NLA WO 2 Nds

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Verwaltungsgericht Braunschweig

Laufzeit 

1946-2009

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Am 5. Mai 1895 verabschiedete die Landesversammlung des Herzogtums Braunschweig das Gesetz betreffs die Verwaltungsrechtspflege, das am 1. April 1896 in Kraft trat. Damit wurde die Grundlage für die Einrichtung des Braunschweigischen Verwaltungsgerichtshofes gelegt, die einzige verwaltungsgerichtliche Instanz im Herzogtum. Das Gesetz blieb im Wesentlichen bis 1948 für die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung gültig.

In den ersten Jahrzehnten seines Bestehens erreichte der Braunschweigische Verwaltungsgerichtshof mit seinen Entscheidungen beachtliches Ansehen. Im Nationalsozialismus wurde die Verwaltungsgerichtsbarkeit aber schrittweise abgebaut, bis 1939 die Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte auf die Verwaltungsbehörden übertragen wurden. Bei der Zerstörung Braunschweigs im Oktober 1944 brannte das Verwaltungsgebäude des Gerichtshofs aus, so dass fast alle Akten und die Bibliothek vernichtet wurden.

Nach Kriegsende bestimmte die Britische Militärregierung mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 36 vom 31. Oktober 1946 die Wiedereinrichtung von Fachgerichten zur Entscheidung von Verwaltungssachen. Nach der Gründung des Landes Niedersachsen 1946, in das das Land Braunschweig überging, genehmigte die Britische Militärregierung am 23. Oktober 1947 mit der Verordnung des Gebietsbeauftragten Nr. 2 betr. Verwaltungsgericht Braunschweig die Wiedereröffnung einer verwaltungsgerichtlichen Instanz für das ehemalige Land Braunschweig. Mit der Verordnung Nr. 165 vom 15. September 1948 wurde der bisherige braunschweigische Verwaltungsgerichtshof in den neuen Instanzenzug aus mehreren Landesverwaltungsgerichten und einem Oberverwaltungsgericht eingeordnet und zu einem erstinstanzlichen Gericht heruntergestuft. Die Verordnung nahm das bis heute gültige verwaltungsgerichtliche Verfahren vorweg, welches die Verwaltungsgerichtsordnung von 1960 regelt.

Das (Landes-)Verwaltungsgericht Braunschweig war ab dem 1. Mai 1949 eines von drei Verwaltungsgerichten in Niedersachsen (neben Hannover und Oldenburg). Es war räumlich zuständig für das Gebiet des Verwaltungspräsidenten Braunschweig. Ihm waren zudem die Auswärtigen Kammern in Lüneburg zugeordnet, die für den Regierungspräsidenten bzw. die Bezirksregierung Lüneburg zuständig waren.

Im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreform wurden die Behörden Regierungs- bzw. Verwaltungspräsidenten zum 1. Februar 1978 in Bezirksregierungen umbenannt und ihre Zahl durch Zusammenschlüsse von acht auf vier verringert. Zur Bezirksregierung Braunschweig kamen daher neben dem Bereich Gifhorn/Wolfsburg auch große Teile Südniedersachsens, die zuvor zum Regierungspräsidenten Hildesheim gehörten. Damit wurde das Verwaltungsgericht Braunschweig auch für die Stadt Göttingen und die Landkreise Göttingen, Northeim und Osterode zuständig (siehe das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 1. März 1981, Nds. GVBl. 7/1981, S. 29). Demgegenüber wurden die Auswärtigen Kammern Lüneburg der Obhut des neugegründeten Verwaltungsgerichts Stade (zuvor Auswärtige Kammern Stade, dem Verwaltungsgericht Oldenburg zugeordnet) übertragen.

Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 1. April 1992 (Nds. GVBl. 15/1992, S. 87) wurden mit Wirkung vom 1. August 1992 die Auswärtigen Kammern Göttingen des Verwaltungsgerichts Braunschweig gegründet. Hintergrund für die Justizreform war die Notwendigkeit der Beschleunigung von Asylverfahren, für die neue Kammern eingerichtet und zusätzliche Richterstellen geschaffen wurden. Bereits zum 1. Juli 1993 (Nds. GVBl. 20/1993, S. 175) wurden die Auswärtigen Kammern Göttingen in das eigenständige Verwaltungsgericht Göttingen umgewandelt, wie auch die bisherigen Auswärtigen Kammern Lüneburg und Osnabrück selbständige Verwaltungsgerichte wurden. Damit bestehen heute sieben Verwaltungsgerichte in Niedersachsen, die sich in Braunschweig, Göttingen, Hannover, Lüneburg, Oldenburg, Osnabrück und Stade befinden und denen das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg übergeordnet ist. An diesem werden Berufungsverhandlungen durchgeführt, sofern die Verwaltungsgerichte in ihren Urteilen und Beschlüssen eine Berufung zugelassen haben.

Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Braunschweig erstreckt sich heute auf die kreisfreien Städte Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg sowie auf die Landkreise Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel. Von den derzeit ca. 50 Mitarbeitern sind etwa die Hälfte Richter, die in den zwölf Kammern als Berufsrichter mit der Rechtsprechung befasst sind. Weitere 120 ehrenamtliche Richter wirken bei den mündlichen Verhandlungen und der Urteilsfindung am Verwaltungsgericht mit gleichen Rechten mit. Acht Kammern befassen sich mit allgemeinen Verwaltungsrechtssachen, zwei Kammern mit dem Personalvertretungsrecht und zwei Disziplinarkammern mit dem Disziplinarrecht der Landes- und Bundesbeamten.

Durch die Prozessrechtsreform vom 1. Januar 1997 wurde die Arbeit der Verwaltungsgerichte aufgewertet, indem seither Rechtsmittel gegen deren Entscheidungen nur dann möglich sind, wenn sie vom Oberverwaltungsgericht ausdrücklich zugelassen werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von obergerichtlichen Entscheidungen abgewichen ist oder wenn Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.

Die Zuständigkeit und die Besetzung der einzelnen Kammern ergeben sich aus dem jährlich vom Präsidium beschlossenen Geschäftsverteilungsplan. Im aktuellen Jahr 2016 sind die Kammern u.a. für folgende Sachgebiete zuständig:

1. Kammer:
- Parlaments-, Wahl- und Kommunalrecht, Recht der juristischen Körperschaften des öffentlichen Rechts, Staatsaufsicht
- Wirtschafts- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Recht der freien Berufe
- Gebührenrecht
- Brand- und Katastrophenschutz
- Enteignungsrecht
- Atom- und Strahlenschutzrecht
- Vermögens- und SED-Rehabilitierungsrecht
- Härtefonds für nicht jüdische Verfolgte des NS-Regimes
- Berufsgerichtliche Verfahren
- Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung
- Asylrecht und Eilverfahren

2. Kammer:
- Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft
- Tierschutz
- Luftverkehrsrecht
- Wohnrecht
- Raumordnung, Landesplanung, Bau-, Boden- und Städtebauförderungsrecht
- Umweltrecht
- Asylrecht und Eilverfahren

3. Kammer:
- Sozialrecht (ohne Sozialhilfe), Jugendschutzrecht, Kindergartenrecht, Kriegsfolgenrecht
- Sozialhilfe (Altverfahren)
- Asylrecht und Eilverfahren

4. Kammer:
- Rundfunk- und Fernsehrecht
- Ausländerrecht
- Asylrecht und Eilverfahren

5. Kammer:
- Bestattungs- und Friedhofsrecht
- Film- und Presserecht
- Sport
- Weinrecht
- Jagd-, Forst- und Fischereirecht
- Post- und Fernmelde- und Telekommunikationsrecht
- Krankenhausrecht
- Polizei- und Ordnungsrecht
- Jugendschutzrecht
- Archivrecht
- Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG)
- Asylrecht und Eilverfahren

6. Kammer:
- Bildungsrecht und Sport (ohne NC-Verfahren)
- Numerus-Clausus-Verfahren
- Eisenbahn-, Kleinbahn- und Bergbahnrecht sowie Wasserstraßenrecht
- Straßen- und Wegerecht
- Sonstiges Prüfungsrecht
- Asylrecht und Eilverfahren

7. Kammer:
- Recht des öffentlichen Dienstes
- Justizverwaltungsrecht
- Asylrecht und Eilverfahren

8. Kammer:
- Abgabenrecht
- Asylrecht und Eilverfahren

9. Kammer:
- Personalvertretungsrecht des Bundes

10. Kammer:
- Personalvertretungsrecht des Landes

11. Kammer:
- Disziplinarrecht des Landes

12. Kammer:
- Disziplinarrecht des Bundes


Stand: Februar 2016

Bestandsgeschichte 

Der Bestand 2 Nds besteht derzeit aus 21 Zugängen. Zunächst erfolgte eine Bewertung in der Behörde in unregelmäßigen Abständen, wobei archivwürdiges Schriftgut durch das Gericht zusammen mit dem damaligen Staatsarchiv ausgewählt wurde.

Seit 1987 gelten Akten über Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Hochschulzulassungsrecht (NC-Verfahren) grundsätzlich als nicht archivwürdig, da sie zumeist nur Kopien der Abiturzeugnisse und Bewerbungen um Studienplätze enthalten. Lediglich in Ausnahmefällen wurden und werden daher solche Akten übernommen.

1989/90 erfolgte die erstmalige Anbietung der Justizverwaltungsakten des Verwaltungsgerichts, die in Teilen übernommen wurden. Ebenso kam die Urteilssammlung (als Kopie) bis 1959 ins Staatsarchiv, und zwar bis 1954 vollständig, danach Einzelstücke. Die vollständige Übernahme bis 1954 zeichnet sich durch eine besonders dichte und aussagekräftige Überlieferung für die Entwicklung der Verwaltungsrechtsprechung aus und ist damit für eine statistische Auswertung geeignet. Als 1992 die originale, vollständige Urteilssammlung aus den Jahren 1948-1960 im Verwaltungsgericht wieder aufgefunden worden ist, wurde diese ins Staatsarchiv überführt und gegen die 1990 übernommenen Kopien ausgetauscht. Für die Folgejahrgänge wurde eine Übernahme in 5-Jahres-Schritten vorgesehen (1965, 1970, 1975).

1993 wurde ein neues Bewertungsmodell erarbeitet. Danach sollten künftig Akten nach folgendem Muster übernommen werden:

- Zufallsauswahl anhand von Aktenzeichen pro Jahrgang (jede 200. Akte; wenn die die betreffende Akte nicht vorliegt, dann die vorangehende)
- Auswahl besonderer Fälle (z.T. Einzelbewertung am Regal)
- für NC-Fälle (6. Kammer): 1. Akte aus dem Regal und die drei obersten Fälle im Regal pro Jahrgang.

1993/94 wurde das Bewertungsmodell erstmals in der Praxis erprobt. Das Verwaltungsgericht wählte dabei anhand der Kriterien typische Fälle (Routinearbeit) durch numerische Stichproben (jede x-te Akte) und Einzelfallbewertung (Inhalt, juristische Behandlung) aus.

Wegen des Umzugs des Verwaltungsgerichts 1999 wurde das Bewertungsverfahren abgeändert (publiziert in Der Archivar, Beiheft 2, 1999, S. 22f.). Künftig sollte jährlich ein Jahrgang bewertet werden, und zwar nach folgendem Muster:

- Zufallsauswahl nach Aktenzeichen (jede 200. Akte, Volkszählungssachen jede 400.) je Jahrgang und Aktengruppe (A-Verfahren, D-Verfahren, z.T. B-Verfahren=Vollstreckungen) sowie exemplarische Übernahme von NC-Verfahren (erstes Verfahren je Jahrgang); die Akten wurden dabei durch das Gericht herausgesucht
- Auswahl besondere Fälle durch das Staatsarchiv mittels einer Vorauswahl aus Aktenverzeichnissen für ausgewählte Kammern und Jahrgänge (Streitgegenstand, Beteiligte, Streitwert) sowie Stichprobensichtung am Regal (besonders umfangreiche Fälle)
- Ergänzung um Fälle, die durch das Verwaltungsgericht als archivwürdig (Präzedenzfälle) oder als Prüfungsakte (Hausarbeit oder Aufsichtsarbeit) markiert wurden

2010 wurde mit dem Verwaltungsgericht eine Vereinbarung geschlossen, dieses zeitnah auf Pressemeldungen über besondere Verfahren hinzuweisen, die für eine Übernahme in Frage kommen würden; ferner sollten auch Justizangestellte und Richter entsprechende Akten kennzeichnen.

Stand: Mai 2020

Enthält 

Prozessakten u.a. im Bereich des Kommunal-, Schul-, Polizei- u. Sozialhilferechts, des Steuerrechts u. des Umwelt- u. Denkmalschutzes, Verfahren im Bereich des Asyl- u. Ausländerrechts, streitige Baugenehmigungen, Naturschutzgebiete, Immissionsgenehmigungen, Studienzulassung, Wahlanfechtung

Literatur 

Hans Klinger, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Niedersachsen, in: Neues Archiv für Niedersachsen 8 (1955/1956), S. 163-168.

Thomas Henne, Verwaltungsrechtsschutz im Justizstaat. Das Beispiel des Herzogtums Braunschweig 1832-1896, Frankfurt/M. 1995.

Niedersächsisches Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten (Hg.), 50 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit in Niedersachsen, Hannover 1997.

Horst-Rüdiger Jarck (Bearb.), Die Bestände des Staatsarchivs Wolfenbüttel, Göttingen 2005, S. 400f.

Günter C. Burmeister, Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Braunschweig, in: Karl-Peter Sommermann und Bert Schaffarzik (Hg.), Handbuch der Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland und Europa, Berlin/Heidelberg 2019, S. 465-515 (hier besonders zur Geschichte während des Kaiserreichs, der Weimarer Republik und im Dritten Reich).

Homepage des Verwaltungsgerichts Braunschweig

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

35,9

Bearbeiter 

Dr. Christian Helbich (2016, 2020)

Benutzung 

Aus datenschutzrechtlichen Gründen können die Erschließungsdaten des Bestandes zum überwiegenden Teil online nicht angezeigt werden. Eine Einsichtnahme in die Daten ist nach Freischaltung nur im Lesesaal des Standortes Wolfenbüttel möglich. Bitte wenden Sie sich hierfür an die Lesesaalaufsicht. Ansonsten gelten für die Nutzung des Archivgutes des Bestandes zumeist die üblichen Schutzfristen für Sachakten von 30 Jahren gemäß § 5 Abs. 2 NArchG. Sofern Archivgut noch Schutzfristen unterliegt, kann dieses nur in begründeten Fällen mittels eines Ergänzungsantrages eingesehen werden.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet