StadtA GOE Dep. 109

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Dep. 109 - Händel-Gesellschaft

Laufzeit 

1920-2000

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Die seit nunmehr fast 90 Jahren stattfindenden Göttinger Händel-Festspiele (HFS) genießen unter den Liebhabern klassischer Musik internationale Anerkennung und stellen den bekanntesten Beitrag Göttingens zur Musikpflege dar. Mit der deutschen Uraufführung der Oper "Rodelinde" am 26. Juni 1920 unter der musikalischen Leitung von Oskar Hagen, einem Privatdozenten für Kunstgeschichte, begann die Wiederentdeckung der vergessenen Händel-Opern und die von Göttingen ausgehende Händel-Renaissance. Eigentlichen Festspiel-Charakter erhielten die Veranstaltungen in ihrer weiteren Ausgestaltung, indem sie sich nach und nach für weitere Gattungen des Händelschen Werkes sowie für andere Komponisten und Epochen öffneten und so ihr Repertoire erweiterten. Legten die Festspiele in ihren Anfängen zunächst das Gewicht auf eine aktuelle Interpretation der Händelschen Opern, die von dem expressionistischen Stil der 1920er Jahre geprägt war und darauf zielte, Händels Musik unterhaltsam und breitenwirksam bekannt zu machen, setzte man später auf wissenschaftliche Werktreue und die Rekonstruktion der historischen Aufführungspraxis im 18. Jahrhundert. Während des Nationalsozialismus gelang es, der Gleichschaltung auszuweichen und die Instrumentalisierung der Händel-Festspiele durch das Regime zu unterlaufen (vgl. Karin Busemann, Nonkonformismus versus Gleichschaltung, Versuch des Widerstands: Die Göttinger Händelgesellschaft. In: Kulturaustreibung, Hannover 1993, S. 120-121). Während des Kalten Krieges leisteten die Händel-Festspiele einen Beitrag zu Frieden und Verständigung über die Grenzen der Blöcke hinweg. Zeichen der Bemühungen, den Kontakt trotz Deutscher Teilung und gegensätzlicher Weltanschauungen nicht abbrechen zu lassen, war der Beitritt zur Georg-Friedrich-Händel-Gesellschaft in Halle (GFHGH) und die Zusammenarbeit mit derselben seit 1952 (siehe 1.3, Dep. 109 Nr. 93-95).

Zunächst wurden die Göttinger Händel-Festspiele vom Universitätsbund und von der Akademischen Orchestervereinigung veranstaltet. Zwischenzeitlich traten der Historiker Karl Brandi (1920 bis 1923) und eine Händel-Festspiel-Gemeinde als Träger auf, der letztere Kreis zerfiel jedoch wieder. Um Kontinuität zu gewährleisten und immer wieder mit Überraschungen aufwarten zu können, insbesondere mit aufwändigen Opern-Inszenierungen, war ein Kreis engagierter Händel-Freunde vonnöten, der die Anforderungen institutionalisiert schulterte: Die Göttinger Händel-Gesellschaft e. V. (GHG) wurde schließlich am 12. März 1931 gegründet. Der Erfolg der Göttinger Händel-Festspiele verdankt sich seither der guten Abstimmung zwischen künstlerischer und organisatorischer Leitung, d. h. zwischen dem Musikalischen Leiter, der für die Festlegung des Programms und für seine kreative Ausgestaltung zuständig war, und dem Vorsitzenden der GHG (sowie einer Sekretärin), dem der organisatorische Anteil an den Produktionen oblag. Die Musikalische Leitung lag in der Hand von Oskar Hagen (1920 bis 1924), Hanns Niedecken-Gebhardt (1922 bis 1954, ab 1934 für die Regie zuständig), Fritz Lehmann (1934 bis 1953), Günther Weißenborn (1960 bis 1980) und Sir John Eliot Gardiner (1980 bis 1991). Seit 1991 ist Nicholas McGegan verpflichtet. Vorstandsvorsitzender bzw. Präsident der GHG war Walter Meyerhoff (1931 bis 1976), Friedrich Riethmüller (1976 bis 1992) und Hans-Ludwig Schreiber (1993 bis 2008). Seit 2008 hat Cornelius Frömmel das Amt inne. Aufführungsorte waren u. a. das Stadttheater bzw. das Deutsche Theater, die Stadthalle sowie die Universitätsaula.

Bestandsgeschichte 

Der Bestand Dep. 109 - Göttinger Händel-Gesellschaft e. V. wurde von der GHG in den Akzessionen 1517/2000, 1572/2001 und 1686/2003 an das Stadtarchiv Göttingen abgegeben und umfasst insgesamt ca. 8 lfd. Meter. Die Laufzeit beginnt 1920 und endet mit dem Programmheft für das Jahr 2000; die Aktenüberlieferung endet 1996. Bei den Akten handelt es sich um Unterlagen der Geschäftsstelle der Göttinger Händel-Gesellschaft e. V. bzw. des jeweiligen Vorstandsvorsitzenden. Die Unterlagen der Musikalischen Leiter sind nicht in den Bestand eingegangen, lediglich die Korrespondenz mit Günther Weißenborn wurde gesondert abgeheftet (siehe Dep. 109 Nrn. 122, 123 und 145). Das Hauptgewicht der Überlieferung bilden denn auch Produktion und Dokumentation (3.-4.). Der Bestand gibt daher weniger Einblick in die künstlerische Seite der Festspiel-Produktion als vielmehr in das organisatorische Prozedere und in das Umfeld der GHG. Denn bei den Göttinger Händel-Festspielen handelt es sich nicht bloß um ein 'gesellschaftliches Ereignis', sondern gleichermaßen um eine weitgespannte 'gesellschaftliche Unternehmung'. So bildete sich nach und nach im Umfeld der GHG ein Netzwerk aus Institutionen und Personen. Es umfasst die enge Zusammenarbeit der GHG mit international angesehenen Musikwissenschaftlern und Händel-Spezialisten sowie mit lokalen Honoratioren und Funktionsträgern (Professoren, Unternehmer, Führungspersonal in Stadtverwaltung und Universität, Bundestags- und Landtagsabgeordnete), die für die Göttinger Händel-Festspiele Lobbyarbeit leisteten und öffentliche Fördermittel einwarben.

Die Gliederung des Bestandes wurde aus der Anlage der Akten abgeleitet bzw. ergänzt. Es gibt zwei Aktenarten: Solche, die einem einzelnen Gegenstand zuzuordnen sind und solche, die mehrere Gegenstände berühren. Letztere weisen entweder einen eigenen gegenständlichen Schwerpunkt auf oder aber ein solcher wird festgelegt, um die klare Zuordnung zu einem Gliederungspunkt zu ermöglichen. Ausführliche Enthält- u. a. Vermerke vermitteln einen Eindruck vom vielfältigen Inhalt. Einzelschriftstücke werden natürlich auch genannt, wenn sie bedeutsam erscheinen. Enthält-auch-Vermerke führen demgegenüber Unterlagen auf, die an anderer Stelle zu erwarten wären (Beispiel: Gästeberichte der internationalen Musikwissenschaftler finden sich nicht ausschließlich unter 4.2, sondern verstreut).

Sucht man Unterlagen zu den Händel-Festspielen eines Jahres, sind die chronologisch aufgelisteten Aktentitel von 3. und 4.2 durchzusehen, da an beiden Stellen Treffer möglich sind. Sucht man Unterlagen zu konkreten Darbietungen, gibt es zwei Suchmöglichkeiten: Handelt es sich um eine Hauptdarbietung, schlägt man im Sachindex nach, um Jahr und Akten-Signatur(en) zu erfahren. Handelt es sich um keine Hauptdarbietung, konsultiert man bis zum Jahr 1979 die Chroniken von Meyerhoff und Motel (Bibliothekssignatur ZL 7: 1980) und nach 1979 die Programme unter 4.1., um das Aufführungsjahr zu erfahren. Es wurde darauf verzichtet, jeweils die Gesangssolisten, Chöre, Orchester und Instrumentalsolisten zu erfassen, sind sie doch bereits in den genannten Chroniken und Programmheften aufgeführt. Finden sich hingegen Künstlerverträge in den Unterlagen, so wurden die Namen in den Enthält- u. a. Vermerken angezeigt und in den Personenindex aufgenommen, da sie mit (mehr oder weniger) umfangreicher Korrespondenz einhergehen. Hinweise auf Ur- und Erstaufführungen wurden aus den Programmheften übernommen.

Abkürzungen:

GHG = Göttinger Händel-Gesellschaft e. V.
HFS = (Göttinger) Händelfestspiele
GFHGH = Georg-Friedrich-Händel-Gesellschaft in Halle

Die Verzeichnung und Findbucherstellung erfolgte durch Frau Klaudia Woede mit Hilfe des Archivprogramms AIDA.

Göttingen, im März 2009

Literatur 

Poupak Amirazodi: Die Werke Georg Friedrich Händels in Göttingen: eine Darstellung der Sammlung G. F. Händels in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen unter Berücksichtigung des identischen Bestandes in weiteren ausgewählten Göttinger Institutionen, Bd. 1 - 2, Göttingen 2005. Signatur: B 586

Karin Busemann: Nonkonformismus versus Gleichschaltung: Beispiele aus dem Musikleben, 1. Kultursteuerung: Die Machtprobe zwischen NSDAP und der Stadt Göttingen; 2.Kulturpropaganda: Festmusik und Hausmusik; 3. Versuch des Widerstands: Die Göttinger Händel-Gesellschaft; 4. Weitere Versuche des Widerstands: Der Madrigalchor Hildesheim und das mutige Verhalten einzelner Musiker; 5. Das Schicksal jüdischer Musiker - Lucie Lebach und Martha Schwenk Amati. In: Hinrich Bergmeier (Hg.): Kulturaustreibung, Hamburg 1993, S. 116-125. Signatur: B 416

Göttinger Händel-Gesellschaft e.V.: Die Göttinger Händel-Festspiele, Göttingen 1995. Signatur: D 260

Die Göttinger Händel-Festspiele: Festschrift, Göttingen 1953. Signatur: III H 61

Göttinger Händel-Gesellschaft e.V. (Hg.): Internationale Händel-Festspiele Göttingen 1920-2003, ein Film über die ältesten Händel-Festspiele der Welt. (DVD, Noch ohne Signatur)

Horst-Peter Hesse (Hg.): 60 Jahre Göttinger Händel-Festspiele 1920 - 1980: Programme und Konzert-Einführungen. In: Göttinger Händel-Festspiele (1980), S. 1 - 96. Signatur: ZL 7:1980

David Imhoof: International performance on a local stage: The Göttingen Händel Opera Festival, 1920 - 1937. In: David Imhoof: Guns, opera, and movies: Local culture in interwar Germany, Göttingen 1919 - 1938, Austin 2000, S. 44 - 150. Signatur: B 513

Hans Joachim Marx (Hg.): Göttinger Händel-Beiträge, Göttingen 1984, 1986, 1987, 1991, 1996, 1998. Signatur: A 397

Walter Meyerhoff: Chronik der Göttinger Händel-Festspiele 1920 - 1970. In: Göttinger Händel-Festspiele (1980), S. 62 - 83. Signatur: ZL 7:1980

Walter Meyerhoff (Hg.): 50 Jahre Göttinger Händel-Festspiele: Festschrift, Kassel 1970. Signatur:
Museum 8 S 63

Heinz Motel: Chronik der Göttinger Händel-Festspiele 1971 - 1979. In: Göttinger Händel-Festspiele (1980), S. 84 - 95. Signatur: ZL 7:1980

Michael Schäfer: Aus der Liebe zur Musik: 70 Jahre Händel-Festspiele. In: Göttinger Jahresblätter 13(1990), S. 134-138. Signatur: Z 26:1990

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Das Stadtarchiv Göttingen bewahrt mit dem Bestand Kl. Erw. 47 einen parallelen Archivalienfundus zur Göttinger Händel-Gesellschaft e. V. mit der Laufzeit von 1927 bis 1965 (1971) auf. Im Nachlass Walter Meyerhoffs sind außerdem sechs Fotoalben mit Fotos von Händel-Festspielen enthalten (Dep. 92 Nr. VIII). Ergänzende Akten finden sich in den Beständen B 60 Stadttheater (B 60 Nr. 19-20), B 28 Alte Hauptregistratur (AHR I E 2,6 Nr. 16 Bd. 1; AHR I E 2,6 Nr. 29; AHR I E 2,13 Nr. 21 Bd. 1) und C 46 Kulturamt (C 46 Kulturamt Nr. 153-163, Nr. 739-740, Nr. 800, Nr. 879). Noten der Sparten Oper und Operette des Stadttheaters verwahrt übrigens das Göttinger Symphonie-Orchester (Vorwort des Findbuchs B 60 Stadttheater, S. 3).

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Der Bestand wurde mit Hilfe des EDV-Archivprogramms "AIDA" erschlossen. Die Datensätze dieses Bestandes wurden im Mai 2015 von AIDA in die nunmehr verwendete Archivsoftware "Arcinsys" übertragen.