NLA OL Best. 20

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Grafschaft Oldenburg

Laufzeit 

1200-1773

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Der Bestand ist der älteste Aktenbestand im Staatsarchiv Oldenburg und beinhaltet die zentrale Überlieferung der Grafschaft Oldenburg vom Ende des Mittelalters bis in das 18., in geringen Teilen auch bis in das 19. Jahrhundert.

Beschreibung 

Best. 20 und Best. 20 Urk Grafschaft Oldenburg
Zeit: 1200-1916

Geschichte des Bestandsbildners 

Die frühe Geschichte der Grafschaft Oldenburg ist angesichts fehlender schriftlicher Quellen ein schwieriges Forschungsfeld. Ihr Ausdehnungsbereich wird 1108 unbestimmt mit "in confinio Saxonie et Frisie" (im Grenzgebiet von Sachsen und Friesland) umschrieben, umfasste also den Grenzbereich zwischen den sächsischen und friesischen Siedlungsräumen beiderseits der Hunte. Kernbereiche der Herrschaft der Oldenburger Grafen wurden das Ammerland und die Delmenhorster Geest. Erst später konnten die Grafen auch im nördlich angrenzenden friesischen Küstengebiet dauerhaft Fuß fassen. Nach und nach wurden das Stedingerland, Landwürden, Butjadingen mit Stadland (vgl. Best. 24), die Friesische Wehde mit Varel (Bovenjadingen), ferner 1575 durch Testament die Herrschaft Jever (vgl. Best. 90) und 1624 die Herrlichkeiten Inhausen und Kniphausen (vgl. Best. 120-Best. 125) in den Oldenburger Herrschaftsbereich integriert. Das Haus Oldenburg spaltete sich schon bald nach 1200 in mehrere Linien, so in die von Wildeshausen (vgl. Best. 105), Alt- und Neu-Bruchhausen und Delmenhorst. Nur die Delmenhorster Linie erlangte Bedeutung, die gleichnamige Herrschaft bzw. Grafschaft (vgl. Best. 21) wurde mit Unterbrechungen bis 1647 selbstständig regiert, ging Ende des 15. Jahrhunderts dem Grafenhaus aber auch für einige Jahrzehnte an den Bischof von Münster verloren.

Entscheidend für die Geschichte der Oldenburger Grafen wurde die dänische Thronfolge im Jahre 1448; seit König Christian I. wurde Dänemark kontinuierlich von Mitgliedern des Hauses Oldenburg regiert, das dadurch europäische Bedeutung gewann. Mit den Nebenlinien Sonderburg, Augustenburg, Glücksburg (Beck), Plön und Gottorf bestimmten die - untereinander auch durchaus verfeindeten - Oldenburger das Geschehen im gesamten Ostseeraum mit; im 18. Jahrhundert führten sie dynastische und politische Beziehungen auch auf den Zarenthron und ins Stockholmer Königsschloss. Erheblichen Lehnsbesitz besaßen die Grafen im sich südlich der Stammgrafschaft anschließenden Niederstift Münster, aber erst 1803 wurden die Ämter Vechta und Cloppenburg mit Oldenburg vereinigt (vgl. Best. 110). Aus Alt-Wildeshauser Grafenbesitz gelangte das Amt Harpstedt (1439-1667) und das Amt Stolzenau a. d. Weser (1638-1653) wenigstens vorübergehend in Oldenburger Pfandbesitz.

Nach dem Tode des letzten Oldenburger Grafen Anton Günther (1667) fiel die Herrschaft Varel-Kniphausen als Fideikommiss an seinen unebenbürtigen Sohn Reichsgraf Anton I. von Aldenburg. Die Herrschaft Jever vermachte Graf Anton Günther seiner Schwester bzw. ihrem Sohn, dem Fürsten Johann von Anhalt-Zerbst. Beide Gebiete kamen erst nach 1803 an Oldenburg zurück und damit auch die Verwaltungsakten der jeverschen und kniphausischen Behörden und Gerichte. Gleiches gilt für das zuletzt hannoversche Amt Wildeshausen mit seinen oldenburgischen Wurzeln. In der Stammgrafschaft erlangte nach längerem Lehnsnachfolgestreit die königlich dänische Linie des Hauses Oldenburg gegen die Ansprüche der Linien Holstein-Plön und Holstein-Gottorf den Alleinbesitz. Die Personalunion mit Dänemark dauerte bis 1773. Von 1711-1731 verpfändete die dänische Regierung die Hausvogtei Delmenhorst, die Vogteien Stuhr, Altenesch, Berne, Wüstenland, Hatten, Wardenburg und Zwischenahn (vgl. Best. 75) an Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). Dänemark trat mit Zustimmung der älteren Gottorfer Linie dem Vertreter der jüngeren Gottorfer Linie, Fürstbischof Friedrich August von Lübeck, die Grafschaft Oldenburg-Delmenhorst im Jahr 1773 ab. Sie wurde 1774 vom Kaiser zum Herzogtum erhoben.

Bestandsgeschichte 

Die oldenburgische Landesverwaltung bildete sich erst im Verlauf des 16. Jahrhunderts unter Graf Anton I. und vor allem unter Graf Johann VII. mit zentralen Behörden in Oldenburg und den Landgerichten und Vogteien/Ämtern im Lande selbst heraus. Ausgangspunkt der Verwaltung war die gräfliche Schreibstube, die Kanzlei. Unter den Grafen Johann VII. und Anton Günther nahm die Verwaltung zu, es entstand der Geheime Rat mit eigener Schreibstube, zudem ab 1573 ein Konsistorium für die geistlichen Angelegenheiten und die Kammer/Rentekammer ab 1623 als Wirtschafts- und Finanzbehörde. Mit dem wachsenden Anfall von Verwaltungsschriftgut unter Graf Anton Günther nahm die Ordnung und Vereinigung der gräflichen Urkunden und Akten Gestalt an und wurde 1626 in die Hand eines Archivars gelegt. Davon getrennt blieb die Registratur der Kammer bestehen; räumlich separiert in der Lambertikirche gelagert wurden auch Akten der kirchlichen Verwaltung. Folgen hatte für das Kanzlei- oder Regierungsarchiv die Zeit der dänischen Herrschaft, als Akten nach Kopenhagen abgegeben wurden, die nach 1773 aber mit weiteren Akten der dänischen Verwaltung in das Oldenburger Archiv zurückgelangten. Ab 1772 wurde die oldenburgische Kanzlei in ein Oberappellationsgericht umgewandelt und die Kammer zur zentralen Verwaltungsbehörde aufgewertet. Eine archivische Ordnung der Altakten, die nach 1802 aus den neu erworbenen Gebieten aus Münster und Jever und noch 1826 aus der dänischen Rentekammer in Oldenburg eintrafen, war zunächst nicht gewährleistet.

Das alte oldenburgische Kanzleiarchiv drohte in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts bei den endlich einsetzenden Planungen für ein geordnetes Archivwesen in einem von den Verwaltungsarchiven getrennten Haus- und Centralarchiv des nunmehrigen Großherzogtums Oldenburg zerpflückt zu werden. Doch wurden die Akten der Stammgrafschaft (also ohne Jever, Kniphausen, Wildeshausen und "Oldenburger Münsterland") schließlich als Bestand "Grafschaft Oldenburg" das Herzstück des 1846 auch baulich neu eingerichteten oldenburgischen "Haus- und Centralarchivs". Freilich wurde der Bestand durch die pertinenzmäßige Zuordnung von Akten aus dem Kammerarchiv unsachgemäß aufgefüllt bzw. durch Kassationen der Rechnungsbestände "verschlankt". Kurz vor den Anfängen wirtschaftsgeschichtlicher Forschungen wurden so etwa große Teile der Akten und Register des Oldenburger Weserzolls vernichtet, um Platz für die Registraturen nach 1773 zu schaffen. Die älteren Deichakten wurden schließlich dem Deicharchiv zugeordnet. Nach der Durchsetzung des Provenienzprinzips Ende des 19. Jahrhunderts war eine Auflösung der vermischten Provenienzen im zuvor gebildeten Territorialarchiv Oldenburg-Delmenhorst nicht mehr möglich. So enthält der zentrale Best. 20 folgende Provenienzen: Landesdrostenamt (vgl. auch Best. 22), Kanzleikollegium (Hofrat, Regierung) (vgl. Best. 22, 70, 74, 77), Konsistorium (vgl. Best. 73), Kammer (vgl. Best. 71 und 72), Geheimer Rat, Hofmeisteramt. Eingegliedert wurde der Best. 89 (Pfandbesitz und strittige Gebiete). Die im 19. Jahrhundert von Wilhelm Leverkus zu Grunde gelegte Gliederung ist nicht angetastet worden. Es wurde auch darauf verzichtet, die den Akten zugefügten archivalischen Gutachten oder Schriftstücke zu entnehmen, die weit ins 19. Jahrhundert hineinreichen. Letzteres gilt auch für Akten der Lehnsregistratur, die im 19. Jahrhundert weiter geführt wurden. Aus diesem Grund reicht die Gesamtlaufzeit des Bestandes, der in seinem Kern die Geschichte der Stammgrafschaft vom späten Mittelalter bis zum Ende der dänischen Herrschaft 1773 beinhaltet, deutlich über dieses letztere Datum hinaus.

Bei der Erschließung der Urkunden in Best. 20 wurden die jeweiligen Jahresangaben ohne individuelle Prüfung des Jahresbeginns (25. Dezember, 1. Januar, Ostern etc.) und der Anwendung des alten oder neuen Stils infolge der Kalenderreform von 1582 übernommen, wie sie in den Urkunden angegeben waren. In Stadt und Grafschaft Oldenburg scheint man noch im 17. Jahrhundert nach dem alten Stil datiert zu haben (vgl. dazu Best. 20 Urk Nr. 626, 666, 730, 759, 779, 910). Urkundenabschriften befinden sich in Slg 80 Best. 289 Nr. 414-415. Beschreibungen von Siegeln in Best. 20 findet man unter Best. 1 Nr. 134 (Kartei).

Die Unterbestände Best. 20-40 A und Best. 20-40 B wurden 2020 umsigniert (bei letzterem wurden die Nummern 6 und 7 nicht neu vergeben); die Altsignaturen sind im entsprechenden Feld nachgewiesen.

Enthält 

Urkunden 1200-1839 (1664): 13. Jh.: 4; 14. Jh.: 68; 15. Jh.: 274; 16. Jh.: 700; 17. Jh.: 560; 18. Jh.: 52; 19. Jh.: 6. Amtsbücher 1280-1796 (111), darunter Lehnssachen 1280-1714 (13) und Weserzollregister 1627-1681 (27); Das Grafenhaus und seine persönliche Angelegenheiten 1453-1786 (1852), u.a. Graf Anton I. 1520-1660 (431), Graf Anton Günther 1532-1786 (529); Gräfliche Vermögensverwaltung 1522-1774 (33); Hofhaltung; Wissenschaft und Kunst 1439-1916 (395), u.a. Archivwesen 1615-1855 (182), Musik 1620-1648 (26), Okkultismus 1580-1646 (27), Literatur 1439-1916 (100)); Landesherrliche Geschenke und Gnadensachen 1576-1770 (7); Landeshoheit und Landesverwaltung 1574-1809 (43); Justizwesen 1577-1820 (178); Staats- und Militärdienst (vor allem Personal) 1549-1819 (588); Herrschaftliche Domanialgüter und Vorwerke (u.a. Schlösser, Vorwerke) 1498-1821 (121); Eximierte Güter 1530-1773 (58); Fideikomiss- und Allodialgüter 1439-1687 (40); Forst, Mast, Jagd und Fischerei 1530-1820 (43); Bausachen 1617-1771 (7); Steuern und Abgaben 1349- 1822 (379), u.a. Weserzoll 1562-1822 (106); Kassen- und Rechnungswesen 1432-1773 (47); Münzwesen 1566-1761 (12); Kirchen-, Schul- und Armenwesen 1344-1807 (387), u.a. Kirchen- und Schulvisitationen 1609-1640 (12); Polizeisachen 1536-1836 (51); Gast- und Schankwirtschaften 1590-1778 (2); Strandungssachen 1534- 1719 (25); Straßen- und Wegebau 1643-1778 (15); Handel und Gewerbe 1552-1792 (61), u.a. Mühlen 1573-1762 (19); Weserschifffahrt, Verhältnisse an der Unterweser (mit Verhandlungen im 19. Jh.), Wasserbau 1558-1869 (63); Einweisungssachen 1584-1680 (1); Moore 1586-1727 (8); Landesökonomiesachen (Landwirtschaft) 1608-1768 (6); Postwesen, Fuhren- und Fährsachen 1639-1772 (6); Grenzsachen 1541-1771 (4); Kommunalsachen 1619-1688 (3); Stadt Oldenburg 1534-1815 (338): Schloss 1575-1798 (15), Beziehungen zur Stadt 1534-1815 (262), Festungswerke 1572-1774 (58); Stadt Delmenhorst 1371-1776 (41): (Schloss und Festung 1602-1733 (7), Stadt 1371-1776 (34); Kriegs- und Militärsachen 1547-1774 (72), u.a. Festungen und Schanzen 1584-1761 (18); Pfandamt Stolzenau 1600-1654 (34); Agenturen und Faktoreien im Ausland 1623-1675 (27); Gesandtschaften 1574-1713 (123); Lehnsachen 1384-1886 (240); Besitzungen in der Wesermarsch (Butjadingen und Stadland) 1523-1828 (75), Landwürden 1532-1789 (87)); Beziehungen zum Johanniterorden 1549-1594 (3); Oldenburg und das Reich: Reich und Reichskreis 1501-1810 (213), Dreißigjähriger Krieg 1638-1648 (83), Westfälischer Frieden 1643-1653 (48); Verhältnis zu Bremen 1426-1827 (155); Reichskrieg gegen Schweden bis zum Frieden von Nymwegen 1666-1870 (16); Verhältnis zur Grafschaft Ostfriesland und Herrschaft Gödens 1564-1809 (118); Beziehungen zum Hochstift Münster 1418-1809 (89); Verhältnis zum Hochstift Osnabrück 1552-1584 (1); Verhältnis zu den Niederlanden 1581-1686 (7); Verhältnis zu Dänemark 1580-1616 (3); Beziehungen zu Braunschweig-Lüneburg (Hannover) 1557-1793 (23); Amt Harpstedt 1396-1806 (113) und Kirchspiel Twistringen 1530-1816 (31); Verhältnis zu Schleswig-Holstein 1570-1576 (2); Auswärtige Beziehungen 1436-1791 (175); Notifikationsschreiben über fürstliche Familienereignisse 1515-1788 (72).

Literatur 

Johann Christoph von Oetken, Corpus Constitutionum Oldenburgicarum (1722) in 3 Supplementen (1732, 1748 u. 1775); Hermann Oncken, Die ältesten Lehnsregister der Grafen von Oldenburg (1893); Georg Sello, Die territoriale Entwicklung des Herzogtums Oldenburg, Oldenburg 1917; siehe ansonsten insgesamt die Handbuchartikel von Heinrich Schmidt, Friedrich Wilhelm-Schaer und Albrecht Eckhardt in: Albrecht Eckhard/Heinrich Schmidt, Geschichte des Landes Oldenburg, 4. Aufl. Oldenburg 1993; zu einzelnen Herrscherpersönlichkeiten und führenden Beamten als Einstieg: Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg, hg. von Hans Friedl (u.a.), Oldenburg 1992; zur Archivgeschichte: Friedrich-Wilhelm Schaer, Geschichte des Niedersächsischen Staatsarchivs in Oldenburg vom 17. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts (Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung. Inventare und kleinere Schriften des Staatsarchivs in Oldenburg Heft 41), Oldenburg 1996; Gerd Steinwascher, Die Oldenburger, Stuttgart 2010.

Findmittel 

Archivdatenbank/Internet

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Best. 21 (Herrschaft Delmenhorst); Best. 22 (Regierungskanzlei); Best. 23/24 (Oldenburgische Klöster, Stifter und Bauernfreistaaten, Friesische Seelande); Best. 25 (Rentkammern und ältere Zoll- und Postbehörden); Best. 26 (Oldenburgisches Deicharchiv); Best. 29 (Dänische Landesuntersuchungs-Kommissionen); Best. 31 (Kabinettsregistratur Oldenburg); Best. 70 (Regierung Oldenburg); Best. 71 (Kammer Oldenburg); Best. 72 (Kleinere Oldenburgische Behörden, Staatsbetriebe und Kassen); Best. 73 (Konsistorium Oldenburg); Best. 74 (Alte Landgerichte, Amts- und Stadtgerichte); Best. 75 (Oldenburgische Vogteien); Best. 77 (Justizkanzlei); Best. 90 (Herrschaft Jever); Best. 105/106 (Altes Amt Wildeshausen/Hannoversches Amt Wildeshausen); Best. 110 - 117 (Behörden des Niederstifts Münster); Best. 120- Best. 125 (Herrschaft Varel-Kniphausen); Dep 10 (Stadt Oldenburg).

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

139,7; 7959 Verzeichnungseinheiten (6294 Akten, 1664 Urkunden)

Benutzung 

Lagerungsbestand: auch Best. 89

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet