NLA HA Cal. Br. 12

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Kreisregistratur

Laufzeit 

1532-1715

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Der Pertinenzbestand enthält die Beratungen und Entscheidungen der Stände des Niedersächsischen Kreises sowie deren Austausch mit anderen Reichskreisen im 16. und 17. Jahrhundert. Die behandelten Themen reichen von der Aufstellung von Truppen, der Einziehung von Steuern und Abgaben, der Wahrung des Landfriedens über die Ordnung des Münzwesens bis hin zur Bedrohung des Kreises durch überregionale militärische Konflikte wie den Dreißigjährigen Krieg.

Geschichte des Bestandsbildners 

Die seit 1500 ursprünglich zu Wahlzwecken für das Reichsregiment und das Reichskammergericht eingerichteten Reichskreise dienten dem Reich als ausführende Organe zur Wahrung des Landfriedens und der äußeren Sicherheit, zur Exekution von Urteilen der Reichsgerichte, zur Aufbringung von Reichssteuern und zur Aufsicht über das Münzwesen und andere polizeiliche Angelegenheiten. Mit der Reichsexekutionsordnung von 1555 erhielt die Reichskreisordnung die Gestalt, die sie im Wesentlichen bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs 1803 beibehielt. Die im Jahr 1521 neu eingeteilten zehn Reichskreise bildeten als Verbände benachbarter oder landschaftlich verbundener Obrigkeiten keine geschlossenen Territorien und unterschieden sich in ihrer Organisation teilweise deutlich voneinander.

Der Niedersächsische Kreis bestand seit 1500 und umfasste 1521 folgende Territorien: die Erzstifter Magdeburg und Bremen, die Stifter Halberstadt, Hildesheim, Lübeck, Ratzeburg und Schwerin, die Fürstentümer Calenberg-Göttingen, Braunschweig-Wolfenbüttel, Lüneburg, Grubenhagen und Blankenburg, die Herzogtümer Sachsen-Lauenburg, Mecklenburg (Schweriner und Güstrower Linie), und Holstein (königlich-dänische, Gottorfer und Haderslebener Linie), die Städte Lübeck, Goslar, Mühlhausen und Nordhausen sowie die beiden nicht die Kreisstandschaft innehabenden Reichstädte Hamburg und Bremen. Die Stände des Niedersächsischen Kreises bzw. deren Gesandte versammelten sich anlassbezogen auf Kreistagen, die in der Regel von zwei ausschreibenden Fürsten einberufen wurden. Dort entschieden sie über die Vergabe von Ämtern und berieten vor allem über das gemeinsame Vorgehen bei kriegerischen Auseinandersetzungen und die damit verbundene Aufrüstung („Kreisverfassung“) über die Entrichtung von Steuern, über das Münzwesen oder entsandten Kreisboten als Vertreter ihrer Interessen zu Versammlungen auf Reichsebene. Den Abschluss eines Kreistags bildete der Abschied, in dem Einzelbeschlüsse festgehalten wurden.
An der Spitze des Kreises stand der Kreisoberst (bis 1555 als „Kreishauptmann“ bezeichnet), der die oberste Befehlsgewalt über die Truppen des Kreises innehatte. Seit dem 30-jährigen Krieg wurden ein Kreisdirektor und ein -kondirektor ernannt, die in der Verwaltung des Kreises zahlreiche Kompetenzen erhielten. Sie übernahmen auch zunehmend die Leitung der Kreistage. Daneben fanden weitere Zusammenkünfte statt, an denen meist nur die kreissauschreibenden Fürsten und die Inhaber der hohen Kreisämter teilnahmen. Nach dem letzten Kreistag 1682 wurden die Kreisämter nicht neu besetzt, weshalb die politische Bedeutung des Kreises abnahm.

Bestandsgeschichte 

Das Alt-Findbuch des Bestandes wurde während des Zweiten Weltkriegs zerstört. Die 1949 vorgenommene Neuerschließung durch Dr. Theodor Penners basiert im Wesentlichen auf den Faszikel-Aufschriften und bietet darüber hinaus keine näheren Informationen zur Bestandsgeschichte. Die nachfolgende Bestandsgeschichte basiert daher auf Überlegungen und Recherchen während der Nacherschließung.
Die unterschiedlichen Provenienzen lassen vermuten, dass der vorliegende Pertinenzbestand durch die Behörden des bis 1584 auf den Kreistagen mit Sitz und Stimme vertretenen Fürstentums Calenberg-Göttingen gebildet wurde (vgl. die Provenienzen der Nrn. 1 68). Deshalb wurde der Bestand vermutlich später auch als „Calenberger Briefe“ bezeichnet. Nach Erlöschen der Linie und vorübergehendem Verlust von Sitz und Stimme bis 1638 übernahmen die in der Rechtsnachfolge stehenden Fürstentümer mit Sitz in Wolfenbüttel (vgl. die Provenienzen der Nrn. 69 246) und ab 1635 in Hannover (vgl. die Provenienzen ab Nr. 247) die Unterlagen. Anhand der arabischen und römischen Nummern auf den Faszikeln und Umschlägen wird deutlich, dass die Unterlagen seit ihrer Entstehung mehrfach sortiert und nummeriert wurden. Sie wurden als „Sonstige Behördensignatur“ oder als „Alte Archivsignatur“ aufgenommen.

Die vermutlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorgenommene und bis zuletzt geltende Gliederung des Bestandes orientierte sich, wie übrigens auch der Bestand „Celle Br. 7 Kreissachen“, an den Reichskreisen. Sie teilte die Archivalien in die fünf Gruppen des Niedersächsischen (I), Obersächsischen (II), Niederrheinisch-Westfälischen (III), Kur- und Oberrheinischen (IV) sowie Schwäbischen und Fränkischen Kreises (V) ein. Es erschien sinnvoll, zur besseren Übersicht eine weitere Gliederungsebene einzuführen: Die alten Gliederungspunkte „II“ bis „V“ wurden unter dem neuen Punkt „Austausch mit anderen Reichskreisen“ subsumiert, während Punkt „I“ als „Kreisangelegenheiten“ chronologisch in vier Zeitabschnitte unterteilt wurde. Die angegebenen Datierungen – etwa der Kreistage – wurden den Archivalien direkt entnommen. Bis auf die schon im Alt-Findbuch als fehlend eingetragene Nr. 323 (alt: III Nr. 2) sind alle übrigen Nummern vorhanden.

Enthält 

v.a.: Akten zur Vorbereitung und Durchführung der Kreisversammlungen mit Ausschreiben, Instruktion(en), Vollmachten/Creditive, Protokolle, Propositionen, Memoriale, Proteste, Gravamina, Berichte der Gesandten, Gesandtenverzeichnisse, Aufstellungen von Truppen (u.a. Musterrollen) sowie Kosten und Rechnungen, Verzeichnisse über Steuern und Abgaben (u.a. Matrikeln, Römermonate), (kaiserliche und fürstliche) Mandate, Abschiede bzw. Rezesse

Literatur 

- Dreyer, Archivalische Nachricht von den Niedersächischen Kreisabschieden nebst den summarischen hauptsächlichsten Inhalten derselben. In: Sammlungen zur Geschichte und Staatswissenschaft, Bd. 2, Göttingen 1791, S. 35-64.

- Winfried Dotzauer: Die deutschen Reichskreise 1383-1806. Geschichte und Aktenedition, Stuttgart 1998.
- Winfried Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500-1806), Darmstadt 1989.

- Udo Gittel: Die Aktivitäten des Niedersächsischen Reichskreises in den Sektoren "Friedenssicherung" und "Policey" (1555-1682), Hannover 1996 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 35/ Quellen und Untersuchungen zur allgemeinen Geschichte Niedersachsens in der Neuzeit 14).

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Parallelbestand im Fürstentum Celle: Celle Br. 7; vgl. auch Celle Br. 6. Für Hildesheim: Hild. Br. 1, Teil 2 und 4. Vgl. ferner Cal. Br. 21, B XIV und C XVI; auch: Cal. Br. 11.

Fortsetzung: Hann. 9a und 9b. Die Akten des Ministeriums der Auswärtigen Angelegeheiten betr. Kreissachen wurden 1943 vernichtet. Vgl. aber Hann. 93, 28.

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

9,8

Bearbeiter 

Dr. Th. Penners (1949). Dr. Christian Schlöder und Dr. Alexandra Willkommen (2015)