NLA OS Erw D 23

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Description: Fonds

Identification (short)

Title 

Schneideramt Bramsche

Life span 

1615-1870

Fonds data

Contents 

Der Archivbestand deckt die gesamte Zeitspanne von der Erteilung eines hoheitlichen Privilegs für das Kramer- und Schneideramt zu Bramsche im Jahr 1615 bis zur Auflösung der Schneidergilde Bramsche um etwa 1870 ab. Neben Dokumenten wie Protokollen, die die inneren Angelegenheiten des Amtes widerspiegeln, sind Schriftwechsel mit Behörden und Rechtsbeiständen, Bescheinigungen wie Zeugnisse und Nachweise ehelicher Herkunft sowie Rechnungsangelegenheiten vorhanden. Die Korrespondenz mit Schneiderämtern/-gilden anderer Orte lässt Einblicke in virulente Themen (wie Lehr-, Gesellen- und Wanderjahre, Bönhaserei/Pfuscherei, Zulassungsvoraussetzungen und -kosten der Amtsmitgliedschaft, Umgang mit Schneiderinnen etc.) und die Art des Wissenstransfers zu.
Trotz gemeinsamer Privilegierung des Kramer- und Schneideramtes unterhielten die beiden Ämter getrennte Registraturen. Daher enthält der hier vorliegende Archivbestand kein Schriftgut des Krämeramts.

History of creator 

In der Zeit von 1585 bis 1779 erhielten acht Bramscher Handwerkssparten das hoheitliche Privileg, sich zu insgesamt fünf zunftmäßigen Vereinigungen zusammenzuschließen. Die ortsübliche Bezeichnung war das „Amt“, im 19. Jahrhundert die „Gilde“ oder „Innung“.
Das Kramer- und Schneideramt (1615 privilegiert) ist nach dem bereits 1585 privilegierten Tuchmacheramt die älteste Bramscher berufsständische Korporation; die weiteren sind das Bäckeramt, 1617, das Schuhmacheramt, 1664, sowie das Tischler-, Weißgerber- und Hutmacheramt, 1779 (vgl. Aufstellung des Bramscher Magistrats, 1833, in: NLA OS Dep 59b Nr. 1599). Ihre Statuten (Amtsordnungen) regelten unter anderem die Aufnahme in die Institution, die Lehr- und Wanderjahre, die Qualität ihrer Produkte, die innere Organisation und die soziale Absicherung. Die Grenzen des Kirchspiels Bramsche galten als Bannmeile, in der die Mitglieder vor auswärtiger Konkurrenz geschützt waren.
Als Fürstbischof Clemens August das Privileg des Kramer- und Schneideramts 1733 aufgrund eines kaiserlichen Reichsschlusses von 1731 erneuerte, galt es weiterhin gleichermaßen für beide Sparten. 1772, als Georg III das Privileg wiederum erneuerte, wurden die Kramer nicht mehr erwähnt. Am Ausschluss der Kramer wird der Einfluss des damaligen Regierungskonsulenten Justus Möser deutlich, der die privilegierte Stellung der Kramer als „Staatsfehler“ ansah: „Überhaupt wäre es gar nicht nöthig eine eigne Classe von Krämern, oder eine so genannte Krämergilde zu haben. Die ganze Krämerey sollte eine Ergötzung für die Handwerker und ihre Frauen seyn“, äußerte er in seinem erstmals 1773 veröffentlichen Aufsatz "Der nothwendige Unterscheid zwischen dem Kaufmann und Krämer". Die Abwertung entspricht Mösers ständisch orientierten Gesellschaftsbild, der dem Handwerkerstand einen höheren Rang zugestand und den Kramer auf eine Ebene mit den Besitzlosen und Unehrenhaften setzte. (vgl. Runge 1966, S. 31f.).
Im vorliegenden Archivbestand findet die nach 1772 gehobene Standesehre der Bramscher Schneider ihren Niederschlag in einem 1775 angelegtem Protokollbuch, in das der Amtssekretär rechtlich relevante Schriftstücke wie die Privilegien übertrug. Von handwerklichem Stolz zeugt auch eine Tischlerrechnung von 1774: Angeschafft wurden Standesinsignien wie ein Schafferstab und eine repräsentative Gesellenlade. Im selben Jahr erkannte das Kollegium der Elfämter-Freunde zu Osnabrück das Zunftrecht des Schneideramts zu Bramsche an.
Das Königreich Westphalen bereitete dem Schneideramt ein vorläufiges Aus: Es führte die Gewerbefreiheit ein und löste 1810 die Ämter auf. Bereits 1818 erhielten die Bramscher Schneider als neues, vom Königreich Hannover ausgestelltes Privileg einen Gildebrief. Gleichwohl hatte die vorübergehende Gewerbefreiheit der Konkurrenz Auftrieb verschafft: In den Folgejahren befasste sich die Gilde mit „schneidernden Frauenzimmern“ und versuchte, den Zugang potenzieller Mitbewerber über hohe Eintrittsgelder zu regulieren.
Schließlich misslang der Schneidergilde der Übergang in die preußische Zeit: Ein Schriftstück weist auf Geldforderungen im Jahr 1870 hin. Notwendige Anpassungen an die Preußische Gewerbeordnung von 1881, durch die der Status einer freien Innung erlangt worden wäre, wurden nicht mehr vorgenommen. Mit ihrer Auflösung standen die Schneider nicht allein: Als die Landdrostei Osnabrück die Wirksamkeit des Gesetzes zur Gewerbeordnung überprüfte, ließen sich für das Jahr 1886 nur noch zwei Innungen im gesamten Kreis Bersenbrück feststellen: Die freie Tuchmacherinnung Bramsche und die (Verbands-)-Bäckerinnung Bramsche.
Über die formelle Auflösung der Schneidergilde ist kein Beleg im Bestand vorhanden.

Custodial history 

Die Unterlagen stammen aus dem Nachlass von Georg Hackmann aus Bramsche, dessen Vater Hermann Rudolph August Hackmann (geb. 27.07.1823, gest. 21.07.1886) letzter Innungsmeister der Schneidergilde Bramsche war. Sie wurden dem Tuchmacher Museum Bramsche am 6. April 2023 von einer Nachfahrin zunächst „zur Ansicht“ abgegeben. Das Museum bearbeitete den Bestand und übergab ihn im Februar 2024 in Abstimmung mit der Nachfahrin als Schenkung an das Landesarchiv.

Literature 

Philipp Sigismund, Privilegium für das Kramer- und Schneider-Amt zu Bramsche vom 26. August 1615, Osnabrück 1853 (Dienstbibliothek Sign. 2333).

Möser, Justus, Der nothwendige Unterscheid zwischen dem Kaufmann und Krämer, in: Patriotische Phantasien, Bd. 2, Berlin 1776, S. 302-307; urn:nbn:de:kobv:b4-20409-4).

Hoffmeyer, Ludwig, Geschichte des Handwerks im Fürstentum Osnabrück, in Lingen, Meppen und Papenburg, Osnabrück 1986 (Reprint; Dienstbibliothek Sign. H 22/12).

Runge, Joachim, Justus Mösers Gewerbetheorie und Gewerbepolitik im Fürstbistum Osnabrück in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Berlin 1966 (Dienstbibliothek Sign. 1840, 53 a).

Further information (fonds)

Size in m 

0,2

Archivist in charge 

Hr. Gräf

Person in charge 

Frau Rose Scholl