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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Kanzlei Landesbischof August Marahrens

Laufzeit 

1904-1950

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Zur Person und zum Amt:
1925 wurde der damalige Stader Generalsuperintendent August Marahrens (1875-1950) zum ersten Landesbischof der Hannoverschen Landeskirche gewählt. Dieses Amt war durch die Kirchenverfassung von 1922 geschaffen worden. Dem Landesbischof stand die geistliche Führung der Landeskirche zu, er konnte sich in Gottesdiensten und Hirtenbriefen jederzeit an Pastoren und Gemeinden wenden, ihm oblag die Aufsicht über die Predigerseminare und Einrichtungen der Inneren und Äußeren Mission, für die ganze Landeskirche konnte er jederzeit einige Funktionen der Generalsuperintendenten (Ordinationen, Einweihungen von Gebäuden, außerordentliche Visitationen) wahrnehmen, und er war Vorsitzender des Kirchensenats.

Durch Notverordnung des Kirchensenats erhielt der Landesbischof am 23. Mai 1933 Vollmacht für Erklärungen und Maßnahmen, "die aus der Neuordnung des Deutschen Kirchenwesens infolge Umgestaltung des Staates erforderlich werden".
Zusammen mit seiner geistlichen Autorität war diese Bevollmächtigung Basis für die zentrale Stellung des Landesbischofs im Kirchenkampf. Damit wuchsen dem Landesbischof auch Aufgaben in der Kirchenverwaltung zu. Insbesonders das Recht, die Superintendenten und Pastoren zu ernennen.
Bei der Neuordnung der Landeskirche nach dem Kirchenkampf behielt der Landesbischof nicht nur die im Kirchenkampf erhaltenen Funktionen, er wurde durch Kirchengesetz vom 15. August 1945 auch Vorsitzender des Landeskirchenamts.
Gegenüber der ersten nach dem Krieg ordnungsgemäß gewählten (14.) Landessynode erklärte Marahrens seinen Rücktritt; Abt zu Loccum blieb er von 1928 bis zu seinem Tode 1950.

Über den Rahmen der Landeskirche hinaus nahm Marahrens im Kirchenkampf auch zentrale Aufgaben für die evangelische Kirche auf Reichsebene wahr, seit (1926) war er Mitglied im Dt. Evang. Kirchenausschuss und Mitglied im Zentralausschuss für die Innere Mission. Nachdem er als Mitglied der "Engeren Konferenz" schon seit 1929 dem Exekutivkomitee des Lutherischen Weltbundes

angehört hatte, wurde er 1933 Vorsitzender der Allg. Luth. Konferenz und 1935 Präsident des Lutherischen Weltkonvents. Als Lutheraner wurde er 1933 in das Drei-Männer Kollegium (Kapler-Ausschuss) berufen, das eine neue Verfassung für die Deutsch Evangelische Kirche (DEK) konzipieren sollte.

Von 1934 bis 1936 war Marahrens Vorsitzender der von der Bekennenden Kirche herausgestellten (1.) Vorläufigen Leitung der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK), nach der Spaltung der Bekennenden Kirche Mitbegründer des Rates der ev.-luth. Kirche Deutschlands, der die geistliche Leitung der lutherischen Bekenntniskirchen und -gemeinschaften übernahm. Als dienstältester Landesbischof wurde Marahrens 1937 Vorsitzender der von den nicht deutschchristlichen Kirchenführern gebildeten Kirchenführerkonferenz. Von 1939 bis 1945 war er zudem Vorsitzender des Geistlichen Vertrauensrates der DEK, der den deutschen Mehrheitsprotestantismus gegenüber dem NS-Staat repräsentierte.
An der Neuordnung der Ev. Kirche in Deutschland nach 1945 war Marahrens nicht mehr beteiligt.

Zum Bestand:
Der vorliegende Bestand ist ein Sammelbestand, der sich vor allem aus drei Teilen zusammensetzt:
der landesbischöflichen Registratur aus der Zeit vor der Zerstörung des Dienstgebäudes (Loccumer Hof),
der von 1943 bis 1947 geführten Dienstregistratur und den
im Ruhestand bzw. als Abt zu Loccum weitergeführten Akten.

1943 verbrannte im Loccumer Hof die Registratur des Landesbischofs. Allerdings hatte der Landesbischof seit 1935 einzelne kirchenpolitisch brisante Akten nach Loccum gebracht, um sie vor dem Zugriff der Gestapo zu sichern. Die Akten betreffen das Verhältnis zum NS-Staat, zur Deutschen Evangelischen Kirche und ihren kirchenpolitischen Parteien und vereinzelt Auseinandersetzungen in der Hannoverschen Landeskirche. Die Akten der 1943 neu formierten Registratur umfassen alle Dienstgeschäfte des Landesbischofs. Die nach dem Eintritt in den Ruhestand geführten Akten betreffen vor allem die Mitarbeit in Einrichtungen der Inneren und Äußeren Mission und den Predigtdienst in den Gemeinden.
Dieser Bestand wurde durch einzelne Aktenstücke angereichert, die von E. Klügel für das Buch "Die hannoversche Landeskirche und ihr Bischof 1933-1945" gesammelt worden waren, ferner wurden einzelne Vorgänge aus der Amtszeit Marahrens aus der Registratur von Landesbischof Lilje (Bestand "L 3 III") entnommen und diesem Bestand beigefügt.

Zur Ordnung des Bestandes:
Die erhaltenen Teile aus der Landesbischöflichen Registratur 1933-1943 wurde 1949 von Dr. H. Speer in Loccum geordnet. E. Klügel zog aus diesem Bestand einzelne Dokumente heraus, die er der Kirchenkampfdokumentation (Bestand "S 1") beifügte. Im Zuge der Neuordnung der Kirchenkampfdokumentation 1974-1977 löste Dr. Klaus Riel diese Schriftstücke wieder aus der Kirchenkampfdokumentation heraus und legte sie an ihren früheren Ort. Dabei überarbeitete Dr. Riel auch den Bestand an älteren Akten der Kanzlei von Landebischof Marahrens und löste einige Akten auf, die nicht in den Bestand gehörten. An diesen Altbestand hängte Dr. Riel die Akten, die aus der Bischofskanzlei der Jahre 1943-1947 kamen. Diese Akten behielten die Aktenplanziffern, wie sie nach 1951 für die Kanzlei des Landesbischofs eingeführt worden waren, er verzeichnete sie auch nicht weiter, sondern stellte nur die Kurztitel zusammen.

Da die verschiedenen Findlisten zum Bestand sehr unübersichtlich waren, wurden sie 1986 in systematischer Form zusammengestellt. Die

Aktentitel aus der Bischofskanzlei 1943-1947 wurden von Pastorin U. Müller durchgesehen und teilweise ergänzt. Das Findbuch wurde 1989 von W. Soetebier geschrieben.

Zitierweise:
Da der Bestand schon mehrfach in der Literatur zitiert wurde, konnten die unterschiedlichen Signaturen nicht vereinheitlicht werden, so dass also zwei Ziffernsysteme nebeneinander gebraucht werden.

Literatur 

W. Ködderitz (Hg.), D. August Marahrens, Pastor Pastorum zwischen zwei Weltkriegen, Hannover 1952; E. Klügel, Die lutherische Landeskirche Hannovers und ihr Bischof 1933-1945, Berlin-Hamburg 1964/1965 (2 Bde.); G. Besier, "Selbstreinigung" unter britischer Besatzungsherrschaft: Die Evang.-luth. Landeskirche Hannovers und ihr Landesbischof Marahrens 1945-1947, Göttingen 1986; K. Schmidt-Clausen, August Marahrens - Landesbischof in Hannover: Wirklichkeit und Legenden, Hannover 1989 (Vorlagen, NF 7); Inge Mager: August Marahrens (1875–1950), der erste hannoversche Bischof, in: Heinrich W. Grosse, Hans Otte, Joachim Perels (Hrsg.): Bewahren ohne Bekennen? Die hannoversche Landeskirche im Nationalsozialismus. Hannover 1996, S. 135–151; Hans Otte: Ein Bischof im Zwielicht. August Marahrens (1875–1950), in: Heinrich W. Grosse, Hans Otte, Joachim Perels (Hrsg.): Bewahren ohne Bekennen? Die hannoversche Landeskirche im Nationalsozialismus. Hannover 1996, S. 179–221; Zur Lage der Kirche. Die Wochenbriefe von Landesbischof D. August Marahrens 1934–1947. Herausgegeben und bearbeitet von Thomas Jan Kück, 3 Bde., Göttingen 2008.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: ja

vollständig verzeichnet