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NLA OS Rep 430 > Dezernat 904 - Verwaltung gesperrten Vermögens

Beschreibung

Identifikation (Gliederung)

Titel

Dezernat 904 - Verwaltung gesperrten Vermögens

Beschreibung

Die Verwaltung gesperrten Vermögens, d.h. die Verwaltung der Vermögenswerte, die nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges der Vermögenskontrolle durch die Militärregierung unterworfen waren, wurde zunächst den sogen. "Property Control Officers" übertragen. Diese waren innerhalb der britischen Besatzungszone bezirksweise bestellt und unterstanden direkt der Property Control Branch der britischen Militärregierung in Berlin. Unter der Aufsicht der Property Control Officers in Düsseldorf. Hannover, Hamburg und Kiel sind bei den Länderregierungen Landesämter für Vermögenskontrolle errichtet worden, denen die Befugnisse der Property Control Officers weitgehend übertragen wurden. In Hannover entstand durch Staatsministerialbeschluß vom 1.12.1947 das Niedersächsische Landesamt für die Verwaltung gesperrten Vermögens, das als obere Landesbehörde direkt unter der Aufsicht des Finanzministeriums stand. Dem Landesamt wurden Bezirksämter unterstellt, denen wiederum Außenstellen, die für einen oder mehrere Landkreise zuständig waren, unterstanden.

Das Niedersächsische Landesamt für die Verwaltung gesperrten Vermögens, Bezirksamt Osnabrück (im folgenden Bezirksamt genannt), war zuständig für die Vermögensbeaufsichtigung im Regierungsbezirk Osnabrück. Die Diensträume dieser Behörde lagen bis zum 1.11.1948 im II. Stock des sogen. "Economy House", Rolandsmauer 17/18, und wurden dann in die Arndtstraße 33 verlegt. Dem Bezirksamt unterstanden zunächst fünf Außenstellen mit Sitz in Bramsche (zuständig für die Landkreise Meppen und Aschendorf), in Melle (zuständig für die Landkreise Melle und Wittlage) und in Osnabrück selber (zuständig für die Kreise Stadt und Land Osnabrück). Im Zuge von Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung wurde die Zahl der Außenstellen im Jahr 1950 auf drei verringert, so daß die Außenstelle Lingen ihren Zuständigkeitsbereich auf die Kreise Meppen und

Aschendorf-Hümmling ausdehnte und die Außenstelle Melle die Vermögensbeaufsichtigung im Landkreis weiterhin die Kreise Stadt und Land Osnabrück betreut wurden.

Aufgrund des Erlasses des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 22.2.1949 wurden sämtliche Bezirksämter des Landesamtes in Hannover organisatorisch und personell den Behörden der Regierungspräsidenten eingegliedert. In Verfolg dieses Erlasses trat im März 1949 das Bezirksamt Osnabrück mit seiner Leiterin, Frau von den Benken, zur Regierung Osnabrück. Zugeordnet wurde es als Dezernat 23 der Abteilung I (Allgemeine Abteilung) und der Leitung des Regierungsdirektors Dr. Moelle.

Die Hauptaufgabe des Bezirksamtes lag zunächst in der Beaufsichtigung von Vermögenswerten jener Personen, die wegen ihrer politischen Belastung dem Mil.Reg. Gesetz Nr. 52 (Sperre und Kontrolle von Vermögen) unterlagen. Der Tätigkeitsbereich umfaßte also die vermögensrechtliche Seite der Entnazifizierung. Die Vermögensbeaufsichtigung wurde in Form einer treuhänderischen Verwaltung des Vermögens (gestufte Form der Objektsicherung durch Einsetzen überwachender oder geschäftsführender Treuhänder) durchgeführt. Später kam es entsprechend der Größe des Vermögens zu einer Differenzierung der Beaufsichtigung, und zwar in der Form, daß der größte Teil der Vermögen lediglich einer Konten- und Grundbuchsperre unterlag. Im Laufe des Jahres 1948 wurde das Bezirksamt mit weiteren Aufgaben betraut. Es übernahm die Registrierung der bisher bei den Finanzämtern gemeldeten Forderungen gegen die ehemalige NSDAP, deren Gliederungen und angeschlossenen Verbände. Seit dem 1.11.1948 übernahm es als weitere Aufgabe von den Finanzämtern die Verwaltung der Vermögen der wehrmachtähnlichen Organisationen (RAD, DAF und OT). Hauptsächlich handelte es sich hierbei um Sachwerte und Barackenobjekte, die unter Aufsicht des Bezirksamtes an Privatpersonen,

Wirtschaftsbetriebe oder Behörden veräußert bzw. vermietet wurden.

Die Befassung mit Sicherungsmaßnahmen wurde in der britischen Zone durch die Allgemeine Verfügung Nr. 10 vom 20.10.1947 eingeleitet. Geregelt wurde in dieser Verordnung die Sicherung von Vermögen, das zwischen dem 30.1.1933 und dem 08.5.1945 aufgrund der Rasse, der Staatsangehörigkeit, der Religion oder der politischen Überzeugung einer Person enteignet, weggenommen oder ihrer Verwaltung entzogen worden war. das aus dieser Verfügung resultierende Mil.Reg.Gesetz Nr. 59, das sogen. "Rückerstattungsgesetz" vom 12.5.1949, regelte die Zurückerstattung der während dieser Zeit eingezogenen und beschlagnahmten Geld- und Sachwerte an die Berechtigten. Die Rückerstattungsanträge wurden zentral bei dem am 24.1.1946 errichteten Zentralamt für Vermögensverwaltung in Bad Nenndorf gesammelt. Das Zentralamt wiederum gab die Sache an das Wiedergutmachungsamt des Bezirks ab, in dem sich der entzogenen Vermögensgegenstand befand. Die Sicherstellung und Verwaltung durch das Bezirksamt endeten erst, wenn ein gerichtlicher Beschluß der Wiedergutmachungsbehörden vorlag. Im Jahr 1950 wurde dem Bezirksamt als weitere Aufgabe die Beaufsichtigung der Vermögenswerte der ehemaligen Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) übertragen.

Mit Wirkung vom 1.4.1955 wurden das Landesamt in Hannover und seine Dienststellen (Bezirksämter bei den Regierungen und Außenstellen) schließlich aufgelöst. Die Restaufgaben, wie z.B. die Bearbeitung der Rückerstattungssachen, gingen auf andere Regierungsdezernate über (siehe Bestandsgeschichte).

Bestandsgeschichte:

Verzeichnet wurde der Bestand Rep 430 Dez. 904 Regierung Osnabrück - Verwaltung gesperrten Vermögens. Die Akten umfassen ca. 5 lfd Meter. Sie gelangten in den Jahren 1965 und 1967 ins Staatsarchiv und bestehen aus den Akzessionen 08/65, 15/65 und 11/67. Der Bestand

war aufgrund einer vorherigen Verzeichnung bereits vorsigniert. Die Akzession 15/65 wurde bei der Neuverzeichnung jedoch komplett umsigniert.

Insgesamt wurden 352 Nummern verzeichnet. Lediglich eine Akte (Akz. 8/65) wurde nachkassiert, da sie doppelt vohanden war (nur Kopien, keine handschriftlichen Anmerkungen). Zehn Nummern konnten dem bisher noch unverzeichneten Bestand Rep 430 Dez. 901 Regierung Osnabrück - Bezirksbaulenkungsamt zugeordnet werden. Neun Akten bedürfen noch einer nachträglichen Einordnung in die entsprechenden Regierungsdezernate. Der eigentliche Bestand Rep 430 Dez. 904 umfaß 332 Nummern, wobei anzumerken ist, daß 26 Nummern dem Gliederungspunkt 10 (Wohlfahrtsfürsorge und Wohlfahrtsunterstützung) zugeordnet wurden. Diese Akten stammen aus dem Dezernat für Wohlfahrtssachen, das in zeitlicher Abfolge die Dezernatsbezeichnung I 10. I 20 und dann I 17 trug. Sie wurden als Fremdprovenienz beim Bestand belassen.

In der Bestandsakte zu Rep 430 war weder ein Aussondungsprotokoll noch eine Ablieferungsliste auffindbar. Es ließ sich auch kein Aktenplan ermitteln. Die Gliederung des Bestandes ist weitestgehend nach der den Akten entnehmbaren Verwaltungsstruktur des Registraturbildners aufgebaut. Das Ordnungsschema richtet sich nach den Aufgaben des Bezirksamtes, die in der Ausführung der beiden Mil.Reg. Gesetze Nr. 52 und Nr. 59 lagen. Um die ihm übertragenen Aufgaben wahrnehmen zu können, übernahm das Bezirksamt aus den entsprechenden Regierungsdezernaten diejenigen Akten, die sich mit der Vermögenseinziehung während des Nationalsozialismus beschäftigten (siehe Gliederungspunkt 02), so z.B. aus dem früheren Dezernat I 21 (=Judensachen) die Akten, die sich mit der Einziehung jüdischen Vermögens befaßten. Diese als Vorakten übernommenen Akten erhielten nur in einigen Fällen weiteren Zuwachs im Bezirksamt, in der Regel dienten sie als Grundlage für

die Ausführung der Aufgaben.

Als weitere Aufgabe wurde dem Landesamt in Hannover im Jahr 1950 aufgrund der Anordnung der britischen Militärregierung die weitere Beaufsichtigung der Vermögenswerte der ehemaligen Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) übertragen. Dem Bezirksamt Osnabrück sind aufgrund dieser Anordnung vom Landeszozialamt in Hannover die Unterlagen betreffend die im Landkreis Osnabrück lagernden NSV-Werte übertragen worden, die dann im Bezirksamt weitergeführt wurden. Bemerkenswert ist die ineinandergreifende Zuständigkeit weiterer Regierungsdezernate bei der Ausübung des Mil.Reg. Gesetzes Nr. 59 (I 21 = Wiedergutmachungsdezernat und I 29 = Dezernat für Rückerstattung). Rückerstattungsanssprüche waren direkt an das Zentralamt für Vermögensverwaltung in Bad Nenndorf zu stellen. Das Zentralamt wiederum gab die Sache an das Wiedergutmachungsamt des Bezirks ab, in dem sich der entzogene Vermögensgegenstand befand. Das Wiedergutmachungsamt traf die Entscheidung in Rückerstattungssachen, in jeweils höherer Instanz die Wiedergutmachungskammer beim Landgericht in Osnabrück, der Wiedergutmachungssenat in Celle und das Board of Review in Herford. Erst wenn ein gerichtlicher Beschluß einer dieser Wiedergutmachungsbehörden vorlag, endeten die Sicherstellung und Verwaltung durch das Bezirksamt, das dann das Zentralamt über die Aufhebung der Sicherstellungsmaßnahmen umgehend zu unterrichten hatte.

Das Bezirksamt wurde schließlich mit Wirkung vom 1.4.1955 aufgelöst. Dem Geschäftsverteilungsplan vom 1.5.1955 ist zu entnehmen, daß das Dezernat I 23 (= Bezirksamt Osnabrück) nur noch für die Restaufgaben der früheren "Verwaltung des gesperrten Vermögens" zuständig war. Das Aufgabengebiet der Rückerstattungssachen wurde nur noch vom Dezernat I 29 betreut, während sich das Dezernat I 21 (= jetzt Entschädigungsbehörde) um die Durchführung des

Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG) kümmerte. Die Verwaltung gesperrten Vermögens war also eine zusätzliche, vorübergehende Aufgabe der Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg. Aufgrund der Neugliederung der Regierung im Jahr 1967 wurden Akten aus Zuständigkeitsbereichen, die ersatzlos weggefallen sind, in eine fiktive Abteilung 9 eingeordnet. Der vorliegende Bestand erhielt die Dezernatsbezeichnung 904.