NLA BU H 24

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Reichskammergerichtsakten betr. hessische Grafschaft Schaumburg

Laufzeit 

1551-1758

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Abteilung: Akten staatlicher Provenienz, Hessische Grafschaft Schaumburg, Zentrale Behörden.
Inhalt: Zivilprozessakten nach dem Namensalphabet der Kläger (55 Fälle).
Umfang: 2,29 m.
Erschließung: Findbuch, gedruckt (Inventare und kl. Schriften des Staatsarchivs Bückeburg, 1).

Bestandsgeschichte 

a) Bestandsgeschichte

Das Reichskammergericht wurde 1495 als oberstes Reichsgericht gegründet und war für die direkten Klagen zwischen Reichsunmittelbaren oder gegen diese und für Berufungen von deutschen Obergerichten zuständig, soweit in den Territorien nicht ein Oberlandesgericht, wie in den Kurländern, bestand. Es hatte, neben mehreren Unterbrechungen, seit 1527 seinen Sitz in Speyer, seit 1689 in Wetzlar und stellte 1806 mit der Niederlegung der Krone des Heiligen Römischen Reiches durch Kaiser Franz II. seine Tätigkeit ein.

1808 wurde mit der Verzeichnung der Prozeßakten begonnen, da Akten noch schwebender Verfahren von den interessierten Parteien angefordert wurden. 1821 berief die Bundesversammlung eine eigene 'Reichskammergerichts-Archivkommission', die die Aufgabe hatte, die noch nicht abgeschlossenen Prozessakten an die Rechtsnachfolger in den einzelnen Bundesstaaten abzugeben und sämtliche erledigten Prozessakten zur Verteilung an die Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes vorzubereiten. Sie nahm seit 1821 eine eingehende Neuverzeichnung vor, deren Ergebnis das 43-bändige 'Generalrepertorium' war, dessen Nummern sich noch heute auf den Akten finden und auch weitgehend als Ordnungsprinzip für das hier vorgelegte Findbuch gelten.

Während die Verzeichnung noch in ihren Anfängen steckte, bot der von der preußischen Regierung zum Kommissionsmitglied berufene mecklenburgische Hofrat Dr. Dietz 1824 der Schaumburg-Lippischen Landesregierung die Erstellung eines Sonderverzeichnisses der in Wetzlar befindlichen, Schaumburg und Lippe betreffenden Prozesse an. Aber die Regierung wehrte - wegen der zu erwartenden Kosten - ab mit der Begründung, dass die Akten 'sämtlich auch in hiesigen Registraturen als Manualakten vorhanden sind'. Als Dietz fünf Monate später von sich aus kostenlos je vier Aufstellungen über alle in Wetzlar vorhandenen lippischen und holstein-schaumburgischen Prozesse übersandte, stellte man in Bückeburg fest, dass die meisten Manualakten in den

eigenen Registraturen nicht auffindbar waren, und man entdeckte zudem zwei Prozesse, auf die man bei den noch laufenden Grenzstreitigkeiten mit Hannover glaubte zurückgreifen zu können. So teilte man Dietz mit, dass es angenehm wäre, 'wenn wir diese sämtlichen Akten ausgeliefert erhalten könnten'. Aber Dietz hatte zu voreilig gehandelt. Er mußte zugeben, dass er die Rechtsangelegenheiten der Häuser Schaumburg-Lippe und Lippe-Detmold 'untereinander vermengt' habe - tatsächlich betraf mehr als die Hälfte der verzeichneten Prozesse das Fürstentum Lippe -, und erst jetzt unterrichtete er auch die Regierung, dass nach den Instruktionen der Kommission die Akten nur an das zuständige Obergericht, in diesem Falle an das Oberappellationsgericht in Wolfenbüttel, abgegeben werden durften (L 3 Bg 17). Damit ließ man die Sache auf sich beruhen.

Nachdem die Bundesversammlung am 5. September 1845 endgültig die Aufteilung und Abgabe der Akten beschlossen hatte, wurden Verzeichnisse der an die einzelnen Bundesstaaten abzugebenden Prozeßakten angefertigt. Die Aufteilung richtete sich bei Prozessen der 1. Instanz nach dem Wohnort der Beklagten, sonst nach dem Sitz des vorinstanzlichen Gerichts. Mit Schreiben vom 27. April 1852 übersandte die Archivkommission in Wetzlar das Schaumburg-Lippe und Holstein-Schaumburg betreffende 'Spezialrepertorium' an die Landesregierung und kündigte den Versand der Akten in fünf Kisten an, die am 12. Juli in Bückeburg eintrafen (L 3 La 20). Es handelte sich dabei um 177 Prozesse aus den Jahren 1551-1805, die als gesonderter Bestand des Regierungsarchivs aufgestellt wurden. Das Spezialrepertorium diente in der Folgezeit als Findbuch. Während der kriegsbedingten Deponierung des Staatsarchivs Bückeburg in Hannover wurde das Repertorium durch Brandbomben vernichtet. 1954 erstellte Franz Engel ein neues Findbuch, das neben den Prozessparteien ausführlichere Angaben über den Prozeßgegenstand und die Laufzeit der Akten sowie einen Namenindex enthielt.

Die

die hessische Grafschaft Schaumburg betreffenden Reichskammergerichtsakten wurden zusammen mit denen des Kurfürstentums Hessen in den Jahren 1847-1852 an den Zivilsenat des Obergerichts in Kassel abgegeben. Nach dem Untergang des Kurstaates im Jahre 1866 und der damit verbundenen Aufhebung des Obergerichts gelangten die Akten an das Archiv des Königlich Preußischen Appellationsgerichts in Kassel und von dort im Dezember 1870/Januar 1871 an das Staatsarchiv in Marburg, wo sie den Bestand 255 bildeten. Im Jahre 1951 wurden im Zuge eines Archivalienaustausches die die Grafschaft Schaumburg betreffenden Prozessakten an das Niedersächsische Staatsarchiv in Hannover abgegeben zusammen mit einem Auszug aus dem von der Archivkommission in Wetzlar für das Kurfürstentum gefertigten Spezialrepertorium, der seitdem als Findmittel diente.

b) Ordnung und Verzeichnung

Der nach heutigen Ansprüchen unzulängliche Erschließungszustand der beiden Bestände gab Veranlassung, sie in das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Programm 'Inventarisierung der Bestände des Reichskammergericht in niedersächsischen Staatsarchiven' einzubeziehen. Innerhalb dieses Programms wurden sie in der Zeit zwischen Oktober 1982 und Juni 1983 geordnet und neu verzeichnet.

Die Überlieferung der einzelnen Prozessakten ist in sich im allgemeinen vollständig, jedoch war die innere Ordnung bei ihrer überwiegenden Anzahl gestört und mußte anhand des Protokolls und der Quadrangelzählung wiederhergestellt werden. Schriftstücke ohne Quadrangeln wurden nach dem Produktionsvermerk oder - sofern auch dieser fehlte nach dem Ausstellungsdatum ans Ende der Akte gelegt.

Umfangreichere Akten von Vorinstanzen (sog. Acta priora) wurden zu eigenen Bänden formiert und den übrigen Kameralakten (Acta cameralia) vorangestellt; weniger umfangreiche Vorakten wurden an der durch die Quadrangel vorgegebenen Stelle eingeordnet, in einigen Fällen auch ans Ende gelegt. Verpackte und versiegelte Acta priora wurden

eröffnet, die Öffnung wurde vermerkt.

Gelegentlich fanden sich mehrere vollständige Prozesse jeweils (mit eigener Quadrangelzählung und Protokoll) zusammengeordnet; sie wurden wieder getrennt und als selbständige Prozesse verzeichnet. Einzelne Schriftstücke aus anderen Prozessen und 'Irrläufer' mit hessischen, badenwürttembergischen und nordrhein-westfälischen Betreffen wurden ausgesondert.

Aus konservatorischen Gründen wurden besiegelte Pergamenturkunden und Karten, wie teilweise schon vor der Neuverzeichnung geschehen, dem Bestand entnommen, die neue Signatur ist bei der Titelaufnahme mit angegeben.

Die beiden Bestände L 24 und H 24 sind eng miteinander verzahnt: Beide enthalten Prozesse, die schon vor der Teilung der Grafschaft zwischen Lippe und Hessen 1647/48 geführt worden sind und die in einem sachlichen

Zusammenhang miteinander stehen (z.B. die Prozesse der von Rottorp und von Zerssen). Von einer Umordnung der beiden Bestände und einem Austausch von Akten zwischen ihnen wurde jedoch abgesehen, da die alte Ordnung erhalten bleiben sollte. Ein gemeinsamer Index macht jedoch jetzt die Zusammenhänge deutlich.

Die verschiedentliche Benutzung der beiden Reichskammergerichtsbestände - so durch Brosius, Hauptmeyer, Schaer, Schormann, vergleiche Literaturverzeichnis - ließ auch eine Änderung der Archivsignaturen als untunlich erscheinen. Damit war für die Neuverzeichnung die alte Ordnung der Bestände verbindlich. Diese folgt wie im Wetzlarer Generalrepertorium dem Alphabet der Kläger. In einigen Fällen hatten indessen die Bückeburger Repertorien die Kläger- und die Beklagtenstelle vertauscht. Diese Prozesse sind an der alten, durch die Archivsignatur festgelegten Stellung verblieben, auch wenn sie jetzt mit richtiger Parteienstellung nicht mehr in das Klägeralphabet passen. Von der Signatur des Wetzlarer Generalrepertoriums wird jedoch auf irregulären Fundort verwiesen. Für den Index sind die Prozesse mit lfd. Nummern durchgezählt worden, der Bestand L 24 mit

1, der Bestand H 24 mit 201 beginnend, so dass auch im Index L 24 und H 24 unterscheidbar sind.

Bei der Neuverzeichnung konnte der Prozess L 24 F 9 nicht aufgefunden werden. Von den im Bückeburger Repertorium H 24 verzeichneten Prozessen der v. Cornberg fehlen C 31 und 32 bereits seit 1871, die weiteren C 33-37 und C 47 und 48 sind 1867 an das Hauptstaatsarchiv abgegeben worden (dort Hann. 27 Nummer 133-139). Im vorliegenden Findbuch erscheinen alle diese Prozesse in kursiver Schrift. Aus dem Hauptstaatsarchiv Hannover sind die beiden Prozesse L 24 L 10a und H 24 S 190 neu hinzugekommen.

Die Neuverzeichnung folgt den von der Archivreferentenkonferenz verabschiedeten 'Grundsätzen für die Verzeichnung von Reichskammergerichtsakten'. Die Ziffern des vorgegebenen Schemas enthalten im einzelnen folgende Angaben:

(1) Laufende Nummer des Inventars (die auch für den Index benutzt wird) - Archivsignatur - Buchstabe und Nummer des Wetzlarer (jetzt Frankfurter) Generalrepertoriums.

(2) Kläger bzw. Antragsteller mit Vorname, Nachname, Beruf, Titel, Wohnort, ggf. das Verhältnis zu einer anderen Person oder Institution (als Vormund des..., als Erben des..., namens seiner Frau..., für die Bauerschaft...). Bei länger dauernden Prozessen sind die Rechtsnachfolger des Klägers nur in Ausnahmefällen ausgeworfen. Die Parteieigenschaft in der Vorinstanz wird durch Kläger = Kläger(in) bzw. Beklagter = Beklagte(r) angegeben. Ortsnamen werden in der heutigen Form geschrieben, Familiennamen bei noch bestehenden Familien nach der heute üblichen Fassung normalisiert, in runden Klammern wird diejenige Namensform hinzugesetzt, die in der eigenhändigen Unterschrift der Prokuratorenvollmacht verwendet wurde. Vornamen wurden vorsichtig modernisiert.

(3) Beklagter mit Angaben wie Ziffer 2.

(4) Prokuratoren am Reichskammergericht, getrennt nach Kläger und Beklagten, mit dem Jahr der Bevollmächtigung. Steht hinter dem Namen nur eine Jahreszahl in Klammern, liegt keine Prozessvollmacht in den

Akten, und das Datum wurde erschlossen; wenn nach der Jahreszahl in runden Klammern eine weitere Jahreszahl folgt, bezeichnen diese beiden Jahre eine Vorbevollmächtigung aus einem anderen Prozeß, die abschriftlich zur erneuten Bevollmächtigung vorgelegt wurde.

(5) Streitgegenstand. In der ersten Zeile wird die lateinisch-deutsche Formulierung des Protokolls bzw. der Produktionsvermerke angegeben, soweit sie zu ermitteln war. Ein Wechsel der Prozeßart wird stets mit Jahreszahl angegeben, z.B. citationis, nunc (1692) mandati de exequendo.

Es folgt in den nächsten Zeilen die möglichst genaue Beschreibung des Streitgegenstandes nach Sache, Ort, Personen und Zeit. Wesentliche Stufen und Einschnitte des Prozeßgeschehens wie Parition, Vergleich, Endurteil, Exekution oder Renunciation der Klage werden erwähnt.

(6) Instanzen in fortlaufender Numerierung nach Anfangs- und Endjahr. Fehlen Priora, sind die Jahresangaben in runde Klammern gesetzt. Beim Reichskammergericht werden Anfangs- und Endjahr nach dem Protokoll angegeben, maßgeblich ist die letzte Eintragung (gelegentlich ein wesentlich nach dem letzten Produktionstermin liegender ‘visum‘-Vermerk). In runden Klammern hinzugesetzt sind Anfangs- und Endjahr der Produkte, sofern abweichend.

(7) Darin-Vermerk mit Nachweisen erwähnenswerter Beweismittel: Urkunden, Inventare, Register, Rechnungen, Weistümer; Genealogie, Karten, Pläne; Rechtsgutachten und Urteile von Juristenfakultäten und Schöppenstühlen, mit Angabe der Quadrangel oder des Fundorts (Produktionsdatum).

(8) Hinweise: Umfang der Akte nach Quadrangeln und Stapelhöhe in Zentimeter Stapelhöhe; fehlende Stücke sind vermerkt. Nennung von parallelen Reichskammergericht-Prozessen in gleicher Sache, ggf. Angabe von Literatur, beides ohne Anspruch auf vollständige Erfassung.

c) Zitierweise

Die Prozessakten sind mit der in Ziffer 1 in der Mitte angegebenen Archivsignatur zu zitieren und zu bestellen. Beispiele: L 24 B 3, H 24 M 157.

d)

Literaturverzeichnis

Grundlegende Werke:

Latzke, Walther: Das Archiv des Reichskammergerichts. In: Zeitschrift d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgeschichte, Germ. Abt. Bd 78 1961 S. 321-326

Laufs, Adolf: Die Reichskammergerichtsordnung von 1555 ( Quellen u. Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich Bd. 3). Köln/Wien 1976

Sellert, Wolfgang: Prozeßgrundsätze und Stilus curiae am Reichshofrat im Vergleich mit den gesetzlichen Grundlagen des reichskammergerichtlichen Verfahrens (Untersuchungen zur deutschen Staats- u. Rechtsgeschichte. NF Bd. 18). Aalen 1973

Smend, Rudolf: Das Reichskammergericht. I. Geschichte und Verfassung (Quellen u. Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter u. Neuzeit. Bd. 4, H.3). Weimar 1911. ND Aalen 1965

Weitzel, Jürgen: Der Kampf um die Appellation ans Reichskammergericht (Quellen u. Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich. Bd. 4). Köln/Wien 1976

Wiggenhorn, Heinrich: Der Reichskammergerichtsprozeß am Ende des alten Reiches. Jur. Diss. Münster 1966

Spezielle Literatur zu einzelnen Prozessen

Brosius, Dieter: Anton von Wietersheim. Zur Persönlichkeit des schaumburgischen Kanzlers. In: Schaumburg-Lippische Mitteilungen H. 18, 1967, S. 25-42

Hauptmeyer, Carl-Hans: Die Bauernunruhen in Schaumburg-Lippe 1784-1793. Landesherr und Bauern am Ende des 18. Jahrhunderts. In: Nieders. Jahrbuch f. Landesgeschichte Bd. 49, 1977, S. 149-207

Neukirch, Albert: Niedersächsische Adelskultur der Renaissance (Renaissanceschlösser Niedersachsens. Textband, H. 2). Hannover 1939

Schaer, Friedrich-Wilhelm: Graf Friedrich Christian zu Schaumburg-Lippe als Mensch und als Repräsentant des kleinstaatlichen Absolutismus um 1700 (Schaumburger Studien. H. 17). Bückeburg 1966

Schormann, Gerhard: Aus der Frühzeit der Rintelner Juristenfakultät. (Schaumburger Studien. H. 38). Bückeburg 1977

Weitere spezielle Literatur wird fallweise bei den einzelnen Prozessen nachgewiesen.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: nein

teilweise verzeichnet