StadtA GOE B 61

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

B 61 - Amt für Wohnungswesen

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

1.
Wie in anderen Verwaltungsbereichen stellten die tiefgreifenden Veränderungen und Umwälzungen des 2. Weltkriegs und der Nachkriegszeit auch die Wohnungsverwaltung vor riesige Probleme, die organisatorisch zu lösen waren. Eine heute kaum mehr vorstellbare Wohnungsnot bestimmte gerade in Göttingen das Zusammenleben noch bis weit in die 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts hinein.

Als man glaubte, mit dem Abriss von Barackensiedlungen und den Großprojekten des sozialen Wohnungsbaus der 1950er und 1960er Jahre für Abhilfe gesorgt zu haben, ließen steigende Studentenzahlen, die Unterbringung ausländischer (Bürgerkriegs-)Flüchtlinge und Asylbewerber sowie die Aufnahme von DDR-Übersiedlern und deutschen Aussiedlern aus Osteuropa in den 1970er bis 1990er Jahren die Wohnungsmisere erneut zutage treten.

2.

Die Organisation der städtischen Wohnungsverwaltung reagiert im Laufe ihrer Entwicklung auf die sich wandelnden Wohnraumbedürfnisse der Bevölkerung. Ihre Strukturveränderungen spiegeln die Bedeutung der Wohnraumversorgung in den jeweiligen Zeitabschnitten.

Schon vor dem Ende des 2. Weltkrieges ist in Göttingen ein "Wohnungsamt" tätig, dem mit der Einführung der Wohnungszwangswirtschaft durch das Wohnungsgesetz des Alliierten Kontrollrats (Gesetz Nr. 18 vom 8. März 1946) eine Kontrolle von Wohnraumangebot und -nachfrage sowie ein Mitwirkungsrecht bei der Belegung von Wohnungen (Wohnraumbewirtschaftung) eingeräumt werden.
Das Wohnungsamt übernimmt in der 2. Hälfte des Jahres 1946 auch die Aufgaben des Bergungsamtes, das für die Unterbringung geschädigter Personen in Katastrophenfällen errichtet worden, von den Kompetenzen des Wohnungsamtes jedoch nicht eindeutig abzugrenzen war. Vorgänge mit der zuletzt genannten Provenienz sind vereinzelt deshalb auch in diesem Bestand, besonders während der Kriegszeit, zu finden.

Die Wohnungszwangswirtschaft engt auch das Recht der Mietvertragsparteien ein, die Höhe des Mietzinses frei zu bestimmen. Eine nach dem Organisationsplan von 1954 (Rundschreiben der Stadtverwaltung Nr. 18/1954 vom 14. April 1954) beim Ordnungsamt angesiedelte "Preisbehörde" überwacht die Mietpreise und kann diese festsetzen. Wegen der engen Zusammenarbeit von Wohnungsamt und Preisbehörde sind die Unterlagen der letzteren ebenfalls in diesen Bestand integriert. Da sie zahlreich sind, finden sie sich unter einem eigenen Gliederungspunkt (Abschnitt 11).
Eine Ablösung der Wohnungszwangswirtschaft tritt erst mit dem "Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht" vom 23. Juni 1960 (Abbaugesetz) ein.

3.

Gleichfalls 1960 wird ein "Wohnungsbauförderungsamt" (Amt 64, nach dem Muster der KGSt = Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung) eingerichtet, "um die mit der Förderung des Wohnungsbaues in der Stadt Göttingen verbundenen Arbeiten zu verstärken" (vgl. Rundschreiben Nr. 2/60 vom 19. Januar 1960). Es ersetzt das bisherige Wohnungsamt und besteht zunächst aus den Abteilungen "Wohnungsbauförderung" und "Wohnraumbewirtschaftung" (einschl. Obdachlosenunterbringung, diese vom Ordnungsamt nach früher wechselnden Zuständigkeiten übernommen).

Nach der Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft zum 1. Januar 1969 konzentriert sich die Tätigkeit des Amtes auf die Vergabe öffentlicher Mittel für Bauvorhaben des sozialen Wohnungsbaus, die Vermittlung öffentlich geförderter Wohnungen an "berechtigte" Personen, die Überwachung der Belegung solcher Wohnungen nach den Vorschriften des Wohnungsbindungsgesetzes und vor allem die Zahlung von Wohngeld an bedürftige Wohnungsnutzer. Man wird also feststellen dürfen, dass im Bereich des sozialen Wohnungsbaus gewisse Steuerungs- und Aufsichtspraktiken der Wohnungsverwaltung, wie man sie aus der Zeit der Bewirtschaftung kannte, unter veränderten Vorzeichen fortwirken.

4.

Der Verwaltungsgliederungsplan von 1966 (vgl. Rundschreiben Nr. 21/66 vom 23. September 1966) weist das Wohnungsbauförderungsamt als Teil der Bauverwaltung aus (1954 Wohnungsamt Teil der "Allgemeinen Verwaltung"). Eine erneute Umbenennung ist mit der Einführung neuer Organisationspläne zum 1. April 1971 zu beobachten. Das "Amt für Wohnungswesen" bleibt bei i.w. gleicher Aufgabenstellung in die Bauverwaltung integriert; es ist jedoch laut Dezernatsverteilungsplan nicht dem Bau-, sondern dem Sozialdezernat unterstellt (vgl. Rundschreiben Nr. 10/1971 vom 1. April 1971).

Die Erfüllung weiterer gesetzlicher Aufgaben im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts (u. a. Aufnahme außerhalb der Bundesrepublik lebender Deutscher in das Bundesgebiet; Aufnahme von Asylbewerbern, Asylberechtigten und ausländischen Flüchtlingen) lassen in Verbindung mit dem eingangs beschriebenen Wohnungsmangel (vorübergehende Unterbringung betroffener Personengruppen in Sammelunterkünften und sogar Sporthallen) Kompetenz und Verantwortung des Amtes für die Bewältigung gravierender sozialer Probleme vorübergehend wieder anwachsen. Nachdem sich jedoch etwa seit Ende der 1990er Jahre eine Entspannung der Situation abzeichnet und die Wohnraumversorgung in der Stadt deutlich verbessert ist, schwindet auch die Relevanz des Amtes, eine Tatsache, die im weiteren Verlauf durch die Einbuße anderer Aufgaben (Wegfall von Zweckentfremdungsverordnung und Fehlbelegungsabgabe ab 2004) noch unterstrichen wird. Dies hat zur Konsequenz, dass die Dienststelle als selbständige Organisationseinheit aufgelöst (vgl. Rundschreiben Nr. 52/97 vom 16. Dezember 1997) und ab 2. Januar 1998 als eine Abteilung ("Wohnraumfragen") innerhalb des Sozialamtes (nach der Verwaltungsstrukturreform vom 1. Januar 2003 - vgl. Rundschreiben Nr. 57/2002 - Fachdienst "Wohnraumfragen" bzw. mit Stand August 2005 "Wohnraumfragen und Wohngeld" im Fachbereich "Soziales") geführt wird.

Bestandsgeschichte 

1.
Wie bei vielen modernen Registraturen ist auch für die Verwaltung des Amtes für Wohnungswesen mit seinen Vorgängern und Nachfolgern eine Fülle gleichförmiger Akten ("Massenakten") in bestimmten Sachgebieten (z. B. Wohnraumbewirtschaftung, Wohngeld, Wohnungsvermittlung, Obdachlosenangelegenheiten) charakteristisch. Für die Archivierung war hier eine stichhaltige Auswahl zu treffen. Das Ergebnis dieser Auswahl ist eine unterschiedliche Überlieferungspräsenz der einzelnen Aufgabengebiete: aussagekräftige Vorgänge von größerer gesellschaftlicher Brisanz (z. B. Wohnungssuche in der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit; Obdachlosenunterbringung, jeweils sortiert nach Personennamen) sind prozentual stärker im Bestand berücksichtigt als die in späterer Zeit dominanten Aufgabenkomplexe Wohnungsvermittlung und Wohngeld, deren inhaltsarme Akten größtenteils aus einer Ansammlung von Formularen mit wenig Schriftverkehr bestehen und die deshalb
nur musterhaft mit wenigen Beispielen vertreten sind.

Im Zuge der Bestandsverzeichnung ist ein nicht unerheblicher Teil von bereits archiviertem Massenschriftgut nachkassiert worden (ca. 7 lfd. Meter, ohne Karteien). Eine nach Straßennamen (A - Z) geordnete Wohnungs- und Mieterkartei von ca. 1965 (Acc. Nr. 509/1979) mit Namen von Hauseigentümern und Mietern aller Göttinger Altbauwohnungen (Umfang: 41 Karteikästen, ca. 6 lfd. Meter) ist ebenfalls kassiert, da ihre Daten auch an anderer Stelle abgerufen werden können.

Dagegen sind eine Flüchtlingskartei (A - Z, zwei Karteikästen, Laufzeit 1952 bis 1975, Bestell-Nr. 513) ebenso wie eine Kartei der Wohnungssuchenden in der Zeit der Wohnraumbewirtschaftung (A - Z, 3 lfd. Meter, Laufzeit ca. 1955 bis 1967, Bestell-Nr. 514) in den Bestand eingearbeitet.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Akten zur jüdischen Bevölkerung der NS-Zeit in Abschnitt 13 der Gliederung sowie auch die an anderen Stellen vorkommenden Unterlagen über jüdischen Besitz, welche am ehesten über die Personen- und Sachregister zu erschließen wären. Die vermutlich zentrale Überlieferung zur Errichtung des Zwangsarbeiterlagers am Schützenplatz 1942 findet sich in einer Akte in Abschnitt 9 der Gliederung (Bestell-Nr. 294).

Vorgänge aus früheren Vorortgemeinden (Weende, Herberhausen, Nikolausberg, Grone, Geismar) vor der Eingemeindung, die das Wohnungsamt übernommen hatte, sind nicht in diesen Bestand aufgenommen, sondern den entsprechenden Gemeindebeständen zugewiesen.

2.
Der Bestand umfasst mit ca. 26 lfd. Meter (einschl. Karteien) alle bis 2004 (Ergänzungen von 2006 - Acc. Nr. 1806 - und 2008 - Acc. Nrn. 1937 und 1939) bekannten Akzessionen aus der städtischen Wohnungsverwaltung mit allen Abteilungen und Sachgebieten (Laufzeit: 1931 bis 2008, mit Schwerpunkt nach Beendigung des 2. Weltkrieges bis zur Auflösung des Amtes als selbständiger Organisationseinheit 1998). Das Findbuch ist mit Hilfe des EDV-Archivprogramms "AIDA" 2004/05
erstellt worden.


September 2005 (mit Änderungen/Ergänzungen vom April 2006 und Mai 2009)

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Die Thematik des Bestands ergänzende Dokumente befinden sich für die Zeit nach 1945 in den Beständen Sozialamt, Ordnungsamt, Dezernat V (Sozialdezernat), Depositum Nr. 101 (Städtische Wohnungsbau GmbH, mit Unterlagen zu Projekten des sozialen Wohnungsbaus), vor 1945 vornehmlich bei Stadtbauamt und Polizeidirektion.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Der Bestand wurde mit Hilfe des EDV-Archivprogramms "AIDA" erschlossen. Die Datensätze dieses Bestandes wurden im Mai 2015 von AIDA in die nunmehr verwendete Archivsoftware "Arcinsys" übertragen.