NLA WO 129 Neu Fb. 1

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Kreisdirektion Gandersheim

Laufzeit 

1706-1966

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Umfang: 42,1 lfdm
Inhalt: Gemeinde-, Zoll-, Grenz- u. Wirtschaftsangelegenheiten, Armenfürsorge, Versicherungswesen, Steuersachen, Kloster u. Schulsachen, Generalakten der Kreisdirektion, z.B. Dienstinstruktionen, Geschäftsführung, Haushalt u. Registratur, Angelegenheiten der Gerichtspflege u. Akten des Kreiskommunalverbands.

Bestandsgeschichte 

1.) Der Bestand und seine Ordnung.
Die bislang vom Kreis Gandersheim abgelieferten Akten wurden in den Jahren 1950/1951 geordnet. Der stattliche Bestand ist seit 1928 dem Staatsarchiv zugewachsen. In diesem Jahre ist die erste Ablieferung getätigt (Zugang 25/28). Die Anzahl der Bände wurde damals nicht festgestellt, doch umfaßt die Abgabe wohl gut die Hälfte des heutigen Bestandes. Damals kamen Akten aller Verwaltungszweige ins Archiv, deren zeitlicher Umfang - von den Vorakten abgesehen - von 1833 bis etwa 1880 reicht. Leider erweist sich der Bestand in vielen Teilen als lückenhaft. Eine große Anzahl von Akten wird auf Grund des Cirkularreskripts vom 6. 10. 1837 (GuVS 1837 Nr. 43) kassiert sein. Doch liegt die Vermutung nahe, daß Vieles und Wertvolles noch bei der Vorbereitung dieser Abgabe, bei der anscheinend kein Archivar mitwirkte, vernichtet ist (Bericht des Bürgermeisters a.D. Meyer über seine Dienstreise nach Gandersheim am 28. 7. 1943).
1934 (Zugang 100/34 ) gingen 3 Bündel Akten verschiedener Behörden vom Kreis Gandersheim ein, die im Januar 1950 nach ihrer Herkunft aufgeteilt wurden.
1943 (Zugang 10/43) wurden 65 Bündel Zweitschriften von Gemeinderechnungen aus den Jahren 1927 bis 1932 dem Staatsarchiv übergeben. Diese Rechnungen sind, da sie erst nach Abschluß der Verzeichnung im Bestand des Amtsgerichts Gandersheim aufgefunden wurden, dem Bestand als Gruppe 19a eingefügt.
Einen weiteren Zuwachs erhielt der Bestand durch die Abgabe 25/43, die fast ausnahmslos Kirchen-, Pfarr- und Schulakten enthielt, darunter die meisten Corpora bonorum der Kirchengemeinden des Kreises. Leider haben diese Akten durch Feuchtigkeit gelitten, so daß sorgsamster Umgang mit ihnen geboten ist.
Die Abgabe 2/45 des Landkreises Goslar lieferte 4 Aktenbände ein, die sich auf die Gemeinde Ostharingen beziehen, die diesem Kreise 1942/43 angegliedert ist.

Die Neuordnung der Altregistratur des Kreises Gandersheim wurde nach Rückführung der während des Krieges in Greene ausgelagerten Akten begonnen. Als Ergebnis sind bisher 2 Zugänge im Jahre 1949 zu verzeichnen. Die 1. Abgabe (3/49) brachte 2 Kisten Akten verschiedener Verwaltungssparten, deren größter Teil Auswanderungsakten und solche, die die abgetretene Exklave Bodenburg-Oestrum betreffen, sind. Die 2. Lieferung (7/49) enthielt in einer Kiste 41 Bände verschiedenartiger Kreisakten, darunter die ältesten Kreiskommunalakten (ca. 1870 - 1900), die, da sie der Registratur der Kreisdirektion entstammen, diesem Bestand angegliedert wurden.
Die Ordnung der Registratur ist in diesem Jahre abgeschlossen. Sie wurde auf dem Boden des Landratsamtes in Gandersheim untergebracht. Weitere größere Abgaben stehen zur Zeit nicht in Aussicht. Erwartet wird nur noch eine kleinere Ablieferung Akten verschiedener Herkunft, die im Hause eines verstorbenen Beamten aufgefunden wurden (Bericht des Staatsarchivrats Dr. Goetting über seine Reise nach Gandersheim vom 16. 3. 1951).
Der Ordnung des Archivbestandes liegt das Registraturschema zugrunde, das 1837 in der Kreisdirektion Gandersheim entworfen wurde (Gr. 88 Nr. 7). Diese Urfassung hat auch der Kreisdirektion Holzminden vorgelegen, die danach ihre Registratur aufbauen wollte. Für die Kreisdirektion Gandersheim scheint sich aber bald die Notwendigkeit ergeben zu haben, diesen 1. Entwurf zu überarbeiten. Jedenfalls zeigen die Aktenbezeichnungen eine Änderung in der Folge der Buchstaben und Ziffern und eine stärkere Differenzierung der Unterteilung. Sich bei der Neuordnung daran zu halten, verbot einerseits die oft nur geringe Menge der aufhebenswerten Akten, die Zusammenfassungen der Untergruppen geboten erscheinen ließen, andererseits die langen Registraturbezeichnungen, die zu griechischen Buchstaben greifen mußten, da deutsche und lateinische, aber auch arabische und römische Ziffern nicht mehr ausreichten. Eine Probe solcher Bezeichnung biete das Beispiel: 2. Abt. II DB 10b B d.

Die Registratur war in sieben Abteilungen gegliedert, die als Obergruppen des Ordnungsaufbaues übernommen sind. Als Mittelgruppen folgten die Convolute, die in jeder Abteilung von neuem gezählt wurden, während im Entwurf von 1837 die Zählung durchläuft. Unter den Convoluten stehen die einzelne Acte (Einzahl: Act). Convolut ist also der Sammelbegriff für die Einzelbetreffe. Die Acte sind innerhalb der Convolute gezählt, wobei in der Anfangszahl nicht immer die chronologische Folge gewahrt ist; ein Zeichen, dass die Zählung und Beschriftung erst nach Anlage eines Teils der Akten durchgeführt ist. Ursprünglich scheint die Registratur nach römischen und arabischen Ziffern (etwa IV,3) gegliedert gewesen zu sein; doch finden sich die Ziffern nicht auf allen Akten. Es ist nicht klar, nach welchen Grundsätzen diese erste Einteilung vorgenommen ist, da sich ein Registraturschema aus den Anfangsjahren der Behörde nicht vorfindet. Wahrscheinlich hat es der damalige Kreissekretär Carl Andreas Chr. Stäcker, dessen krause Schrift in und auf den Akten bis 1835 erscheint, geschaffen. Auch der Bearbeiter des Entwurfs von 1837 ist nicht genannt. Doch ist wohl anzunehmen, daß dafür der nachfolgende Kreissekretär Adolf Steinacker verantwortlich zeichnet, der 1835 auf diesen Posten berufen wird (Braunschweigische Anzeigen Jg. 1835, Sp. 2450). Auf den Akten erscheint das Schema bis 1849/50 +). Dann wechselt man das Registratursystem und arbeitet mit blauen Mappen, in denen teilweise noch jetzt die Akten lagen. Auf ihren Rücken stehen die Registraturbezeichnung, der Sammelbegriff und die Convolutnummer angegeben. Die Akten sind nicht mehr bezeichnet. Ihre Zugehörigkeit ist anscheinend nur durch lose Zettel als Gedächtnisstütze kenntlich gemacht. Sie waren

in einigen wenigen Fällen noch in den Akten vorhanden. Der Grund für die neue Art liegt wohl darin, daß nach der Versetzung des Kreissekretärs Hermann Koken (1848), der seit 1833 im Amte befindliche Kreiskanzlist Ludwig die Arbeit nicht allein leisten konnte, und, da mehrere Jahre kein Sekretär ernannt wurde, die Registratur vernachlässigt wurde. 1851 erscheint der Stadtgerichtssekretär Küster als Hilfsbeamter. Vielleicht stammt von ihm diese Art der Registraturführung. Nachzuweisen ist es nicht. Die Zuteilung der Akten zu den einzelnen Gruppen war nicht immer klar. Schuld daran ist die Aktenführung, da die Betreffe nicht klar geschieden wurden. Vielfach wurden bei gleichen Personen verschiedene Angelegenheiten in einer Akte geführt, an anderen Stellen sind gleiche Betreffe für mehrere Personen oder Liegenschaften an verschiedenen Orten zusammengefaßt. Es ist daher für die Benutzung unerläßlich, inhaltlich verwandte Gruppen durchzuarbeiten oder bei Gruppen, die nach Orten geordnet sind, auch benachbarte Orte zu überprüfen. Doch wird ein Namens- und Sachweiser die Schwierigkeiten nach Möglichkeit zu beheben suchen.
+) Nachträglich hat sich im Bestande L Neu Abt. 126 A eine Registraturordnung aus der ersten Zeit der Kreisdirektion Gandersheim angefunden (bisherige Archivbezeichnung: L Neu Abt. 126A XX nr. 25). Die in 2 Ausfertigungen, Original und Abschrift, vorhandene Registraturordnung ist mit dem Original in dieses Findbuch übernommen unter der Archivbezeichnung: L Neu Abt. 129A Gr. 88 Nr. 23, die Abschrift ist unter der vorläufigen Nummer 880 zu der in Neuordnung begriffenen Archivabteilung L Neu Abt. 126A genommen worden.

2.) Behördengeschichte.
Da der Bestand, wie bereits ausgeführt ist, Akten aller Verwaltungssparten nur bis ca. 1880 enthält, mithin außer dürren Anordnungen und Gesetzen nur wenige Sparten etwas über die Entwicklung der Folgezeit auszusagen vermögen, habe ich mich entschlossen, die Behördengeschichte der Kreisdirektion Gandersheim vorläufig nur bis zu diesem Jahr zu führen und dadurch einen Überblick über die Entwicklung der ersten 50 Jahre zu bieten.

Durch das Gesetz vom 12. 10. 1832 (GuVS 1832 Nr. 27) wird die in der erneuen Landschaftsordnung (§ 160) angeordnete Reform der Mittelinstanz der Staatsverwaltung durchgeführt. Der § 1 bestimmt, daß die Behörde, der unter der Benennung der Herzogl. Kammer die Leitung aller Gegenstände der Polizei und der eigentlichen Regierungsangelegenheiten übertragen war, mit dem 1. 1. 1833 aufhören soll. Ebenso kommen die Oberhauptmannschaften in Fortfall (vgl. Einleitung zum Bestand 124B). Das bedeutet für den Harzdistrikt die Aufhebung der Oberhauptmannschaften Seesen und Gandersheim. Sie werden zum Kreis Gandersheim zusammengefaßt, dessen leitende Behörde die Kreisdirektion mit dem Kreisdirektor an der Spitze wird. Waren die Oberhauptleute meist noch Adlige, deren Verwaltungskenntnis durch die Praxis erworben war, so erscheinen von nun an in der Mittelinstanz Persönlichkeiten mit verwaltungsjuristischer Vorbildung, die in der braunschweigischen Verwaltung bereits an verschiedensten Stellen Dienst getan haben (s. Anhang über die Kreisdirektoren). Außerdem treten je nach Notwendigkeit Assessoren, Sekretäre und als Schreibpersonal Kanzlisten hinzu. 1833 und in den folgenden Jahren gehören in der Regel nur der Direktor, ein Sekretär und ein Kanzlist zum Personal der Kreisdirektion.
Daß die Kreisdirektionen Nachfolgebehörden auch für die aufgehobene Kammer sind, zeigt der § 2 des Gesetzes, in dem die Ablieferung ihrer Spezialakten an die zuständige Kreisdirektion befohlen wird. Die Generalakten sollen von der Kreisdirektion Braunschweig verwahrt und auf Wunsch den anderen Kreisdirektionen leihweise überlassen oder im Auszug mitgeteilt werden. 6 Kreisdirektionen werden

errichtet: Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt, Gandersheim, Holzminden und Blankenburg.
Ihnen werden jeweils 3 - 4 Ämter (bisher Kreisämter genannt) unterstellt. Der Kreis Gandersheim umfaßt die Ämter Greene, Gandersheim, Lutter a. Bbge, Seesen. Die Instanzenstufung ist dahingehend geregelt, daß die Kreisdirektionen unmittelbar dem Staatsministerium untergeordnet, den davon unmittelbar abhängigen Kollegien aber nebengeordnet werden. Alle innerhalb ihres sachlichen Amtsbereichs fungierenden Behörden und Beamten aber sind bezüglich ihrer Amtsführung der Kreisdirektion untergeordnet.
Diese Einstufung der Kreisdirektionen erläutert der § 6 des Gesetzes, der vorschreibt, daß alle Beschwerden gegen Anordnungen der Unter- und Lokalinstanzen an die Kreisdirektionen zu richten sind, während Erlasse des Staatsministeriums nur an die Kreisdirektionen gehen sollen.
Die Wirkungsbefugnisse scheiden sich (§ 7 ff.) in Verwaltungs- und Aufsichtsbefugnisse. Zum unmittelbaren Geschäftskreis gehören folgende Obliegenheiten:
1. Die Sorge für das Bekanntwerden und die Ausführung der Gesetze und Erlasse;
2. Die Handhabung der Bestimmung, die die Bevölkerung, die Aufnahme in und Entlassung aus dem Untertanenverband, die Rechte des Wohnsitzes und des Aufenthalts betr.;
3. Die Förderung der Volksbildung und der dazu dienenden Anstalten;
4. Schutz und Förderung des Landbaues und Gewerbewesens sowie die Erhaltung und festere Begründung der Grenzen zwischen ländlicher und städtischer Wirtschaft;
5. Die Förderung aller den Handel und Verkehr betr. Einrichtungen, namentlich der Messen und Jahrmärkte, der Land- und Wasserstraßen, der Maße und Gewichte und des Maklerwesens;
6. die Aufsicht über das gesamte Gemeindewesen, wozu das Gemeindevermögen, Gemeindegerechtsame, Anstellung und Beaufsichtigung der Gemeindebeamten, Verteilung der Gemeindenutzungen und -lasten und auch die Ausmittelung

und Festsetzung der Beitragsverbindlichkeiten zu Lasten der Ämter oder des Kreises;
7. alle Zweige der Landespolizei und die Aufsicht und Verbesserung der Lokalpolizei, besonders hinsichtlich der öffentlichen Sicherheit, Gesundheitspflege, Armenfürsorge, Ordnung im Hauswesen, Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, bauernrechtliche Verhältnisse, Aufklärung und Sitten, der Ordnung in Kirchen- und Schulwesen, der Bauten und Abwendung öffentlicher Gefahren durch Naturkatastrophen, außerdem die Aufsicht über alle zu diesen Zwecken vorhandenen öffentl. Einrichtungen, Gebäude und Anstalten.
Zur Ausführung dieser Aufgaben stehen den Kreisdirektionen die Unter- und Lokalinstanzen zur Verfügung. Ferner haben sie auch über auftretende Schwierigkeiten sachlicher und rechtlicher Natur bei Ausführung von Gesetzen und Erlassen mit den in Frage kommenden Behörden zu verhandeln und an das Ministerium zu berichten.
An der Justizverwaltung waren die Kreisdirektionen nur aufsichtsweise beteiligt. Sie hatten über Justizmängel in 1. Instanz dem Landesgericht zu berichten, die Gerichtslokale, Gefängnisse und Korrektionsanstalten zu beaufsichtigen und das Notwendige wegen der Gerichtsverwaltungs- und Gefangenenverpflegungskosten zu besorgen. Außerdem hatten sie die Aufsicht über das Depositenwesen bei den Ämtern (§ 8).
Ebenso haben die Kreisdirektionen die Ausführung und die Anwendung der Finanzgesetze zu beobachten und bei Unregelmäßigkeiten an die entsprechende Behörde zu berichten (§ 9).
Dieselben Funktionen üben sie in Kirchen- und Schulangelegenheiten aus (§ 10).
In militärverwaltungstechnischer Hinsicht haben die Kreisdirektionen die Aufgabe der Oberhauptleute übernommen. Sie haben die sich auf den Durchzug fremder Truppen, Kriegsfuhren und Einquartierungen beziehenden Dinge zu leisten und auch die Vermögensverhältnisse abziehender Militärpflichtiger zu ordnen (§ 11).

Endlich haben die Kreisdirektionen die ihnen durch das Walgesetz vom 12. 10. 1832 (GUVS 1832 Nr. 25) § 50,54 und 55 übertragenen Funktionen als Kreiswahlämter zu erfüllen (§ 12).
Die Geschäftsverteilung geschieht durch den Kreisdirektor, der in Abwesenheit oder Behinderung durch den Assessor oder Sekretär vertreten wird. Die Kreisdirektionen handeln selbständig, so weit nicht nach Lage der Dinge oder durch besonderen Vorbehalt Verhandlungen mit anderen Behörden notwendig sind. Als Zwangsmittel steht ihnen die Strafe von 5 Rtlr. (hilfsweise 3 Tage Haft) zu, über deren Verhängung aber besondere Vorschriften bestehen.
Die Kreisdirektoren werden angewiesen, zwei Mal jährlich ihren Amtsbereich zu bereisen, können auch unvermutet Kontrollen vornehmen und haben das Recht, sich von einem Mitglied des betr. Amts begleiten zu lassen. Auf diesen Reisen hat der Kreisdirektor alle Verwaltungssparten und die Dienstführung der Beamten zu überprüfen, kann auch Beschwerden entgegennehmen und vorläufige Maßnahmen sofort anordnen. Die Ergebnisse der Bereisungen sollen dem Staatsministerium berichtet werden. Aber auch in diesem Bestand finden sich (wie in L Neu Abt. 124B) keine Konzepte darüber. Für technische Spezialfragen können die Kreisdirektionen von den betr. Oberbehörden Gutachten anfordern, bei Medizinal- und Bausachen sogar Beamte dieser Behörden unmittelbar heranziehen, doch waren sie den Behörden dann Mitteilung darüber schuldig (§ 20).
Bei unmittelbarer Gefahr sind alle im Bereich einer Kreisdirektion tätigen Beamten, gleich welcher Behörde, dem Kreisdirektor unmittelbar unterstellt und haben seinen Anweisungen Folge zu leisten (§ 21).
Endlich ist die Kreisdirektion ermächtigt, in Fällen streitiger Beitragsverbindlichkeiten vorläufige Anordnungen zu treffen, die befolgt werden müssen, bis eine Beschwerde an das Staatsministerium oder eine gerichtliche Klage entschieden ist.

Über die Vertretung des Kreises in der Landesdirektion durch den Kreisdirektor vgl. Bestand L Neu Abt. 125 (Landesdirektion).
Durch diese Neuorganisation wurden Verwaltungsbehörden geschaffen, die den 1823/1825 eingerichteten Distriktsgerichten entsprachen. Damit wird die Trennung von Justiz und Verwaltung, die sich 1823 angebahnt hatte, endgültig vollzogen, wenn man von der Administrativjustiz, die man in den Zwangsmitteln erblicken kann, absieht.
Das äußert sich auch in der Umbenennung der Distriktsgerichte in Kreisgerichte, wie sie ab 1.1. 1833 heißen. Doch sind diese Kreisgerichte in räumlicher und sachlicher Hinsicht von den früheren der Jahre 1814 - 1825 völlig verschieden, und es empfiehlt sich daher bei Bearbeitungen einen Zusatz zu machen.
Der Abschnitt 6 des § 7 des Einrichtungsgesetzes, betr. die Funktionen der Kreisdirektionen hinsichtlich der Städte und Gemeinden wird durch die §§ 114 - 117 der Allgem. Städteordnung (GuVS 1834 Nr. 5) ausführlich erläutert. Hauptsächlich dreht es sich dabei um die Lokalpolizei, um Beschwerden und Kompetenzstreitigkeiten. Der Kreisdirektion fehlt die Entscheidungsbefugnis in den Fällen der beiden letzten Rubriken. Sie ist dem Staatsministerium Vorbehalten.
Die Ablösungsordnung vom 20. 12. 1834 (GuVS. 1834 Nr. 20) bestimmt im § 92 die Errichtung von Kreiskommissionen, deren Vorsitzende die Kreisdirektoren sind, deren Geschäftsbereich dadurch eine neue Ausweitung erhält.
An der Aufsicht über die Gilden, die an sich durch die Bürgermeister ausgeübt wird, werden die Kreisdirektionen dahingehend beteiligt, daß sie zur Anstellung der von der Gemeindeverwaltung vorgeschlagenen obrigkeitlichen Gildedeputierten ihre Genehmigung geben müssen (Zirkular vom 17. 10. 1835, GuVS 1835 Nr. 35).

Das Gesetz über die Verpflichtung zum Kriegsdienst vom 23. 2. 1837 (GuVS 1837 Nr. 10) stellt den Kreisdirektor an die Spitze der Aushebungskommission (§ 28), der außer einem Offizier und einem Justizbeamten noch Ärzte angehören. Die Kreisdirektion hat die Durchführung der Aushebungen zu bewerkstelligen, nachdem die Ämter die listenmäßige Vorbereitung besorgt haben.
Mit der Einrichtung der Kreisdirektionen sind anscheinend auch die Kreiskassen eingerichtet. Eine Verfügung darüber, erste Vorschriften über Kassenführung und Rechnungslegung waren nicht zu ermitteln. Jedoch wird im Gesetz vom 31. 12. 1834 (GuVS 1835 Nr. 5) das Bestehen der Kassen vorausgesetzt.
Einen Anlaß zur Neuorganisation der Kreisverwaltung gibt die Trennung von Verwaltung und Justiz in der Unterinstanz. Durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung vom 21. 8. 1849 (GuVS 1849 Nr. 35) werden Amtsgerichte geschaffen, die nach § 15 des Gesetzes getrennt von der Landesverwaltung bestehen sollen. Die Durchführung der Neuordnung bleibt einem späteren Gesetz vorbehalten, das am 19. 3. 1850 (GuVS 1850 Nr. 13) erlassen wird und den Termin für den Arbeitsbeginn der Amtsgerichte auf den 1. 7. 1850 festsetzt. Zum gleichen Datum werden durch das Gesetz über die Organisation der Landesverwaltungsbehörden vom 19. 3. 1850 (GuVS 1850 Nr. 26) die Ämter aufgehoben (§ 20). Ihre Befugnisse gehen an die Kreisdirektionen über, deren Kompetenzen im Einzelnen noch einmal durch das Gesetz umrissen werden. Die bisherigen Verwaltungs- und Aufsichtsbefugnisse bleiben - von wenigen geringfügigen Abweichungen abgesehen - dieselben. Neu dagegen ist folgendes:
Die Kreisdirektoren sollen den Sitzungen der Amtsräte regelmäßig beiwohnen. (Über die Einrichtung der Befugnisse der Amtsräte s. Landgemeindeordnung vom 19. 3. 1850, §§ 129 - 160, GuVS 1850 Nr. 24). Außerdem sollen sie an bestimmten Tagen an den Amtshauptorten Sprechtage abhalten, auf denen die Amtseinwohner ihre Angelegenheiten mündlich vortragen können. Als Hilfsbeamte können den Kreisdirektoren auf Verfügung der Landesregierung die Sekretäre und andere Hilfskräfte der Amtsgerichte ohne Anspruch auf besondere Vergütung zur Verfügung gestellt werden.

Von den Bediensteten der bisherigen Ämter treten die Amtsvögte als Unterbeamte zum Personal der Kreisdirektion. Sie haben aber auch die Geschäfte der gerichtlichen Polizei zu besorgen und können von den Gerichten zur Abhaltung von Auktionen, Aufnahme von Inventarien und ähnlichen Geschäften verwendet werden. Der Kreisdirektion dienen sie auch zu Erhebungszwecken. Allerdings führen sie keine eigene Registratur. Sie bekommen alle Vorgänge nur brevi manu, haben sie also mit dem Bericht versehen zurückzuschicken. Im Amtsbezirk Seesen sind zeitweilig noch Amtsuntervögte nachzuweisen, die dann meist in Gittelde sitzen.
Dem Kreisdirektor werden die im Kreise stationierten Kommandos des Polizeimilitärs zur Ausführung von Aufträgen unterstellt, jedoch hat der Befehlshaber das Recht, falls ihm die Anordnungen nicht zweckmäßig erscheinen, mit dem Kreisdirektor darüber zu verhandeln und ggf. die Entscheidung des Staatsministeriums einzuholen.
Als neue Funktion werden hinsichtlich der Verwaltung der Kirchen- und Schulangelegenheiten die Geschäfte der weltlichen Kirchen- und Schulvisitatoren den Kreisdirektoren vorläufig übertragen, doch fällt die Abnahme der Kirchenrechnungen nicht in ihren Aufgabenbereich.
Die Selbständigkeit der Kreisdirektion in allen Zweigen des Geschäftskreises bleibt erhalten, soweit nicht die Natur der Dinge oder der ausdrückliche Vorbehalt eine Berichterstattung an das Staatsministerium notwendig machen. Eine Einschränkung bedeutet der § 13 des Gesetzes, der zugleich den Wirkungskreis der neuen Kreiskommission wiedergibt. Er lautet: "Bedarf es jedoch innerhalb des den Kreisdirektionen überwiesenen Wirkungskreises der Feststellung von Maß und Umfang und von Ort und Zeit rücksichtlich solcher Geld- und

Naturalleistungen, welche Gemeinden, Interessentenschaften oder einzelne nach ausdrücklichen Gesetzen oder sonstigen Normen des öffentlichen Rechts im allgemeinen obliegen, deren nähere Begrenzung aber in den einzelnen Fällen vorgenommen werden muß, und bedarf es dieserhalb wegen eintretender Weigerung der Verpflichteten der Abgabe von Entscheidungen, so sollen die Kreisdirektionen zu deren alleiniger Abgabe nur dann berechtigt sein, entweder wenn und soweit Gefahr im Verzuge ist, oder wenn der Gegenstand der Anforderung bzw. der Unterschied zwischen dieser und dem Anerbieten der verpflichteten Gemeinde, Interessentenschaft oder einzelnen den Geldwert von 100 Rtlr. nicht erreicht. In anderen Fällen hat die Kreisdirektion zu der abzugebenden Entscheidung zuvor die Zustimmung der Kreiskommission (§ 15) zu erwirken und wenn sie sich mit dieser zu einer übereinstimmenden Ansicht nicht vereinigen kann, die Entscheidung zu beantragen."
Die Kreiskommissionen sind der Anfang der Kreiskommunalverwaltung im Herzogtum Braunschweig. Sie werden aus den Bürgermeistern der Städte und den Vorsitzenden der Amtsräte gebildet (§ 15). (Kreis Braunschweig hat Sonderregelung). In Gandersheim muß demnach die Kommission aus 4 Amtsratsvorsitzenden und 2 Bürgermeistern zusammengesetzt werden. Sie wird nach Bedürfnis vom Kreisdirektor am Kreishauptort berufen. Der Kreisdirektor hat den Vorsitz und die Leitung der Verhandlungen, jedoch kein Stimmrecht. Seine Meinung ist nur bei Stimmengleichheit entscheidend. Beschlußfähig ist die Versammlung, wenn alle Mitglieder geladen und mindestens 2/3 erschienen sind. Die Sitzungen sind öffentlich, wenn nicht Geheimhaltung besonders beschlossen wird. Die Kommission hat die Beteiligten auf deren Verlangen zu hören und ist berechtigt, Zeugen und Sachverständige zu vernehmen, die die Kreisdirektion herbeizuschaffen hat. Die Mitgliedschaft ist ehrenamtlich.

So geringfügig hinsichtlich der Gesamtverwaltung die Befugnisse sein mögen, zumal keine Eigenverwaltung besteht, ist doch nicht zu übersehen, daß mit der Einrichtung dieser Kreiskommission den Gemeinden und Amtsbezirken über die Amtsräte und Bürgermeister ein gewisser Einfluß auf die Finanzgebarung des Kreises eingeräumt wird. Die Kommissionen sind die Vorstufen zu den Kreisausschüssen und die Amtsräte in ihrer Gesamtheit zum Kreistag.
Die Neuordnung der Verhältnisse bringt eine Vermehrung der Arbeit mit sich, die von den wenigen Beamten nicht mehr geschafft werden konnte. So ergibt sich als Folge, daß eine Personalvermehrung eintritt. Neben dem Kreisdirektor, Kreissekretär und Kreiskanzlisten wird jetzt der Kreisassessor eine ständige Einrichtung. Er rangiert unmittelbar nach dem Kreisdirektor und wird dessen ständiger Vertreter. Sind Referendare zugewiesen, nehmen sie den Platz nach den Assessoren ein. Die Sekretäre verschwinden bzw. werden zu Assessoren ernannt. Hinter dem Kanzlisten finden sich in der Rangliste die zeitweilig auftauchenden Auditoren, die zur Ausbildung zugeteilt werden.
Eine Weiterentwicklung der Kreisselbstverwaltung bringt die Kreisordnung vom 5. 7. 1871 (GuVS 1871 Nr. 35). Das Herzogtum bleibt in die bisherigen 6 Kreise eingeteilt. Dagegen werden den Kreisdirektionen eine Reihe von Funktionen abgenommen. Der Fortschritt liegt in der Bildung von Selbstverwaltungskörpern, deren Entwicklung mit der Schaffung der Kreiskommission begann. Jeder Kreis bildet einen Kreiskommunalverband mit den Rechten einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zum Zwecke der Mitwirkung in Angelegenheiten der Landesverwaltung. Organe des Kreiskommunalverbandes sind die Kreisversammlung (Kreistag) und der Kreisausschuß. Der Kreis Braunschweig macht eine Ausnahme von dieser Regelung, indem 1. drei Kommunalverbände, nämlich aus der Stadt Braunschweig, aus

den Amtsbezirken Riddagshausen und Vechelde und aus dem Amtsbezirk Thedinghausen gebildet werden und 2. im Kreiskommunalverband Stadt Braunschweig die Funktionen des Kreistages und des Kreisausschusses von den Stadtbehörden wahrgenommen werden.
Als Kreiskommunalsachen, über die im einzelnen noch zu sprechen sein wird, werden alle diejenigen Aufgaben bezeichnet, die in diesem Gesetz festgelegt werden und die nicht der Zuständigkeit der Landesverwaltung unterliegenden, die Interessen aller oder des größten Teils der Gemeinden bzw. der Kreisangehörigen berührenden, das allgemeine Wohl betreffenden Angelegenheiten, die später durch einen vom Staatsministerium bestätigten Beschluß des Kreistages für solche erklärt werden.
Die Kreisversammlung kann mit Genehmigung des Staatsministeriums Kreisstatute errichten, die durch eine amtliche Veröffentlichung Gesetzeskraft erhalten. Ebenso können über Gegenstände der allgemeinen Verwaltung Beschlüsse gefaßt werden. Als Zwangsmittel sind 20 Rtlr. Geldstrafe bzw. 14 Tage Haft vorgesehen.
Kreisangehörige sind alle Leute, die im Kreise ihren Wohnsitz haben. Sie haben das Recht zur Teilnahme an der Vertretung und Verwaltung des Kreises und zur Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen und Anstalten des Kreises. Demgegenüber steht die Pflicht zur Übernahme unbesoldeter Ämter in der Vertretung und Verwaltung des Kreises und zur Teilnahme an den Kreislasten, für die Abgaben erhoben werden, wenn die Erträge des Kreisfonds nicht zur Deckung der Ausgaben genügen. Als Kreisfonds werdet den Kreiskommunalkassen insgesamt 2.500.000,-- Rtlr., die größtenteils aus dem Erlös für die verkauften Eisenbahnen stammen, zugewiesen, die durch das Gesetzt über die Dotationssummen für die Kreiskommunalverbände vom 5. 6. 1871 (GuVS 1871 Nr. 36) nach einer Kopfzahlquote verteilt werden. Gandersheim bekommt 384.800 Rtlr. Jedoch ist die Verwendung

zweckgebunden. Das Geld dient einmal zur Herstellung und Erhaltung gemeinnütziger Einrichtungen wie Bildungsanstalten, Kranken-, Armen-, Waisen-, Werk- und Rettungshäusern und zur Tragung der Kreislasten wie Kosten der Kreiskommunalverwaltung, Wegebaukosten, Unterstützung der Gemeinden in der Fürsorge für das Schul- und Armenwesen, Beihilfe für bedürftige Gemeinden und Auswanderer, Kranke, Taubstumme, Blinde und Geisteskranke in Privat- und Staatsanstalten. Die Überlieferung des Geldes erfolgt in Wertpapieren, deren fünfprozentige Verzinsung gewährleistet ist. Die Kreisfonds wurden 1874 gemäß dem Landtagsabschied des 14. ordentl. Landtages vom 12. 7. 1874 (GuVS 1874 Nr. 31) aufgestockt. Aus den Überschüssen der Finanz-Finanzperiode 1870/72 wurden 100.000 Rtlr. und aus der französischen Kriegsentschädigung 500.000 Rtlr. dem Kreisfonds überwiesen. Die wieder nach der Bevölkerungsanteilsquote an die Kreiskommunalverbände verteilt wurden. Dabei erhielt Gandersheim 224.900 Rtlr. . Die Dotation von 1876, die durch Ministerialreskript vom 8. 6. 1876 zur Zahlung angewiesen wurde, teilte nach demselben Schlüssel noch einmal 3.000.000 RM auf, wovon auf dem Kreiskommunalverband Gandersheim 449.700 RM entfielen. Damit hatte der Gandersheimer Kreisfonds eine Höhe von 2.248.800 RM erreicht. Die Fonds des gesamten Landes betrugen 15.000.000
Am Kreisfonds sind alle Gemeinden Miteigentümer, so daß bei Umgliederung der auf die Gemeinde entfallende Anteil dem aufnehmenden Kreis überwiesen werden muß. Der Anteil wird nach der Kopfzahl der Einwohner berechnet, die zu Kreisabgaben verpflichtet sind. Befreit von dinglichen Abgaben sind die Besitzungen der fürstl. Familie, der Grundbesitz der Kirchen, Pfarrwitwentümer, Schulen, Armen- und Wohltätigkeitsanstalten, die bisher nicht zu Kommunalabgaben herangezogen sind, Begräbnisplätze und Grundstücke des Kreiskommunalverbandes. Von

persönlichen Abgaben sind frei die Mitglieder des herzogl. Hauses, fremde Gesandte, Besucher öffentlicher Unterrichtsanstalten und Militärpersonen nach Maßgabe der Reichsgesetzgebung. Doppelte Besteuerung desselben Einkommens ist ebenfalls nicht zulässig. Die Verteilung und Aufbringung der Abgaben regelt der Kreistag nach besonders festgelegten Grundsätzen (§ 14, 16). Beschwerden dagegen gehen zunächst an den Kreisausschuß, der sie zur nochmaligen Prüfung dem Kreistag vorlegt. In letzter Instanz entscheidet das Staatsministerium.
Die Zusammensetzung der Kreiskommunalversammlungsorgane regelt das Gesetz in den §§ 17 ff. Der Kreis Gandersheim wählt 21 Abgeordnete in den Kreistag, von denen die Städte Gandersheim und Seesen je 2, die Amtsbezirke Gandersheim, Lutter a. B. und Greene je 4, der Amtsbezirk Seesen 3 und die höchstbesteuerten Grundbesitzer und Gewerbetreibenden 2 Mitglieder stellen. Ferner treten zu jedem Kreistag wegen der dort zu vertretenden Interessen der Kammer je ein Vertreter der Direktion der Forsten und der der Domänen, die von ihren Behörden ernannt werden, während die anderen Abgeordneten in einem festgelegten Wahlverfahren in geheimer und indirekter Wahl bestimmt werden. Das Wahlrecht muß persönlich ausgeübt werden. Vertreten werden dürfen nur Grundeigentümer und Gewerbetreibende, die sich nicht regelmäßig im Kreise aufhalten. "Frauenzimmer", Minderjährige und andere unter Vormundschaft stehende dürfen nicht wählen Personen Wählbar ist jeder Kreisangehörige, der zur Übernahme eines Gemeindeamts befähigt ist. Die Mitglieder des Kreistages werden auf 6 Jahre gewählt, die Hälfte davon in der 1. Periode nur auf 3 Jahre. Für Ausscheidende tritt für den Rest der Amtszeit ein zu wählender Vertreter ein. Diäten und Reisekosten werden nicht gezahlt. Zur Ablehnung oder Niederlegung des Mandates berechtigen nur besondere Gründe (§ 34).

Unentschuldigte Vernachlässigung kann mit Mandatsentzug durch Kreistagsbeschluß, Stimmenrechtsentzug auf bestimmte Zeit und Geldstrafe von 5 - 50 Rtlr. bestraft werden. Staatsbedienstete, Geistliche, Schullehrer und Militärpersonen bedürfen zur Annahme des Mandats der Zustimmung ihrer vorgesetzten Behörde.
Die Kreisversammlung soll in der Regel 2mal jährlich in den Kreishauptort berufen werden. Die Einladung muß mindestens 14 Tage vor dem Sitzungstermin erfolgen und die Tagesordnung enthalten. Außerordentliche Berufungen finden bei Bedarf statt oder wenn der Kreisausschuß oder ein Viertel der Mitglieder des Kreistages es verlangt. Allerdings dürfen Dinge, die nicht in der Einladung standen, wohl beraten, aber nur verabschiedet werden, wenn die Dringlichkeit von 2/3 der anwesenden Mitglieder beschlossen wird.
Als erste Amtshandlung hat der neugewählte Kreistag die Legitimität der Wahlen auf Grund der vorgelegten Wahlprotokolle zu überprüfen. Dann wählt er unter der Leitung des Alterspräsidenten einen Vorsitzenden, einen Protokollführer und für jeden einen Vertreter. Der Vorsitzende und sein Vertreter müssen Mitglied der Kreisversammlung sein. Der Vorsitzende leitet die Verhandlung, veranlaßt die Abstimmung, stimmt aber selbst nur bei Stimmengleichheit und bei Wahl mit und handhabt die Geschäftsordnung, die sich der Kreistag selbst gibt. Die Kreisversammlung ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder erschienen ist. Eine Ausnahme ist nur gestattet, wenn der Kreistag zum 2. Male zur Beratung über denselben Gegenstand zusammenberufen wird. Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefaßt. Nur bei bestimmten Fällen ist 2/5 Mehrheit nötig. Bei Privatinteresse darf ein Mitglied nicht an den Verhandlungen teilnehmen. Die Verhandlungen werden protokolliert. Im Protokoll ist die Präsenzliste aufzunehmen. Unterschrieben wird das Protokoll vom Vorsitzenden, Protokollführer und 2

Mitgliedern des Kreistages. Die Beschlüsse werden im Kreisblatt oder in den Braunschweigischen Anzeigen veröffentlicht. Für eine gewisse Kategorie behält sich das Staatsministerium die Bestätigung vor. Die Verhandlungen sind, wenn nichts anderes beschlossen wird, öffentlich. Eingaben an die Kreisversammlung gehen an den Vorsitzenden, außerhalb der Sitzungsperiode an die Staatsbehörde (Kreisdirektion), die sie weiterleitet.
Die Staatsbehörde hat das Recht, mit beratender Stimme der Kreisversammlung beizuwohnen. Ihr ist auf Verlangen das Wort zu erteilen. Sie kann die Beschlüsse der Versammlung unter Angabe des Grundes bis zur Entscheidung durch das Staatsministerium suspendieren. Der Landesfürst kann den Kreistag auflösen, muß aber sofort Neuwahlen ausschreiben. Bis dahin bleiben die bisherigen Kreiskommunalverbandsorgane in Tätigkeit.
Was ist nun der Kreisversammlung als Arbeitsgebiet zugewiesen? Sie hat Wege zu suchen, wie der Lebensstandard der Kreisangehörigen erhöht werden kann. Sie soll die vorhandenen Bildungsmittel allgemein zugänglich machen, sie nach Notwendigkeit und Möglichkeit vermehren und verbessern, und die Sittlichkeit befördern. Sie ist besonders befugt,
1.) über statuarische Anordnungen zu beraten und sie zu beschließen,
2.) die Verteilung der Staatsleistung, soweit sie nicht schon vorgeschrieben ist, anzuordnen,
3.) die Errichtung von Bildungs- und Wohlfahrtsanstalten zu beschließen,
4.) sonstige Anordnungen für die Armenfürsorge zu treffen,
5.) Ausgaben für Kreisaufgaben zu beschließen und dafür über das Grund- und Kapitalvermögen des Kreises zu verfügen, Anleihen aufzunehmen und den Kreisangehörigen Kreisabgaben aufzuerlegen,
6.) Abweichungen vom allgemeinen Verteilungsmaßstab zu beschließen,
7.) Beschwerden der Gemeinden wegen Überlastung mit Kreisabgaben zu entscheiden,
8.) den Kreishaushalt festzustellen und über die Jahresrechnung

Entlastung zu erteilen,
9.) die Grundsätze für die Verwaltung des Kreisvermögens, der Kreiseinrichtungen und -anstalten festzulegen,
10.) die Kreisbeamten anzustellen und ihre Besoldung festzulegen,
11.) den Kreisausschuß zu wählen und die nötigen Ausschüsse und Kommissionen aus der Zahl der Kreisangehörigen zu bestellen,
12.) die Kommissionen für die Zwecke der Militärverwaltung zu bilden,
13.) der Staatsbehörde im Interesse des Kreises Vorschläge zu machen, nötigenfalls auch bei ihr Beschwerde zu führen.
Als geschäftsführendes Organ wählt die Kreisversammlung in ihrer 1. Sitzung mit einfacher Stimmenmehrheit Kreisdeputierte, die zusammen mit den Vertretern der Staatsbehörde den Kreisausschuß bilden. Für jeden Deputierten wird gleichzeitig ein Vertreter gewählt. In den Gandersheimer Kreisausschuß sind 5 Mitglieder zu wählen während die beiden Städte zusammen 1, die 4 Amtsbezirke je einen Vertreter zu stellen haben. Die Deputierten bleiben solange im Amt, wie sie Mitglieder des Kreistages sind. Ersatzleute fungieren nur für den Rest der ordnungsgemäßen Amtszeit.
Die Aufgaben des Kreisausschusses lassen sich wie folgt umreißen:
Der Kreisausschuß hat
1.) den Kreishaushalt zu entwerten, die Jahresrechnung zu prüfen die Kreiskommunalkassen zu überwachen,
2.) die durch den Haushaltsplan und durch Sonderbeschlüsse des Kreistages anfallenden Einnahmen und Ausgaben anzuweisen,
3.) das Kreisabgabesoll der einzelnen Gemeinden beizutreiben,
4.) außerordentliche Ausgaben zu beschließen und anzuweisen,
5.) mit den anzustellenden Kreisbeamten die nötigen Dienstverträge abzuschließen,
6.) den Kreiskommunalverband in Prozessen zu vertreten,
7.) die beim Kreisausschuß eingelaufenen Beschwerden dem Kreistag vorzulegen,
8.) die Geschäfte wahrzunehmen, die bisher den Amtsräten überwiesen und nicht der Kreisversammlung zugeteilt sind (§ 58 Abs. 8 a - k),
9.) die Aufgaben

der Kreiskommission zu übernehmen, die dieser durch die Gesetze vom 19. 3. 1850 (§ 13) und vom 8. 12. 1851 (§§ 22, 35) übertragen waren,
10.) die Befugnis der Staatsbehörde wegen der aus den Amtsfeuerkassen zu bewilligenden Prämien auszuüben,
11.) in Wegebausachen mitzuwirken.

Den Vorsitz im Kreisausschuß führt der Vertreter der Staatsbehörde, meist der Kreisdirektor, der den Ausschuß einberuft und für die einzelnen Angelegenheiten aus seiner Mitte Referenten bestimmt. Beschlußfähig ist der Kreisausschuß, wenn der Staatsvertreter und mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend sind. Beschlußfassung geschieht mit einfacher Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende stimmt nur bei Stimmengleichheit mit. Die Beschlüsse können, wenn sie ungesetzlich sind oder dem Staatsinteresse widersprechen, von der Staatsbehörde sistiert oder aufgehoben werden. Das Staatsministerium entscheidet darüber endgültig.
Die Staatsbehörde vertritt den Kreisausschuß nach außen, fuhrt den Schriftwechsel und zeichnet alle Schriftstücke mit den Worten: "Namens des Kreisausschusses !" Urkunden, die Verpflichtungen des Kreiskommunalverbandes enthalten, ebenso Vollmachten müssen vom Vertreter der Staatsbehörde und von 2 Mitgliedern des Kreisausschusses unterschrieben und mit dem Siegel des Kreisausschusses unterfertigt sein. Der Kreisausschuß kann sich eine Geschäftsordnung geben, deren Einführung und evtl. Änderungen das Staatsministerium genehmigen muß. Den Kreisausschußmitgliedern können vom Kreistag für Reisen in Kreiskommunalangelegenheiten Diäten und Reisekosten bewilligt werden.
Der Kreiskommunalverband übernimmt die bisherigen Amtsarmenkassen, Amtswegebesserungskassen und Amtsfeuerkassen, denen unter Ausweitung der Funktionen auf den ganzen Kreis der Charakter von Kreiskassen beigelegt wird. Die Einnahmen der bisherigen Amtskassen bleiben bestehen. Ihre Einkünfte setzen sich aus verschiedenen

Abgaben zusammen. Die älteste, noch aus dem.17. Jhdt. stammende Einnahmequelle, deren Verhältnisse durch das Gesetz vom 28. 6. 1879 (GuVS 1879 Nr. 39) neugeregelt werden, ist die Abgabe von Testamenten, Ehestiftungen und Kontrakten, die zuerst 1681 in der Stadt Braunschweig erhoben und 1756 auf das Land ausgedehnt wurde. Die Gemeinden mußten 1850 diese Einkünfte an die Amtsräte ab gebend, nach deren Auflösung sie an den Kreiskommunalverband fallen.
Die 2. Quelle sind die Strafgelder, die seit 1816 in die Ortsarmenkasse fließen. Auch sie gelangen über die Amtsräte an die Kreiskommunalverbände.
Endlich werde die 1852 eingeführten Jagdscheingebühren von den Amtsräten vereinnahmt, die sie an die Kreiskommunalverbände weitergeben.
Die Aufsicht über die Kreiskommunalverbandsangelegenheiten übt das Staatsministerium teils unmittelbar, teils unter Mitwirkung der Kreisdirektion aus.
Das Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. 11. 1871 in Kraft. Bis zur Konstituierung der Kreisversammlung und Kreisausschusses bleiben die bisherigen Institutionen bestehen. Die erste Kreiskommunalversammlung soll Anfang Januar 1872 berufen werden.
Für den Rest des eingangs umrissen den Zeitabschnittes sind organisatorische Neuerungen nicht mehr zu verzeichnen.

3.) Die Kreisdirektoren des Kreises Gandersheim von 1833 - 1892.
Der 1. Kreisdirektor des neugebildeten Kreises Gandersheim war Dr. jur. Carl Christian Gerhard. Er wurde von seinem Bürgermeisterposten in Holzminden zu diesem Amt berufen, das er bis zu seinem Tode am 2. 4. 1841 verwaltet hat. Er zeichnet mit "G". Ihm folgt E.F.B. Bussius, ebenfalls Jurist, der bis zu diesem Zeitpunkt seit 1835 Justizamtmann in Greene war. Er hat das Amt bis 1. 5. 1851 inne. Seine Chiffre ist "B". Doch scheint er schon 1850 entpflichtet zu sein, da Dr. jur. Albert Schmidt, Amtsrichter in Holzminden mit der Führung der Geschäfte beauftragt wird. Ihn löst am 1.

12. 1851 August Culemann ab, der seit 1850 als Kreisassessor in Wolfenbüttel saß und im Jahre 1851 als Quartierungskommissar und Aushilfsrichter verwendet wurde. Sein Zeichen ist ein in Monogrammform verschlungenes "AC". Doch schon am 1. 8. 1857 folgt ihm Karl Wilhelm Eduard Lerche, der seit 1850 Kreisassessor in Wolfenbüttel war. Er setzt ein zierliches "L" unter seine Schriftstücke. Fast 35 Jahre, bis zum 1. 7. 1892, hat dieser Mann die Geschicke des Kreises geleitet, bis er dann im hohen Alter in den Ruhestand trat. Er starb am 1. 6. 1915 im Alter von 103 Jahren.
Weitere Beamte der Stadt, des Amtes und des Kreises Gandersheim s. A. Mühe, Geschichte der Stadt Gandersheim, Gandersheim 1936. S. 225 - 228.

4.) Kassationsliste.
Folgende Aktengruppen wurden ganz oder teilweise vernichtet:
1.) Restantenverzeichnisse aller Art.
2.) Nichtgenehmigte besuche aller Art.
3.) Konzessionen minderen Ranges.
4.) Bauholzanforderungen, nicht Abgaben.
5.) Amtswegebesserungskassenrechnungen (nach Auswahl).
6.) Militäraushebungsakten.
7.) Steuerkontraventionen.
8.) Schulversäumnisse.
9.) Formular-Veranlagung nach Kl. VII der Gewerbesteuer.
10.) Bauakten und -risse, außer Neuanbauten.
11.) Straßenpolizei (nach Auswahl).
12.) Beschwerden über Steuerveranlagungen.
13.) Meldungen über entlaufene Dienstboten und Lehrlinge.
14.) Gemeindewegebaukassen.
15.) Ausstellung von Trauscheinen.
16.) Rechnungen des Reformrealprogymnasiums zu Gandersheim.
17.) Heimatscheine.
18.) Berechnung der Trauscheingebühren.
19.) Vagabonden, soweit nicht Auswanderer.
20.) Sterbekassenrechnungen Bodenburg.

Wolfenbüttel, den 30. Juni 1951
(Dr. Mundhenke)
Staatsarchivassessor

Bemerkung: Die Zeichnungen aus den einzelnen Akten wurden teilweise entnommen und getrennt in S.-Film Nr. 8557 und 8558 verfilmt.
Die Karten sind die Kartenabteilung überführt worden und dort unter dem jeweiligen Ortsnamen zu suchen.

Teil I
Unter den Abgaben des Amtsgerichts Gandersheim (L Neu Abt. 40 Gr. 5) fanden sich noch etliche Akten der Kreisdirektion Gandersheim, die ausgesondert und in den Bestand L Neu Abt. 129 A überführt worden sind.
Da von der Kreisverwaltung Gandersheim noch weitere Akten dieser Provenienz zu erwarten sind, ist von einem Nachtrag der ausgesonderten Akten im Findbuch vorerst abgesehen. Die betr. Zettel (Nr. 1 - 58) sind in der Kartei aufgestellt. Sie sind gruppenweise geordnet und tragen die Gruppennummer rechts oben hinter der Bestandsbezeichnung.
03.09.59.

Dieses Findbuch wurde im Rahmen der Programme zur Förderung der wissenschaftlichen Literaturversorgungs- und Informationssysteme der Deutschen Forschungsgemeinschaft (www.dfg.de/lis) digitalisiert

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet

Georeferenzierung

Bezeichnung 

Kreis(direktion) Gandersheim

Zeit von 

1876

Zeit bis 

1944

Objekt_ID 

3232015

Ebenen_ID 

20

Geo_ID 

20-3232015

Link 

Kreis(direktion) Gandersheim

Georeferenzierung

Bezeichnung 

Kreis(direktion) Gandersheim Teil Bodenburg, Östrum

Zeit von 

1833

Zeit bis 

1941

Objekt_ID 

2060800

Ebenen_ID 

20

Geo_ID 

20-2060800

Link 

Kreis(direktion) Gandersheim Teil Bodenburg, Östrum

Georeferenzierung

Bezeichnung 

Kreis(direktion) Gandersheim Teil Ostharingen

Zeit von 

1833

Zeit bis 

1941

Objekt_ID 

2060864

Ebenen_ID 

20

Geo_ID 

20-2060864

Link 

Kreis(direktion) Gandersheim Teil Ostharingen

Georeferenzierung

Bezeichnung 

Kreisdirektion Gandersheim

Zeit von 

1833

Zeit bis 

1876

Objekt_ID 

2

Ebenen_ID 

10420

Geo_ID 

10420-2

Link 

Kreisdirektion Gandersheim