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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Von Wangelinsches Witwenstift Esens

Laufzeit 

1893-2004

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Das von Wangelin'sche Witwenstift wurde am 28. Januar 1756 durch Adelheid Auguste von Wangelin, Witwe des vormaligen dänischen Generalleutnants Christian Friedrich von Wangelin, ins Leben gerufen und durch königlichen Bescheid vom 4. März 1761 bestätigt.

Christian Friedrich von Wangelin, geboren am 18. Juli 1682, entstammte einer alten mecklenburgischen Adelsfamilie mit Stammsitz in Hohenwangelin nordöstlich von Malchow. Als nachgeborener Sohn trat er in dänische Militärdienste, avancierte dort zum Generalleutnant der Infanterie und war Chef des oldenburgischen National-Regiments. In dieser Zeit heiratete er am 28. Januar 1728 in Esens Adelheid Auguste von Heespen, die Tochter des Regierungsrats und Kanzleiverwalters des Harlingerlandes Wilhelm von Heespen. Sie brachte als Erbin der Familie von Heespen umfangreichen Grundbesitz und das von ihrem Vater erbaute repräsentative Wohnhaus am Marktplatz in Esens mit in die Ehe. Ihr einziger Sohn, Wilhelm, starb bereits 1733 im Alter von nicht ganz drei Jahren. 1745 übernahm Christian Friedrich von Wangelin nach dem Ableben seines älteren Bruders das väterliche Gut Alt-Schwerin in Mecklenburg, verließ Oldenburg für immer und starb am 6. Januar 1755 in Alt-Schwerin. Adelheid Auguste von Wangelin war damit die Erbin des Besitzes. Um zu verhindern, dass nach ihrem eigenen Tod ihr väterliches Erbe in Ostfriesland an entfernte Wangelin'sche Verwandte in Mecklenburg fiele , richtete sie in Esens die Wangelin'sche Witwenstiftung ein, der sie das elterliche Wohnhaus am Marktplatz, die Gutshöfe in Berdum und Folkertshausen sowie umfangreichen Landbesitz mit Gefällen und Gerechtigkeiten im Umland von

Esens zugedachte. Adelheid Auguste von Heespen selbst starb am 15. Januar 1758 in Varel und wurde
an der Seite ihres Mannes in der Grabkapelle der Kirche in Alt-Schwerin beigesetzt.

Das von ihr gegründete Stift war zuvorderst für die Aufnahme von Witwen der Familien von Wangelin, von Heespen, Tammena und von Oldenburg bestimmt, die die nächste Verwandtschaft der Stifterin bildeten. Falls die freien Stellen nicht mit Verwandten besetzt werden konnten, war auch die Aufnahme anderer bedürftiger Witwen sowohl des Zivil- als auch des Militärstandes möglich. Um einen gewissen Anspruch zu wahren, legte die Stifterin fest, dass nur Frauen aufgenommen werden können, die adeliger Ankunft sind oder deren Ehemann mindestens den Rang eines Kapitäns oder Rats bekleidet hatte und deren Jahreseinkommen nicht über 200 Talern lag. Falls eine Witwe mehrere Male verheiratet war, zählt der Rang des letzten Ehemanns. Über einen Aufnahmeantrag entschied die Stiftsdirektion.
Eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt der Stiftung bis heute war die wirtschaftliche Absicherung durch umfangreichen Immobilienbesitz. Hierzu gehörten neben dem Haus in Esens mit seinem gesamten Inventar sowie Garten mit Gartenhaus mit den Gutshöfen in Berdum und Folkertshausen zwei vollständige landwirtschaftliche Betriebe, außerdem der Butforder und Burhaver Zehnt, verschiedene Grundheuern, ein zu Folkertshausen gehöriges Torfmoor u. a. m. Die hieraus erzielten Einnahmen dienten dem Unterhalt der Stiftsgebäude in Esens, der Deckung der Personalkosten und für regelmäßige finanzielle Zuwendungen an die Stiftsdamen.
Die Verwaltung des Stifts übernahmen zwei Stiftsdirektoren. Eine der beiden Stellen nahm der jeweilige Generalsuperintendent (seit 1936: Landessuperintendent) in Aurich ein. Der zweite Direktor

sollte jeweils ein männlicher Spross aus den Familien von Heespen oder Tammena sein, der seinen Wohnsitz in Ostfriesland haben muss. Allerdings bekleideten das Amt ausnahmsweise auch nicht zur Familie gehörige Personen.
Seit 1894 stand die Stiftung unter der staatlichen Aufsicht des Regierungspräsidenten in Aurich, der die Verwaltung nach Anhörung der Direktoren und ggf. weiterer Familienglieder durch eine Verwaltungs- und Hausordnung regelte.
Das frühbarocke "Große Stiftgebäude" war das vornehmste Haus am Marktplatz. Zu dem Ensemble gehörte außerdem das unmittelbar benachbarte "Kleine Stift" in der Marktstraße. Der Immobilienbesitz brachte indessen auch finanzielle Belastungen mit sich. 1875 bildete die Direktion einen Baufonds, um bei notwendig werdenden größeren Reparaturen oder Neubauten nicht auf die Stiftungsmasse zurückgreifen zu müssen. 1937 erwarb sie das neben dem Großen Stift gelegene Frank'sche Haus.
Alter und Bauzustand der Gebäude veranlassten allerdings immer größere Investitionen. Die Nutzung durch Stiftsdamen - der Einzug in das Gebäude war zuletzt für die Aufnahme in den Kreis der Begünstigten und die Gewährung von Zuwendungen nicht mehr obligatorisch - ging dagegen zurück, weshalb auch zweckfremde Vermietungen zugelassen wurden. So mietete schon während des Zweiten Weltkrieges die Stadtverwaltung einige Räume an. Das Nebengebäude wurde teilweise durch die Polizei genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg galten die Räumlichkeiten als "dem Stiftungszweck, nämlich als angemessene Wohnungen für den begünstigten Personenkreis zu dienen" nicht mehr entsprechend. Ein Umbau, der den Anforderungen an modernes altengerechtes Wohnen genügte, war nicht rentabel. Das Haupthaus wurde deshalb 1967 an die Stadt Esens veräußert, die statt dessen am Herrenwall ein neues Stiftsgebäude mit vier Wohneinheiten, einer Hausmeisterwohnung und einem kleinen Konventsaal errichten ließ. Heute wird das alte Stiftsgebäude als Rathaus der Samtgemeinde Esens genutzt.

Erhalten blieb der sogenannte "Ahnensaal" (ehem. Konventssaal des Stifts) mit großflächigen Tapisserien und Teilen der bedeutenden Gemäldesammlung.

Bestand

Die Akten des von Wangelin'schen Witwenstifts wurden im August 2009 mit einem Umfang von 1,5 lfd. m ungeordnet und ohne Abgabeverzeichnis von der Landessuperintendentur Aurich an das Landeskirchliche Archiv abgegeben (Akz. 72/2009) und im Januar 2010 geordnet und erschlossen.
Nach Kassation der Rechnungsbelege zu den Verwaltungsrechnungen umfasst der Bestand noch 0,8 lfd. m.
Enthalten sind auch Handakten des Stiftsrendanten und (ab 1962) Stiftungsdirektors Rechtsanwalt und Notar Dr. Enno Folkerts (Esens). Sie wurden nach dessen Tod (1980) von seiner Witwe, Frau Lotte Folkerts, der Landessuperintendentur ausgehändigt. Für jüngere Vorgänge ist auch Schriftgut des Stiftsdirektors Theodor Koll überliefert, der Folkerts 1981 im Amt nachfolgte. Die Provenienz wurde soweit ersichtlich im Findbuch gesondert angegeben.

Bauzeichnungen zu den Stiftsgebäuden wurden, soweit dies aus konservatorischen Gründen sinnvoll schien, entnommen und der Plansammlung S 4 a zugeordnet.

Parallelüberlieferungen finden sich im Bestand A 12 d (Generalsuperintendentur Aurich) Nr. 339-346 mit der Überlieferung von ca. 1890 bis 1930, v. a. die Verpachtung der Höfe und Stiftungsländereien betreffend, und im Bestand D 54 (Ephoralarchiv Esens) Gen. 224 I (Akten) und ER I.3 (Rechnungen). Ältere Stiftssakten verwahren auch das Staatsarchiv Aurich (Dep. 14 Nr. 1506 und 2751; Rep. 17/1 Nr. 963 und 1270) und das Hauptstaatsarchiv Hannover (Acc. 131/82 Nr. 792).

Der Bestand ist uneingeschränkt nutzbar. Für personenbezogene Daten gelten die aktuellen Schutzvorschriften des Archivgesetzes.

Literatur 

L. MIDTELSDORF, Genealogische Nachrichten über die bei dem von Wangelin'schen Wittwenstift zu Esens betheiligten Familien, Aurich 1894; Verfassung des von Wangelin'schen Witwenstifts zu Esens, Aurich 1896; E. F. HAUPT: Von Wangelin'sches Witwenstift zu Esens, in: Quellen und Forschungen zur ostfriesischen Familien- und Wappenkunde 13 (1964), S. 135-138; Axel HEINZE, Werner TARRAS, Ein adeliges Witwenstift in preußischer Zeit, in: Als Friesen Preußen waren. Ostfriesland im 18. Jahrhundert. Ausstellungskatalog, S. 36-41

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

0,8

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: ja

vollständig verzeichnet