NLA OS Slg 55 Nr. 51

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Beschreibung: Verzeichnung

Identifikation

Titel 

Briefwechsel zwischen dem in der Festung St. Nazaire, Frankreich, eingeschlossenen Soldaten Helmut Radszat aus Neuwiese bei Liebenfelde, Kreis Labiau, Rbz. Königsberg (Ostpreußen) mit seinen Eltern und Geschwistern in Neuwiese, Alt-Rensefeld (Schleswig-Holstein) und Holzhausen a.d. Porta (19. November 1944 - 18. März 1954) (Kopien)

Analyse von 30 Briefen, soweit die Flucht der Eltern aus Ostpreußen nach Schleswig-Holstein dokumentiert ist.
H.R. an Eltern, St. Nazaire 19.11. und 28.11.44: Bunkerleben - warten auf große Entscheidung - eingeschlossen in der Festung
Eltern an H.R., Neuwiese 17.12.:
Vater und Bruder unlängst beim "Osteinsatz" an der Grenze zu Litauen - jetzt dort Russen - Straßen in Neuwiese voll von Flüchtlingen und Viehherden - Musterung des Bruders Rudolf, dessen Jahrgang zur SS eingezogen wird - Volkssturm hebt im Ort Gräben aus, Wehrmacht baut Bunker - Dorflehrer als Kompanieführer beim Volkssturm, Ausbildung an Panzerfaust - jeder soll die Heimat verteidigen, Räumung der Nachbarkreise setzt ein - bei weiterem Vorrücken der russischen Front soll Kreis Labiau geräumt werden - Bitte zu Gott um Wiedersehen aller Familienangehörigen in der Heimat - Flüchtlinge in Neuwiese werden weiter nach Pommern transportiert. 9 Flüchtlinge auf dem eigenen Hof untergebracht - Bruder Alfred Radszat nicht in der Schule, weil dort Soldaten einquartiert sind - Furcht vor der Notwendigkeit, selbst fliehen zu müssen - Onkel Richard erlebt in Osnabrück schwere Luftangriffe - Funkgrüße über Berlin nach St. Nazaire übermittelt.
Eltern an H.R., Neuwiese 25.12.:
Bruder Rudolf, 16 Jahre, in wenigen Tagen ins Wehrertüchtigungslager, anschließend zum RAD - Weihnachten in Gedenken an die Soldaten - Jugendfreund aus dem
Heimatdorf im Osten vermißt, ein anderer bei Schirwindt (Rbz. Gumbinnen) vermißt - Familiennachrichten.
Rudolf Radszat an seinen Bruder Helmut,

Laufzeit 

1944 - 1954

Enthält 

Schmolainen (Rbz. Königsberg), 7.1.1945:
In einem Wehrertüchtigungslager bei Guttstadt - vor Weihnachten nach Ausbildung an leichten Infanteriewaffen in einem (HJ)-Bann-Ausbildungslager - lange nicht mehr im Kino gewesen - Weißbrot und Tee.
Eltern an H.R., Neuwiese 7.1.1945:
Alle gesund - Front im Osten noch ruhig - Vater bislang wegen Krankheit vom Dienst beim Volkssturm befreit - Verwandter mit Heuwagen verunglückt, Vater will auf dessen Hof helfen.
Eltern an H.R., Neuwiese 14.1.1945:
Wann wird die Stunde für die Familie R. schlagen - Bruder Rudolf im Wehrertüchtigungslager - am 13.1.1945 begann der Großangriff der Russen - Geschützdonner ist zu hören - Kreis Labiau wird geräumt - Hoffnung, nicht selber fliehen zu müssen - auf dem Hof sind noch zwei Flüchtlingsfamilien aus dem Kreis Heydekrug - aus Neuwiese sind viele vermißt.
Rudolf Radszat an seinen Bruder H.R., Deutsch Thierau (Rbz. Königsberg) 18.2.1945:
Seit dem 18.1. beim RAD - Entlassung aus dem Wehrertüchtigungslager fiel mit Angriff der Russen auf Ostpreußen zusammen - daher auf die Suche nach den Eltern gemacht, zuerst nach Königsberg - von dort nach Labiau bei
verstopften Straßen - Eltern 2 km vor Labiau auf der Straße angetroffen - nach wenigen Stunden zurück nach Königsberg zum RAD-Einsatz gegen die Russen - seither nichts mehr von Eltern gehört.
Eltern an H.R., Alt-Rensefeld (bei Schwartau, Holstein), 9.2.1946: Noch am Leben, Flucht aus Ostpreußen überstanden - 14 Tage unterwegs gewesen - in Fischhausen alles Gepäck stehen gelassen - lediglich mit Handgepäck in Pillau auf ein Schiff - nach 3 Tagen in Kiel gelandet - weiter mit der Bahn durch Schleswig-Holstein zum gegenwärtigen Aufenthaltsort - Vater hilft auf einem Bauernhof in der Nachbarschaft - alles ging so schnell, unterwegs von Russen beschossen, viele Tote.
Eltern an H.R., Alt-Rensefeld 26.2.1946:
Sorge um das

Los des gefangenen Sohnes - Vater betreut beim Bauern die Kühe, Mutter hilft in der Küche, Bruder Alfred geht zur Schule, wird Ostern konfirmiert - wo sind die Verwandten geblieben? - Großvater wahrscheinlich unterwegs auf der Flucht umgekommen - zwei Onkel sind bei Osnabrück - viele ostpreußische Flüchtlinge sind im Samland geblieben - Pastor Ehlert ist in Ostfriesland untergekommen - wo ist Sohn Rudolf ? (Bruder von H.R.) - Glückwünsche zum 20. Geburtstag.
Eltern an H.R., Alt-Rensefeld 19.5.1946:
In der Nachbarschaft sind Flüchtlinge aus Königsberg untergebracht - um Lübeck ist die Gegend voll von Flüchtlingen - ein Teil soll in Ostpreußen auf dem Moorbruch (bei Braunsberg) geblieben sein - Gerüchte, daß man innerhalb der sowjetischen Zone bis zur Oder wieder zurücksiedeln könne - ostpreußische Flüchtlinge sollen später auch die Möglichkeit dazu bekommen - Rückblick auf die Flucht: am 20. Januar 1945 morgens 6 Uhr den Hof in Neuwiese verlassen - ein Soldat, der noch blieb und erst später flüchtete, gab an, daß nachmittags gegen 17 Uhr bereits russische Geschosse in Petereits Mühle eingeschlagen seien - andere Nachbarn hatten sich entschieden, erst abends gegen 18 Uhr aus Neuwiese zu flüchten (Familie Schmid, Lehrer Schrube, Familie Buttgereit) - die meisten sind nicht mehr heraus gekommen - Lehrer Schrube wurde in ein Lager bei Tapiau (Rbz. Königsberg) abgeführt, die Tochter wurde nach Rußland verschleppt - Tochter Buttgereit ist mit ihren Kindern zuerst nach Sachsen, dann nach Holstein geflohen, fragt nach dem Verbleib ihrer Eltern - Vertrauen auf Gott - andere Bekannte (Familie Guddack) sind erst in Samland geblieben, dann auf dem Treck weit hinter Familie Radszat gewesen - wo mögen Sohn Rudolf und der Großvater sein? - die Schulfreunde H. Rieck, O. Kaspereit und Götz sind vermißt an
der Grenze oder gefallen -

Onkel Riek jetzt aus Gefangenschaft entlassen, seit Februar in Holstein - seine Frau soll auf einem Gut in Pommern unter polnischer Herrschaft arbeiten - Onkel Luchnat ist beim Volkssturm gleich am 20. Januar 1945 in Sandberg gefallen.
Eltern an H.R., Alt Rensefeld 13.6.1946:
Dank für die erhaltenen Briefe und das Foto - ein Anzug ist besorgt, H.R. hat in Gefangenschaft lediglich die Uniform - in der ostpreußischen Heimat fristen nur noch wenige ihr Leben - sie sind vor allem in Moorbruch konzentriert - es kommen viele Flüchtlinge aus Pommern an, die von den Polen ausgewiesen sind - aus Dänemark haben sich einige Bekannte und Verwandte
gemeldet, sie sind dort im Internierungslager - keine Nachricht von Rudolf R. - eine Tante ist in Samland zurückgeblieben.
Eltern an H.R., Alt-Rensefeld 4.7.1947:
Dank für Briefe und Bild - Rührung, Erinnerung an das vergangene Zuhause - 2 Heimkehrer in Alt-Rensefeld betteln von Haus zu Haus um ein Stückchen Brot, fragen nach ihren
Angehörigen - Nahrung ist knapp, Felddiebstähle sind üblich - Ernte fällt schlecht aus - keine Aussichten für die Zukunft.
Eltern an R.R., Alt Rensefeld 30.11.1947:
Dank für Brief und Päckchen - es gibt nichts zu kaufen, und wenn, dann nur gegen Naturalien - welche Zeiten! - Sorge wegen der Entscheidung von H.R. nach der Entlassung aus der Gefangenschaft als Zivilarbeiter in Frankreich zu bleiben - wann kann man sich endlich einmal wiedersehen - Rudolf R. hat sich endlich gemeldet - er ist gefangen und hofft auf Entlassung - heute 1. Advent, bald ist Weihnachten, und man hat nichts.
Rudolf R. an seinen Bruder H.R., Hermanice (CSSR) 14. Januar 1948:
Im Lager - wann endlich frei - Nachholen der verlorenen Jugendjahre - seit dem Herbst ist das Essen schlechter geworden - Verdienst ist nichts wert - 2 Kameraden nach Deutschland geflüchtet.
Rudolf R. an Verwandte und

Freunde, Hermanice, 14. Januar 1948:
Es wird kein Wiedersehen in Ostpreußen geben - froh darüber, daß die Eltern in Holstein untergekommen sind - er selbst arbeitet als Bergmann in tschechoslowakischer Kriegsgefangenschaft - Bruder Helmut R. ist Zivilarbeiter in Frankreich - er selbst war 3 Tage in amerikanischer Gefangenschaft, wurde dann den Russen übergeben.
Eltern an H.R., Alt-Rensefeld, 20.6.1948:
Erinnerung an die ostpreußische Heimat - im letzten Sommer ist dort in Samland Tante Anna verstorben - die letzten Überlebenden sollen jetzt noch herauskommen - ab heute ist hier Währungsreform - 60 Mark Altgeld gegen 40 Mark Neugeld umgetauscht, Rest soll später gezahlt werden - die Geschäfte sind übervoll, es wird gekauft, was unter die Finger kommt - aber vom Wiederaufbau nichts zu spüren - im Gegenteil, bei Eckernförde wollen die Sieger noch ein Werk sprengen, in dem 10 000 Arbeiter beschäftigt sind.
Rudolf R. an H.R., Hermanice 11.7.1948:
Genieße endlich die Jugend, das Schicksal ist hart mit Dir umgesprungen - drei Sonntage hintereinander gearbeitet - in der Freizeit wird beim Bauern geholfen, da es sonst nicht genug zu essen gibt - es gibt zwar Geld, aber keine Waren.
Eltern an H.R., Alt-Rensefeld 26.9.48:
Erster Großeinkauf in Lübeck nach der Währungsreform - Aussicht auf Siedlerhöfe für 12 000 Flüchtlinge, aber 20 000 haben sich beworben.
Alfred R. an seinen Bruder H.R., Alt-Rensefeld:
Bei Karstadt in Lübeck gibt es jetzt alles zu kaufen, was man sich
denken kann, freilich zu teuer - bittet um Kauf einer Fahrradbereifung.
Eltern an H.R., Alt-Rensefeld 12.9.1949:
Erntelage - am vergangenen Sonntag großes Ostpreußen-Treffen in Eutin - überfüllte Kirche - Gottesdienst von Pfarrer Engelbrecht aus Königsberg gehalten - 4 000 Menschen bei Protestkundgebung auf dem Marktplatz - Redner war ein Rechtsanwalt aus Lötzen (bei Gumbinnen) - viele haben sich

jetzt zur Auswanderung in die französische Zone gemeldet - aber
Familie Radszat will in Alt-Rensefeld bleiben - es soll dort gebaut werden.

Enthält auch:
2 Ausgaben der Festungszeitung von St. Nazaire "Die Festung", Nr. 24 vom 20.12.1944 und Nr. 26 vom 20.4.1945; Fragment vom 24.4.1945

Alte Archivsignatur 

Akz. 22/1984

Index-Gruppe

GEOB 

Alt-Rensefeld (bei Schwartau, Holstein)

Deutsch Thierau (Rbz. Königsberg)

Dänemark

Eckernförde

Eutin

Fischhausen

Frankreich

Guttstadt

Hermanice (CSSR)

Heydekrug, Kreis

Holzhausen a.d. Porta

Kiel

Königsberg: Engelbrecht, Pfarrer

Liebenfelde, Kreis Labiau, Rbz. Königsberg, Ostpreußen

Litauen

Lübeck

Lötzen (bei Gumbinnen)

Moorbruch (bei Braunsberg)

Neuwiese bei Liebenfelde

Neuwiese, Alt-Rensefeld

Osnabrück: Radszat, Richard

Ostfriesland

Ostpreußen

Petereits Mühle

Pillau

Pommern

Samland

Sandberg

Schirwindt (Rbz. Gumbinnen)

Schleswig-Holstein

Schmolainen (Rbz. Königsberg)

PERS 

Buttgereit, Familie

Ehlert, Pastor, Ostfriesland

Engelbrecht, Pfarrer, Königsberg

Guddack, Familie

Götz

Kaspereit, O.

Luchnat

Radszat, Alfred, Neuwiese

Radszat, Helmut, Soldat, Festung St. Nazaire, Frankreich

Radszat, Helmut, Soldat, Neuwiese bei Liebenfelde

Radszat, Holzhausen a.d. Porta

Radszat, Neuwiese, Alt-Rensefeld

Radszat, Richard, Osnabrück

Radszat, Rudolf, Neuwiese

Rieck, H.

Riek

Schmid, Familie

Schrube, Lehrer, Lager Tapiau (Rbz. Königsberg)

Repräsentationen

Aktion Typ Bezeichnung Zugang Info
Detailseite Original Akte 0200 / 361