
Identifikation (kurz)
Titel
Nachlass Kettler, Hedwig und Julius
Laufzeit
1708-1959
Bestandsdaten
Kurzbeschreibung
Hedwig Kettler (1851-1937) war Schriftstellerin und Initiatorin des Deutschen Frauenvereins Reform. Sie engagierte sich für die höhere Mädchenbildung und die Einrichtung von Mädchengymnasien. Auch Mädchen sollten die Chance erhalten, das Abitur abzulegen und Zugang zum Studium an den Universitäten zu erhalten. 1893 gründete sie in Karlsruhe das erste Mädchengymnasium. In Hannover wurden durch ihr Engagement ab 1899 gymnasiale Kurse für Mädchen an der Oberrealschule II, der heutigen Sophienschule, angeboten.
Julius Kettler (1852-1921) hat nach dem Studium der Geografie und beruflichen Stationen in Karlsruhe und Berlin 1893 die Leitung des neu gegründeten Statistischen Amtes der Stadt Hannover übernommen. Als Mitinitiator und 1. Vorsitzender des Heimatbundes Niedersachsen hat er Pionierarbeit geleistet und die Gründungsphase des ältesten Vereins dieser Art ab 1901 wesentlich geprägt. Aufgrund seines akademischen Hintergrundes hat er Vereine zur Förderung und Verbreitung heimat- und landeskundlicher Kenntnisse besonders gefördert.
Das Ehepaar Hedwig und Julius Kettler hat 1880 geheiratet und lebte von 1893 bis zum 1. Weltkrieg in Hannover. Der Nachlass enthält ca. 1300 Einheiten, darunter auch Dokumente der Tochter Hermine ‚Mine‘ Kettler und weiterer Familienmitglieder.
Teile des Nachlasses sind konservatorisch gesperrt (s.u.).
Geschichte des Bestandsbildners
Der Nachlass der Familie Kettler wurde im Mai 1951 von der in Berlin lebenden Tochter Elise an die hannoversche Stadtbibliothek übergeben. Die Wahl fiel offenbar deshalb auf Hannover, weil die Stadt für ihre Eltern beruflich wie gesellschaftlich von Bedeutung gewesen war. (Der Schriftwechsel Elise Kettler/Stadtbibliothek befindet sich in der Registratur der Stadtbibliothek.) Leider ist es nicht mehr möglich, den Zustand des Nachlasses vor der Abgabe an die LHH zu rekonstruieren, da Elise Kettler in Berlin bereits Bücher und anderes Material an Antiquariate verkauft hatte und die Zusammenstellung für die Übersendung nach Hannover überdies in Eile erfolgte. Im November 1979 kam der Nachlass ins Stadtarchiv Hannover. In der Stadtbibliothek verblieben lediglich die sechs Jahrgänge der von Hedwig Kettler herausgegebenen Zeitschrift „Frauenberuf“ (Jg. 1887–1892, Signatur Stadtbibliothek ZS 982).
Bestandsgeschichte
Im Rahmen mehrerer Werkverträge hat die Historikerin Marion Bock den Nachlass Kettler strukturiert und verzeichnet. Dabei ergaben sich neben dem eigentlichen Nachlass der Hedwig Kettler die beiden umfangreichen Teilnachlässe der Tochter Mine Kettler und des Ehemannes , Julius Kettler. Zwei weitere, kleinere Teilnachlässe umfassen die Hinterlassenschaften der Tochter Elise und des Majors Iwan Kettler, eines Bruders von Julius. Hinzu kommt die Familiengeschichtliche Sammlung Kettler. Sie enthält neben einer umfangreichen Fotosammlung auch Familienkorrespondenz, die die gesamte Familie und ihr gesellschaftliches Umfeld betrifft.
Der Nachlass ist vollständig verzeichnet.
Vorgehensweise bei der Bearbeitung:
a) Grobordnung des Familien-Nachlasses nach einzelnen Personen und Sachgesichtspunkten
b) Thematische Gliederung der jeweiligen Teilnachlässe
c) Chronologische Ordnung innerhalb der Themenbereiche
d) Verzeichnung der Teilnachlässe zunächst auf Karteikarten
e) Erstellen eines Findbuches
Hinweise zur Struktur des Nachlasses:
Eine eindeutige Zuordnung einer Verzeichnungseinheit zu einer Person bzw. zu einem einzelnen Themenkomplex innerhalb eines Teilnachlasses war in manchen Fällen problematisch. Da das Hauptinteresse zunächst Hedwig Kettler galt, war ihr Teilnachlass jedoch stets Ausgangspunkt für die Zuordnungen.
Im Nachlass sind noch Spuren eines Registratursystems zu erkennen. Hedwig Kettler beispielsweise nummerierte Briefumschläge und selbstgefertigte Mappen mit Buntstift. Meistens konnten die dadurch vorgegebenen Einheiten beibehalten oder ergänzt werden; die originäre Nummerierung wurde jedoch nicht als Signatur übernommen, sondern durch lfd. Nummern ersetzt. Das äußere Erscheinungsbild des Nachlasses ist u. a. geprägt durch den sparsamen Umgang mit Papier: Häufig wurden die Rückseiten nicht mehr aktueller Drucksacken verwendet. Von zahlreichen Dokumenten liegen mehrere Exemplare vor. Eine Schwierigkeit bestand in der Lesbarkeit der Handschrift Hedwig Kettlers. In ihrem Teilnachlass kommen auch die Handschriften von Julius und Mine Kettler vor, beide scheinen bei der Schreibarbeit geholfen zu haben. Umgekehrt scheint eine Mitarbeit Hedwig Kettlers bei ihrer Tochter oder ihrem Ehemann nur sehr begrenzt vorgekommen zu sein. Unleserliche Unterschriften oder fehlende Datierungen in der Korrespondenz bildeten ein weiteres Problem. Wenn irgend möglich, wurden die Daten bzw. Namen rekonstruiert. Unklarheiten wurden durch eckige Klammern gekennzeichnet, fehlende Angaben durch ein Fragezeichen. Die Verzeichnungstiefe war beim Teilnachlass Hedwig Kettler wesentlich ausgeprägter als bei den übrigen Teilnachlässen. Insbesondere beim Teilnachlass von Julius Kettler wurden z. T. recht umfangreiche Verzeichnungseinheiten gebildet; so ist z. B. die Zeitungsausschnittsammlung nach einzelnen Sachgebieten geordnet, die jeweiligen Artikel wurden unter diesen Überschriften gesammelt verzeichnet. Auch die Bildung von Korrespondenzkonvoluten schien angebracht. Nur in dem Teilnachlass Hedwig Kettler entspricht die Verzeichnungsreihenfolge auch der Lagerungsreihenfolge im Magazin. Aus arbeitsökonomischen Gründen wurden bei der Verzeichnung der Teilnachlässe, außer bei Hedwig Kettler, Springnummern in Kauf genommen. Insbesondere im Teilnachlass Julius Kettler treten solche Springnummern auch bei inhaltlich zusammengehörigen Verzeichnungseinheiten auf.
Enthält
Der Nachlass umfasst 1327 Verzeichnugseinheiten und gegliedert sich wie folgt:
1. Hedwig Kettler (1851-1937)
2. Mine Kettler (1881-1947)
3. Julius Kettler (1852-1921)
4. Elise Kettler
5. Major Iwan Kettler
6. Familiengeschichtliche Sammlung: Fotosammlung und Familienkorrespondenz der gesamten Familie
7. Nachträge: Dokumente aus dem aufgelösten Nachlass von Dr. Hans G. von Bülow mit eindeutigem Bezug zur Familie Kettler
Literatur
Marion Bock: „Gleiche Bildung für Mann und Frau!“ Hedwig Kettler – eine vergessene Wegbereiterin der Frauenemanzipation. Magisterarb. Hannover 1989. [Dienstbibliothek Stadtarchiv, HB 2938]
Marion Bock: Hedwig Kettler - eine Wegbereiterin gymnasialer Mädchenbildung. In: Hannoversche Geschichtsblätter Neue Folge, 44(1990), S. 53-70. [HB 3076]
Marion Bock: Hedwig Kettler. In: Hiltrud Schroeder (Hrsg.): Sophie & Co. Bedeutende Frauen Hannovers. Biographische Portraits. Hannover 1991, S. 123–138.
Viktoria Scherr: Hedwig (Johanna) Kettler (1851–1937). In: Hans-Ulrich Grunder, Karin de la Roi-Frey (Hrsg.): Reformfrauen in der Schule. Ein Lesebuch. Baltmannsweiler 2005, S. 37–47.
Gerhard Schneider: „ … nicht umsonst gefallen“? Kriegerdenkmäler und Kriegstotenkult in Hannover (Sonderband Hannoversche Geschichtsblätter N. F. 1991). Hannover 1991. [zu Julius Kettler; Dienstbibliothek Stadtarchiv HG NF, Sonderband 1991]
Daniela Weiland: Geschichte der Frauenemanzipation in Deutschland und Österreich. Biographien, Programme, Organisationen. Düsseldorf 1983.
Hugo Willich: Hedwig Kettler. In: Otto Heinrich May (Hrsg.): Niedersächsische Lebensbilder, Bd. 4 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen 22). Hildesheim 1960, S. 155–171. [Dienstbibliothek Stadtarchiv, HB 308/4]
Weitere Angaben (Bestand)
Bearbeiter
Bearbeitungen: M. Bock, I. Meyer, V. Konetzki, Chr. Heppner, J. Schmidt, R. da Silva, U. Ziegan
(1988-2023)
Benutzung
Die Lagerung des Nachlasses entspricht der Verzeichnungsreihenfolge der laufenden Nummern. Auf der untersten Gliederungsstufe richtet sie sich in der Regel nach der Chronologie bzw. dem Alphabet. Verzeichnungseinheit kann ein einzelnes Schriftstück sein; bei größeren inhaltlich zusammengehörigen Einheiten wurden auch Unternummern vergeben. Beispiele: StadtA H, 3.NL.075, Nr. xxx, also im ersteren Fall StadtA H, 3.NL.075, Nr. 24, im zweiten Fall StadtA H, 3.NL.075, Nr. 77/2. Bei der Benutzung sollte auf mögliche thematische Überschneidungen geachtet werden.
Im Bereich Nr. 1 - 54 sind zahlreiche Titel aus konservatorischen Gründen gesperrt oder nur eingeschränkt benutzbar. Auch in den übrigen Bereichen ist vor einer Benutzung eine konservatorische Prüfung notwendig.
Informationen / Notizen
Zusatzinformationen
Biografische Informationen zu Hedwig, Mine und Julius Kettler unter 47.33.01 / 3.NL.075.
Das erste Band der Zeitschrift "Frauenberuf" von Hedwig Kettler ist bereits durch die "Herzogin Anna Amalia Bibliothek - Klassik Stiftung Weimar" digitalisiert worden. Das Digitalisat kann online abgerufen werden: https://haab-digital.klassik-stiftung.de/viewer/toc/4249486281/