Identifikation (kurz)
Titel
Porzellanfabrik Fürstenberg
Bestandsdaten
Kurzbeschreibung
Umfang: 6,6 lfdm
Bestand umfasst die Unterlagen der 1747 von Herzog Karl I. gegründeten Porzellanmanufaktur Fürstenberg bis zu ihrer Verpachtung 1859. Inhalt: u.a. Einrichtung, Betrieb, Oberdirektion, Konferenzen, Protokolle, Fabrikation, Personalsachen, Kassen- u. Rechnungswesen, Bau- u. Feuersachen, Wasserleitungen, Trocken- u. Brennöfen, Porzellanmalerei, Inventarien.
Die Unterlagen der privatwirtschaftlich geführten Manufaktur (seit 1859) wird im Niedersächsischen Wirtschaftsarchiv verwahrt (NWA 22)
Bestandsgeschichte
Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg - Von der Gründung bis zur Privatisierung (Verpachtung) 1859
Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg wurde auf Beschluss Herzog Carls I., Regent des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel, 1747 gegründet. Damit ist sie nach der Manufaktur Meißen die zweitältete bis heute ununterbrochen produzierende Manufaktur in Deutschland und eine der ältesten Manufakturen in Europa überhaupt ist. Bereits vor ihrer Gründung hatten erste Versuche bereits 1744 zur Porzellanherstellung in Wolfenbüttel stattgefunden.
Ähnlich wie die Gründung der Spiegelglashütte in Grünenplan muss auch die Gründung der Porzellanmanufaktur in Fürstenberg im Rahmen eines landesweiten wirtschaftlichen Entwicklungsplanes des Braunschweiger Herzogs und seines Oberjägermeisters Johann Georg von Langen (1699-1776) verstanden werden. Ein Großteil der zur Produktion notwendigen Rohstoffe befand sich im Herzogtum selbst, für Fürstenberg sprachen die günstige verkehrsgeographische Lage an der Weser und die Holzvorkommen im Solling.
Nach einer längeren Probephase konnte zwar im Januar 1750 der erste größere Brand durchgeführt werden, doch wurden erst ab 1753 wirklich zufriedenstellende Produkte hergestellt, was nicht zuletzt auf den von der Porzellanmanufaktur in Höchst kommenden Arkanisten Johann Kilian Beckgraff zurückzuführen war, der sein Geheimnis noch vor seinem plötzlichen Tod niederschreiben und weitergeben konnte.
Am 3. Dezember 1753 verfügte Herzog Carl I. die Einführung des bis heute gebräuchlichen blauen "F" als Markenzeichen der Manufaktur.
Ungeachtet der kriegsbedingten Einschränkungen während des Siebenjährigen Krieges - so war z.B. zeitweise ein Teil des Personals nach Braunschweig geflüchtet - konnte die Fabrik sich qualitativ weiterentwickeln. Bekannte Porzellankünstler und -maler jener Zeit wie Pascha Weitsch, Johann Simon Feilner und Johann Christof
Rombrich wirkten in Fürstenberg, bzw. der Buntmalerei in Braunschweig, die 1756 als Filialbetrieb gegründet worden war.
Auf Johann Georg von Langen folgte 1762 Bernhard August Trabert in der Leitung der Manufaktur, die ab 1777 (oder 1779) (s. 54 Alt 15) einer Oberdirektion in Braunschweig unterstand.
Nach 1790 verschlechterte sich die Situation der Manufaktur sowohl bedingt durch die politischen Umstände wie auch durch organisatorische Schwächen, so dass sogar mit einem Ruin zu rechnen war.
Nach 1796 kam es mit dem Wirken des Franzosen Louis Victor Gerverot, gebürtig aus Lunéville, der zuvor in verschiedenen Porzellan- und Fayencemanufakuren, darunter wohl auch in Fürstenberg, gearbeitet hatte, zu einem erneuten nicht nur künstlerischen, sondern auch wirtschaftlichen Aufschwung. In der Zeit des Königreiches Westphalen gelang es ihm zudem durch seine Beziehungen zum Kasseler Hof eine neue Absatzquelle und damit das Überleben der Manufaktur zu sichern, die nun als "königliche Manufaktur" (manufacture royale) firmierte. Ungeachtet dieser Verdienste fiel er als Franzose und aufgrund seines als Kollaboration verstandenen Verhaltens nach dem Ende des Königreiches Westphalen in Ungnade. Ihm folgte ab 1814 der Chemiker Carl Proessel aus Zwickau, der wiederum 1821 vom Chemiker Dr. Leschen aus Göttingen in der Direktion abgelöst wurde und der die Manufaktur bis 1825 zwar "mit künstlerischem Gewinn, aber finanziellen Verlusten" leitete.
Unter Leschens Nachfolger Wilhelm Stünkel erlebte die Fabrik eine fast 30 Jahre währende Blütezeit. Das von ihm erweiterte Manufakturprogramm reichte von einfachen Haushaltsartikeln bis zu hochwertigen Servicen und Vasen.
Ende 1828 wurde die zur Manufaktur gehörende Buntmalerei in Braunschweig aufgelöst und vom bisherigen Faktor Carl Ludwig de Marées, Schwiegersohn des Amtsvorgängers Rammelsberg, auf eigene Rechnung weitergeführt. Die
bisherigen Maler wurden von ihm in seiner eigenen Malerwerkstätte teilweise weiterbeschäftigt und er ließ dort noch bis nach 1850 Fürstenberger Porzellan bemalen und dekorieren.
Mit dem Beitritt Braunschweigs zum Deutschen Zollverein wie auch durch den 1853 abgeschlossenen preußisch-östereichischen Handelsvertrag kam es zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage.
Nach Stünkels Tod 1856 verwalteten der Faktor C. Proessel, der bereits seit 1840 technischer Leiter des Werks gewesen war, und der Materialienrendant von Rauschenplath die Manufaktur.
Schließlich wurde diese 1859 an den Kaufmann Proessel und den Kaufmann Georg Friedrich Schmidt verpachtet.
Zum Bestand und zur Erschließung
Der Bestand umfasst die Archivalien, die aus der "staatlichen" Zeit der Porzellanmanufaktur stammen - also von ihrer Gründung 1747 bis zur Privatisierung Mitte des 19. Jahrhunderts. Da das bisher vorliegende handschriftliche Verzeichnis die Inhalte des Bestandes nur sehr unzureichend widerspiegelte, wurde im Jahre 2010 eine Neuverzeichnung durch Herrn Markus Blatt vorgenommen. Er hat - der Fülle und Aussagekraft des Materials entsprechend - die Archivalien vergleichsweise tief erschlossen. Das gilt auch für die Überlieferung der nachfolgenden privatwirtschaftlichen Ära, die im Bestand des Niedersächsischen Wirtschaftsarchivs Braunschweig NWA 22 verwahrt wird. Herr Blatt hat den Bestand auch sachthematisch gegliedert und wesentliche Teile des Vorworts verfasst. Die Fachaufsicht und die Endredaktion lag beim Unterzeichnenden. Dank der finanziellen Unterstützung durch die Stiftung Nord/LB-Öffentliche war es möglich, Herrn Blatt für die Verzeichnung der Archivalien befristet anzustellen. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Wolfenbüttel, November 2011
Dr. Martin Fimpel
Lit.:
Thomas Krueger: Die Geschichte und das Sammeln von Porzellan aus Fürstenberg.
Eine Einführung. In: Thomas Krueger (Hg.), Sammellust - Eine Einführung in das Sammeln von Porzellan aus FÜRSTENBERG. - Mit Beiträgen von Bernhard von Barsewisch u.a. Holzminden: Verlag Jörg Mitzkat, 2011 (= Schriften zur Geschichte des Fürstenberger Porzellans 3, hrsgg. vom Freundeskreis Fürstenberger Porzellan e.V.), S. 89-129.
Beatrix von Wolff-Metternich, Manfred Meinz (unter Mitarb. von Thomas Krueger), Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Eine Kulturgeschichte im Spiegel des Fürstenberger Porzellans, 2 Bde. München, 2004
Marcus Köhler, Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg im 19. Jahrhundert. Auswertung einiger Archivalien, in: Keramos. Zeitschrift der Gesellschaft der Keramikfreunde e.V. Düsseldof 137 (1992), S. 3-18
Christian Scherer, Die Fürstenberger Bundmalerei zu Braunschweig im Anfange des 19. Jahrhunderts bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1828, in: Braunschweigisches Magazin Nr. 7, 1904, S. 77-100
Parallelbestand im Niedersächsischen Wirtschaftsarchiv
NWA 22
Weitere Bestände im Staatsarchiv Wolfenbüttel mit Bezug zur Porzellanmanufaktur Fürstenberg:
1 Alt 22
1 Alt 25 Nr. 254
2 Alt (Geheimer Rat)
4 Alt 2 Kammer betr. Fürstenberg
8 Alt Fürstenberg
12 Neu (Staatsministerium)
40 Neu 10 (Amtsgericht Holzminden)
50 Neu 2 Kammer betr.
Fürstenberg
Informationen / Notizen
Zusatzinformationen
Abgeschlossen: Nein
teilweise verzeichnet
Georeferenzierung
Bezeichnung
Fürstenberg, Gemeinde [Wohnplatz]
Zeit von
1
Zeit bis
1
Objekt_ID
4635
Ebenen_ID
1
Geo_ID
1-4635
Link