt 75 gibt eine "in der JudenSchule" zu verlesende Verlautbarung des Burgvogts Brüggemann wieder (dat. 24. März 1759), "dass überall kein frembder Jude sich anhero begeben, oder alhier zur NachtZeit, in einem Juden= oder Christen=Hause auch nur auf 24 Stunden, aufhalten oder betreten laßen solle, widrigenfals er zu gewärtigen hat, dass er unten in der Erde ins Gefängniß´gestecket werde." 1759 richtet der "Vorsteher und Älteste der Zellischen Judenschaft", Jacob Gans, zusammen mit Isaac Cussel, Joseph Behrend und Berend Aaron ein Bittgesuch an die Geheimbten Rähte, dafür Sorge tragen zu wollen, dass fremde unvergleitete Juden, die sich auf der Blumlage aufhalten und Handel treiben, so u.a. Wolff Isaac Gießen (aus Gießen) und Meyer Simon Levi (aus Altona), von dort entfernt würden (cf. Blatt 78-81, vgl. auch diesbezgl. "Actum Zelle, den 14.ten Aug. 1759", Blatt 83ff, desgl. auch Blatt 96-102). Die Geheimbten Räthe fordern die Burgvogtei auf, gegen diese fremden Juden dieselben strengen Maßregeln zu treffen, die bisher auch bei den Betteljuden Anwendung gefunden hätten (cf. Blatt 90ff.). Auf Blatt 93 findet sich ein für Meyer Simon Levi ausgestellter Reisepass (cf. hierzu auch Blatt 95). An Kgl. Regierung berichtet der Burgvogt, dass die beiden zuletzt Genannten, Wolff Isaac Gießen sowie Meyer Simon Levi, "mit Pässen von der Burgvogtei versehen (seien), sich auch die ganzte Zeit über so aufgeführet haben, dass ihnen nichts übles bei gemeßen werden" könne (cf. Blatt 106) und alles weitere ihnen zur Last gelegte auf Neid und Verleumdung beruhe. Im September 1764 erlassen die Geheimten Räthe ein öffentlich anzubringendes Rundschreiben, in welchem "umher vagirende(n) Juden" unter Vermeidung von Strafe anbefohlen wird, die "hiesigen Lande" zu verlassen (cf. Blatt 111ff., gemeint sind "sogenandte Handlungs-Juden, so nirgends zu Hause gehören, noch einigen Schutz haben [und die] bislang genoßene Markt-Freyheit mißbrauchen [...]", cf. Blatt 114). Blatt 117/118 verzeichnet namentlich 45 auswärtige, z.T. von weither gereiste Juden, die sich zu Ostern 1767 in Celle aufgehalten haben, Blatt 125-272 führt anläßlich der verschiedenen Märkte [Ostern, Michaelis, Weihnachten] der Jahre 1767 bis 1789 ähnlich umfangreiche Listen zugereister Juden auf. 1767 richtet der Blumläger Einwohner Thomas Hinrich Nesselstrauch ein Gesuch an die Geheimten Räthe, ihm das vom Burgvogt untersagte Beherbergen fremder Juden fernerhin zu gestatten, da ihm Unregelmäßigkeiten nicht vorzuwerfen seien (cf. hierzu Blatt 119ff.). Im Dezember 1778 rügen die Geheimten Räthe den Burgvogt wg. Nachlässigkeiten bzgl. des Sichausweisens fremder unvergleiteter Juden und erinnern an die 1733 ergangene Verordnung, insbesondere wünschen sie zu erfahren, bei wem sich der unvergleitete Jude Jacob Hirsch aus Wetzlar aufhalte, der außerhalb der Stadt "zu wiederholtenmalen mit unversiegelten Waaren" hausiert haben solle (cf. Blatt 192). Blatt 235 umfaßt ein "Actum welche die Geheimten Räthe, wie sie bißbilligend bemerken, nicht in Kenntnis gesetzt worden seien (cf. Blatt 238ff.), auch habe besagter Inquiline nicht um einen Schutzbrief nachgesucht, denn der vordem ausgestellte Schutzbrief besitze Gültigkeit nur für des Inquilinen Vater Emanuel Levi Jacob und dessen unverheiratete Kinder, wobei diese, wenn sie sich "verheurathen, oder von ihren Eltern separiren, und mit keinem absonderlichen Schutz oder Geleit versehen [...], sich innerhalb acht Tage nach der vollzogenen Heurath aus hiesigen Landen weg begeben sollen" (cf. Blatt 238v). Blatt 241ff. enthält den Bericht der Burgvogtei über das Schutzersuchen Hirschel Hirschs und Philipp Aron Gans, ersterer habe "alhier 12 Jahre bei den Schutzjuden Amsel Meyer Moses, und Joseph Levi als Handelsdiner [...] gedient, und letzterer [habe] sich hier von Jugend auf bei seinem Vater (d.i. Philipp Isaac Gans aufgehalten [...]." Die Burgvogtei befürwortet das Gesuch, da z.Zt. (November 1783)anstatt 29 lediglich 27 Schutzjuden auf der Blumlage ansässig seien, zwei wären verstorben. Die letzte Archivalie dieser Akte (Blatt 273) umfaßt den gutachtlichen Bericht der Burgvogtei über das Gesuch des "Krügers und Herbergierers Fricke in dortiger Neustadt wegen Erlaubniß zu Juden-Herberge", die Burgvogtei legt den Geheimen Räthen nahe, diese Petition bewandten Umständen nach (diese vgl. ebd.) zurückzuweisen.
Ergänzungen
freier Text
275 Blatt