KreisA EMS N 7

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Nachlass Wichers

Laufzeit 

1841-2010

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Der Bestand ist dem Kreisarchiv im Jahr 2013 von Dr. Hermann Wichers, Archivar am Staatsarchiv Basel-Stadt und Enkel sowie Neffe der Hauptnachlassgeber, übergeben worden. Die Erschließung und Verzeichnung hat er selbst übernommen.
Die Unterlagen wurden von Gertrud Wichers aufbewahrt und zusammengetragen, aus deren Nachlass sie stammen. Redundantes Material wurde entfernt, die genealogischen Notizen auf das Wesentliche reduziert. Ansonsten sind die Unterlagen integral überliefert.

Schwerpunktmäßig beschlägt der Nachlass das Leben von Hermann Wichers (26.12.1880–16.10.1963), seiner Ehefrau Gebina, geb. Kessener (28.2.1887–29.11.1974), und ihrer Tochter Gertrud (16.6.1927–29.4.2010). Hinzu kommen Unterlagen zu den weiteren Kindern Marianne und Hermann sowie deren Familien. Hermann Wichers und seine Tochter Gertrud führten von 1905 bis 1994 das Hotel Wichers in Haren (Ems). Wesentliche, leider nicht vollständige Dokumente umfassen die Geschichte des Geschäfts (Kaufverträge, Gesellschaftervertrag, Versicherungen, Kassenbücher, vereinzelte Anlässe, Kochrezepte etc.). Hinzu kommen diverse Testamente und zahlreiche Fotos bzw. Fotoalben. Gut dokumentiert ist auch die Militärzeit von Hermann Wichers im Ersten Weltkrieg.
Genealogisch interessiert hat Gertrud Wichers einen weit verzweigten Stammbaum erstellt, welcher die Familien Wichers, Albers und Kessener erfasst, und Dokumente zu den Familien gesammelt. Hermann Wichers kam Anfang 1905 aus Essen an der Ruhr nach Haren (Ems), wo seine aus Emmen stammende Mutter Maria, geb. Albers, das Hotel Kerckhoff erworben hatte, um in ihre emsländische Heimat zurückzukehren. Gebina Wichers war in Meppen aufgewachsen, wo ihr Vater Bernhard Kessener ein Handelsgeschäft betrieb.

Im Nachlass kaum dokumentiert ist die kommunalpolitische Tätigkeit von Hermann Wichers. Die entsprechenden persönlichen Unterlagen haben die Zeit nicht überdauert. Fest eingebunden ins katholische Milieu engagierte er sich in der Zentrumspartei. Von Ende 1919 bis 1934 war er Gemeindevorsteher von Haren (Ems). In den letzten Jahren der Weimarer Republik gehörte er zudem dem Kreisausschusses des Kreises Meppen an. Dieses Amt musste er wegen seiner Ablehnung der NS-Herrschaft Ende 1933 niederlegen.
Im April 1945 wurde er von der Besatzungsmacht als Bürgermeister von Haren (Ems) wieder eingesetzt. Er nahm das von ihm nicht gesuchte Amt mit großem Ernst wahr. Ihm blieb die undankbare Aufgabe, die am 20. Mai 1945 erfolgte Anordnung zur Räumung Harens mit umzusetzen, andererseits aber auch die Interessen von Einwohnern und Gemeinde zu vertreten.
Von der Besatzungsmacht im Dezember 1945 in den ersten Kreistag des Kreises Meppen berufen, wurde er rasch einer der führenden Kommunalpolitiker der ersten Nachkriegsjahre. Bei der ersten Kreistagswahl am 13. Oktober 1946 wurde er mit einem guten Ergebnis auf der Liste der Zentrumspartei gewählt. Sein Hauptaugenmerk galt der Verbesserung der Lebensumstände der Harener Bevölkerung, ihrer Rückkehr in den Heimatort, der Beseitigung der katastrophalen Schäden nach dem Emshochwasser vom Frühjahr 1946 sowie der Sicherung der Harener Schifffahrt, die sich Beschlagnahmungsforderungen ausgesetzt sah.

Zwischen 1948 und 1956 wurde er immer wieder für die allerdings zunehmend schrumpfende Zentrumspartei in den Kreistag des Kreises Meppen gewählt. Im Januar 1948 verzichtete er bei Nachwahl der Harener Gemeindevertretung (diese war 1946 wegen der Besetzung nicht möglich gewesen) auf eine Kandidatur. So konnte er die endgültige Rückkehr der Einwohner im September 1948, für die er sich so intensiv eingesetzt hatte, nicht im Amt erleben. Im November 1952 kehrte er aber wieder in den Harener Gemeinderat zurück und wurde erneut zum Bürgermeister gewählt.
Von 1952 bis 1956 wirkte er maßgeblich an der Vorbereitung der Gemeindefusion von Haren und Altharen mit, letztlich wohl das bleibende Resultat seines kommunalen Wirkens. Zur Neuwahl des Gemeinderates Ende 1956 trat er nicht mehr an, 1960 zog er sich mit 80 Jahren auch aus dem Kreistag zurück. Am 16. Oktober 1963 starb er in seinem Hotel, das er seit 1952 gemeinsam mit seiner jüngeren Tochter Gertrud führte. Seine Bestattung war ein öffentliches Ereignis, die Nachrufe in der lokalen Presse und die Todesanzeigen von Gemeinde und Landkreis zeugen von der Anerkennung für sein kommunalpolitisches Wirken. Hierfür erhielt er 1956 auch das Bundesverdienstkreuz.
Seine Tochter führte das Hotel bis zur Schließung Ende Januar 1994 weiter. Ohne Nachfolge musste sie das Geschäft nach knapp 90jährigem Bestehen in Familienbesitz aufgeben. Das den Ortskern Harens prägende, im Erdgeschoss über 200 Jahre alte Gebäude wurde wenig später abgerissen und musste einem modernen Geschäfts- und Wohnhaus weichen.

Dr. Hermann Wichers
Basel, 25. November 2018