StadtA GOE A 22

  • Zugeordnete Objekte zeigen
  • Drucken
  • Verlinken
  • Versenden
  • Verbessern

Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

A 22 - Wirtschaftsförderung

Laufzeit 

1934-2003

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Der Wieder- und Neuaufbau wirtschaftlichen Potentials nach dem Zweiten Weltkrieg stellte sich vielen Kommunen als schwierig zu bewerkstelligende Aufgabe dar, der nur mit einem geeigneten Instrumentarium der Wirtschaftsförderung begegnet werden konnte. Trotz geringer Kriegszerstörungen und gewachsener, nach dem Krieg weitgehend intakt gebliebener wirtschaftlicher Strukturen (Beispiele: feinmechanisch-optische und elektronische Industrie) lag auch in Göttingen die Ansiedlung neuer Wirtschaftsbetriebe im fundamentalen Interesse von Rat und Verwaltung der Stadt. Dazu wurde 1953 bei der Stadt eigens ein Wirtschaftsdezernat (Dez. IV) unter der Leitung von Stadtwirtschaftsdirektor Friedrich Hofmann eingerichtet. Ihm oblag neben der Aufsicht über verschiedene Ämter und Eigenbetriebe (Betriebsamt, Feuerwehr, Schlacht- und Viehhof, städtische Bäder, Stadtwerke, städtischer Kraftwagenbetrieb, Kiesgrube, Stadtgut Niedernjesa, Stadtforstamt) unmittelbar die Vorbereitung von Industrie- und Handelsansiedlungen mit den zugehörigen Maßnahmen (Bereitstellung von Grundstücken, Erschließung, Verkehrsanbindung usw.).

Unterschiedliche Finanzierungsprogramme der öffentlichen Hand (u. a. Zonenrandförderung) ermöglichten die Ausweisung neuer Industrie- und Gewerbegebiete (z. B. ehemaliges Flughafengelände), ansiedlungswillige Gewerbebetriebe wurden mit Krediten und Zuschüssen unterstützt. Die Fördermaßnahmen nahmen im Laufe der Zeit noch zu und entwickelten sich zu einem immer komplexer werdenden Geflecht bürokratischer Mittelvergabe, so dass sich die Zielrichtung der städtischen Wirtschaftsförderung von der Anwerbungs- und Ansiedlungspolitik mehr zur Verteilung vorhandener Geldmittel nach bestimmten Richtlinien veränderte (Beispiele: Europäisches Wiederaufbauprogramm - ERP; "Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"). Nachdem bis zu den 1970er Jahren eine gewisse Sättigung mit Neuansiedlungen von Industrieunternehmen erreicht war, konnte sie nun der Bestandspflege mehr Aufmerksamkeit widmen.

Die verwaltungsmäßige Zuordnung und Gewichtung der Göttinger Wirtschaftsförderung spiegelt diese Entwicklung wider: nach Ende der Dienstzeit von Stadtwirtschaftsdirektor Hofmann 1965 wurden die Aufgaben der Wirtschaftsförderung dem Liegenschaftsamt übertragen. Zuvor hatte ein 1963 innerhalb des Dezernats IV gebildetes Amt für Wirtschaft und Verkehr mit seiner Abteilung "Allgemeine Wirtschafts- und Verkehrsförderung" diese Angelegenheiten nur kurze Zeit wahrnehmen können (vgl. Rundschreiben des Oberstadtdirektors Nr. 22/1963). Ab Ende 1977 (vgl. Rundschreiben des Oberstadtdirektors Nr. 27/1977) bis 1989 gehörte dieser Bereich als Referat für Wirtschaftsförderung mit nur einer Personalstelle in die Zuständigkeit des Kämmereiamtes bzw. von Dezernat II (Finanzen). Zunehmende Tendenzen, diesen offenkundig vernachlässigten Aspekt kommunaler Präsenz wieder besser zu berücksichtigen und dem Wirtschaftsstandort Göttingen mehr Geltung zu verschaffen, mündeten in eine organisatorische Aufwertung des Sachgebiets Wirtschaftsförderung durch die Einrichtung eines eigenen Amtes mit besserer personeller Ausstattung.

Nachdem der Rat der Stadt in seiner Sitzung vom 7. Juli 1989 bereits beschlossen hatte, das "Amt für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung" dem Dezernat I / Oberstadtdirektor zuzuordnen, konnte schließlich mit Wirkung vom 2. Juli 1990 die Amtsleiterstelle durch Hartwig Lorenz besetzt werden und das "Amt für Stadtentwicklung, Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung" seine Tätigkeit aufnehmen (vgl. Rundschreiben des Oberstadtdirektors Nr. 31/1990). Das Amt war lt. Aufgabengliederung der kommunale Ansprechpartner für Unternehmen und wirtschaftsnahe Einrichtungen; es sollte u. a. Existenzgründungen beratend unterstützen, Gewerbegrundstücke vermitteln, infrastrukturelle Maßnahmen planen sowie die wirtschaftliche Entwicklung beobachten und analysieren.

Noch während derAnlaufphase des Amtes jedoch entstand diesem sozusagen eine Konkurrenz in eigener Sache: der Trend zur Verlagerung öffentlicher Dienstleistungen auf Eigenbetriebe oder privatrechtlich organisierte Gesellschaften sowie die Notwendigkeit von Konzeptionen für verschiedene Großprojekte (Konversion der Zietenkaserne; Nutzung des Lokhallengeländes) führten zur Gründung einer stadteigenen "Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Göttingen mbH" (GWG) mit teilweise identischen Zielsetzungen (GmbH-Gesellschaftsvertrag vom 16. November 1990 und
Gesellschafterbeschluß vom 15. Mai 1991). Amtsleiter Lorenz war zugleich Geschäftsführer der GWG. Mit dessen Ausscheiden aus beiden Tätigkeitsbereichen am 30. April 1994 hatte das "Amt für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung" (die Abteilung Stadtentwicklung war bereits seit dem 1. November 1992 als Referat 012 - Stadtentwicklungsplanung - ausgegliedert) die längste Zeit bestanden: die Aufgaben der Abteilung Beschäftigungsförderung wurden ab 1. August 1994 vom Referat für Stadtentwicklungsplanung wahrgenommen, diejenigen der Abteilung Wirtschaftsförderung ab 1. Januar 1995 von der GWG fortgeführt. Das Amt war damit zum 31. Dezember 1994 aufgelöst (Rundschreiben des Oberstadtdirektors Nr. 39/1994), die nun unternehmerisch betriebene Wirtschaftsförderung jedoch nicht städtischer Steuerung und Kontrolle entzogen.

Bestandsgeschichte 

Der Bestand setzt sich aus folgenden Akzessionen zusammen: Nrn. 755 und 769/1984 (Kämmereiamt); Nr. 899/1988 (Liegenschaftsamt); Nrn. 1238 und 1248/1994 (Amt für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung); Nr. 1364/1997 (Gesellschaft für Wirtschaftsförderung = GWG, mit Akten des früheren Amtes für Wirtschafts- und Beschäftigungs- förderung). Er ist im Gegensatz zu gängiger archivischer Praxis provenienzübergreifend gebildet, und zwar aus Aktenmaterial speziell zur Wirtschaftsförderung unter kommunaler Verwaltung nach dem Zweiten Weltkrieg. Dies rechtfertigt sich aus dem zuvor dargestellten häufigen Zuständigkeitswechsel der Wirtschaftsförderung von den Anfängen des Wirtschaftsdezernats in den 1950er Jahren bis hin zur Tätigkeit eines kurzlebigen Amtes. Andernfalls wären die Unterlagen eines kommunalpolitisch wichtigen Funktionsbereichs nur über mehrere Bestände in unterschiedlicher Dichte verstreut zu finden gewesen. Dennoch wird man bei diesem komplexen Thema auch andere Bestände zu berücksichtigen haben; insbesondere lässt sich keine scharfe Trennungslinie zur Stadtentwicklung ziehen, die neben der Wirtschaftsförderung als Abteilung zeitweise unter dem Dach des von 1990 bis 1994 existierenden Amtes arbeitete.

Der Umfang des Bestandes beträgt ca. 5,5 lfd. Meter; er wurde 1997 verzeichnet und mit einer sachsystematischen Gliederung versehen. Die einzelnen Akzessionen sind bei den Aktentiteln mit ausgewiesen.

Die "Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung Göttingen mbH" (GWG), wie sie sich jetzt nennt, hat nach Auflösung des Amtes für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung nicht nur dessen Funktionen, sondern zum Teil auch dessen Unterlagen (z. B. Einzelvorgänge über Gewerbebetriebe/Firmen) übernommen und weitergeführt. Durch einen Depositalvertrag zwischen GWG und Stadtarchiv wird gewährleistet, dass die Kontinuität der Überlieferung erhalten bleibt und diese wichtigen Quellen städtischer Wirtschaftsgeschichte auch in Zukunft der Forschung zur Verfügung stehen.

Göttingen im November 1997

Ergänzung:

Weitere von der GWG in den letzten Jahren abgegebene Unterlagen (Acc. Nrn. 1528/2000 und 1689/2003; Umfang: ca. 4 lfd. Meter; Laufzeit: 70er bis Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts) sind in diesen, mit dem EDV-Archivprogramm "AIDA" erschlossenen Bestand eingearbeitet worden (Nrn. 271 bis 401). Zu beachten sind dabei besonders die vielen, zuvor schon angesprochenen Firmenakten, die die Masse dieses Bestandteils der Überlieferung stellen und auch über das Register abgerufen werden können.

Januar 2006

Literatur 

Klaus-Dieter Schemmann (Referat für Wirtschaftsförderung): Die Vielfalt ist Garant für Ausgewogenheit. In: Göttinger Profil, Abschnitt: Wirtschaft, Handel, Industrie etc., hg. vom Oberstadtdirektor der Stadt Göttingen, Göttingen [1983]

Universitätsstadt Göttingen - Wirtschaftszentrum in Südniedersachsen. Lose-Blatt-Sammlung, hg. vom Oberstadtdirektor der Stadt Göttingen, 1. Ergänzungslieferung 1981, 2. Ergänzungslieferung 1984

Sigrid Heiderich (Referat für Wirtschaftsförderung): Neue Perspektiven zur Förderung der Wirtschaft. In: Adreßbuch Göttingen 1988, hg. von Kommunikation und Wirtschaft GmbH, Oldenburg, und Göttinger Tageblatt GmbH & Co, S. 24

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Der Bestand wurde mit Hilfe des EDV-Archivprogramms "AIDA" erschlossen. Die Datensätze dieses Bestandes wurden im Mai 2015 von AIDA in die nunmehr verwendete Archivsoftware "Arcinsys" übertragen.