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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Bremisches Amt Vegesack

Laufzeit 

1816 - 1938

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Während der Vegesacker Hafen seit seiner Gründung im 17.Jh. unter bremischer Oberhoheit gestanden hat, gelangten die Siedlungen Alt- und Neu-Vegesack erst zu Beginn des 19.Jh. in bremischen Besitz: 1803 wurde "Vegesack und Zubehör" von Hannover an Bremen abgetreten, 1804 hatte man mit Weser und Blumenthaler Heerweg einerseits, Aue und Fährgrund andererseits die ungefähren Grenzen des abgetretenen Gebietes festgelegt, 1805 wurde der Hoheitswechsel mit einer Huldigungsfeier der Bevölkerung vollzogen.
Die Form der örtlichen Verwaltung durch bevollmächtigte und vereidigte Bürger des Fleckens blieb bestehen, doch waren diese "Fleckengeschworenen" nun einem bremischen Senator verantwortlich, der als für Vegesack zuständiger Richter in periodischen Abständen den Ort aufsuchte und Gericht hielt.
Nach der Zeit der französischen Besetzung und Verwaltung (1810-1813) wurde 1815 der Beschluß gefasst, in Vegesack einen bremischen Amtmann einzusetzen "zur Handhabung der Unter-Civil-, Unter-Criminal- und Polizeigerichtsbarkeit, sowie zur Verwaltung der administrativen Polizei, der Ausführung der Regierungsbeschlüsse und Führung des Civilstandsregisters" (1). Am 26.1 .1816 wird die geplante Einsetzung eines Amtmanns in Vegesack, der das bislang von einem Mitglied des Senats versehene Amt eines "Civil-, Polizei- und Unter-Criminal-Richters" übernehmen soll, öffentlich bekannt gegeben. Mit der Amtseinführung von Amtmann Wilmanns am 16.2.1816 beginnt die Geschichte des Bremischen Amts Vegesack.
Das Amt war Gericht, Regierungs- und Verwaltungsbehörde zugleich. Es gab zunächst gar keine anderen behördlichen Institutionen in Vegesack. Auch rein lokale Verwaltungsangelegenheiten gehörten so in den Verantwortungsbereich des Amtmanns, der vom Senat eingesetzt wurde und später dem Senatskommissar für die Hafenstädte (Bremerhaven und Vegesack) unterstellt war. Als Sitz der Behörde wurde 1847/48 ein Amtshaus erbaut, das gleichzeitig als Gefängnis diente.

In der praktischen Ausübung der örtlichen Verwaltung spielten ehrenamtlich tätige Bürger weiterhin eine Rolle. Eine Senatsverordnung von 1818 verfügte die Einrichtung einer Gemeindekasse und die Bildung eines Gemeindeausschusses, der "Berathung und Handhabung der Communal-Angelegenheiten" zur Aufgabe haben sollte. Die verfassungsrechtliche Absicherung einer beschränkten kommunalen Selbstverwaltung erfolgte um die Mitte des Jahrhunderts. Durch Verordnung vom 5.7.1850 wurde für Vegesack und Bremerhaven - seit Anfang des Jahres 1850 Stadtgemeinden - das Gerüst einer kommunalen Verfassung verabschiedet, das als Grundlage für die ausformulierte Verfassung der Stadt Vegesack diente, welche 1851 erstmals, dann 1854 in einer revidierten Fassung, genehmigt wurde. Die Gemeinde erhielt im wesentlichen das Recht zur eigenen Vermögensverwaltung, zur Bestellung von Gemeindebeamten und zur Teilnahme an der Polizeiverwaltung. War damit das Amt der Verantwortung für einige Bereiche der lokalen Verwaltung enthoben, so hatte sich doch an seinen Funktionen insgesamt nichts entscheidend geändert.
Einen tieferen Einschnitt in die Amtsgeschichte bedeutete 1879 die Einführung einer Magistratsverfassung nach preußischem Vorbild und der damit verbundene Versuch, Staats- und Gemeindeverwaltung sorgfältiger als bisher zu trennen. Die Mitverwaltung von Gemeindeangelegenheiten durch das Amt sollte aufhören. Diese waren nun allein von Stadtverordneten, Stadtrat und Stadtdirektor zu regeln. Außerdem wurde das Amt als Gericht aufgehoben. Die Rechtspflege nahm hinfort das Amtsgericht Bremen durch regelmäßige Sprechstunden in Vegesack wahr. Waren die Leiter des Bremischen Amtes bis dahin Juristen mit akademischer Ausbildung gewesen (Wilmanns 1816-1835; Kulenkamp 1836-1850; Droste 1815-1879) , so waren sie in der Folgezeit Polizeikommissare (Nelke 1879-1896; Kassau 1896-1925; Herbst ab 1925) - ein Wechsel, der die veränderte Lage deutlich macht.

Bau-, Feuer- und Meldepolizei gingen gemäß einer Verordnung vom 18.5.1909 an die Stadt über, ansonsten aber blieb die Polizei in Vegesack weitgehend staatlich, also dem Amt unterstellt, was die Verfassung von 1879 an sich nicht vorgesehen hatte. Vorwiegend polizeiliche Aufgaben charakterisieren das Amt als Behörde in der letzten Phase seiner Geschichte (2).
Schon im Zuge der Neuordnung der kommunalen Verwaltung nach dem 1.Weltkrieg war der Plan aufgetaucht, das Bremische Amt aus Kostengründen aufzulösen und seine Aufgaben zwischen der Polizeidirektion Bremen und der Stadtgemeinde Vegesack aufzuteilen. Ergebnis der Rationalisierungsdiskussion war dann jedoch nur der Beschluss, die Polizeiverwaltung verstärkt beim Amt zu konzentrieren und den bislang städtischen Nachtstreifendienst sowie die Meldepolizei dem Amt zu überstellen. 1923 erfolgte zunächst provisorisch die Übernahme der städtischen Polizeibeamten durch das Amt.
Mit der "Städteordnung der Bremischen Hafenstädte" vom 23.5.1922 waren für Vegesack die Grundsätze einer neuen Verfassung festgelegt worden, die als Option auch die Bürgermeisterverfassung mit einem hauptamtlich bestellten Bürgermeister an der Spitze der kommunalen Verwaltung enthielten.
Das Verhältnis von Stadtgemeinde und Amt war in der Folgezeit oft gespannt. Stadtdirektor Wittgenstein hatte sich im Namen der Stadtverwaltung für eine Auflösung des Bremischen Amtes eingesetzt. Es mangelte nun an Kooperationsbereitschaft, und verschiedentlich führten Meinungsverschiedenheiten über gegenseitige Kompetenzen und Zuständigkeiten zu Streit. Das Amt befand sich dabei durchweg in der Defensive und war bemüht, sich gegen Maßnahmen und Unterlassungen der Stadt zur Wehr zu setzen. Um 1930 erreichten die Reibereien und Streitigkeiten ihren Höhepunkt. (3)

In der Frage der Obdachlosenunterbringung strengte das Amt einen Prozess gegen die Stadt an, um die Zuständigkeit gerichtlich klären zu lassen (vgl. 4,19-180-82). Das Verbot des Vegesacker Volksfestes 1930 durch das Amt wurde von Seiten der Stadtverwaltung öffentlich missbilligt und führte zu Schlagzeilen in der Presse, in denen die Affäre sogar bis zu einer Frage von "Polizeidiktatur oder Selbstverwaltung" (Volkszeitung 12.4.1930; vgl. 4,19-217) dramatisiert wurde.
Den nach der nationalsozialistischen Machtergreifung einsetzenden Umstrukturierungen in der Verwaltungsorganisation ist das Bremische Amt schließlich zum Opfer gefallen. Durch Artikel 1 Nr. 19 des bremischen Gesetzes vom 11.4.1933 wurde die unbeschränkte Staatsaufsicht über die Gemeinden hergestellt. Das Gesetz vom 30.6.1934 bedeutete dann praktisch das Ende der kommunalen Selbstverwaltung in den bremischen Hafenstädten. Die Befugnisse der gewählten Gemeindevertretungen gingen auf einen von der Bremer Regierungsspitze ernannten und weisungsabhängigen Bürgermeister über. Das Bremische Amt wurde, nachdem es einen Teil seiner Aufgaben bereits hatte nach und nach an Zentralbehörden in Bremen abgeben müssen, zu Beginn des Jahres 1938 als eigenständige Behörde aufgehoben. Auf Anordnung des Regierenden Bürgermeisters vom 28.1.1938 lautete die amtliche Bezeichnung fortan "Polizeidirektion Bremen - Dienststelle Vegesack". Eine ergänzende Anordnung vom 9.3.1938 führt aus, dass der mit der Wahrnehmung der Verwaltungsgeschäfte beauftragte Polizeibeamte alle Entscheidungen, sowie alle übrigen Angelegenheiten von Bedeutung der zuständigen Abteilung der Polizeidirektion vorzulegen habe. Damit war die Auflösung des Bremischen Amts praktisch vollzogen. Eine abschließende gesetzliche Regelung erfolgte durch das "Gesetz über die Verwaltung der Polizei in Bremen" vom 30.7.1938.

(1) Halenbeck, a.a.0. S. 71
(2) Vgl. die Zusammenstellung von 1922 am Ende dieser Einleitung.
(3) Vgl. bes. 4,19-180ff u. 217. Weiteres Material zu den Meinungsverschiedenheiten zwischen Amt und Stadt in 4,19-196, 206, 240, 247, 243.

Bestandsgeschichte 

Das genaue Ablieferungsdatum ist für die Mehrzahl der Akten des Bestands 4,19 nicht mehr festzustellen. Es dürfte - ähnlich wie beim Bremischen Amt Bremerhaven, dessen Akten 1942 abgeliefert wurden - noch vor 1945 liegen. Ein zwischen Luftschutzakten beim Senator für Inneres entdeckter Rest wurde 1955 an das Staatsarchiv abgegeben.
Der Bestand 4,19 umfasst nur noch trümmerhafte Reste des einmal vorhandenen Registraturguts. Durch die bei Kompetenzwechsel fällige Aktenabgabe waren Teilbereiche schon bei der Auflösung des Amts nicht mehr vorhanden. Kriegseinwirkungen und wohl auch Nachlässigkeiten in der Aktenführung und -verwahrung durch das Amt haben ein übriges getan, um den vorgefundenen Zustand herbeizuführen. Es ist zwar Aktenmaterial aus dem gesamten Zeitraum der Amtsgeschichte (1816-1938) vorhanden, doch in sehr unterschiedlicher Dichte der Überlieferung. Ganz allgemein kann man sagen, dass aus jüngerer Zeit, vornehmlich aus den Jahren 1910-1930, am meisten erhalten ist. Lässt man den umfangreichen Komplex der Vormundschaftsakten aus dem 19.Jh. einmal außer Betracht, so gehört der weitaus größte Teil der verbleibenden Akten in die Zeit zwischen 1880 und 1930.

Ein Registraturplan wurde in dem Bestand nicht aufgefunden und war aufgrund der bruchstückhaften Überlieferung auch nicht rekonstruierbar. Aus der Aktenführung ist ersichtlich, dass drei verschiedene Ordnungssysteme in Gebrauch waren, von denen die beiden ersten zeitlich nebeneinander vorkommen. Alle arbeiten mit drei Aktenschichten. Während im am längsten, nämlich vom frühen 19. bis ins 20.Jh. verwendeten System eine alphabetische Ordnung nach den Aktentiteln eine Rolle spielte, basierte das jüngere, zwischen den Weltkriegen eingeführte allein auf Ziffern; im 19.Jh. fand neben dem bereits erwähnten auch ein an Schränken und Fächern orientiertes System Verwendung. Als Beispiel für die Aktengestaltung liegen einige Deckel von jeder Sorte am Ende des Bestandes.
Nach der Aufnahme ins Archiv sind die Akten des Bestands 4,19 in einem provisorischen Verzeichnis erfasst worden, das sich im wesentlichen auf die Übernahme der Aktentitel beschränkt und nur im Ansatz den Versuch einer sachlichen Ordnung zeigt. Der Unterzeichnete hat im Rahmen seiner praktischen Ausbildung am Staatsarchiv Bremen den Bestand im Sommer 1974 mit Rat und Hilfe von Oberarchivrat Dr. Müller völlig neu geordnet und in der vorliegenden Form verzeichnet. Die Systematik des Verzeichnisses wurde entwickelt unter Zuhilfenahme des Registraturplans für Stadt-, Amts- und Gemeindeverwaltungen, hrsg. von Neßhöver, Siegburg 1930, der als Normalplan für kleine und mittlere Stadt-, Amts- und Gemeindeverwaltungen konzipiert worden ist und u.a. auch in der Nachbargemeinde Grohn in Gebrauch war.
Mit dem vorliegenden Verzeichnis sind die Ordnungsarbeiten am Bestand 4,19 insofern noch nicht abgeschlossen, als die notwendige Verklammerung mit anderen Aktenbeständen - besonders 2-P.13. und 3-V.5., aber auch z.B. 2-P.8.F.1 - noch aussteht. Möglicherweise können sich dadurch über nachzutragende Querverweise hinaus noch Veränderungen ergeben.
Dr. Andreas Röpcke
Bremen 1974
Das vorhandene Verzeichnis wurde in die Datenbank erfasst und online gestellt.
Schleier 2016

Enthält 

Allgemeine Dienststellenverwaltung - Hoheitsgrenze und Staatsgebiet - Standesamt - Meldewesen - Politische Überwachung, Zensur - Wohlfahrtswesen, insbesondere Vormundschaftssachen - Gesundheitswesen - Gewerbeaufsicht - Bauaufsicht - Verkehrswesen - Hafen, Schifffahrt - Wasserschutz

Literatur 

Johannes Bollmann: Verfassung und Verwaltung der Freien Hansestadt Bremen. Bibliothek des öffentlichen Rechts Bd. 13, Hannover 1909
C. Halenbeck: Geschichte der Stadt Vegesack, Vegesack 1893
D. Steilen: Geschichte der bremischen Hafenstadt Vegesack, Vegesack 1926
Bremische Verordnungen
Bremisches Gesetzblatt
Bremischer Staats-Calender bzw. Staats-Handbuch

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

2-P.13.b.7.b.1. und 3-V.5.c.-d.1.

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

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