StadtA H 3.NL.178

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Nachlass Hillebrecht, Rudolf

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Hillebrecht, Rudolf, geb. 26. 2. 1910 Hannover-Linden, gest. 6. 3.1999 Hannover; Architekt und Stadtplaner. -1928 Abitur, Architekturstudium an der TH Hannover (u. 1930/31 an der TH Berlin bei Tessenow u. Jausen), 1933 Diplom; 1933-34 bei den hannoverschen Architekten Hans Nitzschke u. Adolf Falke, dann bei Walter Gropius (lebenslanges Vorbild) in Berlin. Mitarbeit beim DAF-Wettbewerb "Häuser der Arbeit"; 1934-37 Ausbildung zum Regierungsbaumeister (u. a. an Rüstungsbauten in Travemünde u. Hamburg); 1937-44 in Hamburg bei Konstanty Gutschow Büroleiter, u. a. beteiligt an der Elbufergestaltung, der Neugestaltung Hamburgs, im "Amt für kriegswichtigen Einsatz", im Stab für den Wiederaufbau deutscher Städte. Nach Streit mit Gutschow 1944-45 Soldat und kurze Kriegsgefangenschaft. In der britischen Zone 1946 unter Viktor Agartz
stellvertretender Leiter der Abteilung Bauwirtschaft im Zentralamt für Wirtschaft in Pyrmont (dt. Parallelverwaltung); 1947-48 Sekretär für Bau- u. Wohnungswesen im Zonenbeirat in Hamburg. - Hillebrecht wurde am 1. 8. 1948 Stadtbaurat von Hannover (bis 1975 ; zweimal einstimmig wiedergewählt); die unter seinem Vorgänger Otto Meffert (vor der Währungsreform) langfristig angelegte Aufbauplanung änderte und beschleunigte er sofort, organisierte die Bauverwaltung
neu und gewann frühere (teilweise politisch kaltgestellte) Kollegen und Freunde als Mitarbeiter (Hans Stosberg, Werner Dierschke) und Berater (Konstanty Gutschow, Wilhelm Wortmann); er schuf neue Planungsinstrumente, besonders die nach Bremer Vorbild 1948 gegründete Aufbaugemeinschaft (Planer: Gutschow). Ein Wettbewerb 1948/49 klärte die Ziele für die Innenstadt (Sieger: Dierschke und Schwedes); 1950 legte Wortmann den Flächennutzungsplan vor. Der "Neuaufbau" (nicht "Wiederaufbau") erstrebte nach der Erfahrung des Luftkriegs die Gliederung und Auflockerung der Stadt, beispielhaft hierfür sind die "fließenden Räume" und "schwingenden Straßen" von Lavesallee und Leibnizufer im neuen Regierungsviertel; für den Straßenverkehr wurden Innenstadtring und Tangentenviereck geplant. 1951 wurden zur Constructa (erste dt. Bauausstellung seit 20 Jahren, Constructa-Block) drei Modellsiedlungen gebaut (Hildesheimer Str., Kreuzkirchenviertel, Mittelfeld); während der Constructa arrangierte Hillebrecht ein Architektentreffen (u. a. mit Walter Gropius und Paul Bonatz) zur Verständigung zwischen fortschrittlichen und konservativen Architekten. Seit 1950 galt die Stadt als Modell für den Aufbau, 1959 schrieb "Der Spiegel" vom "Wunder von Hannover", doch bereits 1957 sprach Hillebrecht von verpassten Chancen. Dem Wachstum der Stadt versuchte er mit der "Regionalstadt" zu begegnen. Der U-Bahn-Bau (ab 1965) nötigte den Hochhausfeind Hillebrecht zu Verdichtungsmodellen,
von denen zwei der Planung entglitten (Ihmezentrum, Kröpcke-Center). Hillebrechts Verhältnis
zu historischen Bauten war zwiespältig, er verehrte klassizistische Architektur und lehnte den Historismus ab, wichtige Einzelbauten wurden restauriert, andere in Traditionsinseln vereinigt, die Denkmalpflege war der Stadtraumgestaltung untergeordnet, spektakuläre Abbrüche schadeten
in Hannover dauerhaft seinem Ruf. Bemühte sich mehrmals um Aufträge an international bedeutende Architekten (Gropius, Jacobsen), nahm Neues früh wahr, sah Stadtplanung als "Kunst des Möglichen" und war ihr großer Kommunikator. Die Wirksamkeit des "Planungspolitikers"
Hillebrecht im deutschen Städtebau nach 1945 ist einzigartig, sie zeigt sich auch an seinen zahlreichen Funktionen und Auszeichnungen: seit 1951 Honorarprof an der TH Hannover; 1958
Dr.-Ing. E. h. der TU Aachen; 1949-75 Mitglied, seit 1973 Vorsitzender des Bauausschusses des Dt. Städtetags; Mitglied u. seit 1957 im Präsidium der Deutschen Akademie für Städtebau u. Landesplanung; 1957-79 Vorsitzender des Planungsbeirats für West-Berlin; 1963-74 Vorstandsmitglied des Verbands Großraum Hannover; seit 1966 Präsident der-Leibniz-Gesellschaft Hannover; seit 1973 Vorsitzender des Kuratoriums des "Dt. Instituts für Urbanistik" (DifU); 1974 Orden Pour Le mérite für Wissenschaften u. Künste, seit 1974 Mitglied der Akademie der Künste Berlin.- Hannoverscher Ehrenbürger (26. 2. 1980). Ehrengrab auf dem Stadtfriedhof Engesohde. 2000 wurde der Platz vor der städtischen Bauverwaltung nach Hillebrecht benannt.

aus: Stadtlexikon Hannover, S. 295f.

Literatur 

- Wunder von Hannover. In: Der Spiegel. Nr. 23, 1959, S. 61–63, 66, 68.
- Fritz Eggeling: Stadtplanung in Hannover. In: Bauen + Wohnen, 1956, Heft 10, S. 327ff.
- Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (Hrsg.): Zwischen Stadtmitte und Stadtregion. Berichte und Gedanken. Rudolf Hillebrecht zum 60. Geburtstag. Krämer, Stuttgart 1970. (= Beiträge zur Umweltplanung)
- Axel Düker: Verkehrsplanung deutscher Städte zwischen 1920 und 1960, dargestellt am Beispiel von Hannover. Magisterarbeit, Leibniz-Universität Hannover, 2002, ISBN 978-3-8366-5737-2.
- Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 168–169. Online bei Google Bücher
Friedrich Lindau: Hannover. Wiederaufbau und Zerstörung. Die Stadt im Umgang mit ihrer bauhistorischen Identität. 2. Auflage, Schlütersche, Hannover 2001, ISBN 3-87706-659-3.
Friedrich Lindau: Planen und Bauen der Fünfziger Jahre in Hannover. Hannover 1998, ISBN 3-87706-530-9.
Paul Zalewski: Rudolf Hillebrecht und der autogerechte Wiederaufbau Hannovers nach 1945. In: Rita Seidel (Hrsg.): Universität Hannover 1831-2006, Festschrift zum 175-jährigen Bestehen der Universität Hannover. Band 1, Hildesheim 2006, S. 89–102.
Paul Zalewski: Zwischen Stadtautobahnen und Traditionsinseln. Zur Rolle der Historizität im Wiederaufbau von Hannover nach 1945. In: Koldewey-Gesellschaft (Hrsg.): Bericht über die 44. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung. Stuttgart 2008, S. 28–36.
Sid Auffarth, Ralf Dorn (Herausgeber): Ein Leben für Hannover. Festschrift zum 100. Geburtstag von Rudolf Hillebrecht. Hannover 2010.
- Gerhard Kier, Sid Auffarth, Karljosef Kreter: Rudolf Hillebrecht: Geboren 26. Februar 1910. Dokumentation der Ausstellung zum 100. Geburtstag in der Bauverwaltung der Landeshauptstadt Hannover, Begleitschrift der Ausstellung vom 26. Februar bis 26. März 2010, Hrsg.: Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Planen und Stadtentwicklung, Hannover: Landeshauptstadt, 2010
- Ralf Dorn: „Planung ist schöpferische Gestaltung“. Zum planungsmethodischen Instrumentarium Rudolf Hillebrechts. In: Hannoversche Geschichtsblätter, 65 (2011), S. 21–31.
- Ralf Dorn: Auf dem Weg zur autogerechten Stadt? Zur Verkehrsplanung Hannovers unter Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht. In: Ausst.Kat.: Richtig in Fahrt kommen. Automobilisierung nach 1945 in der Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. v. Rolf Spilker, Industriemuseum Osnabrück, Bramsche 2012, S. 204–219.
- Paul Zalewski: Zur „Konstruktion der Heimat“ im funktionalistischen Aufbau Hannovers nach 1945. In: Renata Skowronska, Helmut Flachenecker (Hrsg.): Bulletin der Polnischen Historischen Mission an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Nr. 7/2012 (Materialien zur Tagung „Vielerlei Wiederaufbau“, 2011), Würzburg 2012, S. 293–337.
- Ralf Dorn: Rudolf Hillebrecht und das Neue Bauen – Zu den beruflichen Anfängen des hannoverschen Stadtbaurats. In: Hannoversche Geschichtsblätter 68 (2014), S. 71–83.
- Ralf Dorn: Der Architekt und Stadtplaner Rudolf Hillebrecht. Kontinuitäten und Brüche in der deutschen Planungsgeschichte im 20. Jahrhundert. (Hannoversche Studien. Schriftenreihe des Stadtarchivs Hannover; 16), Berlin 2017.
- Ralf Dorn: Traditionsinseln im Trümmermeer. Zur Genese und Rolle der Altstadt in der Aufbauplanung Hannovers unter Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht. In: Hannoversche Geschichtsblätter 72 (2018), S. 163–178.
- Michael F. Feldkamp: Der Niedersächsische Landtag als Symbol für demokratisches Bauen? In: Julia Schwanholz/Patrick Theiner (Hrsg.), Die politische Architektur deutscher Parlamente, Von Häusern, Schlössern und Palästen, Wiesbaden 2020, ISBN 978-3-658-29330-7, S. 229–242.

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

1.NR.0.05 Handakten Hillebrecht

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Der Bestand enthält private Briefe und Dokumente, die aus Gründen des Datenschutzes gesperrt sind. Für die wissenschaftliche Nutzung kann ein Schutzfristverkürzungsantrag gestellt werden.