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NLA HA Dep. 116 Acc. 2019/52 Nr. 4

Beschreibung

Identifikation

Titel

Theodor Deneke: Briefe an Emil von Hinüber

Laufzeit

1877-1910

Enthält

03.08.1877, Celle:
Habe sich auf der Tour nach Hoya "famos amüsiert". Habe mit Kistner auf der Strecke von Hambühren nach Ovelgönne "zwei große Feldflaschen des unheimlichen ... Rehwinkel-Schnapses ausgetrunken. Die Folgen waren sofort da. Ich war in Ovelgönne ein paar Stunden tot - Kistner trieb seinen Schabernack mit mir - dann aber war ich wieder vollkommen auf dem Damm, während Kistner die ganzen 3 Tage an Kopfweh und Müdigkeit litt." Am folgenden Tage "großen Puff in Schwarmstedt ... hinterher Keilerei, bei der allerdings die Thätlichkeiten mit genauer Noth vermieden wurden, auf dem Kirchhofe ... Auf dem Rückwege ging ich voran, weil Kistner riesig bummelte, lege mich auf einen verabredeten Ruheplatze nieder und schlafe, als sie, nachgekommen, dasselbe thun ... Als sie nach 1 Stunde aufwachen, bin ich verschwunden. Als ich nach 2 Stunden aufwache, finde ich mich 1000 Schritt entfernt von der ersten Stelle in einem Roggenfelde. Ein Ameisenhaufen hatte mich da hinten vertrieben und ich war, vollkommen bewußtlos ... hierher gekommen. Mit Mühe fand ich den Weg wieder und rannte so, daß ich nur kurze Zeit nach ihnen 2 1/4 Uhr Nachts in Hoya eintraf. Dies Abenteuer ergötzte mich sehr; ebenso am folgenden Tage; wir machten Reitstudien auf einem 4jährigen Hengste, welcher mich mit Eleganz abwarf. Ich ritt allerdings ohne Steigbügel und doch mit Sattel Galopp im Zickzack."

01.11.1878, Celle:
Ironische Bemerkungen zum Studentenleben von Emil v. Hinüber "Du kannst wohl lachen! Bist ein freier Mann, kannst historische Stätten besuchen und langweilige Collegs schwänzen, alles Interessante auf allen Gebieten der Wissenschaft steht dir zu Gebote, und du hast nicht nur die Wahl, sondern auch hinreichend Zeit, alles zu genießen was dich anzieht." Hoffe für E., dass er den Nibelungenring in Leipzig noch einmal sehen könne. Die dortige Aufführung sei in der gesamten Presse, besonders von Paul Landau, sehr gerühmt worden. In Celle stehe es derzeit schlecht. Alo sei (aus der Verbindung) ausgetreten. Schreibt dann auf zwei Seiten, wie dieser relegiert worden sei. "Solche Vorfälle müssen selbst den festesten Glauben an eine neue Blüthe der Saxonia erschüttern." Sorgen über die Zukunft der Saxonia: "Wir bieten den Menschen zu wenig positive Annehmlichkeiten, und eine zu große Gefahr schwebt über uns … Jedenfalls gehört jetzt zum Eintreten in die Saxonia mehr als bloße Vorliebe für angenehme Gesellschaft".

01.03.1884, Göttingen:
Herzliches Beileid zum Tod der Großmutter. Lässt sich lyrisch-schwermütig über den Weg des Lebens aus. "Die Reihen der obersten Generation lichten sich. Wir fangen an in die mittlere Reihe zu treten, und nicht lange wird es dauern, so kommt ein neues Geschlecht und setzt uns auf den Altenteil. Man strebt so seine Jugend durch und strebt als Mann weiter, wohin? Über den Werth des Zieles hat man stets seine berechtigten Zweifel, man weiß nur, daß es noch jämmerlicher stehen wird, wenn man nicht strebte." Entschuldigt sich für diese Zeilen. "Dies fortwährende Klettern von Station zu Station im Examen, das nun seit November spielt, erzeugt schlechte Gedanken."

13.05.1884, Göttingen:
Bedankt sich für die Anteilnahme am Tod seiner Großmutter. Habe auch ernste Besorgnis um seine Mutter, die durch Sorge, Kummer und "wirkliche Krankheit" so "geschwächt und herabgekommen war, daß sie selbst an ihrer Genesung zu zweifeln anfing". Entschuldigt sich für die Nichtbeantwortung des letzten Briefes. Er habe in die letzte Station seines Staatsexamens hineingetroffen (Thema: die Geburt). Aus Mangel "an klinischen und poliklinischen Geburten in Göttingen hatte man die umliegenden Dörfer hinzugezogen", musste so z.B. in Elliehausen entbinden. Etwaige Besorgnisse ("zum Glück grundlos") vertrieb er sich mit Arbeiten (im Institut für medizinische Chemie + Hygiene). Persönliche Verhältnisse "durchaus noch nicht nach Wunsch geregelt". Approbation sei zwar angekommen, warte aber noch auf seine Anstellung als Assistent: Durch "eine unerklärliche Bummelei in Berlin" sei der Etat den Universitäten noch nicht zugegangen.

30.09.1891:
Kann an Hochzeit nicht teilnehmen, hatte sich auf die Zeit 4.-10. Oktober eingestellt, Nachricht über Aufschub kam zu spät. Es sei "schon wegen der Sitzungsverhältnisse der Medicinalbehörde, bei der ich Hülfsarbeiter und gegenwärtig Protokollführer bin, aussichtslos, an einen Aufschub meiner Rückreise zu denken". Möchte gerne im Laufe der kommenden Woche "auf einige Nachmittagsstündchen" nach Bückeburg kommen, "um dir die Hand zu schütteln".

12.03.1900, Hamburg:
Die (verfrühte) Entbindung seiner Frau sei gut verlaufen. Sei nun zum Director des Allgemeinen Krankenhauses St. Georg erwählt, zugleich habe er die "oberärztliche Thätigkeit für eine Abtheilung innerer Krankheiten" übernommen. Dazu gehöre auch die Dienstwohnung des ärztlichen Directors, die mit 12 Zimmern und großem Garten nahe der Außenalster liege. Steige nun auch im Gehalt "wesentlich", müsse aber seine Praxis aufgeben. Bittet Emil von Hinüber, wegen seiner Krankheit, um einen Besuch auf einige Wochen. "Ohne genaue Untersuchung der Menschen nur des Mageninhalts sowie der Entleerungen kommt man doch nicht weiter. Im Bedarfsfall würden wir einen sehr tüchtigen jungen Magenarzt zuziehen".

03.08.1902, Hamburg:
Sei durch die Erkrankung der Schwester seiner Frau davon abgehalten worden, neue Pläne zu machen. Nun aber wolle man - wenn die Besserung anhält - eine Reise nach Oberstdorf im Allgäu unternehmen nebst Teilnahme an einem "wissenschaftlichen Congress" in München. Danach gerne "einen Abstecher zu dir". Hatte von Bötticher bereits vor seiner Abreise mehrere Briefe erhalten, sei erstaunt gewesen über seine "eigenthümliche Logik, mit der er kirchengeschichtliche Probleme und das Consistorium mit seiner persönlichen Moral in Beziehung bringt. Seine Selbstbewunderung macht ihm sein Exil leichter; das Ganze ist wohl etwas krankhaft. Ich halte dafür, daß er am besten drüben bleibt, schon der Frau und der Kinder wegen ... Saxonenzusammenkunft hoffentlich in zwei Jahren ... Frau und Kinder gesund und vergnügt."

18.09.1905, Hamburg:
Nehme die Einladung gerne an, während der Lüters'schen Hochzeit bei Emil v. Hinüber zu wohnen, "der recht kurze Aufenthalt in Bückeburg wird uns dadurch jedenfalls noch viel gemütsreicher gemacht und für Olli wird die Orientierung in dem ganzen Festgewimmel sehr erleichtert." Könne nicht zum Sachsentag kommen, "der Cholera wegen muss ich auf dem Posten sein ... die Vorkommnisse in Dömitz machen doch die Elbe verdächtig und größte Wachsamkeit ist geboten.

06.10.1905, Hamburg:
Dankt für die herzliche Aufnahme im Haus von Emil v. Hinüber, die Teilnahme an der Hochzeit sei dadurch zu einem "doppelten Fest" geworden. Längere Zeit vergangen seit dem letzten Besuch, "wir sind beide in die etwas überreife Jugend eingetreten". Ehefrau ("Olli") sei erkrankt, erhole sich aber allmählich. Mutter in Celle hatte einen "Influenzaanfall" mit Fieber zu überstehen gehabt. Habe den Aufsatz über die "Duellfrage" mit Genuß gelesen, sei in "Form und Inhalt überaus gelungen".

01.04.1910, Hamburg:
Dank für die Glückwünsche zum Geburtstag des jüngsten Sohnes. Entwickele sich erfreulich. Glückwünsche zum 51. Geburtstag von Emil v. Hinüber

Fragment, undatiert:
Gedanken über Aufnahmebedingungen in der "Saxonia". Dazu gehöre mahr als nur die Vorliebe für "angenehme Gesellschaft". Es scheint als wenn du dich mit dem großstädtischen bunten Treiben nicht befreunden kannst und willst, da du die Wohnung nach hinten genommen hast; ich weiß nicht ob ich ebenso gehandelt hätte. Ich denke es mir sehr angenehm, fast an einer Hauptstraße mit Pferdebahn hoch oben in einer großen Mietskaserne anzusiedeln. Man steckt sich eine Cigarre an, öffnet das Fenster und sieht sich wie Zeus im Olymp, das Geschwirre der Menschen unten (unter Zuhülfenahme eines Opernglases) an".

Provenienz

Vorprovenienz

StadtA CE N 54 Nr. 0004 (Stadtarchiv Celle)

Repräsentationen

Typ Bezeichnung Zugang Info
Original Akte 2019 / 52