doz20 VER AZB Verden

  • Zugeordnete Objekte zeigen
  • Drucken
  • Verlinken
  • Versenden
  • Verbessern

Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Arbeiter-Zentral-Bibliothek Verden

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte 

Am 2. Mai 1933 ging das Regime wie im gesamten Reichsgebiet auch gegen die Verdener Gewerkschaften vor. Polizei und SA besetzten das Büro des Verdener Gewerkschaftskartells in der Gaststätte "Schwarzer Bär" an der heutigen Bremer Straße und beschlagnahmten dort auch die Arbeiter-Zentralbibliothek Verden mit einem Bestand von 451 Büchern, Periodika und Zeitschriften.
Fast 80 Jahre blieb der Bestand der Bibliothek bis auf einige wenige Exemplare verschollen. DIe "Rettung" dieser wenigen Exemplare geht auf den damals 16-jährigen Karl Hatzky (1916-2003) zurück. Dessern Großvater, der gleichnamige Verdener Gewerkschaftsführer Carl Hatzky, hatte seinen Enkel Karl aufgefordert, einen Teil des Bestandes zu retten ("Kalli, hol de Böker dor rut."). So stieg Karl Hatzky nach dem 2. Mai nachts mehrfach im "Schwarzen Bären" ein und bewahrte einige Bücher und vor allem auch die Traditionsfahne der Gewerkschaft der Verdener Tabak- und Zigarrenarbeiter aus dem Jahre 1863 vor dem Zugriff des NS-Regimes. Für diese mutige Tat erhielt Karl Hatzky später das Bundesverdienstkreuz.
Der Rest des Bestandes galt als verschollen und schien jahrzehntelang unwiederbringlich verloren, bis die Staats- und Universitätsbibliothek (SUB) Göttingen im September 2009 in einem Forschungsvorhaben unter dem Titel "Ermittlung und Restitution von NS-Raubgut und Beutegut der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek“ ihre eigenen Bestände zu durchforschte und dabei auf Bücher mit dem Stempel „Sozialdemokratischer Wahlverein – Ortsverein Verden a.d. Aller“ und „Arbeiter-Zentralbibliothek Verden“ stieß. Weitere Nachforschungen der SUB Göttingen ergaben, dass mindestens ein großer Teil des von der Verdener Ortspolizeibehörde mithilfe der Verdener SA am 2. Mai 1933 beschlagnahmten Buchbestandes zunächst einige Zeit „herrenlos in den Räumen der Verdener SA“ herumgelegen hatte, eher er am 12. Oktober 1934 abgeholt wurde. Der Schriftsetzer Robert Becker, von den Machthabern offensichtlich als Repräsentant der natürlich längst verbotenen Verdener SPD betrachtet, erhielt jedenfalls am 16. November 1934 vom Stader Regierungspräsidenten eine Bestätigung über die Abholung der Bücher. Was aus ihnen wurde, bleibt unklar.
Fakt ist dagegen, dass der Verdener Bürgermeister Dr. Friedrich Urban, Amtsträger von 1921 bis 1937, etwa ein Drittel des Bestandes in die SUB Göttingen bringen ließ. Diese hielt mit Datum vom 1. Februar 1936 eine „Schenkung“ von 135 Büchern aus Verden im Zugangsbuch fest. Später müssen weitere Exemplare hinzugekommen sein, denn die SUB Göttingen konnte im Sommer 2013 insgesamt 167 als NS-Raub- und Beutegut identifizierte Bücher der „Verdener Arbeiter-Zentralbibliothek“ an den rechtmäßigen Besitzer, den Ortsverein Verden der SPD, zurückgeben.
Das Spektrum des nun restituierten Buchbestandes reicht von gewerkschaftlichem und politischem Schulungsmaterial über Bücher zur gewerkschaftlichen und politischen Entwicklung der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung bis hin zu schöngeistiger Literatur.
Der zurückerstattete Buchbestand der Arbeiter-Zentralbibliothek Verden stellt ein wichtiges und erhaltenswertes Kulturgut dar. Um diesen Buchbestand zu schützen, ihn aber auch der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und wissenschaftliche Forschungen zu ermöglichen, befindet sich der gesamte Bestand (nach einem kurzen Abstecher in der Stadtbibliothek Verden von 2015 – 2017) seit 2017 im Dokumentationszentrum Verden im 20. Jahrhundert (DOZ20) in den Räumlichkeiten am Holzmarkt 13.

Literatur 

Siehe auch:
"Die Verdener "Arbeiter-Zentral-Bibliothek": 80 Jahre als NS-Raubgut verschollen - seit 2013 wieder in Verden!
Aufsatz von Hermann Deuter in "Es war hier, nicht anderswo! - Der Landkreis Verden im Nationalsozialismus" ISBN 978-3-8378-4054-4

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

5