NLA OS Rep 120

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Geh. Rat Hannover u. Dt. Kanzlei London betr. Bentheim

Laufzeit 

1723-1808

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Der Bestand umfasst Schriftgut des Geheimen Rats (später Staats- und Kabinettsministerium), der Deutschen Kanzlei in London und (ab 1803) der französischen Exekutivkommission und enthält allgemeine Landesverwaltung, Hoheitssachen (Pfandschaftsverhältnis, Gräfliches Haus Bentheim), Reichs- und Kreissachen, Justiz- und Militärsachen.

Geschichte des Bestandsbildners 

Seit 1751 bemühte sich der König von Großbritannien und Kurfürst von Hannover, die - bedingt durch den Dreißigjährigen Krieg, münsterisch-niederländische Auseinandersetzungen, Erbstreitigkeiten und Fremdverwaltungen - an den Ruin geführte Grafschaft Bentheim dem Kurfürstentum Hannover einzuverleiben, um den Versuchen der beiden anderen interessierten Grenzmächte, der Niederlande und insbesondere Preußens, zuvorzukommen. Schon am 22.5.1752 konnte mit dem stark verschuldeten Grafen Friedrich Karl von Bentheim ein Pfandschaftsvertrag über die Grafschaft Bentheim abgeschlossen werden. Vom 4. bis 9.5.1753 nahm Hannover die Grafschaft förmlich in Besitz, die Beamten der gräflich bentheimischen Regierung bleiben bis auf den Landdrosten v. Etzbach, der durch den Freiherrn v. Ompteda ersetzt wurde, im Amt.
Die hannoversche Regierung der verpfändeten Grafschaft Bentheim fungierte fortan als Mittelbehörde und unterstand in erster Linie dem Geheimen Rat [oder Ministerium] in Hannover, während in Kameral- und Finanzangelegenheiten auch die Verfügungen der Königlichen Kammer in Hannover auszuführen waren. Polizeisachen bearbeitete die Regierung in der Regel selbstständig, nur Fälle von grundsätzlicher Bedeutung sollten zur Entscheidung nach Hannover gebracht werden. Alle Angelegenheiten, die die Landeshoheit betrafen, also Gnaden-, Reichs- und auswärtige Sachen, sowie solche, die die Landesverfassung betrafen, wurde im Geheimen Rat entschieden.
Der Geheime Rat zu Hannover bot im Hinblick auf Zusammensetzung und Geschäftsverteilung im 18. Jahrhundert kein einheitliches Bild. Die verschiedenen Aufgaben wurden entweder kollegialisch im Plenum oder in Departements behandelt. Diese waren uneinheitlich nach sachlichen oder regionalen Gesichtspunkten gebildet. Die bentheimischen Sachen wurden bis 1782 von einem besonderen Departement, anschließend vom Plenum und ab 1802 - nach der

Neuorganisation des Geheimen Rates - wieder von einer besonderen Abteilung behandelt.
Bei der Neuorganisation durch Patent vom 8.2.1802 wurde der Geheime Rat in "Staats- und Kabinettsministerium" unbenannt. Nicht alle Staatsminister gehörten dem Kabinett an, dem nur die Angelegenheiten des auswärtigen (einschließlich der Reichs- und Kreissachen), die Angelegenheiten des Landesherrn, die geheimen Finanz-, Militär- und Polizeisachen sowie Bestallungssachen in den oberen Landesbehörden zugewiesen wurden. Alle Kabinettsminister jedoch hatten Sitz und Stimme im Staatsministerium. Nach außen trat die Landesregierung als einheitliche Behörde in Erscheinung.

Eine Sonderstellung nahm die nach der hannoverschen Sukzession in London eingerichtete Deutsche Kanzlei ein, die bis zur Aufhebung der Personalunion (1837) bestand. Sei stellte das Verbindungsorgan zwischen König und hannoverscher Landesregierung dar. Der ihr vorstehende "Minister bei der Allerhöchsten Person" gehörte dem Geheimen Rat zu Hannover an, doch nur während seiner zeitweiligen Anwesenheit in Hannover verwaltete er ein Departement. Er war also nicht Vorgesetzter, sondern Kollege der dortigen Räte.
Während der Zeit der französischen Besetzung existierte von 1803-1806 in Schwerin eine Art Scheinregierung, bestehend aus zwei geflüchteten hannoverschen Ministern. In Hannover selbst verblieb nur der Kabinettsminister von der Decke "ohne alle Funktion und Autorisation zu Geschäftsverfügungen, um denjenigen, welche sich an ihn wenden würden, mit gutem Beirat behilflich zu sein". Am 22.6.1803 richtete der kommandierende französische General Mortier, dem die höchste Regierungsgewalt zustand, eine aus hannoverschen Beamten bestehende Exekutivkommission ein, um eine möglichst reibungslose Ausführung seiner Befehle zu gewährleisten.

Bestandsgeschichte 

Der vorliegende Bestand umfasst die Jahre 1723-1808. Der Schwerpunkt bildet die Zeit der Pfandschaft

bis etwa zur Übernahme der Grafschaft in das Großherzogtum Burg (1806). Enthalten sind Akten des Geheimen Rates, der Deutschen Kanzlei und der Exekutivkommission vor allem betreffend das Pfandschaftsverhältnis, das gräfliche Haus Bentheim, die Landeshoheit der Grafschaft Bentheim, Reichs- und Kreisangelegenheiten der Grafschaft Bentheim sowie Angelegenheiten der Regierung zu Bentheim. Die aktenführende Behörde wurde im Findbuch jeweils vermerkt, allerdings bleiben die verschiedenen Bezeichnungen für den Geheimen Rat unberücksichtigt. Zweifelsfälle erscheinen in eckigen Klammern.
Für die nachfolgende Zeit ab 1813 sei hingewiesen auf den Bestand Rep 300 (Staats- und Kabinettsministerium zu Hannover 1813-1866).

Die Akten des vorliegenden Bestandes sind 1870 aus der Registratur des vormaligen Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten zu Hannover herausgezogen und im Zuge der umfangreichen Archivalienabgaben aus dem Staatsarchiv Hannover nach Osnabrück abgegeben worden. Ein chronologisches Abgabeverzeichnis diente bisher als Findmittel.

Bei früheren Ordnungsarbeiten wurden aus diesem Bestand einige Akten bzw. Urkunden ausgesondert und den Beständen Rep 24 a (Urkunden der Grafschaft Bentheim), Rep 350 Neuhs (Hannoversches und Preußisches Amt Neuenhaus) und Rep 300 (Staats- und Kabinettsministerium zu Hannover 1813-1866) zugeordnet. Die jetzigen Signaturen dieser Archivalien sind dem alten Verzeichnis Rep 120 zu entnehmen.
Die Neuordnung orientiert sich ausschließlich an dem vorhandenen Material. Konkordanzen zwischen den alten und neuen Signaturen finden sich anschließend an das Vorwort und die Inhaltsübersicht.
Kopiale Überlieferung erscheint in der Zeitspalte in Klammern.

Oktober 1975
H.M. Arnoldt

Enthält 

Allgemeine Landesverwaltung (auch Personalia): 9, bis 1808. - Hoheitssachen: 81, 1723-1808. Darunter Pfandschaftsverhältnis, Gräfliches Haus Bentheim, Landessachen, Lehnswesen. - Reichs- und Kreissachen: 116, bis 1814. Darunter allgemeine Reichsangelegenheiten (52), Reichskammergericht, Reichssteuern, Niederrheinische-Westfälischer Reichskreis und Niedersächsisch-Westfälisches Reichsgrafenkollegium (42). - Justizwesen: 11. - Militärsachen: 20, ab 1751.

Literatur 

Bär, Max: Abris einer Verwaltungsgeschichte des Regierungsbezirks Osnabrück. Hannover und Leipzig 1901 [= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens Bd. V]

Finkmeyer, Ernst: Verfassung, Verwaltung und Rechtspflege der Grafschaft Bentheim zur Zeit der hannoverschen Pfandschaft 1753 - 184. In: Osnabrücker Mitteilungen 75 (1968)

Greiwing, Josef: Der Übergang der Grafschaft Bentheim an Hannover. Die Geschichte einer Pfandschaft. Münster 1934 [Münstersche Beiträge zur Geschichtsforschung III. Folge VI. Heft]

Grieser, Rudolf: Die Deutsche Kanzlei in London, ihre Entstehung und Anfänge. Eine behördengeschichtliche Studie. In: Blätter für deutsche Landesgeschichte 89 (1952)

v. Meier, Ernst: Hannoversche Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte 1680 - 1866. 2 Bde. Leipzig 1898/1899

Möller, Johann Caspar: Geschichte der vormaligen Grafschaft Bentheim von den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage.
Lingen 1879

v. Raet zu Bögelskamp, F.F.: Bentheim-Steinfurtische, Lagische, Overysselsche und sonstige Beiträge zur Geschichte Westfalens, zugleich ein Versuch einer Provinzialgeschichte der merkwürdigen Grafschaft Bentheim. 2 Teile. Burgsteinfurt 1805

Thimme, Friedrich: Die inneren Zustände des Kurfürstentums Hannover unter der französisch-westfälischen Herrschaft 1806-1813. 2 Bde. Hannover und Leipzig 1893/1895

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

2,8 lfd. M. (237 Einheiten)