NLA WO 1 Alt 27

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Altfürstliches Allodialschuldenwesen

Laufzeit 

1571-1872

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Regulierung der von Herzog Friedrich Ulrich (gest. 1634) nachgelassenen Schulden aus dafür bestimmten Allodialgütern, namentlich dem Salzwerk Liebenhalle

Bestandsgeschichte 

1. Verwaltungsgeschichte

Als Herzog Friedrich Ulrich 1634 ohne leibliche Erben starb, hinterließ er eine erdrückende Schuldenlast, die auf 4.500.000 Taler Kammer- und Privatschulden einerseits, 1.540.000 Taler Landesschulden andererseits berechnet wurde. Ein Insolvenzverfahren, das eine kaiserliche Debitkommission schon 1629 hatte einleiten sollen, war nur wegen des schwedischen Kriegseintritts nicht durchgeführt worden. In die Lehnsnachfolge traten 1634 die Vettern der Linie Lüneburg ein, die aber für die Allodial- oder Privatschulden nicht aufkommen wollten, da als Erbinnen des Allods Friedrich Ulrichs Schwestern zu betrachten waren. Deren Interesse an der Erbschaft erlosch aber nach einiger Zeit gänzlich, weil durch den Vertrag über die Rückgabe des größeren Stifts Hildesheim von 1643 der Umfang dessen, was als Allodialvermögen definiert wurde, sich stark einschränkte.

Deshalb trafen die Herzöge August d. J. in Wolfenbüttel und Georg Wilhelm in Hannover am 13.5.1653 eine Übereinkunft, die für die weitere Regulierung des Schuldenwesens die Grundlage bildete (2 Urk 5 Nr. 39). Darin heißt es, die Erb- und Allodialstücke seien in gemeinsame Verwaltung zu nehmen. Als Allodialvermögen werden bezeichnet: "das Salzwerk zu Salzliebenhalle, die Julius- und die BruchMühle bei der Erichsburg und der dasselsche und werninghausensche Zehnten". Die Direktion der Schuldenverwaltung sollte Jahr für Jahr zwischen Wolfenbüttel und Hannover wechseln. Eine eigene Behörde wurde aber dafür nicht eingerichtet, sondern in Wolfenbüttel wie in Hannover jeweils ein Beamter bestimmt, der die Rechnungsführung gegen eine Aufwandsentschädigung im Nebenamt übernahm. Die genannten Mühlen und Zehnte verpachtete der Amtmann in Lüthorst.

Als erste sollten Lohnforderungen, besonders rückständige Besoldungen der Bediensteten (Liedlöhner), sowie andere ex gratia beglichen werden, die zu diesem Zweck in Rangklassen eingeteilt wurden. Ein Vertrag vom 1.2.1667 ergänzte: Wenn die Forderungen der ersten beiden Klassen befriedigt seien, solle weiter beraten werden. Die Verfahren der ersten Klasse waren bis 1670 beendet, die sich anschließenden der zweiten Klasse dauerten bis 1714. 1717 eröffnete man durch eine Ediktalzitation für die übrigen Gläubiger ein förmliches Konkursverfahren. Das Ergebnis hält das Prioritätsurteil von 1725 fest, durch welches gleichzeitig die Forderungen auf Schulden der Herzöge Friedrich Ulrich, Heinrich Julius, Julius und Heinrich d. J. beschränkt und generell um ein Drittel gekürzt wurden. Die darin angeführten Forderungen beliefen sich auf zusammen 541.315 Taler.

Bemühungen, aufgrund alter Ansprüche den Groner Zehnten zum Allodialvermögen zu ziehen, führten 1755 zu einem Vergleich mit den Geschwistern von Bennigsen. Die Abstandssumme von 8000 Talern floss der Allodialkasse zu.

Die Schuldforderungen konnten bis 1840 abbezahlt werden. Danach stellte sich die Frage des Eigentums an den Vermögenswerten. Die Zehnten waren abgelöst worden, die Mühlen sollten verkauft werden, so dass über in Wertpapieren angelegtes Kapital zu disponieren war. Am 20./26.3.1877 trafen der exilierte König Georg V. von Hannover und Herzog Wilhelm eine Übereinkunft, in welcher sie den Besitz zu Stammgut des Fürstlichen Gesamthauses erklärten (2 Urk 5 Nr . 121-122). Mit dem erbenlosen Tod des Herzogs fiel das Stammgut an die hannoversche Linie, und 1920 veräußerte Prinz Ernst August das Salzwerk an die "Saline Liebenhalle GmbH".

Als herzoglich braunschweigische Kommissare waren mit der Allodialverwaltung beauftragt:

1653-1662 Heinrich Julius Hasenfuß
1663-1676 Justus Georg Schottelius/Justus Bötticher
1677-1688 Justus Bötticher/Christoph Schade
1689-1703 Jakob Müller
Johann Joachim Röber?
1726-1764 Johann Georg Burckhard
1765-1799 Johann Friedrich Unger

1799-1806 Johann Anton Leisewitz
1806 -1808 Justus Schmidt-Phiseldeck
1814-1832 Georg Mahner
1832-1840 Theodor Mahner
1840-1872 Ludwig Henneberg
1872-1873 Max von Kalm
1873 Karl Kybitz
1876 Eduard Orth
1879-1891 Max von Kalm
(1 Alt 27 Nr. 143; 12 Neu 1 Nr. 154)

Die Saline Liebenhalle hatte das wichtigste Teilvermögen dargestellt. Die Namen der Verwalter waren diese:

Obersalzschreiber:
zwischen 1626 und 1650 Heinrich Vasterling, Obersalzschreiber
1653-1677 Heinrich Bielstein, (Ober)salzschreiber (gest. 26.5.1677)
1677-1701 Georg Conrad Bielstein, Obersalzverwalter (gest. 21.7.1707)
1701-1715 Thedel Philipp Bielstein, Obersalzverwalter (gest. 4.7.1743 in Wolfenbüttel)

1715 erfolgte die Aufhebung der Kommunion-Salzadministration in Liebenhalle; die Saline wurde verpachtet.

Pächter:
1715-1744 Johann Julius Garssen (gest. 27.5.1744)
1745-1748 Johann Conrad Sievers (gest. 21.5.1748) und Johann Christoph Siever
1748- 1756 Johann Christoph Sievers
1756-1768 Engelhard Julius Gottlieb Berensbach
1769-1770 derselbe als Administrator
1771/76 -1780 Johann Conrad Fritsch (gest. 14./15.5.1780)

1780 musste der Betrieb wieder aus der Pacht genommen werden. Zu dem darum geführten Rechtsstreit gehört ein Druckwerk:
Kurze Vorstellung in Sachen Obersalz-Inspector Fritsch zu Liebenhalle, wider das Chur- und Fürstlich Braunschweig-Lüneburgische Durchlauchtigste Gesamthaus ..., worinnen die Gründe vorgelegt werden, daß der Obersalz-Inspector Fritsch gegen das Durchlauchtigste Gesamthaus Braunschweig-Lüneburg so wenig eine Indemnisations-Klage anzustellen befugt gewesen als wenig das gebetene Mandatum ... erkannt werden mögen ... [1779] (LB 1004).

Administratoren:

1780-1784 Berensbach als Administrator (gest. 12.10.1784)
1785-1805 Johann Ludolf von Unger (gest. 2.5.1805)
1806-1807 Heinrich Anton Erich von Unger (gest. 3.9.1807)

1808-1819 Friedrich Bodo von Unger (gest. 11.11.1819)
1819-1858 Urban von Unger (gest. 6.3.1858)
1839-1872 Albert Schloenbach, Obersalinensinpektor
1872-1877 bewirtschaftete Schloenbach die Saline als Pächer; er starb am 23.2.1877.


2. Bestandsgeschichte

Die ältere Schicht der Überlieferung, die Nummern 1-146, hat der Geh. Justizrat Johann Georg Burckhard, der zugleich für das Allodialschulwesen wie auch das Archiv zuständig war, ungefähr 1760 anlässlich einer Reparatur im Obergeschoss des Kanzleigebäudes nach unten ins Archiv überführt. Die Auflistung übernahm 1766 der Archivregistrator Jakob Paul Woehner. Die neueren Acta Allodialia gab das Staatsministerium 1894 ans Archiv ab.


3. Parallelüberlieferung

Einige Vorgänge aus dem 17. Jahrhundert finden sich auch in 1 Alt 18 Nr. 57-70: Hz. Friedrich Ulrichs Allodialschulden. Beschlüsse zum Allodialschuldwesen wurden auf den Konferenzen des Fürstlichen Gesamthauses gefasst (z. B. 1 Alt 19 Nr. 624 (4, 5), 626 (11), 627 (4), 629 (4), 642 (12), 644 (7), 648 (13), 786 (14), 787 (1714: 7), vgl. auch Nr. 788: Realregister über die Konferenzakten. Ferner wären heranzuziehen 2 Alt; 12 W; 36 Alt Nr. 138, 155, Prozessakten, z. B. 38 Neu 6 Nr. 24, und besonders 12 Neu Präs Gliederungspunkt 1.6.2. Die hannoversche Gegenüberlieferung liegt im Hauptstaatsarchiv Hannover (Dep. 103 XXX); sie kann nur mit Genehmigung des Prinzen von Hannover benutzt werden.

Wolfenbüttel, im März 2009
Dr. Brage Bei der Wieden

Literatur:
Carl Philipp Ribbentrop(p): Vollständige Geschichte und Beschreibung der Stadt Braunschweig. Zweiter Band. Braunschweig 1791, S. 18.
Hettling, [August:] Bericht, die Verhältnisse des Herzoglichen Hauses Braunschweig zu der altfürstlichen Concurs-Masse ... betreffend (Ms., 1838: 12 Neu 1 Nr. 150)
Schmidt, [Karl Wilhelm:] Darlegung der Rechtsverhältnisse des das Altfürstlich Braunschweigische Allodium genannten ... Gütercomplexes (Ms., 1865: 12 Neu 1 Nr. 151).

Emons, Hans-Heinz; Walter, Hans-Henning: Alte Salinen in Mitteleuropa. Leipzig 1988.
Kolbe, Heinz; Forche, Wolfram; Humburg, Max: Die Geschichte der Saline Salzliebenhalle und die alte Salzstadt. Salzgitter 1988 (Beiträge zur Stadtgeschichte 1).
Quentmeier, Hans H.: Die Salzgewinnung und der Salzhandel in der Frühen Neuzeit. In: Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Braunschweigischen Landes. Band II: Frühe Neuzeit. Hildesheim 2008, S. 386-407.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Ja

abgeschlossen