Identification (classification)
Title
Landwirtschaft und Domänen
Life span
1636-1990
Contents
Umfang: 129,6 lfdm
Inhalt u.a.: Landwirtschaftspolitik, Separation und Ablösung, Landeskultur, Naturschutz, Bodennnutzung, Pflanzenschutz, Forstwesen, Domänen und Klostergüter.
In den Geschäftsverteilungsplänen des Staatsministeriums (vgl. 12 Neu [Hilfs-]Findbuch D) wird der Kompetenzbereich "Landwirtschaftsangelegenheiten" bis 1917 regelmäßig unter folgenden Bezeichnungen aufgeführt: Domänen- und Klostersachen, Kammergut, Kammer- und Klostersachen, Landwirtschaftliche Polizei; auch: Ablösungs- und Gemeinheitsteilungssachen, Allodifikationen, Landgestüt u.ä.. Ab 1918 finden sich dann in den
Geschäftsverteilungsplänen bzw. Organisationsplänen folgende Kompetenzbezeichnungen: 1918 Landwirtschaft
1923 a) Finanzminister: Domänen, Landesklöster
b) Innenminister: Landwirtschaft (Landwirtschaftskammer, -schulen, - genossenschaften),
Ritterschaft, Landgestüt, Fischerei
1927 a) Innenminister: Landwirtschaft, Landesgestüt
b) Finanzminister: Landesdomänenamt
1929-1935: a) Innenminister: Landwirtschaft
b) Finanzminister: Staats- und Klostergüter
(1934-1935: zusätzlich auch: Landesklöster)
1935 "Domänenabteilung" beim Finanzminister: Staats- und Klostergüter, Landesklöster
1936-1937 Finanzminister: Referat L = Abteilung für Ernährung und Landwirtschaft (dabei: Staats- und
Klostergüter, Gestütswesen)
1938-1944 Referat FL beim Finanzminister: Landwirtschaft, Staatsgüter, Güter der Braunschweig-Stiftung, Verwaltung der Klöster, Landesgestüt u.ä.
1945-1946 Minister für Ernährung und Landwirtschaft (und Domänen), [dazu Forsten]
ab 1946: Landwirtschaftsabteilung im Verwaltungspräsidium (=LD): Landwirtschaft, Domänen [dazu Forsten]
ab 1967: Abteilung 5: (Landwirtschaft, Ernährung, Agrarstruktur usw.)
Im Jahre 1906 wurde eine Landwirtschaftskammer für das Herzogtum Braunschweig errichtet. Im Dritten Reich wurde
1933 im Rahmen der Zwangsorganisation des Reichsnährstandes die Landesbauernschaft Braunschweig eingerichtet, die 1937 zur Landesbauernschaft Hannover-Braunschweig fusionierte. Letztere wurde im Juli 1938 in Landesbauernschaft Niedersachsen umbenannt, die bis 1948 bestehenblieb.
Bis zur Revolution von 1918 gehörten 48 Domänen (mit über 17.000 ha) zum sogenannten "Kammergut", das unter
unmittelbarer Leitung des Staatsministeriums von der Herzoglichen Kammer in den drei Direktionen für Domänen,
Forsten und Bergwerke verwaltet wurde. Das Kammervermögen war vom Staatsvermögen unterschieden, doch blieb die Frage, ob das Kammergut Eigentum des Landesfürsten oder des Staates sei, bis 1918 unentschieden. Die überwiegende Meinung sprach sich für das Eigentum des Herzoghauses aus. Der die Auseinandersetzung seit 1921 zwischen dem Herzoghaus und dem Braunschweigischen Staat über diese Frage schließlich 1925 regelnde Abfindungsvertrag überließ dem Welfenhaus schließlich u.a. die Domänen Gebhardshagen, Heimburg, Hessen
und Lichtenberg sowie das Gestüt zu Bündheim. Die übrigen Domänen wurden damals endgültig Staatsbesitz. Anstelle der 1922 aufgelösten Kammer wurde ein Landesdomänenamt errichtet, dessen Aufgaben und Befugnisse nach dessen Auflösung am 28.10.1933 (GuVS Nr. 129) von der beim Finanzminister eingerichteten Domänenabteilung übernommen wurden. Der Geschäftsbereich der Kammer umfaßte die Verwaltung aller dem Staate sowie dem Vereinigten Kloster- und Studienfonds gehörenden Güter, Gefälle und Gerechtsame (vgl. Bestände 50 Neu, 51 Neu). Als Nachfolgebehörde übernahm das Staatsministerium 1933 zahlreiche in den jetzigen Archivbestand integrierte Akten der ehemaligen Kammer bzw. des Landesdomänenamts. Durch die Errichtung der
Braunschweig-Stiftung durch Gesetz vom 28.01.1934 (GuVS Nr. 12/1934) wurden 17 Domänen und Klostergüter, d.h. 9 Staatsdomänen und 8 Klostergüter, aus dem Staatsbesitz ausgegliedert (die 17 Güter sind im Gesetz a.a.O.
aufgeführt). Die Domänen und Klostergüter des Landes Braunschweig werden getrennt bei Bestian (s. unten a.a.O.,
S. 24 f.) aufgelistet. Im Jahre 1927 gab es 68 braunschweigische Domänen und Klostergüter, die mit einem
Anteil von 12,5% der landwirtschaftlich genutzten Fläche des Landes und einem Anteil von rd. 70% an den darin vorhandenen landwirtschaftlichen Großbetrieben einen wesentlichen Faktor in der Landwirtschaft des Freistaates darstellten (Bestian a.o.O., S. 22 ff., 68 f.). Sie waren seit Anfang des 17. Jahrhunderts fast ausnahmslos verpachtet. Im 20. Jahrhundert schwand die finanzielle Bedeutung des staatlichen Domänenbesitzes zugunsten seiner wirtschafts- und sozialpolitischen Bedeutung (Musterwirtschaften, Bereitstellung von Pacht- und Siedlungsland,
Erbbaugrundstücksland, Ernährungssicherung im 1. Weltkrieg usw.). Um 1927 betrug der Anteil der Einnahmen aus den braunschweigischen Staats- und Klostergütern an den Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes nur rd. 3%. Über die Geschichte der Domänen informiert ausführlich Bestian (a.a.O.).
Durch die Zonengrenzziehung 1945 waren vom Land bzw. Verwaltungsbezirk Braunschweig bis 1989 abgetrennt die
Domänen Hadmersleben und Marienstuhl sowie die Kloster- bzw. Stiftungsgüter Hakenstedt, Siegersleben, Unseburg, Ueplingen, Warsleben und Winningen. Der Bestand von Domänen, Kloster- und Stiftungsgütern um 1966 wird bei Thiele (s. unten a.a.O., S. 94 ff.) aufgelistet. Seit etwa 1933 kam es bis heute zu einer fortschreitenden Aufsiedlung von Domänen, u.a. im Zuge des Aufbaus der Reichswerke im Salzgittergebiet. Die heutige Domänenpolitik sieht in den Domänen eine landeseigene Flächenreserve sowie ein Stück Landesvermögen von kultureller und geschichtlicher Bedeutung mit natürlichen Gütern (wichtig für den Naturhaushalt). Unter dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister Kubel wurden aufgrund einer neuartigen Privatisierungspolitik ab 1960 die Domänen Lochtum, Wiedelah, Lengde, Greene, Lutter a.B., Stauffenburg und Süpplingenburg aufgesiedelt. Danach
erfolgten weitere Aufsiedlungen und Verkäufe von Domänen. Zwischen etwa 1968 und 1979 bestand ein Domänenrentamt in Wolfenbüttel für den Verwaltungsbezirk Braunschweig.
Ein Aufstellung der bestehenden Domänen und Stiftungsgüter sowie der aufgesiedelten bzw. verkauften Domänen befindet sich in SR 12 Neu - Landwirtschaft (vom 26.01.1998 aufgestellt im amtlichen Auftrag von 1991 von Frau Dr.
Eschebach). (Veröffentlicht in Harzzeitschrift, Jg. 48/49, 1996/1997, S. 70 ff.).
Über die Klostergüter vgl. das Vorwort zum Bestand 45 Nds. Die Verwaltung, d.h. die Geschäfts- und Kassenführung des Vereinigten Kloster- und Studienfonds (mitsamt den Klostergütern) oblag von 1814 bis 1922 der Kammer und danach dem Staatsministerium (ab 1946 dem Verwaltungspräsidenten). Von 1832 bis 1920 hatte der Kloster- und Studienfonds das Recht der eigenen Haushalts-, Kassen- und Rechnungsführung, ausgeübt von der Klosterverwaltungskasse und der Klosterreinertragskasse. Letztere stand unter der Obhut des Finanzkollegiums, das die Klosterreinertragskasse bei Prozessen fiskalisch vertrat. Ab 1920 ging der besondere Etat dieser Kassen im Gesamtstaatshaushalt auf.
Die Verwendung des Reinertrages der vorgenannten Kassen oblag seit 1832 dem Finanzkollegium. Die Etats der Kammer, des Kloster- und Studienfonds sowie der Klosterreinertragskasse waren voneinander getrennt (s. unten
Kamp, a.a.O., S. 27).
Der vorliegende Bestand wurde von den Angestellten Frau Ulbrich und Frau Tegethoff verzeichnet.
Dabei erhielt der im ehemaligen Braunschweigischen Staatsministerium erwachsene Bestand Zuwachs durch
Domänenakten aus den Beständen 50 Neu 2 und 3 (Herzogliche Kammer- Direktion der Domänen), die provienzmäßig zum Staatsministerium gehören, also nach 1933 abgeschlossen wurden.
Umgekehrt wurden Akten, die in der Herzoglichen Kammer entstanden sind, in die Bestände 50 Neu 2 und 3
zurückgeführt. Akten mit einer über das Jahr 1946 hinausreichenden Laufzeit wurden dem Bestand 4 Nds (Bezirksregierung Braunschweig) zugeführt. Eine entsprechende Konkordanz befindet sich am Ende des Findbuches.
Bisher im Bestand 12 Neu befindliche Domänenakten, den Kreis Goslar vor 1941 betreffend, wurden herausgenommen und dem Hauptstaatsarchiv Hannover zuständigkeitshalber übergeben. Eine Auflistung dieser Akten befindet sich in der Sachakte 12 Neu 13.
Herr Steinsiek begann mit der Gliederung des Bestandes im Zusammenwirken mit Herrn Dr. Jarck. Ordnung, Klassifikation und Schlußredaktion des vorliegenden Bestandes nahm Herr Archivinspektor Luttmer vor. Das Vorwort samt Literaturhinweisenfertigte der Unterzeichnete.
Die Erstellung dieses Findbuches wurde durch die Förderung des Arbeitsamtes Braunschweig im Rahmen einer
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme auf der Grundlage des Arbeitsförderungsgesetzes ermöglicht, wofür an dieser Stelle
ausdrücklich gedankt sei.
Das Findbuch schrieben Herr Herbst und Herr Kustak sowie Frau Christen, Frau Gleißberg und Frau Kosch.
Wolfenbüttel, im Mai 1998
Dr. D. Lent
Information / Notes
Additional information
Literatur:
- R. Buerstenbinder: Die Landwirtschaft des Herzogtums Braunschweig (1881)
- W. Achilles: Siedlungs- und Agrargeschichte (in: R. Moderhack (Hrsg.): Braunschweigische Landesgeschichte im
Überblick, 3. Aufl., 1979, S. 129-150) [mit weiterführenden Literaturangaben].
- Adreßbuch von Gütern und Höfen im Freistaat Braunschweig (3. Aufl. 1929)
- Landwirtschaftliches Adreßbuch der Domänen, Rittergüter, Güter und Höfe im Freistaat Braunschweig (2. Aufl. 1930) [mit statistischen Angaben zu den einzelnen Höfen und Personenindex]
- Wilhelm Müller (Bearb.): Denkschrift über das Staats-, Volks-, Wirtschafts- und Kulturleben des Landes Braunschweig (masch. schr.1935 in Dienstbücherei sowie in 12 Neu 18 Nr. 2745-2751) [Landwirtschaft ausführlich behandelt].
- W: Thiele: Der Niedersächsische Verwaltungsbezirk Braunschweig, 1966, S. 61 ff., 94-100
- R. Bestian: Entwicklung und volkswirtschaftliche Bedeutung der braunschweigischen Domänen und Klostergüter (1927)
- H. Kleinau: Geschichtliches Ortsverzeichnis des Landes Braunschweig (1968) S. 862 (= Registerstichwort "Domänen"); S. 868 (Stichwort "Aufsiedlung von Domänen"); S. 873 (Stichwort "Klostergüter"):
- A. Meinecke: Die Geschichte der Burg und Domäne Gebhardshagen (1988) [Beispiel für eine Domänengeschichte]
- H. Berger: Domänenverwaltung und Domänenpolitik (1951)
- Braunschweigische Bauern/Landesbauernschaftszeitschrift (1934-1938) [vorh. in Dienstbibliothek]. -
- A. Rhamm: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig (1900), [S. 333: Index "Klosterfonds" mit
vielen Nachweisen]
- B. Schmidt: Der Herzogsprozeß. Ein Bericht über den Prozeß des welfischen Herzoghauses gegen den Freistaat Braunschweig 1921-1925 (1996) [über Kammergut usw.]
- N. Kamp: Der braunschweigische Vereinigte Kloster- und Studienfonds (1982) [Geschichte des Fonds mit
Literaturhinweisen]
- 150 Jahre Flurneuordnung und Dorfgestaltung im Braunschweigischen (1984) [betr. Landesökonomiekommission
und Amt für Agrarstruktur]
- Die Landwirtschaft Niedersachsens 1914-1964, hrsg. von der Albrecht-Thaer-Gesellschaft, Hannover 1964 [Braunschweig berücksichtigt]
- B. Herlemann: Der Bauer klebt am Hergebrachten. Bäuerliche Verhaltensweisen unterm Nationalsozialismus auf dem Gebiet des heutigen Landes Niedersachsen (1993).
- A. Hohenstein: Bauernverbände und Landwirtschaftskammern in Niedersachsen 1945-1954 (1990)
- Niedersachsen. Politische Landeskunde, hrsg. von der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, 3. Aufl. 1993, S. 108 ff.
- Eschebach, Die braunschweigischen Domänen im 20. Jh., in: Harz-Zeitschrift 48-49 (1966-1967) S. 75-92
Parallelbestände:
- 316 N
- 4 Nds
- 50 Neu & 3
- Generalindex zur Beständeübersicht von H.-R. Jarck:
Stichworte "Domänen", "Landwirtschaft" etc.
- VI Hs 10 Nr. 29-31: Listen der Beamten bzw. Pächter der
Domänen und Klostergüter (17. - 19. Jh.)
- 250 N, Nr. 124 & 125: Das Gestüt zu Harzburg (aus dem
Nachlaß des Oberamtsrichters Richard Wieris, Bad Harzburg)
- vgl. 12 Neu Arbeit 12. (= Landjahreinsatz)
Abgeschlossen: Nein
teilweise verzeichnet