
Identifikation (kurz)
Titel
Staatsanwaltschaft beim Landgericht - Hauptverfahren in Strafsachen
Laufzeit
1869 - 2010
Bestandsdaten
Geschichte des Bestandsbildners
In diesem Bestand sind die Hauptverfahrensakten der Staatsanwaltschaft beim Landgericht enthalten.
Hauptverfahrensakten sind Akten über das Hauptverfahren, d.h. den eigentlichen Strafprozess, im Gegensatz zum Vor- bzw. Ermittlungserfahren. Die entsprechenden bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens anfallenden Ermittlungsakten werden Teil der Hauptverfahrensakten. "Aktenführende" Behörde auch für die Hauptverfahrensakten ist die Staatsanwaltschaft, nicht das Gericht. Auch nach Berufungsverfahren vor höheren Instanzen kehrt die Akte zur Staatsanwaltschaft zurück.
Eine weitere Erläuterung der Bezeichnung Hauptverfahrensakten könnte sein, dass es sich hierbei um die Hauptakten über bestimmte Verfahren im Gegensatz zu daneben ggf. bestehenden Handakten oder Sonderakten handelt. - Als reine Ermittlungsakten bleiben demnach nur solche Fälle bestehen, in denen es nicht zur Eröffnung des Hauptverfahrens kam.
Teil der Hauptverfahrensakten sind wie bereits erwähnt auch schon Ermittlungsakten, das sogenannte Vorverfahren, daneben die Handakten der Staatsanwaltschaft, etwaige Sonderakten (z.B. über einzelne Betrugsfälle als Teil eines umfangreicheren Verfahrens), Beiakten, die Vollstreckungshefte und ggf. die Gnadenhefte. Vom Tag der Aufnahme der Ermittlungen bis zur Tilgung der Gerichtskosten, Strafverbüßung oder Begnadigung ist somit der ganze Fall, manchmal einschließlich der Zeitungsberichte, dokumentiert. Aufgrund einer Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft vom 26.10. und 4.11.1971 (Az.:737-12) werden alle von den Bearbeitern als archivwürdig bezeichneten Hauptverfahrensakten turnusmäßig an das Staatsarchiv abgegeben. Eine erste Ablieferung erfolgte dem gemäß am 6.4.1972, bis 1990 folgten fünf weitere Ablieferungen.
Die Verzeichnung wurde anhand der - nur das Aktenzeichen ausgebenden Abgabelisten durchgeführt, unter Vergabe von laufenden Nummern. Das nachstehende Verzeichnis führt die Hauptverfahrensakten nach Jahrgängen geordnet auf und ist mit einem alphabetischen Register versehen.
Die Verurteilten wurden außer in der Bremer Strafanstalt Oslebshausen auch in auswärtigen Strafanstalten untergebracht. Frauen kamen meist in das Frauengefängnis Lübeck-Lauerhof, Männer in die Strafanstalten Vechta, Werl, Magdeburg oder in der NS-Zeit auch in die Emslandlager.
Angeklagte, die zu wiederholten Malen rückfällig wurden, wurden in der NS-Zeit zunehmend als "gefährliche Gewohnheitsverbrecher" neben einer Haftstrafe zur - an diese anschließende - Sicherungsverwahrung verurteilt, oder es wurde auf "Zulässigkeit er Polizeiaufsicht" bzw. direkt auf Polizeiaufsicht erkannt. Zuweilen wurde die Sicherungsverwahrung auch nachträglich in besonderen Verfahren angeordnet, s. z.B. 4,89/2-78. Diese Angeklagten wurden nach Verbüßung ihrer Haftstrafen in besondere Sicherungsverwahranstalten überführt. Es gab solche Einrichtungen u.a. in Rendsburg und Werl.
Aus den Akten geht hervor, dass diese Sicherungsverwahrten ca. ab Ende 1942
zunehmend aus den Sicherungsverwahranstalten oder noch direkt aus den Zuchthäusern in Konzentrationslager überführt worden sind. Zum Teil ist den Akten direkt zu entnehmen, um welche Konzentrationslager es sich handelt, ein typischer Vermerk lautet etwa "am 6.1.1943 verlegt ins Konzentrationslager Neuengamme", zum Teil steht verbrämt "der Polizei zugeführt", z.B. in 4,89/2-232 oder 4,89/2-384.
Zeitgleich wurde offenbar genauso mit Personen verfahren, die unter Polizeiaufsicht gestellt waren, denn auch sie wurden nach Verbüßung ihrer Haftstrafen "der Polizei zugeführt".
Mit der Überführung der Gefangenen ins Konzentrationslager wurden die Akten geschlossen, die Strafvollstreckung galt "damit als erledigt". Wenn also z.B. jemand 1940 zu einer sechsjährigen Zuchthausstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt war, die Akte aber schon 1943 geschlossen wurde, liegt somit die Vermutung nahe, dass das weitere Schicksal dieses Häftlings ins Konzentrationslager führte.
Männliche Sicherungsverwahrte aus der Rendsburger Verwahranstalt kamen zumeist nach Neuengamme, in den Akten tauchen aber auch die Konzentrationslager Mauthausen, Auschwitz, Sachsenhausen-Oranienburg und Buchenwald auf; Frauen kamen in der Regel in das Konzentrationslager Ravensbrück.
Berit Saidani
1996
Enthält
Hauptverfahrensakten (Strafprozessakten) einschließlich der entsprechenden Ermittlungsakten zu ausgewählten Prozessen, darunter Verfahren gegen NS-Straftäter, z.B. Judenmörder von 1938, nach 1945
Weitere Angaben (Bestand)
Umfang in lfd. M.
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