Identification (short)
Title
Landesamt für Wiedergutmachung, Generalakten
Life span
1945-1975
Fonds data
History of creator
Entstehung des Amts für Wiedergutmachung
Sofort bei der Besetzung Bremens Ende April 1945 begannen die Alllierten, solche Vermögensgegenstände unter Aufsicht zu nehmen, bei dem eine Schädigung des früheren Besitzers im Zusammenhang mit Verfolgungsmaßnahmen vermutet werden konnte. Zu diesem Zweck stellte das Amt für Vermögenskontrolle - zunächst als Behörde der Militärregierung, später der Oberfinanzdirektion unterstellt - Vermögen unter treuhänderische Verwaltung, um sie dem rechtmäßigen Besitzer wieder zurückzuerstatten.
Bereits am 10. November 1947 trat als Gesetz Nr. 59 der amerikanischen Militärregierung eine Verfahrensvorschrift in Kraft, die alle Besitzer von Vermögensgegenständen, bei denen eine unrechtmäßige Entziehung vermutet werden konnte, zu einer Anzeige dieser Gegenstände verpflichtete. Ebenso wurden die Geschädigten zur Anmeldung ihres Anspruchs bis zum 31. 12. 1948 aufgefordert und für die amerikanische Zone ein Zentralanmeldeamt für diese Ansprüche in Friedberg (Hessen) eingerichtet. Diese Anmeldeamt übermittelte die Anmeldungen an die für den Vermögensgegenstand räumlich zuständige Wiedergutmachungsbehörde. Diese hatte dafür zu sorgen, dass der Vermögensgegenstand an den Berechtigten, u.U. gegen Rückzahlung des Kaufpreises, zurückgegeben wurde.
Zu diesem Zweck wurde eine "Wiedergutmachungsbehörde", wobei diese Behördenbezeichnung im Gesetz Nr. 59 selbst festgeschrieben war, beim Amt für Vermögenskontrolle eingerichtet; wegen der Interessenkollision zwischen der Finanzverwaltung, die häufig als Pflichtiger für entzogene Werte beteiligt war, wurde diese Stelle der Fachaufsicht des Senators für die Innere Verwaltung unterstellt.
Ebenso wurde unmittelbar bei Kriegsende eine "Betreuungsstelle für die aus dem Konzentrationslager Entlassenen" eingerichtet, an die sich die ehemaligen Häftlinge um Unterstützung wenden konnten und die deren Entschädigung vorbereitete. Diese regelte das Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Entschädigungsgesetz, Brem. Gesetzbl. 1949, S. 159 ff.): Es sah eine materielle Entschädigung Verfolgter, u. a. auch für Vermögensschäden, vor. Ansprüche gemäß diesem Gesetz waren bis zum 31. 3. 1950 anzumelden. Die im § 42 des Gesetzes vorgesehene Anmeldebehörde war als "Amt für Wiedergutmachung" aus der Betreuungsstelle zum 1.4. 1948 im Geschäftsbereich des Senators für die Innere Verwaltung geschaffen worden.
Aufgrund der Ähnlichkeit der Aufgabenstellung wurden zum 1. März 1950 diese beiden Stellen - Amt für Wiedergutmachung beim Senator für die Innere Verwaltung und Wiedergutmachungsbehörde als Teil des Amts für Vermögenskontrolle - zum Amt für Wiedergutmachung zusammengefasst und dem Senator für Arbeit und Wohlfahrt unterstellt. Sie enthielt die Abteilungen Entschädigungsbehörde für die Ansprüche gemäß Entschädigungsgesetz und Rückerstattungsbehörde für die Anträge gemäß Gesetz Nr. 59. In den Güte- und Widerspruchsinstanzen berührten sich die Zuständigkeiten, einige Bedienstete waren in beiden Verfahrenszweigen gleichermaßen tätig.
Da eine einfache Rückgabe der entzogenen Vermögensgegenstände durch die Pflichtigen meist nicht erfolgte und außerdem nicht alle Geschädigten ihre Ansprüche anmelden konnten, wurde das Rückerstattungsverfahren durch das Eintreten von Auffanggesellschaften - in der amerikanischen Zone die Jewish Restitution Successor Organization (IRSO) - ergänzt. Das Land Bremen schloss mit dieser Gesellschaft eine "Globalvertrag" genannte Vereinbarung, mit der die Rückerstattungsansprüche gegen Zahlung einer Abfindungssumme an die IRSO durch das Land Bremen übernommen wurden. Die beanspruchten Vermögenswerte wurden so Teil des Landesvermögens; zum Zweck ihrer Verwaltung wurde die Bremische Industrie- und Treuhandgesellschaft mbH errichtet, die von zwei Finanzbeamten, die als Geschäftsführer fungierten, verwaltet wurde. Die Treuhandgesellschaft bearbeitete Ansprüche auf noch vorhandene Vermögensgegenstände und arbeitete dabei mit der Rückerstattungsbehörde eng zusammen. Nachdem die Gesellschaft 1957 ihre Tätigkeit beendet hatte, wurden ihre Einzelfallakten von der Rückerstattungsbehörde im Landesamt für Wiedergutmachung übernommen.
Custodial history
Übernahme und Bearbeitung des Aktenbestands
Das Landesamt für Wiedergutmachung lieferte erstmals 1973 Einzelfallakten an das Staatsarchiv ab, um in der Dienststelle bauliche Schwierigkeiten zu lösen. Da die Akten formell weiter der Behörde für ihre Tätigkeit zugehörten, waren Kassationen nicht möglich. Erst 1982 - anlässlich der Benutzung der Akten im Zuge des Projekts Widerstand und Verfolgung erfolgte die Übergabe an das Staatsarchiv. Bis zum Erlass des bremischen Archivgesetzes 1991 war eine reguläre Benutzung nicht möglich. Das Staatsarchiv erhielt weder ein Findmittel noch konnten die Akten ordnungsgemäß gelagert werden.
Im Jahre 1984 wurden auch die Generalakten des Landesamts für Wiedergutmachung abgeliefert. Diese reichten bis etwa 1970, danach arbeitete das Landesamt als Teil der senatorischen Behörde des Senators für Arbeit und organisierte auch sein Schriftgut als Teil von dessen Registratur. Einzelfallakten werden jedoch weiterhin regelmäßig dann, wenn die Akten nicht mehr benötigt werden, dem Staatsarchiv abgeliefert.
Die Bearbeitung des Aktenbestands begann 1996 mit den Generalakten und den Einzelfallakten zur Rückerstattung, es folgten ebenfalls 1996 die ersten Nummern der Einzelfallakten zur Entschädigung (Aktengruppe E). Lediglich im Bereich der Generalakten wurde kassiert, während die Einzelfallakten insgesamt übernommen worden sind.
Vernichtet wurde dagegen die Aktenhefte, die im Zuge der Abrechnungen des Landesamts mit einzelnen Krankenkassen oder Versicherungen entstanden war; ebenso sind die hierzu über einzelne Personen geführte Akten (Heilverfahren) vernichtet worden.
Eine inhaltliche Analyse der Einzelfallakten der verschiedenen Serien - Ra, Rü und E - findet sich in den diese Serien betreffenden Verzeichnissen II. für die Rückerstattung und III. für die Entschädigung.