Identification (short)
Title
Regierungsarchiv der Fürstbischöfe zu Hildesheim
Life span
1475-1887
Fonds data
Short description
Verhältnis des Hochstifts Hildesheim zum Reich, Fürstbischöfe; Regierung und Justizverfassung; Lehengüter und Domänen; Landständewesen und Landtage; Schatzungen, Kontributionen und Schuldenwesen; landesherrliche Regalien; Handel, Handwerk und Gewerbe; Polizeisachen; Armen- und Medizinalanstalten; Brau- und Schankgerechtigkeiten; Jagd-, Fischerei- und Mühlensachen; Militärsachen, Kirchen- und Schulsachen
Findmittel: Archiv-Findbuch 1964, EDV-Findbuch in Bearbeitung
Umfang: 321,6 lfdm
Custodial history
Das Hildesheimer Landesarchiv - Hildesheimer Briefschaftsarchiv (Hild. Br. 1) - ist die wertvollste Quelle zur Geschichte des 1802 säkularisierten Fürstbistums Hildesheim. Die Akten sind im wesentlichen aus der Tätigkeit der wichtigsten Zentralbehörde erwachsen, der fürstbischöflichen Regierung, die praktisch sämtliche Zweige der Landesverwaltung umfaßte.
Die Regierung geht in der üblichen Weise zurück auf die ungegliederte Zentralbehörde des 16. Jahrhunderts, auf Rat und Kanzlei. Infolge der Katastrophe der Stiftsfehde und der darauf folgenden Zerstückelung des Stifts 1523 bildete sich erst unter Bischof Ernst (1573-1612) eine kontinuierlich arbeitende Behörde im Hildesheimer Bischofshof heraus, die aus Statthalter, Kanzler und Räten bestanden. Bis dahin erledigte der Bischof von seinem jeweiligen Aufenthaltsort her die Geschäfte mit seinem Sekretär oder Kanzler und zog gelegentlich vertraute Domherren oder Adlige heran.
Seit 1650 trennte sich die Hofkammer als selbständige Behörde von der Regierung, wie die alte Kanzlei von nun an im allgemeinen genannt wird; doch ist ein Teil ihrer Akten bis ins 18. Jahrhundert weiterhin ins Landesarchiv gelangt. Ohne bleibende Bedeutung blieb die Abspaltung eines Geheimen Rates 1726. Da die Geschäfte praktisch weiter von den Hofräten bearbeitet wurden, konnte sich keine eigne Registratur entwickeln. Ähnliches gilt bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts von dem in der persönlichen Umgebung des Fürstbischofs erwachsenen Schriftgut. Kamen Akten von den in Bonn residierenden Bischöfen aus dem Hause Bayern zurück, ordnete man sie in das Landes- oder das Kammerarchiv ein. Erst unter den beiden letzten Fürstbischöfen Friedrich Wilhelm (1763-1789) und Franz Egon (1789-1802) entstand eine eigene Kabinettsregistratur, die in der Form gesondert erhalten ist, wie sie 1802 die preußischen Säkularisationskommissare vorfanden.
Indessen enthält der Bestand keineswegs den gesamten Nachlaß der Landesregierung. Zwei große Gruppen wurden abgetrennt, weil sie nach der Säkularisation von besonderen Behörden als Vorakten zurückbehalten wurden: die Lehnakten (weiterbenutzt von der 1859 aufgelösten Hildesheimer Lehnkommission) und die Parteiensachen, die in der Eigenschaft der Regierung als oberstes Justizkollegium in bürgerlichen Sachen entstanden sind (als Vorakten des Hildesheimer Obergerichts). Andererseits sind in das Landesarchiv auch Stücke fremder Provenienz genommen worden, die für die Verwaltung von Wert erschienen (Chroniken, Deduktionen, Erbregister aus dem großen Stift) oder bei Streitigkeiten als Beweismittel eingeliefert und dann nicht zurückgegeben worden sind.
Die Anfänge der Archivbildung setzen im 16. Jahrhundert ein. Die mittelalterlichen Bischöfe besaßen kein Archiv; sie begnügten sich mit demjenigen des Domkapitels und gaben wohl ihre Urkunden und Kopien dorthin ab. Umgekehrt gelangte im 16. Jahrhundert auch Schriftgut des Domkapitels in das Landesarchiv, als sich eine feste Landesverwaltung herausbildete. Seit dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts werden Bemühungen deutlich, das Archiv zusammenzuhalten, etwa durch Einbinden der ältesten Stände- bzw. Schuldensachen (vgl. Bestandsgliederung 33.04) oder Rückerwerb des Nachlasses Bischof Valentins (vgl. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 31, Hildesheim 1959, S. 326/327). Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte das Landesarchiv bereits einen solchen Umfang angenommen, daß man es 1632 vor den anrückenden Schweden - zusammen mit dem des Domkapitels - nach Hameln in Sicherheit brachte. Nachdem Herzog Georg 1633 die Festung erobert hatte, ließ er die Archivalien nach Hannover schaffen, von wo sie auf Grund der Stiftsrestitution und
längeren Verhandlungen im September 1643 nach Hildesheim zurückgelangten - nicht ohne daß man in Hannover einige wertvolle Stücke zurückbehielt, u.a. ein altes Kopiar des Domkapitels, das Leibniz benutzte (vgl. Max Bär, Geschichte des Königlichen Staatsarchivs zu Hannover, Leipzig 1900, S. 51 ff.; Hild Br. 1 Nr. 3601); Gottfried Wilhelm Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe, Reihe I, Bd. 7, Berlin 1964, S. 706/707). Gleichzeitig bemühten sich die Hildesheimer Räte in Wolfenbüttel um Akten.
Mit der Rückgabe des Archivs setzen die Bemühungen um dessen Ordnung ein. Die Klagen über das in Konfusion geratene Archiv sind der Folgezeit so chronisch wie normal. Eine besondere Schwierigkeit lag in dem Ärger mit Bonn, von wo man nur mit Mühe die Hildesheim betreffenden Akten der verstorbenen Bischöfe zurückerhalten konnte. Die Ordnungsarbeiten bezogen sich offenbar im wesentlichen darauf, die Schriftstücke nach Sachgruppen wegzulegen und mit einem Rubrum zu versehen. Man bearbeitete naturgemäß zunächst die wichtigsten politischen Vorgänge, solche, derer man bei Streitigkeiten bedurfte oder für die sich der Archivar besonders interessierte, z.B. die Grenzakten, da der Archivar oft auch Grenzsekretär war. Andererseits blieben wenig benutzte Volumina, z.B. viele Steuerakten, in dem Durcheinander liegen, in dem sie ins Archiv gelangten. Die Folge ist, daß in manchen Teilen die Verzeichnung bis zum einzelnen Vorgang geht, in anderen mehrere Aktenbände noch chronologisch zusammen- und auseinandergeordnet werden müßten.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts hatte das Landesarchiv einen solchen Umfang angenommen, daß der letzte fürstbischöfliche Archivar, Ignaz Zeppenfeldt, eine Generalteilung ausarbeitete, auf deren Grundlage die Verzeichnung beruht, mit der im Juni 1827 dessen Sohn, der Stadtauditor Dr. Joseph Zeppenfeldt, begann. Er schloß die Arbeit Ende Juli 1838 mit der Vorlage von 11 Repertorienbänden ab, die am 8./9. Oktober 1943 beim Brand des Staatsarchivs in Hannover untergegangen sind.
Nach dem das Archiv die Unruhe der Napoleonischen Zeit ohne größere Schäden überstanden hatten - Max Bär berichtet von einer Auslagerung nach Halberstadt zwischen 1803 und 1809 (vgl. Max Bär, Geschichte des Königlichen Staatsarchivs zu Hannover, Leipzig 1900, S. 53/54) -, beließ es die hannoversche Regierung in Hildesheim, zunächst im Bischofshof, ab 1843 im Rittersaal des Domes, zuletzt in der alten Domschule. 1870 wurde es, gleichzeitig mit dem Stader Archiv, ins Staatsarchiv nach Hannover überführt.
Im Zweiten Weltkrieg sind, wie es scheint, keine Substanzverluste eingetreten. Die Hildesheimer Archivalien lagerten im unteren Teil des Ostflügels und haben hier die Katastrophe von 1943 überstanden. Wenig später, im November, wurden sie in das Kalibergwerk Ronnenberg I bei Weetzen, Schacht Deutschland, ausgelagert und im Dezember in den Schacht gebracht. Erst im Mai/Juni 1955 kehrten sie zurück (vgl. Hann. 1/3 Nr. 60). Sie haben diese Zeit relativ gut überstanden. Teilweise zu beobachtende Moderschäden sind offenbar älter. Einige vor 1945 zurückgeholte Bände sind von dem Hochwasser im Februar 1946 in Mitleidenschaft gezogen worden.
Im Mai 1959 wurde der Unterzeichner bei seiner Einstellung mit der Neuverzeichnung des Hildesheimer Landesarchivs beauftragt. Die in der Literatur eingeführten Signaturen sollten nicht verändert werden. Eine Umordnung verbot sich schon aus Zeitgründen. Um vorwärts zu kommen, mußte auch von einer Durchordnung von Einzelbänden abgesehen werden. Andererseits sollten als Ersatz für die 1943 verbrannten Urkunden der stadt-hildesheimschen Stifte und Klöster alle Urkundenabschriften aus der Zeit vor 1500 regestriert und karteimäßig erfaßt werden. Da der Unterzeichner sehr bald mit weiteren Aufgaben belastet wurde, zog sich der Abschluß hin, so daß nur die anerkennenswerte Mitwirkung der Herrn Kollegen Dr. Deeters, Dr. Obenaus und Dr. Behr den Abschluß der Arbeit 1964 erreichen ließ.
Die Bestände beziehen sich in erster Linie auf den Raum des 1643 restituierten Stifts. Doch finden sich aus der vorhergehenden Zeit auch Unterlagen betreffend solcher Ämter und Städte, die vor 1523 zum Stift gehörten, 1643 aber dem Haus Braunschweig-Lüneburg verblieben, also Grohnde, Aerzen (Ärtzen), Lutter, Westerhof, Erichsburg, Lauenstein, Koldingen, Bodenwerder, Springe, Hameln und Salzhemmendorf. Dazu ist interessantes Material vorhanden zur Geschichte des an Mainz verpfändeten Amtes Lindau, um dessen Rückerwerb sich die Hildesheimer im 18. Jahrhundert bemühten.
Sachlich werden fast alle Zweige der Landesverwaltung berührt, lediglich die Außenpolitik fehlt weitgehend. Daher kommen als Parallelbestände praktisch sämtliche auf diesen Raum bezügliche Aktengruppen inbetracht. Die wichtigsten sind:
Hild. Br. 2: Archiv des Domkapitels zu Hildesheim
Hild. Br. 3: verschiedene Klöster in Hildesheim
Hild. Br. 4: St. Moritzstift in Hildesheim
Hild. Br. 5: Kloster Marienrode
Hild. Br. 6: Kabinettsregistratur des Fürstbischofs Franz Egon von Hildesheim
Hild. Br. 7: Zivilakten der fürstlich Hildesheimischen Regierung (Kanzlei)
Hild. Br. 8: Fürstbischöfliches Hofgericht zu Hildesheim
Hild. Br. 9: Hildesheimische Lehnakten
Hild. Br. 12: Landständisches Archiv der Ritterschaft und Städte des Hochstifts Hildesheim
Hann. 49: Französische Okkupation (1803-1805)
Hann. 50: Preußische Okkupation und Besitznahme (1805-1806)
Hann. 76a: Kammersachen
Hann. 83: Konsistorium Hannover (1509-1887)
Hann. 83a: Katholisches Konsistorium zu Hildesheim (1590-1906)
Hann. 88 C: Provinz Hildesheim
Für den Raum des großen Stifts ist neben dem Staatsarchiv Wolfenbüttel der Bestand der Registratur über das sogenannte "größere Stift Hildesheim" (Cal. Br. 10) heranzuziehen. Weiteres Material enthalten der Aktenbestand des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel (Cal. Br. 21), der Bestand "Äußere Angelegenheiten" (Cal. Br. 24), der Bestand "Auswärtige Mächte: Stift Hildesheim (Regierung und Domkapitel), Herrschaft Homburg, Grafschaft Everstein" (Celle Br. 24), der Bestand "Auswärtige Mächte: Stift Hildesheim - Regierung, Stift und Stadt" (Celle Br. 25) und der Bestand "Auswärtige Städte: Hildesheim" (Celle Br. 97). Eine gewisse Fortsetzung des Landesarchivs bilden auch der Bestand betreffend Hildesheim, Goslar und die später hannoverschen Teile des Eichsfeldes unter preußischer Herrschaft (Hild. Br. 10), der Bestand betreffend Hildesheim, Goslar und das Eichsfeld während der Übergangszeit von 1813-1816 (Hild. Br. 11) und der Bestand "Französische Besitznahme 1806-1810" (Hann. 51).
Aus privatem Besitz sind ursprünglich zum Landesarchiv gehörige Akten und Handschriften, z.B. die hier fehlenden Regierungsprotokolle, in die Dombibliothek zu Hildesheim gekommen, die für eingehende Forschungen daher ebenso heranzuziehen ist wie die Bibliothek in Wolfenbüttel.
Für die Zukunft ist noch das übliche chronologische Verzeichnis der Urkunden anzufertigen. Im Augenblick wurde wegen des Umfangs desselben davon abgesehen. Man wird die Urkunden bis 1400 sowieso nach dem Urkundenbuch des Hochstifts Hildesheim benutzen und für das 15. Jahrhundert mit der Generalurkundenkartei auskommen. Vor Anfertigung eines Index sollte geprüft werden, ob man nicht vorher die Sammelbände durchsehen und genauer erfassen müßte.
Literaturhinweise:
Adolf Bertram, Geschichte des Bistums Hildesheim, Bd. 1, Hildesheim 1899, Bd. 2, Hildesheim 1916, Bd. 3, Hildesheim 1925
Hans-Walter Klewitz, Studien zur territorialen Entwicklung des Bistums Hildesheim, Göttingen 1932
Manfred Hamann, Das Staatswesen der Fürstbischöfe von Hildesheim im 18. Jahrhundert in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 34, Hildesheim 1962, S. 157-193
Manfred Hamann, Die Hildesheimer Bischofsresidenz in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 36, Hildesheim 1964, S. 28-65
Hannover, Mai 1964
gez. Dr. Manfred Hamann
Der in Pattensen gelagerte Bestand ist im März 1973 revidiert und für vollständig befunden worden.
Hannover, den 29. März 1973
gez. Dr. Asch
Im Rahmen eines größeren Erschließungsprojektes ist das maschinenschriftliche Findbuch in die archivische EDV-Datenbank unter der Fachsoftware izn-AIDA übertragen worden.
Hannover, 2003