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StadtA GOE C 28

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

C 28 - Stadtkämmerei / Fachbereich Finanzen

Laufzeit

1826-2004

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners

Gemäß den Bestimmungen der Finanzordnung vom 11. April 1911 unterstanden der Stadtkämmerei verschiedene Betriebskassen: die Kasse des Gas- und Wasserwerks, die Kasse des Elektrizitätswerks sowie die Kasse des Schlachthofes. Zugleich waren der Stadtkämmerei folgende sog. Hilfskassen zugeordnet:

- die Steuerkasse,
- die Akzisekasse,
- die Stadtbadehauskasse,
- die Porto- und Gebührenkasse der Stadtschreiberei,
- die Porto- und Gebührenkasse der Polizei-Direktion,
- die Porto- und Gebührenkasse beim Stadtbauamt,
- die Gebührenkasse der Arbeits- und Wohnungsnachweisstelle.

Per Magistratsverfügung vom 30. September 1912 zu § 79 der Finanzordnung vom 11. April 1911 wurden die Billetamtskasse und die Kasse der Arbeits- und Wohnungsnachweisstelle aufgehoben und deren Kassengeschäfte auf die Kämmerei übertragen.

Die Stadtkämmerei ist als ein "Querschnittsamt" anzusehen, in dem sich alle städtischen Amtsbereiche widerspiegeln. Über die Darlehensakten lassen sich z. B. indirekt auch Aussagen über bestimmte städtische Baumaßnahmen entnehmen (so z. B. zum Bau von Schulen, Badeanstalten, Kindergärten, Altenwohnheimen etc.). Auch die Entstehungsgeschichte neuer Bau-/Wohngebiete - so z. B. am Leine- bzw. Egelsberg - lässt sich anhand vorausgegangener Finanzierungsplanungen gut nachvollziehen. Ein weiteres Schwerpunkthema lässt sich im Bereich Straßenplanung und -bau ausmachen. Die Schaffung
neuer Wirtschaftsflächen im Großraum Göttingen und damit der Aufbau Göttingens als Wirtschaftsstandort ist in engem Zusammenhang mit dem Ausbau und der Erweiterung der städtischen Infrastruktur zu sehen.

Fast vierzig Jahre lang stand Franz Claassen (geb. 8.8.1903) als Kämmerer in den Diensten der Stadt Göttingen (seit 1929). Nach Krieg und Gefangenschaft nahm Dr. Claassen seine Tätigkeit bei der Stadt wieder auf und wurde 1953 zum Stadtdirektor und Stadtkämmerer ernannt; ihm oblag zugleich die Leitung des Dezernats II (Finanzen). Stadtkämmerer Dr. Claassen schied im August 1968 aus den städtischen Diensten aus und verstarb am 8.2.1982.

Nach 1945 setzte erst allmählich wieder eine geordnete Haushaltsführung ein. Zahlreiche Schwierigkeiten verursachte zudem die durch die Währungsreform im Jahre 1948 bedingte kassentechnische Umstellung. Für das Jahr 1949 liegt erstmalig wieder ein Rechnungsprüfungsbericht vor.

Aufgrund des § 6 Abs. 2 der Verordnung über das Kassen- und Rechnungswesen der Gemeinden vom 2. November 1938 wurde am 8. Mai 1951 eine Dienstanweisung für die Stadtkämmerei der Stadt Göttingen erlassen. Darin werden u. a. die Aufgabenbereiche des Kämmereidirektors sowie die der Kassenbeamten und -angestellten (Buchhalter, Kassierer) näher spezifiziert.

Laut Organisationsplan der Stadtverwaltung aus dem Jahr 1954 fielen der städtischen Finanzverwaltung/Amt 90: Stadtkämmerei (Amt 91 =Stadtsteueramt; Amt 92 = Stadthauptkasse) folgende Aufgabenbereiche zu:

1. Allgemeine Angelegenheiten des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens (insbesondere der Entwurf der Haushaltssatzung, Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes);
2. Aufstellung der Haushaltsrechnung (Jahresrechnung);
3. Aufstellung der Finanzstatistik und der Finanzberichte;
4. Allgemeine Angelegenheiten des Finanzausgleichs;
5. Allgemeine Verwaltung des Geldvermögens (allgemeines Kapitalvermögen, Rücklagen, Stiftungsvermögen);
6. Schuldenverwaltung;
7. Verwaltung der von der Stadt übernommenen Bürgschaften aller Art, der Verpflichtungen aus Gewährsverträgen, anderer Sicherheiten;
8. Verwaltung fremden Vermögens (z. B. Hauszinssteuerhypotheken);
9. Verwaltung von Beteiligungen, soweit nicht anderen Ämtern übertragen (auch Mitwirkung bei der Verwaltung von Beteiligungen, wenn diese Aufgabe anderen Ämtern übertragen ist);
10. Federführende Bearbeitung der Angelegenheiten der Stadt als Steuerschuldnerin.

Auf der Tagung des Ausschusses für Finanz- und Steuerstatistik im Verband deutscher Städtestatistiker im Jahre 1960 wurden die Einrichtungen der Göttinger Stadtkämmerei als sehr fortschrittlich gelobt. Den Organisationsplänen der Stadtverwaltung Göttingen vom 1. April 1971 sind die Aufgaben der Kämmerei (Dez. II / Amt 20) zu entnehmen. Dazu zählen:

1. Finanzwirtschaftliche Grundsatzfragen, insbesondere mittel- und langfristige Finanzplanung;
2. Angelegenheiten des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens (insbesondere Entwurf der Haushaltssatzung, Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes einschließlich Mitwirkung bei Stundung, Niederschlagung und Erlass von Forderungen; Überwachung der Finanzwirtschaft der Eigenbetriebe und der Eigengesellschaften in ihrer Aufwirkung auf den Haushalt der Stadt);
3. Aufstellung der Jahresrechnung (Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung);
4. Aufstellung der Finanzstatistik und der Finanzberichte;
5. Angelegenheiten des Finanzausgleichs;
6. Federführende Bearbeitung von Zuschüssen Dritter;
7. Mitwirkung bei der Aufstellung von Satzungen über die Erhebung von Abgaben (Steuern, Gebühren, Beiträge);
8. Allgemeine Angelegenheiten der Betriebsabrechnung;
9. Erfassung, Bewertung und Fortschreibung des Vermögens;
10. Verwaltung des Kapitalvermögens; Bewirtschaftung der Betriebsmittel (auch Festgeldanlagen); Verwaltung von Beteiligungen, soweit nicht anderen Aufgabengruppen zugewiesen; Konzessionsverträge und -abgaben;
11. Aufnahme von Darlehen und Kassenkrediten, Schuldenverwaltung;
12. Gewährung und Verwaltung von Darlehen;
13. Übernahme und Verwaltung von Bürgschaften, Verpflichtungen aus Gewährverträgen und anderen Sicherheiten;
14. Verwaltung fremden Vermögens;
15.1. Bearbeitung von Grundsatzangelegenheiten der Stadt als Steuerschuldner;
15.2. Bearbeitung und Abgabe der Umsatz-, Körperschafts- und Vermögenssteuererklärungen für die Ämter der inneren Verwaltung;
16. Verwaltung der Stiftungen;
17. Mitwirkung bei der Gestaltung der Rechtsbeziehungen beim Anschluss vonStadtrandgemeinden an öffentliche Einrichtungen der Stadt.

Die Stadtkämmerei (Amt 20) wurde am 1. Januar 2001 mit den bisherigen Ämtern Stadtkasse (Amt 21) und Steueramt (Amt 22, wurde aufgelöst und in die Stadtkämmerei integriert) unter der Bezeichnung "Finanzverwaltungsamt" zusammengefasst. Eine weitere Umbenennung erfolgte am 1. September 2004: das bisherige Finanzverwaltungsamt heißt heute Fachbereich Finanzen (Leiter: Gerrit Schmidt), ist dem Dezernat A (bisher: Dezernat II) unterstellt und gliedert sich in folgende Fachdienste: 20.1 Haushalt; 20.2 Betriebswirtschaft/Beteiligungen; 20.3 Stadtkasse; 20.4 Vollstreckung; 20.5 Gewerbesteuer; 20.6 Grundbesitzabgaben.

Bestandsgeschichte

Der Bestand "Kämmerei" setzt sich aus folgenden Akzessionen zusammen:

Acc. Nr. Abgabe
161/71 27.04.1971
410/77 26.09.1977
476/78 12.09.1978
550/81 18.05.1981
710/83 22.07.1983
762/84 24.10.1984
765/84 02.11.1984
767/84 19.11.1984
768/84 20.11.1984
812/86 06.03.1986
815/86 02.04.1986
817/86 07.04.1986
818/86 07.04.1986
201/72 22.03.1972 "Handakten Dr. Claassen"
1079/91 04.11.1991
1107/92 18.03.1992
1113/92 26.05.1992
1306/96 08.05.1996
1374/97 22.09.1997
1383/97 13.11.1997
1703/2003 03.12.2003
1744/2004 29.07.2004

Besonders zu erwähnen sind die Handakten des langjährigen Stadtkämmerers Dr. Franz Claassen, der in führender Funktion vom 24. August 1934 bis 31. August 1968 die Geschicke der Kämmerei leitete (Laufzeitbeginn in den 1920er Jahren; -ende ca. 1968). Dieser Bestand enthält u. a. wichtige Informationen und interessante Vorgänge aus der Zeit des NS-Regimes.

In dem insgesamt sehr umfangreichen Teilbestand "Darlehensakten" sind u.a. städtische Baumaßnahmen (wie z. B. städtische Wohnungsbauförderung, Bau von Altenheimen, Schulen, Kindergärten und -tagesstätten, Schaffung neuer Wohngebiete am Leineberg und am Egelsberg, Bau von Badeanstalten etc.) recht gut dokumentiert.

Der Bestand "Kämmerei" enthält auch viele interessante Details zur finanztechnischen Entwicklung in der Verwaltung (z. B. bargeldloses Verfahren der Lohn- und Gehaltszahlungen) sowie zur Arbeitnehmerfürsorge seitens der Stadt (z. B. durch freiwillige finanzielle Unterstützung für Bedienstete bzw. durch Arbeitgeberbaudarlehen).

Die Laufzeit der Akten des Bestandes "Kämmerei" erstreckt sich von 1826 bis 2002, wobei der Schwerpunkt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts liegt; der Umfang beträgt ca. 45 laufende Meter. Die Akten der Investitionskontrolle bilden dabei einen eigenen Bestand.

Göttingen, im Mai 2006

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Der Bestand wurde 2006 mit Hilfe des EDV-Archivprogramms "AIDA" erschlossen. Die Datensätze dieses Bestandes wurden im Mai 2015 von AIDA in die nunmehr verwendete Archivsoftware "Arcinsys" übertragen.