NLA WO 6 Alt

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Reichskammergericht, Reichshofrat

Laufzeit 

1489-1806

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Umfang: 64,0 lfdm
Inhalt: 1212 Prozessakten des Reichskammergerichts; 188 Prozessakten des Reichshofrats, u.a. zu Belehnungen, Dienstforderung, Eheversprechen, Erbhuldigung, Fehden, Gerichtsbarkeit, Hexenprozess, Landeshoheit, Steuer.

Bestandsgeschichte 

Die im Staatsarchiv Wolfenbüttel verwahrten Prozesse der obersten Reichsgerichte sind bereits im Jahre 1974 von Dr. Walter Deeters nach eigenen Richtlinien verzeichnet worden. Er hat über seine dabei gemachten Erfahrungen in der folgenden Vorbemerkung und ausführlicher in dem dort am Schluß zitierten Aufsatz berichtet. Es wurde davon abgesehen, die erst sehr viel später ausgearbeiteten und von der Archivreferentenkonferenz am 9. Mai 1978 gebilligten "Grundsätze für die Verzeichnung von Reichskammergerichtsakten" nachträglich zu berücksichtigen, da zwischen den beiden Verzeichnungsmethoden keine gravierenden Unterschiede bestehen.

Einige Prozesse, die irrtümlich in die Bestände des Hauptarchiv Hannover geraten waren, sind kürzlich an das Staatsarchiv Wolfenbüttel abgegeben und im Repertorium nachgetragen worden. Ausgeschlossen werden kann jedoch nicht, daß künftig weitere Reichskammergerichts- und Reichshofratsprozesse bei der Neuverzeichnung der bisher nur unzureichend erschlossenen Wolfenbütteler Altaktenbestände ermittelt werden.

Druckvorlage war ein maschinengeschriebenes Findbuch in dem seinerzeit im Staatsarchiv Wolfenbüttel bevorzugten Format DIN A 3. Die notwendige Angleichung des Druckes an das Format der Inventarreihe der Niedersächsischen Archivverwaltung (DIN A 5) bedingt leider eine erhebliche Verkleinerung des Schriftbildes. Dieser Mangel mußte in Kauf genommen werden, weil die Anfertigung einer neuen Druckvorlage aus arbeitsökonomischen und finanziellen Gründen nicht zu rechtfertigen war. Bei der Entscheidung hat außerdem eine wesentliche Rolle gespielt, daß ein solches Findbuch nicht kontinuierlich durchgelesen, sondern im Hinblick auf ein ganz bestimmtes Forschungsanliegen von den Indices her konsultiert und benutzt wird.

Es wäre zu wünschen, daß der Benutzer das Findbuch auch in dieser Gestalt akzeptiert und daß es sich als nützliches

Hilfsmittel für Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen erweist, die an der Auswertung der Akten des Reichskammergerichts und des Reichshofrats interessiert sind.

Wolfenbüttel, im Oktober 1981

Günter Scheel

Vorbemerkung

Zwischen den Beständen 5 Alt - Hofgericht und 7 Alt - Justizkanzlei ordnet die Bestandsgliederung des Staatsarchivs den Bestand 6 Alt ein, um anzudeuten, daß diese Bestände in enger Beziehung zueinander stehen. Hofgericht und Justizkanzlei in Wolfenbüttel, denen Rechtsprechung und Verwaltung obliegt, entsprechen im Alten Deutschen Reich Reichskammergericht und Reichshofrat.

Das Reichskammergericht wurde 1495 errichtet und stellte 1806 seine Tätigkeit ein, nachdem Kaiser Franz II. die Krone des Heiligen Römischen Reiches niedergelegt hatte. Es wurde von den Reichständen unterhalten. Seinen Sitz hatte es von 1526 bis 1688 in Speyer und seit 1693 in Wetzlar. Das Reichskammergericht war die höchste Instanz in Straf-, Zivil- und Verwaltungsprozessen, zuständig für direkte Klagen zwischen Reichsunmittelbaren oder gegen diese und für Berufungen von den deutschen Obergerichten, soweit in den Territorien nicht ein Oberlandesgericht, wie in den Kurländern bestand. Der Streitwert der Berufungen betrug zuletzt über 2 000 Taler.

Der Reichshofrat war die seit langem bestehende alte Verwaltungszentrale des Reiches in der kaiserlichen Residenz. Seit 1600 übernahm er auch gerichtliche Funktionen wie das Reichskammergericht, doch übte er diese nur neben seiner Verwaltungstätigkeit aus, die zum großen Teil im Schlichten vorgebrachter Beschwerden und im Ausgleich von Klagen bestand. Von 1654 bis 1806 war der Reichshofrat von den Ständen völlig unabhängig und nur dem Kaiser verantwortlich.

Die in 6 Alt vereinigten Akten des Reichskammergerichts und des Reichshofrats sind also die einzigen größeren Bestände außerbraunschweigischer Herkunft im

Staatsarchiv. Sie sind dorthin gekommen, weil man nach 1815 im Deutschen Bund bestrebt war, das Erbe der Aktenüberlieferung des Alten Deutschen Reichs nicht in ein Reichsarchiv einzubringen, sondern nach territorialen Gesichtspunkten auf die einzelnen Staaten zu verteilen.

Die Akten des Reichskammergerichts wurden von 1842 bis 1852 aus Wetzlar an das Obergericht in Wolfenbüttel abgegeben, nach dessen Auflösung 1879 sie das Landeshauptarchiv übernahm. Sie waren vor der Neuordnung in drei Findbüchern entsprechend den Abgaben verzeichnet. Nach einem Austausch von Prozeßakten mit dem Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv in Hannover wurde der Bestand chronologisch neu geordnet. Er umfaßt gegenwärtig die Nummern 1 bis 1205. Die Nummern 1206 bis 1250 sind vorgesehen für etwaige Prozesse, die eventuell von anderen Archiven abgegeben werden. Solche Abgaben können geschehen, weil die Teilungskommission, die in Wetzlar die Reichskammergerichtsakten verteilte, nicht in jedem Fall das richtige Archiv bestimmt hat. Die Aufteilung richtete sich nach dem Wohnsitz des Beklagten. Im Großen und Ganzen wird man aber sagen können, daß nunmehr alle auf Braunschweig bezüglichen Prozeßakten des ehemaligen Reichskammergerichts hier vereinigt sind.

Die Akten des Reichshofrats dagegen sind in einer nur auf die Herzöge Braunschweig und Lüneburg beschränkten Auswahl 1837 und 1841 aus Wien abgegeben worden. Von Vollständigkeit kann hier nicht die Rede sein; der bei weitem größere Teil der auf Braunschweig sich beziehenden Akten liegt nach wie vor im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien. Die Wolfenbütteler Reichshofratsakten waren in halbe Vergessenheit geraten, weil die erste Abgabe von 1837 nach dem Betreffprinzip auf die Bestände verteilt worden war und in diesen unterging. Die zweite Wiener Abgabe von 1841 wurde ebenfalls dem Obergericht übergeben und bildete nach 1879 den Anhang zu dem

Bestand 1 Alt 2A. Die Reichshofratsakten haben jetzt die Nummern 1251 bis 1438 erhalten.

Die Verzeichnung der einzelnen Prozesse geschah möglichst gleichmäßig, um dem formellen Charakter der Akten gerecht zu werden. Zu Anfang steht immer der Kläger, auch wenn es sich um den Beklagten aus einem Prozeß handelt, gegen dessen Urteil er das Reichskammergericht anruft. Die Jahreszahlen beziehen sich auf die Dauer der Prozeßakten. Das wichtigste Stück einer jeden Reichskammergerichtsakte ist der Rotulus, das Prozeßprotokoll. Er enthält eine Übersicht der eingereichten Prozeßschriften, die mündlichen Behauptungen der Prokuratoren und die Bescheide und Urteile des Reichskammergerichts, die zu dem betreffenden Prozeß ergangen sind. Es empfiehlt sich dringend, den Rotulus bei der Durcharbeitung der Prozeßakten stets zur Hand zu haben. Zu den Darin-Vermerken sei noch betont, daß mit den Siegeln der Personen in den meisten Fällen auch ihre Unterschrift verbunden ist. Weitere Hinweise habe ich in einem Aufsatz über "Erfahrungen aus der Verzeichnung von Reichskammergerichtsakten im Niedersächsischen Staatsarchiv in Wolfenbüttel" (Archivalische Zeitschrift Band 71, 1975) mitgeteilt.

Das Findbuch schrieb die Angestellte Frau Lieselotte Zufall.

Walter Deeters

Hinweis: Die Urkunden aus den einzelnen Akten sind in den Sicherungsfilmen Nr. 8277, 8278, 8279 und 8280 verfilmt (Siehe beigefügter Auszug aus dem Filmprüfbuch). - Die Urkunden wurden herausgezogen und lagern z.Zt. in III/4.

Die Nummern 1213-1250 sind nicht belegt.


Das Findbuch wurde im Herbst 2009 von der Archivangestellen Frau Kurde in die EDV

eingegeben.
Großformate (v.a. Notariatsinstrumente, Ladungen des Reichskammergerichts und juristische Vollmachten auf Pergament) wurden aus den Reichskammergerichtsakten (Bestand 6 Alt) entnommen und in den neuen Bestand 6 Alt Urkunden transferiert. Die Erschließung fußt weitgehend auf der Verzeichnungsarbeit von Walter Deeters.

Wolfenbüttel, August 2022

Dr. Martin Fimpel

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet