StAB 4.54 Rü

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Landesamt für Wiedergutmachung, Rückerstattungsakten

Laufzeit 

1946-1982

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Rückerstattungsverfahren - Gesetzliche Grundlage und Verlauf
Anträge auf Rückerstattung von während der Zeit des Nationalsozialismus entzogenen Vermögensgegenstände waren ab 1948 - nach dem Gesetz Nr. 59 der Militärregierung - an das Zentralanmeldeamt für die Amerikanische Zone in Bad Nauheim zu richten. Von dort wurden sie, soweit die Gegenstände in Bremen entzogen worden waren, an das bremische Landesamt für Wiedergutmachung geleitet.
Zu jeder Anmeldung wurde eine Ra-Nummer vergeben; das zu der Angelegenheit beim Landesamt anfallende Schriftgut wurde dieser Akte zugeordnet. Da sowohl eine Beschreibung der entzogenen Objekte wie ein Nachweis der Eigentumsrechte erfordert wurde, finden sich hauptsächlich Unterlagen über die Vermögensgegenstände in den Akten. Das Schriftgut ist weitgehend schematischer Art - Anmeldeformulare, Erbscheine, Grundbuchauszüge, Bitten um Fristverlängerungen, Zustellnachweise etc. - und bietet über die Antragsteller und ihr Schicksal nur in ihren eigenen Angaben über die Verfolgung manchmal Auskünfte. Auch in diesen Darstellungen ebenso wie in den gelegentlich vorhandenen Zeugenaussagen stehen die entzogenen Vermögensgegenstände im Mittelpunkt: Außer dem mitunter im Original und in Kopie zu den Akten gegeben älteren Schriftwechsel mit Speditionen, Auswanderungsbehörden oder Ablieferungsstellen finden sich manchmal Zeichnungen oder Fotografien von Wohnungseinrichtungen, Schmuckstücken oder Kunstgegenständen.
Die Wiedergutmachungsbehörde führte in jedem einzelnen Fall ein gütliches oder streitiges Verfahren über die Rückgabe des Vermögensgegenstandes oder eine Ausgleichszahlung durch; das Verfahren endete mit einem förmlichen Beschluss, der ggf. durch die Wiedergutmachungskammer beim Landgericht erstellt war. Die Akte wurde mit einem formularmäßig erstellten Schlussbericht beendet, sobald nach Ablauf der Einspruchsfristen dieser Beschluss rechtskräftig geworden war.

Die Anmeldefristen nach MRG Nr. 59 endeten bereits am 31.12.1948 (Absende-) bzw. 31.3.1949 (Eingangsdatum), die hiernach behandelten Rückerstattungsfälle waren in der Regel bis 1955 erledigt. Wegen der insgesamt kurzen Laufzeit der Aktengruppe 4,54-Ra wurde auf Einzeldatierung der Akten verzichtet, zumal die 30-Jahres-Schutzfrist längst abgelaufen ist.
In vielen Rückerstattungsverfahren war das Deutsche Reich oder das Land Preußen der rückerstattungspflichtige Antragsgegner, der in Bremen durch den Oberfinanzpräsidenten Weser-Ems, später durch die Oberfinanzdirektion Bremen bzw. den Senator für die Finanzen vertreten wurde. Die Reste des dort entstandenen Aktenbestands befinden sich im Bestand 4,42/3 - Oberfinanzdirektion - Referat Rückerstattung. Dieser Bestand enthält über die Entziehungsvorgänge selbst die grundlegenden Informationen, soweit sie in der Nachkriegszeit amtlicherseits rekonstruiert wurden.
Aktengruppe Rü - Rückerstattung nach Bundesrecht
Die Auszahlung von im Rückerstattung bereits festgesetzten Entschädigungssummen für durch das Deutsche Reich entzogene Vermögensgegenstände wurde erst mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes zur Regelung rückerstattungsrechtlicher Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches und gleichgestellter Rechtsträger (Bundesrückerstattungsgesetz, BRüG, BGBl. 1957, I, S. 734) möglich. Dieses Gesetz eröffnete gleichzeitig die Anmeldefristen für Vermögensschäden neu, diese wurden durch nachfolgende Verordnungen für spezielle Tatbestände weiter verlängert. Die nunmehr beim Zentralanmeldeamt eingehenden Anmeldungen wurden, soweit sie nach Bremen verwiesen wurden, unter dem Kennzeichen Rü notiert und mit Nummern ab 5000 gekennzeichnet.
Aktenzusammensetzung und Verfahren blieben gegenüber dem älteren Gesetz Nr. 59 unverändert. Mitunter finden sich Akten, die wegen eines Schlussdatums nach 1966 noch nicht der Benutzung offen stehen.

Räumliche und sachliche Abgrenzung der Verfahren
Behandelt wurde ein Rückerstattungsanspruch in Bremen dann, wenn der fragliche Gegenstand von einem Pflichtigen mit Sitz in Bremen entzogen worden war. So finden sich Verfahren, die aufgrund einer Entziehung von Gegenständen im Bereich des Oberfinanzpräsidenten Weser-Ems, z.B. in Oldenburg oder Jever, hierher verwiesen waren, vor allem aber Anträge aus dem Ausland, die auf in Bremen bei den Speditionen eingezogenes Umzugsgut von Auswanderern zielten.
Da die Emigranten naturgemäß über den Verbleib ihrer Güter keine Angaben machen konnten und häufig auch für die Speditionen keine Kontaktadresse mehr bekannt war, dauerte es häufig sehr lange, bis eine Identifikation der Habe und der Eigentümer möglich war. Sehr oft wurden solche Verfahren zudem zunächst am ehemaligen Wohnort der Emigranten begonnen und dann nach Bremen verwiesen. Somit finden sich Vorakten verschiedener anderer Landesrückerstattungsbehörden im Bestand.
Ebenso finden sich solche Anträge auf Rückerstattung, die vom Antragsteller zunächst als Entschädigungsanspruch gestellt waren, meist im Zusammenhang mit angemeldeten Schäden an Eigentum und Vermögen. Die Abgrenzung wurde dadurch geleistet, dass in solchen Fällen die für Entschädigung zuständige Abteilung die Anträge an die für Rückerstattung zuständige Stelle des Landesamts weiterleitete, die sie dann bearbeitete. Die Entschädigungsakte liefert in solchen Fällen über das Verfolgungsschicksal des Betroffenen die weiterreichenden Aufschlüsse.

Von keinem der Rückerstattungsgesetze wurden Entziehungen von Vermögensgegenständen abgedeckt, die räumlich außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes stattgefunden hatten - soweit nicht die Instanz oder Person, die sich den Gegenstand angeeignet hatte, im Sprengel der zuständigen Rückerstattungsbehörde ansässig war. Es finden sich somit einige wenige Verfahren, in denen Bremer Firmen oder Privatpersonen als Antragsgegner genannt wurden; mitunter finden sich Überschneidungen mit niederländischen Rückerstattungs- und Wiedergutmachungsbehörden. Eine Ausnahme machen einige sehr umfangreich und ausführlich belegte Fälle von in Wien versteigertem Umzugsgut österreichischer Auswanderer, das bei Bremer Speditionen beschlagnahmt und nach Wien zurückgebracht worden war.

Bestandsgeschichte 

Aufbau und Benutzung des Verzeichnisses
Im Verzeichnis sind jeweils die Signatur der Akte und die Namen der antragstellenden Personen genannt.
In den Rückerstattungsverfahren waren im Antragsformular bestimmte Arten von Vermögensgegenständen vorgesehen. Mit der Bezeichnungen Hausrat ist im allgemeinen der Besitz der Verfolgten bezeichnet, der nach der Deportation der Eigentümer aus ihren Wohnungen entnommen wurde. Mit Umzugsgut werden gewöhnlich die zum Export bei der Emigration vorgesehenen, von Speditionen bei den Eigentümern übernommene Gegenstände bezeichnet, die meist in Frachtkisten (Lifts) verpackt in den Häfen verblieben waren. Da diese Vermögensgegenstände für den Aktenbestand aus dem Landesamt für Wiedergutmachung Bremen besonders wichtig sind, ist diese Vermögensart - zusammen mit dem Hausrat - gesondert ausgeworfen.

Die Antragsformulare sahen gesonderte Rubriken für Immobilien und Geschäftsvermögen vor - auch diese Art der Vermögensgegenstände werden einzeln nachgewiesen. Da Gold, Silber- und Schmuckgegenstände ab Februar 1939 von den als Juden verfolgten Personen an ein bestimmte Ankaufsstellen abgeliefert werden mussten, war auch für diese Gegenstände eine Rubrik vorgesehen. Diese Gegenstände werden - mit allen anderen von den Antragstellern genannten Vermögensgegenständen - gemeinsam aufgeführt.
Neben dem gedruckten Aktenverzeichnis ist eine Datenbanktabelle vorrätig, in der die genannten Rubriken auch formalisiert genutzt werden können.
Bettina Schleier, 1996/2018