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LkAH L 3 III

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Kanzlei Hanns Lilje (Landesbischof)

Laufzeit

1935-1973

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte

L 3 Kanzlei D. Hanns Lilje

LEBEN:
Johannes Richard Lilje wurde am 20. 8. 1899 in Hannover als Sohn eines Diakons geboren. In seiner Heimatstadt besuchte er die Leibnizschule, nahm nach dem Abitur 1917 kurzfristig noch am 1. Weltkrieg teil, studierte dann in Göttingen und Leipzig Theologie und zeitweilig Kunstgeschichte und wurde 1924 ordiniert. Zunächst als Jugendpfarrer tätig, war Lilje 1925-1927 Studentenpfarrer an der Technischen Hochschule Hannover und wechselte dann nach Berlin als Generalsekretär der Deutsch-Christlichen Studentenvereinigung (DCSV). 1932 promovierte er in Zürich mit einer Arbeit über Luthers Geschichtsanschauung zum Dr. theol. 1932-1935 war er zugleich Vizepräsident der World Student Federation und knüpfte in dieser Zeit die ersten ökumenischen Kontakte. Von der NS-Herrschaft schon nach kurzer Zeit ernüchtert, engagierte sich Lilje bald auf Seiten der kirchlichen Opposition gegen die Deutschen Christen, welche die Kirche mit dem NS-Staat gleichschalten wollten. Mit anderen gründete er die "Jungreformatorische Bewegung", gab die oppositionelle Zeitschrift "Junge Kirche" heraus und engagierte sich im "Lutherrat", der die Aktivitäten lutherischer Kirchenleitungen gegen die Deutschen Christen koordinierte. Als Generalsekretär des Lutherischen Weltkonvents 1935-1945 hielt Lilje die Verbindung zu den Lutheranern in anderen Ländern und Kontinenten. Nach dem 20. Juli 1944 wurde er wegen seiner seelsorgerlichen Kontakte zu den Hitler-Attentätern verhaftet und erst im Mai 1945 von amerikanischen Truppen befreit. In Hannover wurde er 1945 Oberlandeskirchenrat, wenige Tage später wurde er zum Mitglied des Rates der neu gegründeten Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt. 1947 wurde er zum Landesbischof der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers gewählt, in diesem Amt blieb er bis zum Beginn seines Ruhestands (1971). Daneben übernahm Lilje zahlreiche weitere kirchliche Ämter: 1949-1967 war er stellvertretender Vorsitzender des Rats der

Evangelischen Kirche in Deutschland, 1955-1969 Leitender Bischof der Vereinigten Ev.-luth. Kirche Deutschlands (VELKD). An der nach dem 2. Weltkrieg sich neu bildenden internationalen ökumenische Bewegung beteiligte sich Lilje von Anfang an in führenden Positionen. Er galt als Gegner des NS-Regimes, war kommunikativ und sprach mehrere Sprachen fließend. 1947-1970 war er Mitglied des Exekutivkomitees des Luth. Weltbunds und amtierte 1952-1957 als dessen Präsident. Im Weltrat der Kirchen war er seit dessen Gründung (1948) Mitglied des Zentralkomitees und 1968-1975 einer von dessen Präsidenten. Als Abt von Loccum (seit 1950) konnte Lilje seine Weltläufigkeit, die für Deutsche nach dem 2. Weltkrieg selten war, mit dem Stolz auf die kirchlichen Traditionen Niedersachsens verbinden. Diese Traditionen wollte er für die Gegenwart fruchtbar machen. Um einer zunehmend säkularen Welt das Evangelium zu verkünden, nutzte Lilje entschlossen die modernen Kommunikationsmedien, 1948 gründete er das "Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt" als "unabhängige Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Kultur". Um den Dialog von Kirche und Gesellschaft zu fördern, beteiligte er sich 1946 an der Gründung der Evangelischen Akademie Hermannsburg, die 1952 nach Loccum verlegt wurde. Ebenso unterstützte er die Deutschen Evangelischen Kirchentage, auf seine Initiative wurde der erste Kirchentag 1949 in Hannover veranstaltet. Lilje war eine der zentralen Personen des deutschen Protestantismus im 20. Jahrhundert; er wollte, dass die Kirche ohne Scheu vor der modernen Welt die biblische Botschaft weitergibt. - Ihm wurden zahlreiche internationale Ehrungen zuteil. Er starb am 6. 1. 1977 in Hannover und wurde auf dem Klosterfriedhof in Loccum begraben.

VERÖFFENTLICHUNGEN:
Die wichtigsten Veröffentlichungen Liljes nennt Ursula Gröger (Bearb.): Bibliographie Hanns Lilje, Blomberg 1979 (= Beiheft zum Jahrbuch der Gesellschaft für nieders. Kirchengeschichte 77 [1979]). Hauptwerke sind: Das technische

Zeitalter, Berlin 1928, 3. Aufl. 1932. - Im finstern Tal. Rückblicke auf eine Haft, Nürnberg 1947, 5. Aufl. Hannover 1999. - Martin Luther in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek 1965.

LITERATUR:
Ronald Uden: Hanns Lilje, Bischof der Öffentlichkeit, Hannover 1998. - Harry Oelke: Hanns Lilje. Ein Lutheraner in der Weimarer Republik und im Kirchenkampf, Stuttgart 1999. - Johannes Jürgen Siegmund: Bischof Johannes Lilje. Abt zu Loccum, Göttingen 2003.

L 3 III Kanzlei D. Hanns Lilje (Landesbischof)

Der Bestand L 3 III umfasst die Akten aus Liljes Tätigkeit als Landesbischof der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers. Ferner dokumentiert er seine vielfältigen Aktivitäten in der Diakonie, als Leitender Bischof der VELKD, als Mitglied des Rates der EKD, in der Ökumene und als "Mann der Öffentlichkeitsarbeit".
Seit 1976 wurden die Akten in mehreren Abgaben von der Bischofskanzlei dem Landeskirchlichen Archiv übergeben; 1987 - 1989 wurden sie hier von Walter Fehling verzeichnet, gleichzeitig wurden sie aus den Stehordnern umgebettet. Die Gliederung des Bestandes wurde so beibehalten, wie sie nach 1960 in der Bischofskanzlei eingeführt worden war. Für die sehr unübersichtlichen Akten "Korrespondenz mit Einzelnen: Personen, Firmen, Institutionen in der Sachgruppe 130.01 (Best.-Nr. L 3 III 502-738) gibt es eine alphabetisch aufgebaute Liste der Korrespondenzpartner, die im Benutzerraum des Landeskirchlichen Archivs eingesehen werden kann. Die Akten, die sich unmittelbar auf Liljes Tätigkeit als Abt des Klosters Loccum bezogen, wurden dem Kloster übergeben. 2004 wurde das Findbuch von Jens Schmidt-Clausen überarbeitet.
Bei personenbezogenen Akten sind die geltenden Sperrfristen zu beachten.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Abgeschlossen: ja

vollständig verzeichnet