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StadtA HI Best. 058

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Makulatur-Umschläge

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung

Hebräisch:

Die hier vorliegenden Makulatur-Umschläge stammen zum kleineren Teil aus einer Torarolle bzw. einem Bibelcodex, zum größeren Teil aus dem zweiten Teil eines Mahzors, eines jüdischen Gebetbuchs für die Festtage.
Fünf der insgesamt 84 Makulaturen (Nr. 1, 2, 5, 6, 7) stammen aus einer Torarolle, wie sie noch heute im jüdischen Gottesdienst zur Lesung in den Synagogen benutzt wird. Hinweise darauf geben uns die einseitige Beschreibung des Pergaments, die fehlende Punktierung, die kronenartige Verzierung, mit der einige Buchstaben markiert sind, sowie bei Nr. 6 die Tatsache, dass zwei Blätter aneinandergeheftet wurden.
Nr. 8 stammt dagegen nicht aus einer Torarolle, sondern aus einem Codex, da das Pergament auf beiden Seiten beschrieben wurde und zwischen den beiden Teilen des Doppelblattes ca. 20 Kapitel des Buches Hiob fehlen. Darüber hinaus ist auf diesem Fragment der masoretische Apparat zum Bibeltext verzeichnet, was auf eine eher wissenschaftlich orientierte Verwendung schließen lassen könnte.
Die restlichen 78 aus dem Gebetbuch stammenden Makulaturen hatten das Folioformat und sind dann einmal in der Mitte durchgeschnitten worden. Die Nummern 73 und 74 bilden Ausnahmen, da hier die Seiten vollständig sind. Insgesamt liegen also ca. 40 Folioseiten aus dem zweiten Teil eines Mahzors für die jüdischen Festtage, wie er von einem Vorbeter (Chasan) benutzt worden ist, vor. Darauf weisen neben dem Folioformat die Verzierungen bzw. die Miniaturen hin. Dieser Teil beginnt mit dem jüdischen Neujahrsfest (Rosch haSchana), darauf folgen der Versöhnungstag (Jom Kippur), das Torafest (Simchat Tora) und schließlich das Laubhüttenfest (Sukkot). Der Hauptteil der Makulaturen stammt aus dem Gottesdienst am Versöhnungstag.
Die in der Mitte durchgeschnittenen Folioseiten wurden dann gefaltet und als Umschläge für die Zinsrechnungen der Neustadt in den Jahren 1488-1570 verwendet (mit Ausnahme von Nr. 16, das als Einband für das städtische Protokollbuch dient). Auf dem Pergamentumschlag wurde in den meisten Fällen mit Tinte der Inhalt, der Kämmerer und die Jahreszahl vermerkt. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden die Makulaturen signiert und noch einmal mit der Jahreszahl versehen, die auch im Vermerk in römischen Zahlen steht. Der Grossteil der Fragmente weist also einen Vermerk, eine Jahreszahl und eine Altsignatur auf.

Der geschichtliche Hintergrund der Makulaturen liegt in den Ereignissen der Jahre 1428-1457. Der Bischof verpfändete die Juden in Stadt und Stift an den Rat der Stadt Hildesheim. Die fortan betriebene finanzielle Ausbeutung der Juden endete im Jahre 1457 mit der Selbstauflösung der jüdischen Gemeinde, und die Juden verließen in einer Nacht- und Nebel-Aktion die Stadt. Die zurückgelassene Synagogenausstattung wurde vom Rat beschlagnahmt und zum Teil verkauft. Das strapazierfähige Pergament der liturgischen Schriften war der Anlass für ihre Wiederverwendung als Umschläge für die Hildesheimer Kämmereirechnungen (P. Aufgebauer, Die Geschichte der Juden in der Stadt Hildesheim im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Hildesheim 1984, S. 69-76; Landesausstellung Niedersachsen 1985: Stadt im Wandel, Ausstellungskatalog Bd. 1, S. 516).

Saskia Dönitz

Der Bestand enthält auch mittelalterliche Handschriftenfragmente theologischen, liturgischen und wissenschaftlichen Inhalts.

Findmittel

Findbuch, maschinenschriftlich

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M.

ca. 85 Stück

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Weitere Makulaturen:
Best. 50 Nr. 2730