NLA WO 13 Urk

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Benediktinerkloster Königslutter

Laufzeit 

1155-1735

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Zentraler Urkundenbestand des Benediktinerklosters Königslutter (Dom Königslutter)

Geschichte des Bestandsbildners 

Das Benediktinerkloster St. Peter und Paul in Königslutter am Elm wurde im Sommer des Jahres 1135 (vgl. MGH DD Lo III., Nr. 74 (S. 113-116) vom 1. August 1135) von Kaiser Lothar III. (von Süpplingenburg) und seiner Gattin Richenza gegründet. Ein bereits dort befindliches Kanonissenstift wurde aufgehoben und die verbliebenen Kanonissen wurden in das Kloster Drübeck am Harz überführt, wobei man das bestehende Patrozinium für das Benediktinerkloster beibehielt. Die ersten Mönche unter Abt Eberhard stammten aus dem Kloster Berge bei Magdeburg. Klaus Naß zufolge war die großdimensionierte Abtei „architektonisch noch als Monument eines lotharisch-welfischen Königtums gedacht“ (Naß, 1990, S. 125) gewesen, ein Anspruch, der in der Folge nicht eingelöst werden konnte, auch wenn Heinrich der Löwe als Enkel des Gründerpaares die Abtei vor allem zu Anfang seiner Regentschaft förderte. Für Lothar, Richenza und ihren Schwiegersohn Heinrich den Stolzen diente die Klosterkirche auch als Grablege, welche Barock überformt im historistisch ausgeschmückten Dom noch heute zu bewundern ist. Schon bei seiner Gründung üppig ausgestattet, konnte das Kloster in den folgenden Jahrhunderten nicht unbeträchtliche Güter im ostsächsischen Raum halten und erwerben. Diese befanden sich insbesondere im Umfeld des Klosters bei Königslutter, nahe Süpplingenburg, bei Braunschweig, bei Wolfsburg, aber etwa auch im Erzstift Magdeburg und im Hochstift Halberstadt. Von besonderer Bedeutung für die Abtei war das päpstliche Privileg, im Zuge des Gottesdienstes zum Fest der Apostel Petrus und Paulus (29. Juni) den Teilnehmenden Ablass zu gewähren (vgl. insbesondere 13 Urk Nr. 32 und 33). Pilgerfahrten („Luttersche Fahrt“) waren die Folge, die Anwesenheit von Kaufleuten verweist auch auf die monetäre Bedeutung dieser Ereignisse (vgl. 13 Urk Nr. 64). Folglich musste sich die drohende Aufhebung aller Ablässe durch Johann Tetzel im Jahre 1517 als schwerwiegend erweisen, sie konnte durch Intervention Herzog Heinrichs des Jüngeren abgewendet werden (vgl. Naß, 1991). Während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts geriet die Abtei in finanzielle Schwierigkeiten, die der Verschwendungssucht des Abtes Boldewin von dem Berge zugeschrieben werden, aber vermutlich auch strukturelle Ursachen hatten. Nach einer Konsolidierungsphase setzten landesherrliche Abgaben der Klosterkasse zu und machten die Aufnahme immer neuer Schulden nötig. Nach einem ersten protestantischen Intermezzo während der Besetzung durch die Truppen des Schmalkaldischen Bundes traten Abt und Konvent im Jahre 1571 endgültig zum neuen Glauben über. Die Abtei, die sich in den Urkunden immer wieder als „Keyserliches freyes Stifft und Closter“ (z.B. 13 Urk Nr. 160) bezeichnete, ging im Fürstenstaat Braunschweig-Wolfenbüttel auf und wurde Teil von dessen Bildungssystem. Im Jahre 1809 beendete die Regierung des Königsreichs Westfalen offiziell die Existenz des protestantischen Klosters. Zwischen 1861 und 1865 wurde auf dem Klostergelände eine Heil- und Pflegeanstalt eingerichtet, die noch heute Bestand hat.

Bestandsgeschichte 

Die Urkunden des Kloster Königslutter weisen leider empfindliche Lücken auf und befinden sich in einem auffällig schlechten Erhaltungszustand. Insbesondere die ältere Überlieferung liegt nur in wenigen, teilweise stark beschädigten Stücken vor, zahlreiche Siegel sind abgerissen, Mäusefraß und Schimmel haben den Pergamenten zugesetzt. Diese Schäden werden größtenteils bereits im handschriftlichen Findbuch aus der Zeit um 1750 vermerkt, sind also nicht im Archiv entstanden. Für seine „Chronica des Stiffts Königs Lutter“ konnte Heinrich Meibom der Ältere (1555-1625) noch auf eine deutlich reichere Überlieferung zurückgreifen. Sein historiografisches Werk kann denn auch zusammen mit der Chronik des Johannes Jacobi aus dem 16. Jahrhundert als Nachweis bzw. teilweise auch als Ersatzüberlieferung für einige der fehlenden Stücke konsultiert werden (vgl. insbesondere den Anhang der Meibomschen Chronik, in welchem zahlreiche Urkunden aufgelistet werden). Was war zwischen dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts und dem Jahre 1750 geschehen? Wie Abt Jodocus Rolef am 22. März 1628 an Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel berichten musste, war ein großer Teil des Klosterarchivs zwei Jahre zuvor unter dramatischen Umständen nach Braunschweig ausgelagert worden: Man habe die Unterlagen „anno 1626, alß die Walsteinsche armada herangerucket, in der eill zusammen geraffet unndt, wie man sagt, uber Halß unndt Kopff in bierfaßer gestürtzet oder geschüttet, darin aber uff dem wege alhier naher Braunschweig gantz loß geworden, durch ein ander gefallen unndt verwechselt, auch theils daraußen unndt alhier in Braunschweig von Meusen sehr verderbet worden“ (11 Alt Königsl. Nr. 9). Er und seine Helfer hätten denn nun auch drei Wochen gebraucht, um die Reste grob zu sortieren. Aber offenbar war nicht alles ausgelagert worden, wie eine Untersuchung aus dem Jahre 1753 zeigt, die vermutlich mit der Verzeichnung der Urkunden in dieser Zeit in Zusammenhang stand: Da „die allgemeine Rede gehet, die Catholici als sie aus dem Stiffte Königslutter [während des Dreißigjährigen Krieges] geflichtet sind, alle dieses Stift angehenden Documenta und Nachrichten mitgenommen und in dem Closter S. Johannis in Halberstadt in Sicherheit gebracht haben“, erhielt der Klostersekretär Sauerwald Anweisung, diesbezügliche Untersuchungen anzustellen. Auch solle er fragen, „ob diesselben einem Liebhaber der teutschen Geschichte auf Begehren zur perlustration wol sollten vorgeleget und gezeiget werden“ (11 Alt Königsl. Nr. 236). Die Suche blieb ergebnislos. Gleiches gilt für eine Anfrage des Niedersächsischen Staatsarchivs Wolfenbüttel an das Landeshauptarchiv in Magdeburg am 9. Juli 1953. Dessen Direktor Dr. Hanns Gringmuth-Dallmer musste seinen Wolfenbütteler Kollegen mitteilen, dass „die hiesigen Bestände nicht viel Material zur Geschichte Königslutters“ enthalten und mit dem Verlust der Königslutterschen Urkunden zu rechnen sei. Gleichwohl nannte er anschließend eine Reihe von Betreffen, darunter neun Urkunden, die Bezüge zu St. Peter und Paul aufwiesen (siehe Einlegeblatt im handschriftlichen Findbuch). Zu einer Übergabe der genannten Urkunden kam es nicht.

Im Jahre 2021 erkundigte sich Dr. Haas beim Landesarchiv Sachsen-Anhalt Abteilung Magdeburg erneut nach einem etwaigen Verbleib der Urkunden in den dortigen Beständen. Es wurde darauf verwiesen, dass die Urkundenüberlieferung des Klosters St. Johann in Form eines Urkundenbuches ediert worden ist. Aus diesem geht hervor, dass der Urkundenfonds St. Johanns um 1650 „ziemlich reichhaltig und wohlerhalten“ in das zuständige Provinzialarchiv gelangt ist, also die völlige Zerstörung des Stifts durch die Schweden im Jahre 1631 überstanden hat (Adolf Diestelkamp (Bearb.): Urkundenbuch des Stifts St. Johann bei Halberstadt 1119/23-1804, ergänzt und hrsg. von Rudolf Engelhardt und Josef Hartmann (Quellen zur Geschichte Sachsen-Anhalts 9), Weimar 1989, S. 13*-14*). Das Register weist lediglich zwei Urkunden mit Betreffen zu Königslutter aus, die aus einem Kopialbuch stammen. Allerdings konnten die von neun von Gringmuth-Dallmer vage angesprochenen Urkunden mit Bezug zu diesem Kloster identifiziert werden. Sie befinden sich im Bestand U 23 (Gliederungspunkt IIc), der Urkunden aus Gebieten außerhalb der ehemaligen Provinz Sachsen (außerpreußische Staatsgebiete) umfasst. Sie beziehen sich größtenteils auf den Streit zwischen der Familie von der Streithorst und dem Kloster Königslutter, der auch durch mehrere Urkunden in 13 Urk und vier Prozessakten in 11 Alt Königsl dokumentiert wird. Vermutlich handelt es sich um Exemplare, die für die Familie von der Streithorst ausgefertigt wurden, nicht für das Kloster. Eine Zugehörigkeit zum entsprechenden Urkundenbestand 92 Urk (Familie von der Streithorst) ist keinesfalls zwingend, handelt es sich dabei doch offenbar um einen "künstlich" zusammengestellten Fonds und nicht um das offizielle Urkundenarchiv der ausgestorbenen Familie von der Streithorst. Von einem Antrag an das Landesarchiv Sachsen-Anhalt, die Urkunden im Zuge eines Archivalientauschs an das Niedersächsische Landesarchiv abzugeben, wurde daher abgesehen.

Den verbliebenen Stücken von 13 Urk kommt auch deshalb ein besonderer Wert zu, da sie in den einschlägigen Editionen der MGH nicht berücksichtigt wurden (vgl. Naß, 1990, S. 128, allerdings ohne dies erklären zu können), offenbar weil man sie insgesamt für verschollen hielt. Ein Urkundenbuch zum Kloster Königslutter existiert bislang ebenfalls nicht.

Eine erste Verzeichnung in Form von knappen Kurzregesten fand um das Jahr 1750 nach Überführung der Stücke in das herzogliche Archiv statt. Das Repertorium ist in Deutscher Kurrentschrift gehalten. Später wurden Regesten von anderen Händen nachgetragen. Zählungen in den Jahren 1835 und 1886 bestätigten das Vorhandensein aller bis dato archivierten Urkunden. Vermutlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Urkunden neu nummeriert und in eine chronologisch geordnete Gesamtreihenfolge (nummerus currens) gebracht. Nur wenige Stücke wurden später als Buchstabensignaturen ergänzend eingegliedert.
Im Jahre 2021, während der „Corona-Krise“, übertrug der Archivrat Dr. Philip Haas das Repertorium nach Arcinsys. Im Zuge dieser Arbeit wurden die Regesten sprachlich komplett überarbeitet, dem heutigen Sprachgebrauch angenähert und der gegenwärtigen Orthografie angepasst. Drei Nummern waren überhaupt nicht im Findbuch verzeichnet gewesen und mussten erstmals regestiert werden. Sofern dies noch nicht geschehen war, wurde die Datierung nach Heiligentagen aufgelöst. Ein Teil der Regesten wurde später auch anhand der Originale überprüft und ggf. modifiziert, eine komplette Überprüfung und Neuverzeichnung war aus Gründen der Arbeitsökonomie nicht möglich.

Enthält 

v.a. Erwerb und Veräußerungen von Besitzungen, Lehensbriefe, Schuldscheine, Stiftungen, Privilegienbriefe

Literatur 

- Burkhardt, Angelika / Henkel, Tobias (Hrsg.): "Nicht Ruh' im Grabe ließ man euch ...". Die letzte Heimat Kaiser Lothars III. im Spiegel naturwissenschaftlicher und historischer Forschungen, Braunschweig 2012.

- Fleckenstein, Josef: Über Lothar von Süpplingenburg, seine Gründung Königslutter und ihre Verbindung mit den Welfen, Helmstedt 1980.

- Gosebruch, Martin / Gädeke, Thomas: Königslutter. Die Abtei Kaiser Lothars, Königstein im Taunus 1985.

- Henkel, Tobias (Hrsg.): „Nicht Ruh‘ im Grabe ließ man euch…“. Die letzte Heimat Kaiser Lothars III. im Spiegel naturwissenschaftlicher und historischer Forschungen, Braunschweig 2012

- Lawrenz, Cornelia: Architektur und Herrschaftsanspruch. Die Baukunst Kaiser Lothars III. (1125–1137) und seiner Parteigänger, Berlin 2003, v.a. S. 97-112.

- Mamsch, Stefanie: Königslutter - Kanonissenstift, seit 1135 Benediktiner, später lutherisches Kloster (1135-1809). In: Josef Dolle (Hrsg.): Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, Teil 1, Bielefeld 2012, S. 883-894 [guter Überblick].

- Naß, Klaus: Die älteren Urkunden des Klosters Königslutter. In: Archiv für Diplomatik 36 (1990), S. 125-167 [grundlegend].

- Naß, Klaus: Ablaßfälschungen im späten Mittelalter. Lothar III. und der Ablaß des Klosters Königslutter. In: Historisches Jahrbuch 111 (1991), S. 403-432.

- Naß, Klaus: Die Chroniken des Klosters Königslutter, Braunschweig 2001 [Kommentierte Edition der wichtigsten Chroniken zum Kloster Königslutter].

- Ottenthal, Emil von / Hirsch, Hans (Bearb.): Die Urkunden Lothars III. und der Kaiserin Richenza (Lotharii III. Diplomata nec non Richenzae imperatricis Placita), Berlin 1927 [Gründungsukunde Königslutter = Nr. 74, S. 113-116].

- Röhr, Heinz (Hrsg:): Stift und Stadt Königslutter in zeitgenössischen Darstellungen, Königslutter 1984.

- Röhr, Heinz: 850 Jahre Kaiserdom: 1135 - 1985 Königslutter am Elm, Königslutter 1985.

- Römer, Christof: Königslutter. In: Germania Benedictina 6 (1979), S. 273-298.

- Schlotheuber, Eva: Kloster und Stadt Königslutter. In: Claudia Märtl (Hrsg.): Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des braunschweigischen Landes vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Mittelalter, Hildesheim 2008, S. 537-557.

Findmittel 

Handschriftliches Findbuch, circa aus dem Jahre 1750.
EDV-Findbuch in Arcinsys aus dem Jahre 2021.

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Aktenüberlieferung, u.a.:
- 2 Alt (Kanzlei, Geheimer Rat)
- 4 Alt 3 Kön (Kammer betr. Kloster Königslutter, bis 1807)
- 4 Alt 8 (Klosterbauakten, Gliederungspunkt 7)
- 11 Alt Königsl (Hauptaktenbestand für die Frühe Neuzeit)
- 22 A Alt (Amtsrechnungen I. Reihe, Gliederungspunkt 29)
- 41 Alt (Klosterratsstube)
- 50 Neu 3 Köng (Kammer betr. Kloster Königslutter, ab 1808)
- 76 Neu (Herzogliche Baudirektion, Gliederungspunkt 8.3.1.10)
- 12 Neu (Staatsministerium, hier insb.: Landwirtschaft, Forsten und Kultus)
- 4 Nds Präs
- 40 Slg (Sammlung der Gesetze und Verordnungen, 18. Jh.)

Handschriftliche Überlieferung, v.a.:
- VII B Hs Nr. 322-334 (Kopialbücher und Urkundenabschriften)
- VII B Hs Nr. 335-339 (Verschiedene chronikalische Aufzeichnungen)

Karten, u.a.:
K 125-126, 277-278, 5101, 6885-6887

Urkundenüberlieferung im Landesarchiv Sachsen-Anhalt Abteilung Magdeburg:
- U 23, Gliederungspunkt IIc

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

4,4 (219 Stück)

Bearbeiter 

Dr. Philip Haas (2021)

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Ja