NLA HA Nds. 711

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Celle

Laufzeit 

1853-2004

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Die Geschichte (seit 1945) der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Celle (vgl. das Vorwort zum Bestand Nds. 710), seit 1990 Generalstaatsanwaltschaft (GStA), knüpft eng an die Verhältnisse vor 1945 an (vgl. das Vorwort zum Bestand Hann. 173a). Ein Generalstaatsanwalt konnte in Celle erst im Herbst 1945 wieder tätig werden. Bis zur Errichtung des Justizministeriums 1947 lagen zentrale Aufgaben beim Generalstaatsanwalt, die dann auf das Justizministerium übergingen.

In der Behördenhierarchie steht die Generalstaatsanwaltschaft Celle als obere Behörde zwischen dem Justizministerium als übergeordneter oberster Behörde sowie innerhalb ihres Zuständigkeitsbezirkes zwischen den dortigen Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten Bückeburg, Göttingen (bis 1998), Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Stade und Verden als mittlere Behörden. Der Generalstaatsanwalt als Behördenleiter der GStA übt die Fach- und Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaften seines Bezirks aus und ist seinerseits an Weisungen des Justizministeriums gebunden.

Die sachliche Zuständigkeit der GStA erstreckt sich bei eigenen Ermittlungen auf Staatsschutzdelikte. Dazu zählen u.a. Hochverrat, Friedensverrat und Landesverrat sowie Straftaten gegen die äußere Sicherheit. Daneben wirkt die GStA unter anderem bei Entscheidungen über Revisionen gegen Strafurteile der Amts- und Landgerichte sowie über Rechtsbeschwerden gegen Bußgeldentscheidungen der Amtsgerichte mit.

Bei der GStA Celle sind zwei Zentralstellen angesiedelt, einerseits die "Zentrale Stelle Organisierte Kriminalität und Korruption (ZOK)", andererseits die nds. Zentralstelle des Europäischen Justiziellen Netzes (EJN). Erstere unterstützt landesweit alle Staatsanwaltschaften bei der Erfüllung ihres Auftrages durch kollegiale Beratung, Fortbildung und Beiträgen zu aktuellen strafrechtlichen Fragestellungen. Letztere dient der Gewährleistung der immer stärker in den Fokus rückenden internationalen Verbrechensbekämpfung, indem über das EJN durch Zusammenwirken mit Partnern in ganz Europa schnell und unbürokratisch auch grenzüberschreitend Strafverfolgung betrieben werden kann.

Nach dem derzeitigen Organisationsplan vom August 2015 sind dem Generalstaatsanwalt als Behördenleiter der GStA Celle über seine ständige Vertreterin drei Abteilungen untergeordnet:

Abt. 1: Verwaltung (u.a. Personalauswahl/ Personalentwicklung, Haushalt, Organisation, Presse/ Medien/ Öffentlichkeitsarbeit)
Abt. 2: Rechtssachen (u.a. Aufsicht über die Staatsanwaltschaften, Revisionen/ Rechtsbeschwerden, Gnadensachen, Haftprüfungssachen)
Abt. 3: ZOK und Europa, mit den Bereichen ZOK (u.a. Organisierte Kriminalität und Korruption, Computer- und Internetkriminalität) und Europa (u.a. EJN/Eurojust/EU/Europarat, Rechtshilfe-/ Auslieferungssachen, Justizpartnerschaften, internationaler Terrorismus)

Stand: Dezember 2004 (erweitert Dezember 2015)

Bestandsgeschichte 

Die nachstehend verzeichneten Akten aus Abgaben der Jahre 1979 bis 1989 repräsentieren zwar nicht das volle, aber doch das wesentliche Spektrum der Zuständigkeiten der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Celle, deren Namen 1990 in Generalstaatsanwaltschaft Celle geändert worden ist. Zur Bedeutung der einzelnen Aktengruppen sei folgendes kurz ausgeführt:

Personalakten aus der Zeit nach 1945 haben bis jetzt (1992) noch nicht die Aussonderungsreife erlangt. Sie werden in diesen Bestand eingeordnet, sofern der betreffende Beamte über 1945 hinaus im Dienst gewesen ist. Für die Abgrenzung der Bestände Hann. 173a und Nds. 711 ist in diesem Fall also nicht die Laufzeit der Personalakte maßgeblich.

Die wenigen bisher angebotenen Akten betr. Justizverwaltungssachen (Generalakten), die in den zeitlichen Rahmen des Bestandes Nds. 711 fallen, sind vollständig übernommen worden. Alle Generalakten, die vor 1945 angelegt sind, sind dem Bestand Hann. 173a zugewiesen, jedoch soweit sie über 1945 hinausführen, hier wenigstens nachrichtlich verzeichnet worden. [zu Acc. 6/95 vgl. unten, H. K.]

Die Rechtssachen können durchweg nur in einer Auswahl Archivwürdigkeit beanspruchen. Übernommen sind die augenscheinlich bedeutungsvolleren Fälle und dann stichprobenartig herausgegriffene Fälle. So ist insbesondere bei den erstinstanzlichen Strafverfahren vor dem Oberlandesgericht (OJs) verfahren worden. Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts erstreckt sich auf die leichteren Staatsschutzstrafsachen und wurde durch das erste Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951 (BGBl. I S. 739) begründet (siehe den Beitrag von Helmut Moschüring in der Festschrift zum 275jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Celle, S. 381-390). In der Hauptsache sind die Verfahren wegen Verstoßes gegen § 100 e StGB (verräterische Beziehungen) eingeleitet worden. Die Täter waren meist "kleine Fische", die selten aus Gründen der politischen Überzeugung, eher auf der Flucht vor persönlichen Schwierigkeiten und Nöten über die bis 1961 noch nicht vermauerte deutsch-deutsche Grenze wechselten, drüben in die Fänge des MfS (Ministerium für Staatssicherheit) gerieten und sich zu Ausspähungsaufträgen anwerben ließen. Insofern gewähren auch solche Fälle, in denen die Verfahren eingestellt worden sind, einen lebensnahen Einblick in soziale Verhältnisse unter dem Einfluß des "Kalten Krieges".

Von den Auslieferungssachen verdienen von vornherein nur diejenigen Beachtung, die die Auslieferung von Ausländern aus Deutschland in das Ausland zum Gegenstand haben, da dieses Verfahren in den Händen der Generalstaatsanwaltschaft liegt (über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheidet ein Strafsenat des OLG, die Auslieferung bewilligt das Justizministerium, vgl. Deutsches Auslieferungsgesetz vom 23. Dezember 1929, RGBl. I S. 239). Die Auslieferung von deutschen Staatsangehörigen aus dem Ausland nach Deutschland betreibt die ermittelnde Staatsanwaltschaft, die Generalstaatsanwaltschaft ist lediglich Durchgangsstation im Verkehr mit dem Justizministerium (beide Arten von Auslieferungsfällen sind bis 1970 durch die Aktenzeichen Ausl. A und Ausl. B unterschieden).

Keine Frage ist es, daß die Verfahren nach dem Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2. Mai 1953 (BGBl. I S. 161) auf dem Hintergrund der unterschiedlichen Rechtsordnungen der beiden deutschen Staaten weitgehend archivwürdig erscheinen. Der Generalstaatsanwalt hat die Rechts- und Amtshilfe zu genehmigen, ferner die Anträge auf Feststellung der Unzulässigkeit der Vollstreckung aus einem Strafurteil eines DDR-Gerichts zu bearbeiten (Az.: RAs).

In Disziplinarsachen gegen Richter und Staatsanwälte ist die Generalstaatsanwaltschaft Vertreter der Einleitungsbehörde und im Berufungsverfahren Vertreter der obersten Dienstbehörde. Zuständiges Disziplinargericht ist das Niedersächsische Dienstgericht für Richter beim Landgericht Hannover und der Niedersächsische Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Celle (Nieders. Richtergesetz vom 14. Dezember 1962, Nds. GVBl. S. 265). Bei ersterem Gericht werden die Verfahrensakten aufbewahrt, die Generalstaatsanwaltschaft behält lediglich Handakten (Az.: DV) zurück. Eine ähnliche Position nimmt der Generalstaatsanwalt im Disziplinarverfahren gegen Notare gemäß der Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961 (BGBl. I S. 97) ein. Disziplinargericht im ersten Rechtszug ist der Senat für Notarsachen beim Oberlandesgericht Celle (Verordnung über die Gerichtsbarkeit für Notare vom 13. März 1961, Nds. GVBl. S. 103). Die bisher angebotenen Handakten der Generalstaatsanwaltschaft (Az.: Not) sind als nicht archivwürdig eingestuft worden. Das gleiche gilt für Akten betr. Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in Strafsachen (Az.: 2 AR).

Auch in Berichtssachen (Az.: 410) ist die Generalstaatsanwaltschaft regelmäßig nur Durchgangsstation für die dem Justizministerium vorzulegenden Berichte über bestimmte Strafrechtsfälle. Die Berichtspflicht der Staatsanwaltschaften erstreckt sich gemäß der Allgemeinen Verfügung des Nieders. Ministers der Justiz vom 31.1.1948 - 4010 a - III 1 a 2. 325/47, dann den Allgemeinen Verfügungen vom 15.1.1958, Nds. Rpfl. S. 14, vom 28.9.1971, Nds. Rpfl. S. 227, vom 16.6.1976, Nds. Rpfl. S. 167, vom 3.2.1984, Nds. Rpfl. S. 35, auf solche Strafsachen, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von außergewöhnlicher Bedeutung sind, namentlich auf Strafsachen mit politischem Einschlag. Hierzu zählten z.B. die sog. NSG-Verbrechen (früher Verbrechen gegen die Menschlichkeit). Berichtssachen fallen naturgemäß auch beim Ministerium an (Az.: 4017 E) und bieten auf dieser Ebene vermutlich weiterreichende Informationen und Entscheidungsvorgänge als auf der der Generalstaatsanwaltschaft. Gleichwohl sind auch bei ihr einige Fälle als archivwürdig ausgewählt worden, die vor allem aus der ersten Nachkriegszeit stammen und bei denen die an sich bedeutungsvolleren Verfahrensakten der ersten Instanz den Weg ins Archiv, wie es scheint, oft nicht gefunden haben (Az.: 410, auch AR).

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß die Aufgaben der Strafvollzugsabteilung der damaligen Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht am 1. Juli 1972 auf das Justizvollzugsamt Niedersachsen übergegangen sind (AV des Nds. MJ v. 7.6.1972, Nds. Rpfl. S. 140). Ihre einschlägigen Akten aus früherer Zeit hat die Generalstaatsanwaltschaft an das Justizvollzugsamt abgegeben. Akten betr. den Strafvollzug sind demnach im Bestand Nds. 759 zu suchen.

Stand: Dezember 1992

Die Archivierung des jüngeren Schriftgutes, das nach dem Jahr 1977 entstanden ist, fällt in die Zuständigkeit des Staatsarchivs Stade.

Die Gliederung orientiert sich bei den Generalakten weitgehend an der Registraturordnung. Allerdings ist sie im Abschnitt "Strafvollzug" etwas erweitert worden, zumal hier Registraturzeichen nach der alten (preußischen) Aktenordnung mit denen nach dem 1936 eingeführten Generalaktenplan der Reichsjustizverwaltung zusammentreffen (vgl. auch Vorwort zum Bestand Hann. 173a).

Stand: Dezember 2004

Der Bestand Nds. 711 besteht derzeit aus 14 Ablieferungen. Ein Großteil davon machen Gereralakten und Personalakten sowie Akten zu Ermittlungs- und Strafsachen aus.

Stand: Dezember 2015

Enthält 

u.a. Personal- und Personalverwaltungsakten, Justizverwaltungssachen (u.a. Gerichtsorganisation, Gefangenenfürsorge, Aufsicht über Gefängnisse und Justizvollzugsanstalten, Kriminalstatistik), Ermittlungsverfahren wegen Kriegsverbrechen deutscher Wehrmachtsangehöriger in Griechenland, erstinstanzliche Strafsachen beim Oberlandesgericht (vor allem wegen Landesverrats), Auslieferungssachen, Verfahren nach dem Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen, Disziplinarverfahren, Berichtssachen, Erfassung von Staatsschutzsachen, Entscheidungen in politischen Strafsachen

Literatur 

Rüping, Hinrich: Staatsanwälte und Parteigenossen. Haltungen der Justiz zur nationalsozialistischen Vergangenheit zwischen 1945 und 1949 im Bezirk Celle. Baden-Baden 1994. (Dienst-Bibl.: Mb 109)

Festschrift zum 275jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Celle. Celle 1986. (Dienst-Bibl.: Mb 87)

Schröder, Guido: 250 Jahre Oberlandesgericht Celle 1711-1961. Celle 1961. (Mb 22a)

Festschrift zum 300jährigen Bestehen des Oberlandesgerichts Celle, Hg. von Peter Götz von Olenhusen, Göttingen 2011.

Beiträge zum 300-jährigen Jubiläum des Oberlandesgerichts Celle, Hg. Museumsverein Celle e.V. Red.: Andreas Flick und Sabine Maehnert, Celle 2011 (Celler Chronik 18).

http://www.staatsanwaltschaften.niedersachsen.de

http://www.staatsanwaltschaften.niedersachsen.de/download/61252/Organisationsplan.pdf

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Im NLA, Abteilung Hannover für die Zeit vor 1978:
Hann. 173a (Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Celle)
Hann. 173 (Oberlandesgericht Celle, vor 1945)
Nds. 710 (Oberlandesgericht Celle, 1945-1978)

Im NLA, Abteilung Stade für die Zeit ab 1978:
Rep. 273a (Generalstaatsanwaltschaft Celle, ab 1978)
Rep. 273 (Oberlandesgericht Celle, ab 1978)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

48,8

Bearbeiter 

Dr. Christoph Gieschen (1992)

Hildegard Krösche (2004)

Dr. Christian Helbich (2015)

Benutzung 

Das Archivgut kann im Niedersächsischen Landesarchiv Hannover unter Berücksichtigung der Einhaltung von Schutz- und Sperrfristen nach §5 Niedersächsisches Archivgesetz (NArchG) eingesehen werden.