Drucken

NLA WO 19 B Neu

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Braunschweigische Gesandtschaft in Berlin; Braunschweigische Vertretung im Bundes- und Reichsrat

Laufzeit

1815-1934

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung

Umfang: 27,3 lfdm
Inhalt u.a.: Zentrale Bundes- und Reichsangelegenheiten (Verfassung, Wahlen, Reichstag), Berichte und Korrespondenzen, Parteien, Unruhen, Arbeiterbewegung, brsg. Innenpolitik

Bestandsgeschichte

Vorwort
I. Inhalt, Umfang, Abgabedaten
II. Provenienzen des Bestandes
III. Allgemeine Kompetenzen des Bundesrats/Reichsrats, der innerdeutschen Gesandtschaften und der Vertretungen beim Reich
IV. Überblick über die Entwicklung der braunschweigischen (und anhaltischen) Gesandtschaft in Preußen, der braunschweigischen Landesvertretung beim Reich und der Braunschweigischen Bundesrats-/Reichsratsvertretung sowie die damit verbundene Vertretung anderer Länder
V. Büro- und Registraturverhältnisse der braunschweigischen Gesandtschaft/Vertretung, Unterbringung, Aktenbildung, Kassation in Berlin und Wolfenbüttel, Aufbewahrung und
Verzeichnung im Archiv, Verzeichnungsprobleme
VI. Nachlässe der braunschweigischen Gesandten

I. Umfang, Inhalt, Abgabedaten
Der vorliegende Bestand hat einen Umfang von 35,7 lfdm. Er wurde in den Jahren 1871, 1875 bis 1877 sowie 1906 - 1934 in rd. 25 einzelnen Ablieferungen von der braunschweigischen Gesandtschaft bzw. Bundes-/Reichsratvertretung jeweils mit Akten Abgabeverzeichnissen an das Landeshauptarchiv abgegeben (vergl. 36 Alt Fb. 1, III 28 I Bd. 1 - 2; 19 B Neu Nr. 23, 9, 8; 12 A Neu Fb. 13 Nr. 37825; 12 A Neu Fb. 5 Nr. 44). Die sehr zahlreichen zugehörigen Drucksachen, Bücher und Broschüren, d.h. die Dienstbibliothek der Gesandtschaft, gelangten teils in die Herzog August Bibliothek, teils in das Landeshauptarchiv, in welch letzterem sie in die Dienstbücherei eingeordnet wurden (vergl. dazu ebenfalls die vorgenannten Akten, in denen sich auch einige Listen dieser Druckschriften befinden). Der Bestand umfaßt jetzt 1117 Faszikel. Das ist jedoch lediglich der erhaltengebliebende Teil, der vom Umfang her nur etwa ein Drittel - rund 31 % - des ursprünglichen Gesamtaktenbestandes der Braunschweigischen Gesandtschaft bzw. Vertretung ausmacht. Nachweislich sind mindestens 2412 Faszikel teils bei dieser Behörde selbst und teils im Landeshauptarchiv kassiert worden. Einzelheiten hinsichtlich des kassierten Schriftgutes werden weiter unten behandelt.

II. Provenienzen
Wie der Bestandstitel ausweist, ist im vorliegenden Fonds der schriftliche Niederschlag mehrerer Dienststellen vereinigt, die in Personalunion durch den jeweiligen braunschweigischen Vertreter in Berlin in den Jahren 1867 - 1934 geleitet wurden. Die Bestandszusammensetzung ist deshalb ziemlich kompliziert. Es handelt sich um folgende formell getrennte Einrichtungen:
1) Herzoglich Braunschweigische Gesandtschaft am Königl. Preußischen Hofe (1867 - 1906, 1914 - 1918) bzw. die Braunschweigische Gesandtschaft bei Preußen (1919 - 1932)
2) Braunschweigische Vertretung beim Reich (1921 - 1934) [d.h. bei der Reichsregierung] mit der Amtsbezeichnung "Gesandter"
3) Zweiter ständiger stimmführender Braunschweigischer Hauptbevollmächtigter beim Bundesrat des Deutschen Reiches mit Wohnsitz in Berlin (1867 - 1918) sowie ständiger stellvertretender braunschweigischer Bevollmächtigter im Hauptamt zum Reichsrat des Deutschen Reiches (1919 - 1934) mit Wohnsitz in der Reichshauptstadt
Eine Aufgliederung des vorliegenden Bestandes in einen Teil "Gesandtschaft" und einen weiteren Teil "Bundes-/Reichsratsvertretung" (bzw. Vertretung beim Reich) war nicht möglich, da es stets nur einen Amtsinhaber, ein einziges Büro und eine einzige Schriftgutregistratur für diese beiden Hauptprovenienzstellen gab. Diesen beiden braunschweigischen Hauptdienststellen waren zeitweilig folgende Einrichtungen verschiedener deutscher Bundes-/Reichsländer in Form der Personalunion bzw. Realunion angeschlossen:
a) Großherzoglich Oldenburgische Gesandtschaft am Königl. Preußischen Hofe (1867 - 1885) [Personalunion]
b) Anhaltische Gesandtschaft bei Preußen (1919 - 1932) [Realunion]
c) Anhaltische Vertretung beim Reich (1921 - 1934) [Realunion]
d) Ständiger stellvertretender Bevollmächtigter für Anhalt im Reichsrat (1919 - 1934)
e) Ständiger stellvertretender stimmführender Bevollmächtigter für Mecklenburg-Strelitz im Reichsrat ([1921 -] 1923 - 1933)
f) Mecklenburg-Strelitzsche Vertretung beim Reich [ = d.h. bei der Reichsregierung] (1923 - 1933) [Realunion]

Die aus vorstehenden verschiedenen Tätigkeiten für andere deutsche Staaten speziell erwachsenen Sonderakten sind im Falle Anhalts und Mecklenburg-Strelitzs an diese Entsende-Staaten zurückgeschickt worden, während die Generalakten im vorl. Bestände als untrennbar mit braunschweigischen Betreffen vermischter Einheitsfonds verblieben sind. Über das Schicksal etwaiger oldenburgischer Spezialakten war bisher nichts zu ermitteln. Auch diese Mitvertretungsgeschäfte für andere deutsche Staaten wurden stets nur von einem einzigen gemeinsamen Büro abgewickelt. Neben diesen Haupt- und Nebenprovenienzen, aus denen sich der vorliegende Bestand zusammensetzt, finden sich weitere Unterprovenienzen, die aus folgenden in Berlin vom Braunschweigischen Gesandten bzw. Bundes-/Reichsbevollmächtigten versehenen Stellvertretungstätigkeiten für deutsche Kleinstaaten herrühren:

a) Ständige Vertretung des Hauptbevollmächtigten zum Bundesrat (im [häufigen] Behinderungsfall) für folgende Staaten:
- Anhalt (1867 - 1905, 1914 - 1918)
- Lippe-Detmold (1867 - 1905, 1914 - 1916)
- Schaumburg-Lippe (1867 - 1905, 1914 - 1916)
- Oldenburg (1908 - 1916) [1867 - 1905]
- Waldeck (1867 - 1885)
b) Ständige Vertretung für den im Felde stehenden Großherzoglich Oldenburgischen Gesandten am Königl. Preußischem Hof in den Kriegsjähren 1914 - 1916. Die aus der kriegsbedingten Gesandtschaftsvertretung für Oldenburg sowie der Bundesratsvertretung für Oldenburg und beide Lippe erwachsenen Akten sind 1916 an den oldenburgischen Gesandten wieder zurückgegeben worden.

Es sei vorweg darauf hingewiesen, daß die formelle Unterscheidung zwischen Hauptbevollmächtigten der deutschen Länder und ihren Vertretern im Bundesrat/Reichsrat faktisch nicht sehr ins Gewicht fiel, da der in der Reichshauptstadt ansässige braunschweigische Gesandte in der Regel alle anfallenden Arbeiten für diese mitvertretenen Einzelstaaten ausführte und dafür von ihnen auch finanzielle Entschädigungen erhielt.

Neben diesem Bündel verschiedenster Haupt-, Zweit- und Drittprovenienzen sind noch folgende 3 Sonderprovenienzen im vorl. Bestand enthalten:
Handakten des Gesandten Boden als
a) Mitglied der Kaliberufungsstelle (1919 - 1933)
b) Mitglied des Reichsdisziplinarhofes (1922 - 1933)
c) Mitglied des Verwaltungsrates der Deutschen Reichspost (1924 - 1933)
Im Gegensatz zu allen oben genannten innerhalb des Bestandes miteinander vermischten Provenienzen sind diese Akten noch als eigene Schriftgutkörper erkennbar.


III. Allgemeine Kompetenzen des Bundesrats/Reichsrats, der innerdeutschen Gesandtschaften und der Vertretungen beim Reich.
Über die Geschichte und die Kompetenzen des Bundesrats unterrichten ausführlich die einschlägigen Handbücher zum Deutschen Staatsrecht und zur Deutschen Verfassungsgeschichte (insbesondere gründlichst E.R. Huber Bd. III 1963). Stellung und Funktionen der innerdeutschen Gesandtschaften sowie der Vertretungen beim Reich hat eindringlich Schreckenbach (siehe unter Literaturhinweisen) dargestellt. Eine anschauliche Schilderung der Aufgabenbereiche dieser Gesandtschaft aus der Sicht eines Praktikers am Ende der Weimarer Republik findet sich in Nr. 7 (Selbstdarstellung der Sächsischen Gesandtschaft aus dem Jahre 1928) [Sonderdruck]. Zur raschen Erstinformation des Benutzers und zum schnellen Verständnis des vorl. Bestandes sei hier nur das Allerwichtigste über diese Institutionen mitgeteilt.
Der Bundesrat hatte in der Verfassung des Deutschen Kaiserreiches eine zentrale Bedeutung. Er war oberstes Reichsorgan und Träger der Souveränität. Kennzeichen seiner Stellung war ein gewisses Maß von Gewaltenvereinigung, da er mit legislativen auch bestimmte exekutive und gerichtliche Zuständigkeiten verband. Folgende Kompetenzen kamen ihm zu:
1. die Teilnahme an der Reichsgesetzgebung in Gleichberechtigung mit dem Reichstag
2. die Teilnahme an der Budget- und der sonstigen Reichsfinanzgewalt, ebenfalls in Gleichberechtigung mit dem Reichstag

3. die Teilnahme an der auswärtigen Gewalt, insbesondere am Abschluß von Staatsverträgen
und bei der Kriegserklärung
4. die Mitentscheidung bei der Auflösung des Reichstags
5. der Erlaß von Rechtsverordnungen nach Maßgabe der Reichsgesetze
6. der Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschriften und die Schaffung von Einrichtungen zum
Vollzug der Reichsgesetze
7. die Teilnahme an der Ernennung von Reichsbeamten, nach Maßgabe der Reichsverfassung
oder der Reichsgrenze
8. die Feststellung von Mängeln im Rahmen der Reichsaufsicht
9. der Beschluß über die Einleitung der Reichsexekution
10. die Entscheidung über nichtprivatrechtliche Streitigkeiten zwischen Gliedstaaten
11. die Erledigung von Verfassungsstreitigkeiten innerhalb der Gliedstaaten
12. die Bewirkung gerichtlicher Hilfe im Fall der Justizverweigerung in einem Gliedstaat
Der Bundesrat war ein ständig tagender Gesandtenkongreß, auf dem die Einzelstaaten durch instruktionsgebundene Bevollmächtigte vertreten waren. Als Reichsorgan, nicht aber Länderorgan, war seine Kompetenz Reichsgewalt. In ihm vertraten die Länder nicht ihre partikularen Sonderinteressen, sondern sie übten in diesem Organ der Reichswillensbildung ihre Mitgliedschaftsrechte am Reich aus. Die Instruktionen für die Bundesratsbevollmächtigten erteilten die einzelnen Länderregierungen, nicht aber die Länderparlamente. Die 25 Gliedstaaten besaßen zusammen 58 Stimmen, wovon Braunschweig ständig zwei zustanden. Die Länder, nicht das Reich, besaßen im Bundesrat das Initiativrecht für Anträge und Vorlagen. Die Beratungen fanden im Plenum und in den Ausschüssen statt. Es gab neben den nichtständigen folgende 12 ständige Ausschüsse, in denen ein Hauptteil der eigentlichen Bundesarbeit geleistet wurde:
1. der Militärausschuß ("Ausschuß für das Landheer und die Festungen")
2. der Marineausschuß ("Ausschuß für das Seewesen")
3. der Finanzausschuß ("Ausschuß für das Zoll- u. Steuerwesen")

4. der Ausschuß für Handel und Verkehr
5. der Ausschuß für Eisenbahnen, Post und Telegrafen
6. der Ausschuß für Justizwesen
7. der Ausschuß für Rechnungswesen
8. der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten
9. der Ausschuß für Elsaß-Lothringen
10. der Verfassungsausschuß
11. der Geschäftsordnungsausschuß
12. der Ausschuß für das Eisenbahn-Gütertarifwesen
In allen Ausschüssen hatte Preußen den Vorsitz, ausgenommen den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, in dem Bayern den Vorsitz führte.
Die Praxis der Bundesratsverhandlungen richtete sich nach der "Geschäftsordnung für den Bundesrat" vom 27.2.1871 bzw. 26.4.1880 (vergl. Nr. 53). Im übrigen vergl. zur Arbeitspraxis den Literaturbericht von H. Fenske (s.u.).
Durch das vom Reichstag verabschiedete Ermächtigungsgesetz vom 4. August 1914 wurde dem Bundesrat die volle Rechtssetzungsmacht übertragen und das Parlament zum Teil ausgeschaltet. Damit hatte der Bundesrat in Form der Notgesetzgebung eine nach Umfang und Tragweite außerordentliche und verfassungsändernde Diktaturgewalt für die Kriegszeit erhalten. Die Kriegsnotgesetzgebung des Bundesrats war insbesondere auf "die Abhilfe wirtschaftlicher Schädigungen" ausgerichtet und umfaßte Maßnahmen auf dem Gebiete des Bewirtschaftungsrechts, des Währungs- und Finanzrechts, des Zivilrechts, des Arbeits- und Sozialrechts sowie des gerichtlichen Verfahrensrechts. Neben dieser außerordentlichen Bundesratsgesetzgebung auf dem Kriegswirtschaftssektor bestand die ordentliche Reichsgesetzgebung zwischen Bundesrat und Reichstag fort.
Im Rahmen der Weimarer Reichsverfassung kam der Fortsetzung des Bundesrats als Reichsrat eine wesentliche geminderte Stellung zu. Mitglieder des Reichsrats waren die Länder; ihnen stand das Stimmrecht im Reichsrat zu, nicht ihren entsandten stimmführenden Bevollmächtigten, die nur "Vertreter" hießen: diese Bevollmächtigten waren instruktionsgebundene Regierungsvertreter - ganz im Gegensatz zum alten Bundesrat, der eine aus Abgeordneten der "Landesvölker" bestehende Länderkammer mit freiem Mandat war* Nach Art. 60 der Reichsverfassung vom 11. August 1919 dient der Reichsrat "zur Vertretung der deutschen Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Reiches".

Die Einbringung von Gesetzesvorlagen der Reichsregierung bedarf der Zustimmung des Reichsrats. Gegen die vom Reichstag beschlossenen Gesetze sowie gegen Verfassungsänderungen steht ihm der Einspruch zu. Der Erlaß der allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Ausführung der Reichsgesetze bedarf der Zustimmung des Reichsrats, wenn die Ausführung der Gesetze den Landesbehörden zusteht. Weitere Zuständigkeiten des Reichsrats (i. w. Zustimmungsrechte) bestehen insbesondere bei folgenden Komplexen: Reichshaushalt, Verwendung der Reichseinnahmen, Verordnungen für das Verkehrswesen und die Einrichtung von Beiräten für die Reichspost, die Reichseisenbahnen und Reichswasserstraßen. Der Reichsrat soll ferner von den Reichsministerien über die Führung der Reichsgeschäfte auf dem Laufenden gehalten werden. Zu Beratungen über wichtige Gegenstände sollen von den Reichsministerien die zuständigen Ausschüsse des Reichsrats zugezogen werden. Nach der Geschäftsordnung des Reichsrats (s.u.) können die Bevollmächtigten zu diesen Punkten Anfragen, Anregungen und Wünsche bei der Reichsregierung jederzeit vorbringen.
Ein wichtige Änderung gegenüber dem Bundesrat besteht darin, daß die Länder im Reichsrat nur durch Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden können. Da Braunschweig im Reichsrat nur eine Stimme führte, war der braunschweigische Gesandte in Berlin, der die eigentliche Reichsratsarbeit für sein Land wahrnahm, formell nur ständiger (dauernder) Stellvertreter [Titel: "Stellvertretender Bevollmächtigter"] des jeweiligen hauptbevollmächtigten Regierungsmitgliedes in Braunschweig, das nur selten in Berlin erscheinen konnte.

Die Anzahl der Reichsländer sank von 24 im Jahre 1919 (worin Braunschweig nach der Einwohnerzahl den 9. Platz einnahm) auf 17 im Jahre 1932.
Die Reichsratsarbeit richtete sich nach der im November 1919 erlassenen Geschäftsordnung (vergl. Niederschriften über die Verhandlungen des Staatenausschusses bzw. Reichsrats des Deutschen Reiches, Berlin 1919, S. 839 ff). Die Verhandlungen fanden in den öffentlichen Vollsitzungen und den Geheimen Ausschußsitzungen statt. Folgende Ausschüsse waren vorhanden:
1. für auswärtige Angelegenheiten
2. für Volkswirtschaft
3. für innere Verwaltung
4. für Verkehrswesen
5. für Haushalt und Rechnungswesen
6. für Steuer- und Zollwesen
7. für Rechtspflege
8. für Verfassung und Geschäftsordnung
9. für Reichswehrangelegenheiten
10. für Seewesen
11. für Durchführung des Friedensvertrags
Der Reichsrat mit seinen Kompetenzen ist ausführlich in Hubers Deutscher Verfassungsgeschichte, Bd. 6 (1981), S. 373 ff behandelt.
Durch das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 wurden die Kompetenzen des Reichsrats stark beschnitten: bei der neu eingeführten vereinfachten Gesetzgebung wirkte er nicht mehr mit, auch nicht bei den zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen Verwaltungsvorschriften. Die etwa notwendige Information der Landesregierungen ging nicht mehr über den Reichsrat, sondern über die Reichsstatthalter. Dem Reichsrat verblieb nur noch die Mitwirkung bei Ausführungsvorschriften zu den früheren Parlamentsgesetzen und Notverordnungen, ferner die Mitwirkung bei den Verwaltungsakten. Auch diese Resttätigkeiten spielten sich fortschreitend nur noch in Form eines schriftlichen Umlaufverfahrens ab. Durch Gesetz wurde der Reichsrat dann am 14. Februar 1934 schließlich aufgehoben.
Die eigenartige Institution der innerdeutschen Gesandtschaften ist ein Produkt des deutschen staatlichen Partikularismus bzw. Förderalismus. Gesandtschaften der deutschen souveränen Einzelstaaten untereinander gab es auf Völkerrechtsbasis seit 1648 und auch der Deutsche Bund von 1815 änderte nichts daran.

Die Reichsverfassung von 1871 garantierte den Bundesstaaten das Existenzrecht, die Hoheitsrechte im eigenen Staatsgebiet und die Mitgliedschaftsrechte im Gesamtstaat. Die Länder besaßen weiterhin den Status von Völkerrechtssubjekten mit freilich "beschränkter völkerrechtlicher Handlungsfähigkeit. Damit verfügten sie zugleich über das aktive und passive Gesandtschaftsrecht im Verkehr nicht nur mit deutschen, sondern auch mit außerdeutschen Regierungen. Für die innerdeutschen Gesandtschaften galten die internationalen diplomatischen Regeln und das Gesandtschaftsrecht praktisch uneingeschränkt bis 1918: Beglaubigung, diplomatischer Verkehr, Vorstellung und Abschiedsbesuch beim Empfangsstaat, Zeremonialrechte der diplomatischen Rangklassen, Zugehörigkeit zum diplomatischen Korps, Immunität, Exterritorialität, Befreiung von der Gerichtsbarkeit und der Steuergewalt der deutschen Einzelstaaten (nicht aber des Reiches!), Unverletzlichkeit der diplomatischen Korrespondenz etc. Die Bundesratsbevollmächtigten hatten als solche einen diplomatischen Status.
Innerdeutsche diplomatische Beziehungen wurden nur dort unterhalten, wo dynastische Rücksichten oder wirkliche Interessen es geboten. Deshalb hatten fast alle deutschen Staaten Gesandtschaften bei Preußen, wie auch Preußen bei nahezu allen deutschen Ländern Gesandte beglaubigt hatte. Nach Schreckenbach (Seite 406) hatten die innerdeutschen Gesandtschaften folgende vielfältige Aufgaben: Vornehmlich auf drei Gebieten bewegte sich ihre Tätigkeit. Einmal fielen alle Materien, die nach 1871 den Einzelstaaten verblieben waren, auch in den Tätigkeitsbereich der einzelstaatlichen diplomatischen Vertreter, Hierzu gehörten die gesamte Kultur- und Kirchenpolitik, die innere Organisation des Einzelstaates, Landessteuern und Zölle, das Lotteriewesen, gewisse Befugnisse im Militär- sowie im Post- und Telegrafenwesen, das große Gebiet der Wirtschaft, ferner Grenzfragen und Grenzregulierungen, Bau und Unterhaltung gemeinschaftlicher Eisenbahnen, Straßen, Brücken usw. Über alle diese Gegenstände von meist örtlich oder landschaftlich begrenztem Interesse konnten Verhandlungen aufgenommen und Verträge abgeschlossen werden, unabhängig von der Mitwirkung des Reiches.

Zum anderen beanspruchte die Aufrechterhaltung guter Beziehungen zwischen den einzelnen deutschen Dynastien einen wichtigen Platz in der Tätigkeit der Gesandtschaften. Zuletzt spielte neben dem auf die speziell einzelstaatlichen Interessen gerichteten Aufgabenbereich der Gesandten die dem gesamten Reich zugewandte Tätigkeit eine erhebliche Rolle, da die Beteiligung der Glieder an der Willensbildung des Gesamtstaates im Wesen eines Bundesstaates liegt.
Die einzelstaatlichen Gesandten bei Preußen gehörten meist zugleich als Bevollmächtigte dem Bundesrat an und arbeiteten dort an der Reichspolitik mit. Da es innerdeutschen Gesandtschaften beim Reich vor 1918 nicht gab, ersetzten die Gesandten bei Preußen - dem größten Bundesstaat und der Präsidialmacht mit den engsten Querverbindungen zum Reich - das Fehlen einer derartigen Einrichtung.
Nach der Novemberrevolution von 1918 blieben die Einzelstaaten als "Länder" in ihrer Staatlichkeit bestehen. Als Ausdruck dieser Staatlichkeit blieb das innerdeutsche Gesandtschaftswesen der Länder auf deren reges Betreiben hin ebenfalls erhalten. Nach staatsrechtlicher Lehrmeinung bestanden zwischen den ihrer Souveränität nun endgültig entkleideten Ländern seit 1919 nur noch staatsrechtliche, aber keine völkerrechtlichen Beziehungen mehr. Die Gesandtschaften wurden nicht mehr als Institutionen der Außenpolitik, sondern nur mehr der Innenpolitik betrachtet. Trotzdem behielten sie ihren diplomatischen Status im wesentlichen bei. Sie dienten der Wahrung gemeinsamer Länderinteressen gegenüber dem Reich, zur Beratung der Länder untereinander und zur Unterrichtung der Absenderegierung über das Nachbarland. Erst auf den Druck Preußens hin, das 1931 seinen Gesandten in Bayern als letzten innerdeutschen zurückzog, wurden in den Jahren 1932 - 1933 alle innerdeutschen Gesandtschaften aufgehoben. In einer Verordnung über die deutsche Staatsangehörigkeit vom 4.2.1934- (Reichsgesetzblatt I S. 85) wird schließlich verfügt, daß es nur noch eine allgemeine deutsche Staatsangehörigkeit gibt und daß die spezielle Staatsangehörigkeit in den Ländern wegfällt.

Neben den einzelstaatlichen Gesandtschaften der Partikularstaaten untereinander wurden seit 1920 - 1921 von den meisten deutschen Ländern noch eigens "Vertretungen beim Reich" (bzw. "bei der Reichsregierung") eingerichtet, die es im Kaiserreich nicht gegeben hatte. Ihre Leiter führten meist den Titel "Gesandter" und waren in der Regel zugleich stellvertretende Reichratsbevollmächtigte und Gesandte bei Preußen. Obwohl sie keine Diplomaten im Sinne des Völkerrechts waren, hatten sie doch gewisse diplomatische Vorrechte (u.a. eingeschränkte Exterritorialität) und wurden quasi als Diplomaten angesehen und behandelt (zählten aber als solche nicht zum diplomatischen Korps). Aufgrund ihrer Gesandteneigenschaft und offiziell beglaubigt beim Reich konnten Vertreter kleinerer Länder von dieser Position aus gleichberechtigt mit den höchsten Reichsstellen verkehren, Auskünfte erlangen, Wünsche vorbringen, selbständig verhandeln. So konnten die Mittel- und Kleinstaaten nach den Kompetenzeinbußen des Länderorgans, des Reichsrats, ihre Interessen beim Reich weiterhin wirksam vertreten und im Konkurrenzkampf mit den übermächtigen Preußen, das über viele Querverbindungen zur Reichszentrale verfügte, bestehen. Die Landesvertretungen waren ein Werkzeug einzelstaatlicher Gewalt und wirkten für die Landesinteressen bei der Reichsregierung und den Reichsbehörden. Der Reichsregierung wiederum dienten sie als Auskunftstelle für die speziellen Landesangelegenheiten und als Vermittlungsstelle der Wünsche der Reichsregierung an die Landesregierungen. Das Reich selbst unterhielt seinerseits nur zwei "Vertretungen" bei süddeutschen Ländern.
Nach der Machtergreifung wurden Ländervertretungen und Reichsrat faktisch bereits dadurch vor ihrer endgültigen Auflösung ausgeschaltet, daß seit Juli 1933 die Unterrichtung der Länder über die Führung der Reichsgeschäfte nur noch über die jeweiligen Reichsstatthalter erfolgte.

Durch das Gesetz vom 14.2.1934 wurden zugleich mit dem Reichsrat die Ländervertretungen beim Reich formell aufgehoben. Trotzdem bestanden die meisten (nicht Braunschweig, jedoch Anhalt) als "Vertretungen ... in Berlin" teilweise bis 1945 fort. Sie wirkten vornehmlich als Interessenvertretungen der heimischen Wirtschaft. Sogar nach 1945 lebten einige Ländervertretungen der westdeutschen Zonen in Berlin wieder auf. Als letzte derartige Dienststelle wurde die bayerische 1950 aufgelöst.
In der Bundesrepublik fanden der Bundesrat/Reichsrat und die Ländervertretungen beim Reich ihre Fortsetzung im Deutschen Bundesrat und in den einzelnen Ländervertretungen in Bonn, z.B. der "Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund in Bonn".
Eine Übersicht über alle innerdeutschen Gesandtschaften mit genauen Daten der jeweiligen Wirkungszeit findet sich bei Schreckenbach (s.u.) S. 425 ff*

IV. Überblick über die Entwicklung der Gesandtschaft in Preußen, der Landesvertretung beim Reich und der Bundesrats/ Reichsratsvertretung.
Nachfolgend soll ein Überblick über die Entwicklung der im vorliegenden Bestand zusammengefaßten Dienststellen gegeben werden, soweit dieselbe aus den Akten (19 B Neu, 12 A Neu) zu rekonstruieren war. Die relativ ausführliche Darstellung rechtfertigt sich daher, daß hierfür bisher garnichts vorlag und daß für die Neuordnung des Bestandes umfangreiche behördengeschichtliche Ermittlungen vorgenommeriwerden mußten, deren Ergebnisse nicht verloren gehen sollten. Absolut exakte Daten können zum Teil nicht beigebracht werden, da die entsprechenden Angaben unklar oder widersprüchlich sind. Bei konkurrierenden oder divergierenden Datenangaben stehen die weniger wahrscheinlichen und minder gut beglaubigten bzw. zweifelhaften in eckigen Klammern.

Der vorliegende Bestand entstammt Behörden, die 67 Jahre hindurch ununterbrochen in der Reichshauptstadt für das Land Braunschweig tätig gewesen sind. Die drei Stelleninhaber v. Liebe, v. Cramm und Boden waren jeweils herausragende Persönlichkeiten. Einer von Ihnen, Fr. A.G. Liebe hatte als Politiker im Rahmen der deutschen Einheitsbewegung sowie später beim Aufbau des deutschen Kaiserreiches sogar überregionale Bedeutung. Der Gesandte Boden genoß bis 1934 im eigenen Lande und bei der eigenen Regierung, bei anderen Reichsländern sowie bei Reichsbehörden eine allgemeine und auffallende Wertschätzung, wie die Akten des vorl. Bestandes immer wieder zeigen. Der Gesandte v. Cramm spielte vor allem in den obersten Gesellschaftskreisen seiner Zeit eine besondere Rolle. Ein Privatnachlaß existiert nur von B. v. Cramm. G. v. Liebe wurde bereits umrißartig als Politiker biographisch gewürdigt (s. Literatur-Verzeichnis).
Die Braunschweigische Gesandtschaft bei Preußen ist die älteste Behörde des vorl. Bestandes. Von 1747 bis 1807 bestand bereits eine braunschweigische Dauergesandtschaft bei Preußen, desgleichen wieder seit 1829. Vom 24. Juni 1851 bis zum 24. Dezember 1861 vertrat Legationsrat Dr. Friedrich August Gottlob Liebe als Geschäftsträger am Königl. Preuß. Hof sein Land in Berlin. Im gleichen Jahr vertrat er die oldenburgische, seit 1854 auch die nassauische Regierung als Geschäftsträger bei Preußen. Am 24. Dezember 1861 wurde er aus Berlin abberufen und zum Geheimrat und stimmführenden Mitglied des Braunschweigischen Staatsministeriums berufen. Am 28. Februar 1867 wird Liebe wiederum nach Abberufung des bisherigen Ministerresidenten Geh. Legationsrats von Löhneysen an dessen Stelle zum Ministerresidenten am Königl. Preuß. Hof sowie zum Vertreter des Herzogs bei den Verhandlungen des Reichstags behufs Feststellung der Verfassung für den Norddeutschen Bund ernannt. Mit diesem Datum tritt der vorliegende Bestand formaliter ins Leben. Der konstituierende Reichstag für den Norddeutschen Bund wurde am 24. Februar 1867 eröffnet. Die Verfassung für den Norddeutschen Bund trat am 1. Juli 1867 in Kraft und die erste Sitzung des Bundesrats fand am 15. August 1867 statt.

Liebe war ein bedeutender braunschweigischer Jurist und Staatsmann (vergl. AdB 51 S. 698 ff; Heinz Kreutzmann: Liebe [Hannover 1956]), dessen wichtigste Lebensstationen folgende sind:
geb. 18.12.1809 zu Braunschweig
1826-1830: Studium der Rechtswissenschaft in Braunschweig und Göttingen
1831: 1. juristische Staatsprüfung
1831-1835: Advokat und Notar in Braunschweig
1836: 2. juristische Prüfung
1837: Kreisgerichtsassessor in Wolfenbüttel
20.8.1841: Sekretariatsgeschäfte im herzogl. Staatsministerium
28.12.1841: Kanzleisekretär dortselbst
1.1.1847: Hofrat
1847: Mitglied der Kommission der deutschen Staaten zur Ausarbeitung einer allgemeinen deutschen Wechselordnung
30.4.1848-7,7.1849: Legationsrat und braunschweigischer Bundestagsgesandter in Frankfurt und einige Tage später auch für Nassau
1849-Mai 1851: Bevollmächtigter bei verschiedenen Konferenzen und Instituten (u.a. Unionsparlament in Erfurt), die die deutsche Einheit vorbereiten sollten
1851-1861: Braunschweigischer Geschäftsträger in Preußen
25.4.1855: Erhebung in den erblichen Adelstand
24.4.1857: Geh. Legationsrat
24.4.1873: Ernennung zum wirklichen Geheimrat mit dem Prädikat Exzellenz [19.4.]
9.4.1885: inmitten der Dienstgeschäfte an Herzschlag verstorben
Über die Grenzen seines Heimatstaates hinaus hat sich Liebe sowohl als Jurist wie als Staatsmann einen Namen gemacht.
Politisch trat Liebe vornehmlich für die deutsche Einigung und für den Gedanken einer preußischen Vorherrschaft in Deutschland ein. Bismarck schätzte ihn wegen seiner reichsfreundlichen Gesinnung. Im Laufe der Zeit wuchsen Liebe neben der Braunschweigischen Gesandtschaft und Bundesratsvertretung seit 1867 weitere Stellungen zu.

Die oldenburgische Regierung führte am 18. August 1867 aus, daß eine selbständige oldenburgische diplomatische Vertretung in Berlin wegen der politischen Verhältnisse nicht mehr erforderlich sei und daß deswegen der oldenburgische dortige Legationsrat abberufen worden sei. Von jetzt an solle Liebe die "diplomatische Vertretung" Oldenburgs und, soweit diese Regierung es wünscht, auch die Vertretung im Bundesrat übernehmen. Diesem Vorschlag stimmt das braunschweigische Staatsministerium am 21. August 1867 zu. Am 11. Dezember wird Liebe dann offiziell die Vertretung Oldenburgs als 2. Bevollmächtigter im Bundesrat des Norddeutschen Bundes sowie im Bundesrat des Zollvereins (der von 1868 bis 1870 existierte) übertragen, was die Braunschweigische Regierung am 14. Dezember 1867 genehmigt. Liebe führte fortan den Titel: "Großherzoglich Oldenburgischer Ministerresident". Er selbst hatte sich am 6. August 1867 hinsichtlich seiner diplomatischen DoppelStellung dahingehend geäußert, daß die rein diplomatische Tätigkeit für beide Staaten (d.h. Figurieren auf Soireen etc.) erst in zweiter Linie komme und daß er, auch wegen seines fortgeschrittenen Alters, hier keine besonderen Aktivitäten zu entfalten beabsichtige, (vergl. zu diesem ganzen Absatz; 12 A Neu, Fb. 5, Nr. 2290).
So gut wie während seiner gesamten Amtszeit in Berlin wurden Liebe Bundesratsvertretungen für verschiedene Kleinstaaten übertragen, die ihrerseits jeweils nur über eine Bundesratsstimme verfügten. Nach der bis 1880 gültigen Geschäftsordnung des Norddeutschen Bundes vom 30. August 1867 bzw. des Deutschen Reiches vom 27. Februar 1871 war jeder stimmführende. Bevollmächtigte befugt, im Falle seiner Abwesenheit oder sonstiger Verhinderung von sich aus persönlich einen anderen Bevollmächtigten zu substituieren ohne die betroffenen Regierungen einzuschalten. Diese formlosen Substitutionen waren lediglich kollegiale Gefälligkeiten und von wirklichen Ernennungen sehr verschieden. Die Substitute galten nicht als Bevollmächtigte. In dieser Weise hat Liebe als Substitut gefälligkeitsweise häufig die wirklichen Bevollmächtigten folgender Staaten im Behinderungsfall etc. vertreten, wofür er Gratifikationen von diesen erhielt:

Anhalt
Lippe
Schaumburg - Lippe
Schwarzburg - Rudolstadt
Waldeck (hier "regelmäßige Vertretung" durch Liebe)
Bezüglich seiner Gesandtschaftsgeschäfte läßt sich Liebe während seiner Urlaubsabwesenheit in den Jahren 1870 - 1873 durch die Italienische Gesandtschaft in Berlin vertreten (bei Legalisationen, Visa u. dergl.).
Durch die auf Drängen Preußens zustandegekommene neue Geschäftsordnung des Bundesrats vom 26. April 1880 wurde dieser formlosen Stellvertretungspraxis ein Ende gemacht. Bismarck sah in der Stimmenkumulierung durch kleinere Staaten einen Nachteil für die größeren Staaten, und auch Liebe empfand die bisherige Praxis nicht als angenehm. Nach § 2 dieser neuen Geschäftsordnung ist die Vertretung mehrerer Staaten durch einen einzigen Bevollmächtigten fortan nur noch aufgrund von Vollmachten zulässig, welche von den Regierungen auf bestimmte Personen ausgestellt werden müssen. Die bisherige Substitutionspraxis gilt fortan nur noch eingeschränkt derart, daß jeder stimmführende Bevollmächtigte in Verhinderungsfällen den Bevollmächtigten eines anderen Bundesstaates substituieren kann, wobei diese Substitution jedoch nie länger als für eine Sitzung gelten darf. In der nächstfolgenden Sitzung kann wieder nur ein Bevollmächtigter der Regierung dieselbe vertreten. Im übrigen können die Bundesstaaten für ihre Hauptbevollmächtigten (bzw. "Ersten Bevollmächtigten") Stellvertreter ernennen, die als Mitglieder des Bundesrates gelten.

Aufgrund dieser Bestimmung erhält Liebe von folgenden Regierungen nunmehr förmlich schriftliche Vollmachten, für sie im Bundesrat die Stellvertretung auszuüben:
- Großherzogtum Oldenburg 26. April 1880
- Herzogtum Anhalt 28. Juni 1880
- Fürstentum Lippe (Detmold) 22. Juni 1880
- Fürstentum Schaumburg - Lippe 22. Juni 1880
- Fürstentum Schwarzburg - Rudolstadt 21. Juni 1880

Das Braunschweigische Staatsministerium erteilt am 18. Juni 1880 nach anfänglichen Bedenken hierzu seine Zustimmung.
Die Vertretung des Fürstentums Waldeck hatte im Zuge dieser Neuregelung des Jahres 1880 inzwischen anstelle von Liebes der Bundesstaat Baden übernommen, (vergl. zum Vorstehenden 19 B Neu Nr. 1).
Liebe hat alle diese Ämter bis zu seinem Tode am 9. April 1885 inne, der ihn mitten aus der Arbeit reißt.
Für die Schreibgeschäfte zog er - nachweisbar seit 1868 - eine Hilfskraft heran, die mit "H.C. abzeichnete. Seit dem 2.9.1879 beschäftigte Liebe als ständigen Privatsekretär August Küsel
für seine Amtsgeschäfte. Dieser führte seitdem über 40 Jahre lang, bis Dezember 1920, die Bürogeschäfte der braunschweigischen Vertretung in Berlin, zunächst bis ca. 1910 als einziger
Kanzleibeamter, danach in der Stellung eines Bürochefs. Die Dienstlaufbahn Küsels ist durch folgende Daten gekennzeichnet [vergl. 19 B Neu, Nr. 34]:
geb. 25.1.1863 in Jüterbog
2.9.1878: Diensteintritt als Privatsekretär von Liebe
6.6.1885: Nach dem Tode Liebes bewog ihn das Staatsministerium im Gesandtschaftsdienst zu verbleiben (gegen monatliche Remuneration), obwohl noch keine Staatsstelle für ihn geschaffen wird
bis Ende 1887: Privatsekretär des Gesandten von Cramm, der ihm ein Privatgehalt zahlt
1.1.1888: als Legationskanzlist im braunschweigischen Staatsdienst angestellt
1.4.1898: Lebationskanzleisekretär [25.3.]
Ende 1905: Titel Kanzleisekretär [1906]
8.12.1909: Titel Kanzleirat
1.4.1920: Titel Bürodirektor
am 1.1.1921 pensioniert (Pensionsgesuch Küsels aus Gesundheitsgründen bereits zum 1.7.1920)
1933: Küsel lebt noch

Im Jahre 1919 urteilt der Gesandte Boden über Küsels vierzigjährigen Dienst dahingehend, daß dieser eine selten vorbildliche Pflichttreue zeigte, ganz in den Dienstgeschäften aufging und fast nie fehlte. Sein Dienst war vielseitig, verantwortungsvoll und wegen schneller Geschäftserledigung aufreibend. Bis 1906 bzw. 1910 erledigte Küsel die Kanzleigeschäfte allein, erst danach erfolgte eine Zuweisung von Hilfskräften, und erst 1914 wurde die Dienststelle mit dem erforderlichen personellen Apparat ausgebaut.

Liebes plötzlicher und unerwarteter Tod am 9. April 1885 bedeutet einen Einschnitt in die Geschichte der braunschweigischen Landesvertretung in Berlin.
Es folgte eine rund zweimonatige Interimszeit. Die Dienstregistratur Liebes, die vollständig in dessen Wohnung lag, wurde von der braunschweigischen Regierung dem oldenburgischen Bundesratsbevollmächtigten, Geheimrat Selkmann, unterstellt, der nunmehr provisorisch auch zum zweiten braunschweigischen Bundesratsbevollmächtigten bestellt wurde. Oldenburg legte seinerseits insbesondere wegen der gemeinsamen Gesandtschaft bei Preußen besonderen Wert auf die Sicherung und Sondierung der Liebeschen Akten, in die niemand Einsicht nehmen sollte und die keinem ausgehändigt werden durften. Am 8. Mai 1885 wurde der Bayerische Gesandte in Berlin, Graf Lerchenfeld-Köfering, bis auf weiteres mit der Führung der Braunschweigischen Gesandtschaftsgeschäfte betraut. Dienstsiegel und Akten sollten ihm ausgehändigt werden und Küsel sollte ihm zur Verfügung stehen.
Am 6. Juni 1885 wird Burghard Freiherr von Cramm-Burgdorf als Geschäftsträger der herzoglichen Regierung am Königl. Preußischen Hof und als zweiter ständiger Bevollmächtigter beim Bundesrat kommissarisch bestellt. Am 9. November wird er zum braunschweigischen Ministerresidenten am Königl. Preußischen Hof ernannt, am 21. [6.] April 1888 steigt er zum a.o. Gesandten und Bevollmächtigten Minister dortselbst auf.
Auf Bitte der anhaltischen Regierung vom 7. August 1885 genehmigt das Braunschweigische Staatsministerium am 13. August 1885, daß von Cramm die ständige Vertretung des Bundesratsbevollmächtigten des Herzogtums Anhalts - wie vorher Liebe - übernimmt. In der Interimszeit seit Liebes Tod hatte sich Anhalt vom oldenburgischen Geheimrat Selkmann im Bundesrat vertreten lassen.
Dagegen wird von Cramm nicht als oldenburgischer Gesandter bei Preußen bestellt.

Burghard von Cramm-Burgdorf war eine politisch, künstlerisch und literarisch tätige und interessierte Persönlichkeit mit weit gespannten gesellschaftlichen Beziehungen, wie sein Nachlaß ausweist (in 298 N, 204 N enthalten). Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger und seinem Nachfolger sammelte er bei seinen nachfolgend aufgeführten Lebensstationen Erfahrungen im Hofdienst (vergl. Dienstbibliothek Zugang 338/59):
25.1.1837: in Lesse (Herzogtum Braunschweig) geboren
1853-1855: Besuch des Collegium Carolinum in Braunschweig
ab 1855: Studium der Jurisprudenz, Philosophie und Geschichte in Heidelberg, Göttingen, Berlin, Halle und wiederum Göttingen
1861: Eintritt in den hannoverschen Staatsdienst als Auditor in Lüchow
1863: Auditor in Lehe
1864: 2. Staatsexamen, Assessor im Amt Reinhausen
1865: der Landdrostei Hannover beigeordnet
1.9.1866: Entlassung aus dem hannoverschen Staatsdienst auf eigenen Wunsch
1867: Eintritt in den preußischen Staatsdienst als Regierungs-Assessor bei der Regierung in Breslau
1868: Eintritt in den Hofdienst des Fürsten Reuß j.L., Hofmarschall und Hoftheaterintendant, Kammerherr
1875: Austritt aus dem reußischen Dienst, Reisen ins europäische Ausland
1877/78: Aufenthalt in Paris
Herbst 1878: Abgeordneter des braunschweigischen Landtags
1885-Dezember 1905: Braunschweigischer Gesandter und 2. Bundesratsbevollmächtigter in Berlin
13.3.1889: Ernennung zum wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat "Exzellenz"
1905/1906: Konkurs des Gesandten, Entlassung aus seinen Ämtern
1910: Übersiedlung von Burgdorf nach Blankenburg, Verkauf des Gutes Burgdorf
7.2.1913: verschuldet gestorben in Blankenburg

Burghard v. Cramm war der sozialen Frage gegenüber aufgeschlossen und betätigte sich in Handwerker-und Arbeitervereinen als Redner oder Vorsitzender, war Gründer von Gesellen- und Lehrlingsschulen und von Vereinen für das Wohl der arbeitenden Klasse. Er war auch Gründer und Ehrenmitglied des Vereins deutscher Bühnenangehöriger. In der Berliner Gesellschaft hatte er eine hervorragende Stellung. Als Schriftsteller publizierte er unter dem Pseudonym C. von Horst belletristische Werke. Er veröffentlichte auch einige Lebens- und Reiseerinnerungen.

v. Cramm war rund 21 Jahre lang Gesandter und Bundesratsbevollmächtigter. Beginn und Ende seiner Diensttätigkeit fallen in jene Jahre, in denen die sogenannte braunschweigische Thronfolgefrage durch den Tod zweier Fürsten akut wurde. Am 18. Okt. 1884 starb Herzog Wilhelm von Braunschweig, am 13. Sept. 1906 verschied sein Nachfolger, der Regent Prinz Albrecht von Preußen.
Im Jahre 1905 geriet v. Cramm - offenbar schuldlos - in eine Wechselaffäre und mußte gerichtlichen Konkurs anmelden. Das Konkursverfahren dauerte lange an und es schwebte angeblich noch 1915; v. Cramm hinterließ bei seinem Tode keinen Nachlaß, sondern nur Schulden. Am 13. Dez. 1905 bittet Cramm das Staatsministerium deswegen um Versetzung in den Ruhestand zum 1.1.1906 und um sofortige Beurlaubung bis zum 31. Dezember. Am 14. Dezember 1905 wird der braunschweigische Finanzrat v.d. Busch beauftragt, sich die Akten etc. der Gesandtschaft in Berlin aushändigen zu lassen, worüber dieser am 18. Dezember Vollzugsmeldung erstattet. Am 20. Dezember wird Cramm von seinen Ämtern abberufen und zum 1.1.1906 pensioniert (vergl. zum Vorstehenden 12 A N§u Fb. 5 Nr. 1560). Die Regierung von Anhalt teilt am 30. Dez. 1905 dem braunschweigischen Staatsministerium mit, daß die für v. Cramm ausgestellte Vollmacht als stellvertretender Bundesrat sbevollmächtigter für Anhalt zurückgezogen sei. Noch vor der Ernennung eines Nachfolgers für v. Cramm unterrichtet die Anhaltische Regierung am 27.2.1906 das braunschweigische Staatsministerium davon, daß fortan Oldenburg die Stellvertretung für den anhaltischen Bundesratsbevollmächtigten wahrnimmt. Dieser Verlust der anhaltischen Bundesratsstimme wurde in Braunschweig bedauert und rief dort langanhaltende Verstimmung hervor.
In der zweimonatigen Interimszeit bis zum Dienstantritt des Nachfolgers für v. Cramm führt der Geheime Oberregierungsrat Halley, Kommissar des Statthalters von Elsaß-Lothringen, die Geschäfte der braunschweigischen Bundesratsvertretung als Stellvertreter.

Die Neubesetzung des Postens in Berlin machte offenbar Schwierigkeiten. Die braunschweigische Regierung war zunächst geneigt, dem oldenburgischen Gesandten die diplomatische Vertretung Braunschweigs am Preußischem Hofe und die Geschäfte eines zweiten Bundesratsbevollmächtigten zu übertragen. Zu einer Wiederbesetzung der Berliner Stelle kam es dann aber erst zum 1. März 1906, da man vorerst vergeblich mit einer (ungenannten) Persönlichkeit verhandelte, ehe die Wahl auf den Regierungsrat Friedrich Boden fiel. In dessen Person war Braunschweig wiederum für fast 3 Jahrzehnte bis zum Ende des Reichsrats - 1934 - durch eine ungewöhnlich fähige Persönlichkeit vertreten, die offenbar über ein bedeutendes diplomatisches Verhandlungsgeschick verfügte. Die nachfolgenden Personal- und Dienstdaten Bodens geben zugleich Aufschluß über die Daten der von ihm in Personalunion mitverwalteten Dienststellen und Dienststellungen:
23. Aug. 1870: geb. in Braunschweig als Sohn des Direktors der dortigen Zuckerraffinerie;
Besuch des Gymnasiums in Braunschweig; Studium der Jurissprudenz in Freiburg, Br. und Berlin
1892: Referendar
1895: Regierungsassessor im braunschweigischen Verwaltungsdienst
1896: Gerichtsassessor
1900: etatsmäßige Anstellung als Regierungs-Assessor
1905: Regierungsrat
1. März 1906: Ernennung zum stimmführenden zweiten braunschweigischen Bundesratshauptbevollmächtigten mit ständigem Amtssitz in Berlin unter Verleihung des Titels "Geh. Regierungsrat"
8.12.1908: Geh. Legationsrat
11.1908-10.1914: stellvertretender Bundesratsbevollmächtigter für Oldenburg
27. Januar 1911: wirklicher Geh. Legationsrat
1. Mai 1914: Beförderung zum Gesandten und bevollmächtigten Minister am Königl. Preuß. Hof
Aug. 1914-Okt. 1916: Stellvertretung für den Oldenburgischen Gesandten bei Preußen sowie den Oldenburgischen Bundesratsbevollmächtigten
14. Aug. 1914: Bevollmächtigter zum Bundesrat für Anhalt
Aug. 1914-Aug. 1916: stellvertretender Bundesratsbevollmächtigter für Lippe und Schaumburg-Lippe
25.3.1915: Verleihung des Charakters als Geh. Rat mit dem Prädikat "Exzellenz"

16. Nov. 1918: Als Vertreter Braunschweigs bei der Reichsregierung bestellt
8.2.1919-1.7.1919: mit der Fortführung der Gesandtschaftsgeschäfte beauftragt
ab 27.2.1919: Bevollmächtigter Braunschweigs zum Staatenausschuß
ab 12.8.1919: ständiger stellvertretender Bevollmächtigter von Braunschweig und Anhalt im Reichsrat
ab Sept.-Okt. 1919: Gemeinsamer Gesandter von Braunschweig und Anhalt bei Preußen
ab Aug. 1921: Vertreter Braunschweigs und Anhalts beim Reich
ab März 1921: Wahrnehmung der Interessen von Mecklenburg-Strelitz im Reichsrat
ab 12.4.1923: ständiger stellvertretender stimmführender Bevollmächtigter für Mecklenburg-Strelitz im Reichsrat sowie dessen Vertreter bei der Reichsregierung
31.3.1932: Braunschweigisch-Anhaltische Gesandtschaft bei Preußen aufgehoben und umgewandelt in Braunschweigische, Anhaltische und Mecklenburg-Strelitzsche Vertretung beim Reich
31. Dez. 1933: Beendigung der Vertretung des Landes Mecklenburg-Strelitz beim Reich durch Boden
31.3.1934: Beendigung der Vertretung des Landes Anhalt beim Reich durch Boden
14.2.1934: Reichsrat aufgehoben
21.4.1934: Tätigkeit der Abwicklungsstelle der Braunschweigischen Reichsvertretung beendet
Bis Juli 1935 leitet Boden noch die "Vertretung Anhalts in Berlin" (die bis 1943 dort nachweisbar ist)
21.3.1947: in Berlin verstorben

Nebenämter etc.
ab 11.12.1919: Mitglied der Kaliprüfungsstelle
9.9.1922-ca. 1926 (?): Mitglied des Reichs-Disziplinarhofs
14.3.1924-14.2.1934: Mitglied des Verwaltungsrats der Deutschen Reichspost
ab 1931: Vorsitzender im Grubenvorstand der Gewerkschaft Harz
ab 1932: Im Aufsichtsrat der Deutschen Continental-Gasgesellschaft in Dessau
ab 1929: Dr. Ing. e.h. der Technischen Hochschule in Braunschweig
Boden war längere Zeit auch Doyen des innerdeutschen diplomatischen Korps

Mit der Ernennung Bodens zum 1. März 1906 war der Posten des stimmführenden zweiten Braunschweigischen Hauptbundesratsbevollmächtigten mit ständigem Amtssitz in Berlin wieder besetzt. Vom 1.3.1906 bis zum 30. April 1914 war die braunschweigische Dienststelle fortan eine reine Bundesratsvertretung: die Wiederbesetzung des Gesandtenpostens bei Preußen entfiel interimistisch aus Zweckmäßigkeitsgründen "bis auf weiteres".

Vor allem in der braunschweigischen Landesversammlung wurde derselbe für entbehrlich gehalten (vergl. 23 A Neu Fb. 1, Nr. 589; 19 B Neu Nr. 4). Aber auch die braunschweigische Regierung, der die Erfahrungen mit v. Cramm in finanzieller Hinsicht zu denken gaben, und sogar maßgebende Stellen in Berlin hielten eine Gesandtschaft nicht für erforderlich.
Boden erhält am 15.2.1906 eine allgemeine Dienstinstruktion mit der Maßgabe, die Interessen Braunschweigs nach Gewissen und Instruktionen zu vertreten. Ähnlich allgemein gehalten waren die Generalinstruktionen, die in den auf v. Liebe und v. Cramm ausgestellten Vollmachten ihrer Entsendestaaten enthalten waren. Spezialinstruktionen erfolgten dann jeweils von Fall zu Fall für die einzelnen Bundesratssitzungen.
Boden hat sich mehrmals über seine Dienstauffassung und sein Kompetenzverständnis geäußert und die braunschweigische Regierung erließ einige Male einschränkende Richtlinien hierzu (vergl. 12 A Neu Fb. 5, Nr. 43; 19 B Neu Nr. 30). Bereits im August 1906 definiert letztere in einer Rüge Bodens Stellung als "Sprachrohr der Regierung" beim Bundesrate, was bedeutet, daß der Gesandte keinen selbständigen Verkehr mit Vertretern von Privatinteressen (Privatpersonen oder Kommunen) unter Umgehung des Staatsministeriums pflegen durfte. Im Jahre 1930 wurde Boden diese Dienstmaxime (er sei "Organ der Braunschweigischen Regierung") erneut eingeschärft. Boden selbst hat später (1929 und 1932) gegenüber dem Staatsministerium seine gesamte Gesandtschaftstätigkeit als "Generalvertretung" der braunschweigischen Landesinteressen in Berlin bezeichnet, bei der die gesandtschaftliche Eigeninitiative zentral ausschlaggebend sei. Als Hauptteil seines Dienstprogramms sah er immer die wirtschaftliche Interessenvertretung seines Landes an.

Boden beginnt seinen Dienst in Berlin mit einer Bestandsaufnahme, die Domizil, Büro-Registratur- und Bibliotheks-Verhältnisse seiner neuen Dienststelle sowie die bisherige Tätigkeit des mitübernommenen Kanzleirats Küsel berücksichtigt und darüber nach Braunschweig berichtet (12 A Neu Fb. 13, Nr. 37825). Er leitet im Gegensatz zu seinem Vorgänger regelmäßige Akten- und Drucksachenabgaben aus der überfüllten Registratur und Dienstbibliothek ein und kümmert sich ständig um das Bürowesen.
1908 wechselt im Bundesrat der Stellvertreter für Boden. Im allgemeinen bestellten die Bundesregierungen Stellvertreter für ihre Hauptbevollmächtigten in der Zahl der ihnen zustehenden Stimmen. Nur Braunschweig hatte bislang lediglich einen Vertreter besessen (vergl. 19 B Neu, Nr. 1). Am 31. Okt. 1908 ernennt Oldenburg Boden zum stellvertretenden oldenburgischen Bundesratsbevollmächtigten und im Gegenseitigkeitsverhältnis wird der oldenburgische Gesandte Dr. v. Eucken-Addenhausen anstelle Halleys zum stellvertretenden braunschweigischen Bundesratsbevollmächtigten ernannt.
Die welfisch-hohenzollernsche Hochzeit und die Regierungsübernahme durch Herzog Ernst August am 3. November 1913 schuf enge dynastische Beziehungen zwischen Braunschweig und Preußen. Dies sowie die geographische Nachbarschaft und die wirtschaftlichen Interessen legten eine Wiedererrichtung der Braunschweigischen Gesandtschaft bei Preußen nahe (vergl. 19 B Neu, Nr. 4 hierzu und zum Folgenden). Der Regent Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg hatte die Wiederherstellung bereits häufig gewünscht. Boden seinerseits hatte nach Meinung des Staatsministeriums teilweise Dienste geleistet, die eigentlich einem Gesandten zustehen, obwohl er bisher bei allem Entgegenkommen der preußischen Behörden keine feste Stellung bei Hofe einnahm. Bodens Stellung würde ferner durch eine Gesandtenstelle in Berlin bedeutend günstiger, insbesondere auch mit Rücksicht darauf, daß seine Bundesratskollegen in der Regel diesen Titel hatten.

Boden selbst hielt die Gesandtschaftsform hinsichtlich der einzelstaatlichen Vertretung in Preußen und beim Reich für die empfehlenswerteste. Zudem diente seine Dienststelle den unmittelbaren Interessen Braunschweigs im weitesten Maße. Aus diesen Gründen wurde Boden zum 1. Mai 1914 zum a.o. Gesandten und bevollmächtigten Minister am Königl. Preußischen Hof ernannt und dort diplomatisch beglaubigt. Wenige Monate später wuchsen ihm infolge des Kriegsausbruchs neue Vertreterstellungen für andere Länder zu, von denen die Verbindung mit Anhalt von Dauer bleiben sollte. Bereits durch die von ihm selbst befürwortete Beförderung zum Gesandten hoffte Boden insgeheim, die 1906 bei Cramms Abgang verlorene Stellvertretung für die anhaltische Bundesratsstimme wiedergewinnen zu können. Er selbst hatte diesen Stimmenverlust bereits 1906 bedauert, hoffte auf einen dereinstigen Wiedergewinn der Stimme und glaubte im Januar 1914, daß Anhalt eine erneute Mitvertretung durch Braunschweig wegen der früheren gemeinsamen Vertretung, der geographischen Nachbarschaft und seiner wirtschaftlichen Interessen begrüßen werde (vergl. 19 B Neu Nr. 1, Nr. 2). So wird Boden am 14. August 1914 zum stellvertretenden Bundesratsbevollmächtigten für Anhalt bestellt (die Vollmacht galt zum 1. Oktober 1914). Dies rief nachhaltige Verstimmung beim oldenburgischen Gesandten Dr. v. Eucken-Addenhausen hervor, der Anhalts Stimme seit 1906 führte und seinem Nachfolger die Anhalt betreffenden Bundesratsakten nunmehr übersenden mußte. Nichtsdestoweniger war er infolge seiner Teilnahme am Kriege genötigt, Boden zusätzlich die Stellvertretung für die oldenburgische Gesandtschaft bei Preußen sowie für die oldenburgischenBundesratsgeschäfte während der Dauer seiner Abwesenheit vom [11.] August 1914 bis [9.] Oktober 1916 zu überlassen. Desgleichen mußte er Boden für dieselbe Zeitdauer die von ihm ausgeübten Stellungen eines Stellvertretenden Bundesratsbevollmächtigten für Lippe [ab 20.8.] und für Schaumburg-Lippe [ab 12.8.] übertragen. Die Rückkehr von Euckens aus dem Felde im Herbst 1916 führte wegen der Bundesratsstellvertretungen erneut zu ernsten Unstimmigkeiten mit Boden. Jedenfalls gab letzterer alle 1914 übernommenen Vertretungsämter für Oldenburg, Lippe sowie Schaumburg-Lippe wieder ab. Das seit 8 Jahren bestehende gegenseitige Stellvertretungsverhältnis zwischen Braunschweig und Oldenburg findet dadurch sein Ende, daß Boden am 9. Oktober 1916 vom Amt eines stellvertretenden oldenburgischen Bundesratsbevollmächtigten entbunden wird.

Personal
Seit dem Dienstantritt Bodens 1906 hatten sich die Dienstgeschäfte laufend vermehrt, insbesondere durch die braunschweigische Thronfolgefrage. Durch die Ausweitung der Bundesratskompetenzen auf die Wirtschaftsgesetzgebung im Weltkrieg wurde eine weitere gewaltige Arbeitsvermehrung auf diesem Sektor mit entsprechender Aktenproduktion hervorgerufen. Der Minister Wolff bezeichnete Boden im September 1916 in einem Schreiben an den Reichskanzler Bethmann-Hollweg als "die Seele der amtlichen Tätigkeit im Herzogtum für die Kriegsverhältnisse", dem die wesentlichsten Verdienste um die Kriegsorganisation des Herzogtums und deren Durchführung gebührten (12 A Neu Fb. 13 Nr. 13492). Aus diesem Grunde sowie infolge der bis zum 31.3.1934 nicht mehr unterbrochenen Amtstätigkeit als stellvertretender Anhaltischer Bundesrats-/ Reichsratsbevollmächtigter und durch die Neueinrichtung der Braunschweigischen Gesandtschaft in Preußen wurde die Dienststelle im Kriege und in der Zeit der Weimarer Republik personell zunehmend vergrößert. Schon in den letzten Jahren vor 1914 hatte Boden für Schreibarbeiten Hilfskräfte aus den Reichsämtern ausgeliehen. Im Jahre 1914 bestand das Stammpersonal der Dienststelle nur aus den zwei Beamten Boden und Küsel; Angestellte und Verwaltungsarbeiter fehlten. Küsels Tätigkeit war anspruchsvoll und umfaßte 1909 vorbereitende Feststellungen und Erkundigungen in den Kanzleien der Reichsämter, preußischen Ministerien oder sonstigen Amtsstellen über Sachstand, Entschließungen, Zuständigkeiten, Namen der Referenten. Im Urlaubsfalle vertrat Küsel Boden direkt.

Vom 23. Oktober 1914 bis zum 31. Juli 1915 wurde Karl Heese (geb. 1885) vorübergehend als Bürogehilfe beschäftigt. Aufgrund einer längerdauernden Erkrankung des Kanzleirats Küsel wird Heese als Ersatz zum 1. November 1919 wiederum als Kanzleigehilfe eingestellt.
Seine Beförderungen:
1.1.1921: Ministerialassistent
1.5.1921: Regierungssekretär
1.12.1924: Ministerialinspektor
Im November 1930 mußte Boden ein Dienststrafverfahren gegen Heese einleiten, da dieser Schulden machte sowie nichterledigte Dienstakten und Drucksachen in den Jahren 1919 - 1928 vielfach in seiner Privatwohnung aufbewahrt hatte. Am 11. März 1930 war Heese deshalb von Boden vorläufig des Amtes enthoben worden.
Vom 15. Oktober 1915 bis Ende November 1918 war Rudolf Müller in der Dienststelle als Schreibhilfe tätig. Er bearbeitete hauptsächlich braunschweigische Angelegenheiten und Kriegswirtschaftssachen. Ende November 1918 verließ er auf eigenen Wunsch die Gesandtschaft.

Zeitlich vorweggreifend sei hier erwähnt, daß schließlich seit Juli 1919 Erich Plagge bei der Gesandtschaft nachweisbar ist, der aus dem braunschweigischen Verwaltungsdienst eigens nach Berlin geschickt wurde, um sich als Küsels Nachfolger zu qualifizieren. Nachdem Küsel, dessen Gesundheit im aufreibenden Gesandtschaftsdienst gelitten hatte, auf eigenen Wunsch zum 1.1.1921 pensioniert wurde, wurde Ministerialassistent Plagge als Nachfolger desselben am gleichen Tag zum Bürodirektor ernannt. Er blieb in dieser Stellung bis zur Aufhebung der Dienststelle 1934 und war dann im braunschweigischen Staatsministerium im ähnlichen Amt tätig (als Bürovorsteher).

Die Novemberrevolution von 1918 bringt einen bedeutsamen Einschnitt in die Geschichte der braunschweigischen Vertretung in Berlin. Obwohl sich im Endergebnis personell nichts ändert und die alte Aufgabenstellung mit Veränderungen weitergeführt wird, herrscht doch monatelang Ungewißheit über das weitere Schicksal der Dienststelle, ehe die Weimarer Reichsverfassung im August 1919 klare Verhältnisse schafft. Die Entwicklung in den Übergangsmonaten kann hier nur angedeutet werden.
In der revolutionären Übergangszeit bis zur Eröffnung der Nationalversammlung am 6. Februar 1919 konferierte der Rat der Volksbeauftragten mit Vertretern der Landesregierungen in sogenannten Staatenkonferenzen. Am 25. Januar 1919 fand in Berlin eine weitere Staatenkonferenz zur Beratung der Vorarbeiten für die Reichsverfassung statt, die eine Kommission zur Behandlung der Einzelfragen einsetzte. Aus der vom 26. bis 30. Januar tagenden Länderkommission ging mit dem Gesetz vom 10. Februar 1919 über die vorläufige Reichsgewalt der Staatenausschuß hervor, in dem die Länder durch einen oder mehrere Regierungsbeauftragte vertreten waren. Dieser Staatenausschuß stellte wieder eine ständige Gesandtenkonferenz dar. Er hatte ein eigenes Gesetzesiniativrecht sowie ein Zustimmungsrecht zu Gesetzesvorlagen der Reichsregierung, jedoch kein Vetorecht. Der Staatenausschuß tagte sodann vor Erlaß der vorläufigen Reichsverfassung am 1. Februar in Berlin und am 5. bis 8. Februar in Weimar.
Bis zum Frühjahr 1919 ist sich die braunschweigische Regierung über die endgültige Gestaltung, Bezeichnung und personelle Besetzung des bisherigen braunschweigischen Gesandten- und Bundesratsvertretungspostens nicht schlüssig. Bereits im November unterrichtet Boden die neue braunschweigische Regierung über seine bisherigen Aufgaben und Geschäfte. Am 16. November 1918 wird er als Vertreter der Republik Braunschweig bei der Reichsregierung bestellt. Im Februar 1919 sollte dann eigentlich das Mitglied des Rates der Volkskommissare in Braunschweig, Paul Junke, in den Staatenausschuß entsendet werden, dessen Mandat jedoch von der Reichsregierung nicht anerkannt wurde.

Daraufhin wurde Boden am 27. Februar 1919 offiziell von der braunschweigischen Landesversammlung zum Gesandten und Staatenausschußmitglied für Braunschweig gewählt und nominiert. Seit Februar 1919 fungierte er zugleich als Bevollmächtigter Anhalts im Staatenausschuß, offiziell bestellt wurde er dazu am 26.7.1919. Nach Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung wird Boden dann am 12. August zum ständigen Stellvertreter des braunschweigischen und anhaltischen Reichsratshauptbevollmächtigten in Berlin ernannt mit der Amtsbezeichnung "Gesandter". Die Dienststelle hieß "Gesandtschaft". Seit dem März 1921 nahm Boden auch die Interessen von Mecklenburg-Strelitz im Reichsrat durch Bevollmächtigung von Fall zu Fall wahr. Zum 12.4.1923 wurde dieses Verhältnis dergestalt institutionalisiert, daß Boden offiziell ständiger stellvertretender stimmführender Bevollmächtigter dieses Landes zum Reichsrat und zugleich dessen Vertreter bei der Reichsregierung wurde. Doch wurde darüber kein Vertrag geschlossen. Nach Aufhebung der Innerdeutschen Gesandtschaften zum 31.3.1932 kam das auch in der neuen Behördenbezeichnung zum Ausdruck, die fortan den Titel führte: "Braunschweigische, Anhaltische und Mecklenburg-Strelitzsche Vertretung beim Reich".
Nicht ganz zu trennen von dieser Amtsstellung Bodens im Reichsrat ist sein Posten als Gesandter seines Staates beim größten Einzelstaat Preußen bzw. dem Gesamtstaat als solchen, dem Reich. Persönlich besaß er seit 1914 den Gesandtentitel. Indessen waren Charakter, Stellung und Bezeichnung der innerdeutschen Gesandtschaften in der Weimarer Republik umstritten und zeitweise ungeklärt.
Über die Neuinstitutionalisierung der innerdeutschen Gesandtschaften im allgemeinen und der braunschweigischen im besonderen gab es ein langes Hin und Her. Am 16. November 1918 erläutert Boden der neuen Regierung gegenüber die Aufgaben seiner Dienststelle, die als Gesamtbehörde die Bezeichnung "Gesandtschaft" führt:
a) Gesandtschaftliche Geschäfte
b) Bevollmächtigtengeschäfte zum Bundesrat sowie Wahrnehmung der bundesstaatlichen Interessen bei Reichs- und Preußischen Behörden

c) Braunschweigische Einwohnerangelegenheiten auf allen Gebieten und aus allen Bevölkerungsschichten, die direkt oder durch die Vermittlung der braunschweigischen Regierung an ihn gelangen.

Nachdem zunächst daran gedacht war, daß Paul Junke nach Bodens Abgang die Gesandtengeschäfte in Berlin übernehmen soll, wurde letzterer am 8.2.1919 bis zum 1. Juli d. Js. vorläufig mit der Fortführung der "Gesandtschaftsgeschäfte" beauftragt. Am 22. Februar 1919 fragt Boden in Braunschweig an, ob die Gesandtschaft zum 1. April aufgelöst wird. Zugleich hat er seine Privatwohnung, die zugleich Gesandtschaftsdomizil ist, zu diesem Termin gekündigt. Noch am 19. Mai benachrichtigt die braunschweigische Regierung Boden, daß unter Fortfall der Gesandtschaft nur eine Vertretung Braunschweigs im Staatenausschuß geplant sei. Am 30. Mai 1919 rückt indessen der Rat der Volkskommissare vom Plan der Aufhebung der Gesandtschaft ab und macht sich Bodens Vorschlag zu eigen, diese Stelle als allgemeine Interessenvertretung Braunschweigs bis September 1919 vorerst zu belassen und dann eine Neuregelung zu treffen. Am 15. Juli unterrichtet Boden seine Regierung davon, daß das Reich die innerdeutschen Ländergesandtschaften aufheben will. Für Braunschweig wäre das materiell und hinsichtlich der Stellung nachteilig, da eine Gesandtschaft gegenüber einer bloßen Reichsvertretung besonderen Sicherheitsschutz, Steuerfreiheit und Freiheit von Zwangseinquartierung genieße.
Auch Preußen beabsichtigte im Juli 1919 die bei ihm beglaubigten einzelstaatlichen Gesandtschaften aufzuheben (zum 1. Oktober 1919), die bisher im Genuß der völkerrechtlichen Zugehörigkeit zum diplomatischen Korps waren. Die Länder beharrten weiter auf den gesandtschaftlichen Landesvertretungen in Berlin, um so dem Lagevorteil der Preußischen Behörden im Verkehr mit den Reichsbehörden entgegenzuwirken. Die braunschweigische Regierung erklärte sich im September 1919 gegen die Auflösung der Gesandtschaften bei Preußen, nachdem sie bereits am 11. August Boden zum Gesandten bei der Preußischen Staatsregierung und zugleich als Vertreter Braunschweigs beim Reich bestellt hatte. Damit war die Gesandtschaft braunschweigischerseits wieder fest eingerichtet.

Im Jahre 1919 schuf Boden zugleich die gemeinsame "Braunschweigische und Anhaltische Gesandtschaft". Diese Einrichtung hat er 10 Jahre später als sein Lebenswerk bezeichnet, aus der Braunschweig große Vorteile ziehe: Braunschweig führe dauernd die anhaltische Stimme im Reichsrat und sei Nutznießer des anhaltischen Sitz- und Referatsbesitzes in den Ausschüssen. Zudem werde durch die Mitvertretung die Stellung des braunschweigischen Gesandten bedeutend gestärkt. Auch anhaltischerseits hat man in dieser Gemeinschaftseinrichtung zweier geographisch benachbarter Länder von ähnlicher wirtschaftlicher Struktur stets Vorteile gesehen und Bodens gleichmäßigen Einsatz für beide Länder höchlich gelobt.
Im September 1919 wurde zwischen Braunschweig und Anhalt ein Vertrag über diese gemeinsame Gesandtschaft geschlossen (der später Nachträge erhielt), aufgrund dessen Anhalt ab 1. Oktober 1919 zu einem Drittel deren Kosten mittrug. Dennoch sind Braunschweig und Anhalt selbständige Partner gegenüber Preußen, Boden sowohl anhaltischer wie braunschweigischer Gesandter. Im Mai wird Boden dann als Gesandter Anhalts bei Preußen beglaubigt, fortan heißt die gemeinsame Dienststelle offiziell "Braunschweigische und Anhaltische Gesandtschaft Die üblichen diplomatischen Geflogenheiten im Verkehr mit den Ländergesandtschaften hat Preußen weiterhin beachtet (Beglaubigung, Titulatur, begrenzte Exterritorialität).
Ein formell neuer Geschäftskreis erwuchs der gemeinsamen Gesandtschaft 1921 durch die Angliederung der sogenannten Vertretung beim Reich, die dann ihrerseits die ältere Gesandtschaft bei Preußen von 1932 - 1933/34 um rund 2 Jahre überlebte. Der Reichsminister des Innern schlug am 30. Juni 1921 vor, die innerdeutschen Gesandtschaften bei Preußen aufzulösen oder in Vertretungen beim Reich umzuwandeln. Daraufhin bestellte Braunschweig am 11. August und Anhalt am 5. August 1921 Boden zum Vertreter beim Reich mit der Amtsbezeichnung "Gesandter". Im Dienstverkehr mit dem Reich galt die Bezeichnung "Gesandtschaft" einseitig von den Absendeländern aus. Diese "Gesandten" besaßen keine völkerrechtlich diplomatische Qualität mit den entsprechenden Vorrechten, sondern dienten zur Pflege der mannigfachen Beziehungen zwischen dem Reich und den Ländern.

Das Ende der innerdeutschen Gesandtschaften bei Preußen zeichnete sich ab, als der Preußische Ministerpräsident am 22. Juni 1931 ankündigte, daß Ländergesandtschaften bei Preußen künftig nicht mehr beglaubigt würden und daß Preußen von dieser Einrichtung grundsätzlich abrücke. In den nächsten Monaten bis zur endgültigen Aufhebung derselben am 31.3.1932 äußert sich Boden gegenüber seiner Regierung mehrfach über Wert, Stellung und Aufgaben dieser Dienststelle: Es dominieren bei der Gesandtschaft in Preußen die Reichsgeschäfte. Die Reichsstellen hätten schon seit langen Jahren nicht mehr an "Gesandtschaften", sondern nur an "Vertretung des Landes ... bei der Reichsregierung" geschrieben. Er bedauert den Fortfall der Gesandtenqualität, der den Reichsvertretungen ein besonderes Ansehen gab sowie materiell steuerliche Vorteile bot. Am 9. Februar läßt er sich dahin aus, daß eine neue Titulatur nur als "Reichsrats-Vertretung" oder "Vertretung bei der Reichsregierung" der Doppelfunktion der Länderstellen nicht gerecht würde. Zum 31. März 1932 hoben die letzten deutschen Länder, darunter Braunschweig und Anhalt, ihre Gesandtschaften bei Preußen auf. Die offizielle neue Bezeichnung von Bodens Dienststelle heißt nun ab 1. April ds. Js. "Braunschweigische, Anhaltische und Mecklenburg-Strelitzsche Vertretung beim Reich", womit der vorgenannten Doppelfunktion als Vertretung im Reichsrat und bei der Reichsregierung in der Titulatur Genüge getan war. Als Leiter der Landesvertretung beim Reich führte er weiterhin die Amtsbezeichnung "Gesandter", was das Reich generell anerkannte.

Für die Jahre 1928 - 1931 liegt eine Akte über die Behandlung der Reichsratssachen innerhalb des Staatsministeriums vor (12 A Neu Fb. 13, Nr. 37705): 1928 führt Minister Jasper aus: das Staatsministerium kann nicht alle Reichsratssachen durcharbeiten, sondern nur die für das Land oder allgemein wichtigen; nach Sichtung der Reichsratsverhandlungen erhält Boden allgemeine Anweisungen; Sitzungen und Sitzungsberichte müssen genau daraufhin verfolgt werden, ob Boden eine spezielle Weisung erhalten soll oder ob eine Vertretung von Braunschweig aus nötig ist. Im November 1930 wird der Geschäftsgang folgendermaßen beschrieben: Alle Reichsratsdrucksachen gehen den Ministern und zuständigen Referenten zu; bei unwichtigen Vorlagen entscheidet das Ressort, ob die Mitarbeit des Staatsministeriums im Reichsrat erforderlich ist. Wichtige Angelegenheiten sind: Gesetzgebung usw.; bei ihnen zeichnen alle Minister, bei unwichtigen zeichnet das Ressort allein. Instruktionen an Boden müssen von allen Ministern gezeichnet werden; es ergehen an ihn auch fernmündliche Anweisungen. Die Sitzungen sind daraufhin zu prüfen, ob eine Vertretung von Braunschweig aus oder eine spezielle Anweisung notwendig ist. Im Jahre 1931 heißt es: es erfolgt keine Instruktion bei der Gesetzgebung, soweit das Land Braunschweig überhaupt nicht berührt ist.
In den Jahren 1930 - 1932 klagt Boden bei seinen Regierungen häufig über die enorme Geschäftsbelastung. Auch die ständige Beigabe eines zweiten höheren Beamten in der Person des Legationsrats von Stutterheim half nicht mehr bei der zunehmenden Aufgabenfülle. Hermann v. Stutterheim hatte folgende Laufbahn:
geb. 21.11.1887 in Braunschweig
Mai 1920: auf dringendes Ansuchen Bodens der Gesandtschaft zur Aushilfe zugestellt. Er ist seiner Stellung nach vortragender Beamter und Regierungsrat
Aug. 1920: stellvertretender Reichsratsbevollmächtigter für Braunschweig
6. Aug. 1920: desgleichen für Anhalt
17. Oktober 1921: Legantionsrat
1. April 1923: erhält er die neugeschaffene Stelle eines Oberregierungsrates bei der Gesandtschaft
1. Febr. 1925: in diese Stelle "befördert"

Vom 1. März 1934 an ist Stutterheim vom Staatsministerium zum Dienst in der Reichskanzlei beurlaubt, seine Personalakten werden am 19.3.1934 an die Reichskanzlei übersandt. Dort wird er Ministerialrat in der Reichskanzlei, Persönlicher Referent des Chefs der Reichskanzlei, zuletzt Reichskabinettsrat (vgl. Ursachen und Folgen, Hrg. von H. Michaelis und E. Schraepler, Biographisches Register Teil 2, S. 718, Berlin 1979). Stutterheim ist Verfasser des Buches: "Die Reichskanzlei" (Berlin 1940, Schriften zum Staatsaufbau Heft 45) [Personalakte von H. v. Stutterheim: 12 Neu 7 Nachtr. II Nr. 492].

Stutterheim leitete insbesondere die Geschäfte der braunschweigischen Wirtschaftsstelle bei der Gesandtschaft und mußte Boden bei dessen Abwesenheit im Reichsrat (Plenum, Ausschüsse) vertreten. 1923 bearbeitet er die Bereiche Ernährung, Steuern und Polizei. 1922 klagt Boden bereits, daß er und Stutterheim die laufenden Reichsratsgeschäfte sowie die täglich eingehenden zahlreichen Anfragen aus beiden Ländern allein nicht schaffen könnten. Zusätzlich muß der Bürodirektor zum "Außendienst" herangezogen werden und in den laufenden Kommissionen bei Reichs- und preußischen Stellen einspringen und auch in Sitzungen vertreten. Im Jahre 1928
entsprach der Dienstumfang der Braunschweigischen Gesandtschaft demjenigen der hessischen oder hamburgischen Reichsvertretung. Dazu kamen repräsentative Verpflichtungen Bodens gegenüber Reichsstellen und heimischen Kreisen.
Der Personalstand umfaßte 1926: vier Beamte, zwei Angestellte, 2 Verw.-Arbeiter (1914: zwei Beamte, keine Angestellten oder Verwaltungsarbeiter)
Eine Aufstellung vom 18. März 1930 über die Reichsratsgeschäfte der Braunschweigischen Vertretung ergibt für 1929 folgende Zahlen:
38 Vollsitzungen des Reichsrates
39 Ausschußsitzungen des Reichsrates im Monatsdurchschnitt
16 Sitzungen des interministeriellen Ausschusses

Die Höhe der Tagebuch-Nummern der Gesandtschaftsakten bestätigen dieses Bild.
Insbesondere in den Jahren 1931 - 1932 beschwert sich Boden über die enorme Arbeitsbelastung seiner Dienststelle: Das Staatsministerium übersandte alle Reichssachen - ohne den Versuch einer örtlichen Regelung in Braunschweig - kurzerhand mit Bearbeitungsweisungen an Boden als Sofortauftrag (vergl. 19 B Neu Nr. 24).
Die Farce der Ernennung Hitlers zum braunschweigischen Regierungsrat auf einer Planstelle beim Landeskultur- und Vermessungsamt mit gleichzeitiger Versetzung zur Braunschweigischen Gesandtschaft in Berlin als Sachbearbeiter in Wirtschaftsfragen am 25. Febr. 1932 hatte keine personellen oder geschäftlichen Konsequenzen für die Dienststelle, da Hitler sich nach der Vereidigung sofort auf Dauer beurlauben ließ und am 16. Februar 1933 um Entlassung bat. [s. 12 A Neu Findbuch 7 Nachtrag III Nr. 235].
In den Jahren 1933 - 1934 vollzog sich die Auflösung der braunschweigisch-anhaltischen Doppelgesandtschaft und der Dreiervertretung beim Reich und im Reichsrat stufenweise. Durch die Gesetze zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich vom 31. März 1933 und 7. April 1933 wurden die Länder, insbesondere durch die Einsetzung der Reichsstatthalter als selbständige politische Körperschaften degradiert.
Infolge der politischen Umwälzung und auch aus gesundheitlichen Gründen wünscht Boden zum 1. Juli 1933 pensioniert zu werden. Da aber sowohl die nationalsozialistischen Minister in Braunschweig und Anhalt wie der Reichsstatthalter beider Staaten und die Mecklenburg-Strelitzsche Regierung diesen Wunsch sehr bedauern und das Verbleiben des erfolgreichen Diplomaten auf dem Berliner Posten wünschen, bittet Boden am 5. Juli 1933 um seine Versetzung in den Ruhestand erst zum 1.4.1934.

Bereits zum 31. Dez. 1933 findet infolge der Vereinigung der Länder Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin die bisherige Vertretung von Mecklenburg-Strelitz im Reichsrat und beim Reich durch die Braunschweigische Gesandtschaft ihr Ende. Die kurzfristige Aufkündigung des Gemeinschaftsverhältnisses durch MecklenburgStrelitz war möglich, weil dieses ohne Vertrag und ohne Kündigungsfrist lief. Boden gibt daraufhin 29 Spezialakten, die in den Jahren 1921 - 1933 erwachsen sind, an diesen Staat ab. Das vereinte Mecklenburg benennt einen neuen Reichsratsvertreter als Nachfolger für Boden.
Das "Gesetz über den Neuaufbau des Reiches" vom 30. Januar 1934 beseitigt die staatsrechtliche Existenz der Länder durch den Ubergang ihrer Hoheitsrechte auf das Reich. Reichsrat und Ländervertretungen in Berlin hatten keine Existenzberechtigung mehr. Durch Gesetz vom14. Februar 1934 wurden beide dann auch aufgehoben (RGBl 1§34 I Seite 75). Aufgrund einer Verfügung des RMdl vom 31. März 1934 kann sich die verbleibende Abwicklungsstelle nur noch "Braunschweigische und Anhaltische Vertretung" ohne den Zusatz "beim Reich" nennen. Das Braunschweigische Staatsministerium verfügt am 27.2.1934 das Ende der Tätigkeit der Abwicklungsstelle zum 1.4.1934. Am 5. März berichtet Boden, daß zum 1. März Legationsrat v. Stutterheim ausgeschieden sei und daß bald die beiden Stenotypistinnen (Frl. Hoffmann und Frl. Bauer) ebenfalls in den Dienst der Reichskanzlei überwechseln würden. Die beiden verbleibenden Bürobeamten würden die Räumung und die Abwicklungsgeschäfte durchführen. Am 17. April führt die Dienststelle noch den Titel "Braunschweigische, Anhaltische Abwicklungsstelle". Am 21. April 1934 meldet Boden dann, daß die Tätigkeit der Abwicklungsstelle an diesem Tage beendet sei (12 A Neu Fb. 7a Nr. 3769). Damit war die braunschweigische Behörde endgültig aufgelöst.
Anhalt wünschte die Beibehaltung einer Vertretung in Berlin zur Wahrnehmung besonderer anhaltischer Angelegenheiten durch einen sachkundigen Geschäftsträger und bittet Boden am 28. Febr., dieses Amt zu übernehmen. Boden blieb Leiter dieser "Vertretung Anhalts in Berlin" mindestens bis 25. Juli 1935 (12 A Neu Fb. 13, Nr. 37825). Noch 1943 bestand diese Dienststelle in Berlin (s. Schreckenbach S. 422).

Die anhaltische Regierung äußerte sich am 28. Februar 1934 gegenüber dem braunschweigischen Staatsministerium abschließend folgendermaßen über Boden: er hätte gediegene Sachkunde, unermüdlichen Fleiß und Eifer, diplomatische Gewandheit und feinen Takt vereint. Sein Wirken habe auch in Presse und Öffentlichkeit allgemeine Anerkennung gefunden. Durch den am 7.4.1933 eingesetzten gemeinsamen Reichsstatthalter für Braunschweig und Anhalt (der in Personalunion Gauleiter von magdeburg-Anzhalt war) blieben beide Länder bis zum Zusammenbruch 1945 weiterhin in einer gemeinsamen Institution verbunden.
Mit der Aufhebung des Reichsrats am 14. Februar 1934 war die weitere Mitgliedschaft von Reichsratsbevollmächtigten im Verwaltungsrat der Deutschen Reichspost nicht mehr vereinbar. Aus diesem Grunde erlosch auch die seit dem 14.3.1924 bestehende Mitgliedschaft Bodens in diesem Gremium. Am 19. Februar 1934 teilt der Reichspostminister Boden diese Tatsache mit und dankt ihm ausdrücklich für die "von höchster Sachkunde" getragene aufopfernde Wirksamkeit als Berichterstatter für den Haushalt der Deutschen Reichspost. Aus Bodens Antwort vom 21.2.1934 wird deutlich, daß er sich in seiner seit 1906 ausgeübten Tätigkeit als Berichterstatter des Bundesrats/Reichsrats für das Postwesen und als Mitglied des Reichspostverwaltungsrats sehr wohl gefühlt hat. Vor 1924 war Boden bereits Mitglied des Verkehrsbeirats im Reichspostministerium gewesen.
Über das Datum des Ausscheidens Bodens aus der Kaliberufungsstelle ist nicht bekannt. Die Kaliprüfungsstelle war mit dem Gesetz vom 19. Juli 1919 ins Leben gerufen worden. Sie bestand aus einem Vorsitzenden und 6 vom Reichskalirat gewählten Beisitzern. Diese Stelle war für Berufungen zuständig, die gegen Entscheidungen der für Arbeits- und Produktionsplanung zuständigen Kaliprüfungsstelle eingelegt wurden. (Über Aktenverbleib siehe: Das Bundesarchiv und seine Bestände, 3. Aufl. 1977, S. 97 f; ferner Ohlendorf: s. Literaturverzeichnis unten).

V. Büro- und Registraturverhältnisse der Braunschweigischen Gesandtschaft, Abgaben ans Archiv, Kassationen.
Das Geschäftslokal der Braunschweigischen Gesandtschaft bzw. Vertretung und damit auch die Unterbringung der Registratur wechselte durch Umzüge häufig, die nicht ganz lückenlos zu erfassen sind. [Zum Folgenden vergl. Braunschweiger Adreßbuch, Braunschweiger Staatskalender]. Liebe schreibt 1876, daß er Akten und Drucksachen bei sich aufbewahren müsse: "teils in einem für Schreiberei eingeräumten Zimmer, teils in meinem Arbeitszimmer"., Damals war bereits alles überfüllt und die exakte Ordnung gefährdet. 1882 zog Liebe dann um. Als Liebe 1885 starb fand sich die gesamte Dienstregistratur vollständig in seiner Wohnung vor. Sie war nach Gegenständen geordnet. Wahrscheinlich hatte er sie auch in all den vorhergehenden Jahren dort verwahrt, denn Küsel war damals lediglich PrivatSekretär. Im 4. Quartal des Jahres 1885 zieht die "Kanzlei" nach der Genthiner Str. 12 um. Ein weiterer Umzug fand offenbar 1894 statt (19 B Neu Nr. 25). Spätestens ab 1898 domiziliert die Gesandtschaftskanzlei in Berlin West, Ansbacher Str. 56, von 1901 bis 1907 ebendort, Bayreuther Str. 14. Mit der Kanzlei verbunden ist die Privatwohnung von Küsel. Seit spätestens 1891 verfügt die Dienststelle über einen Fernsprecher. Zeitungen bezieht sie seit mindestens 1885 laufend.
Anläßlich des Ausscheidens von Cramm aus dem Dienst nehmen ein braunschweigischer Finanzrat und Boden eine Bestandsaufnahme der Gesandtschaftsregistratur vor. Am 18. Dez. 1905 wurde festgestellt, daß sich alle Gesandtschafts- und Bundesratsakten in der Wohnung Küsels befinden, und zwar sowohl in dem einzigen Dienstraum des Ge sandtschaftssekretariats wie in zwei Kammern seiner Privatwohnung (vergl. 12 A Neu Fb. 5, Nr. 1560): Parlamentdrucksachen, Gesetzblätter, Staatshandbücher, Ranglisten etc., Zeitungen fanden sich an. Die Akten waren nach Materien und Jahrgängen geordnet, die Geschäftstagebücher eingebunden. Die Registratur wurde "in leidlicher Ordnung befunden". Untergebracht war alles in 4 Bücherregalen, 3 (Akten)schränken, 2 offenen Regalen und 2 Borten. Durch Vertrag lieferte ein "Literarisches Büro" laufend Zeitungsausschnitte (vornehmlich auf Braunschweig bezüglich).

Im März 1906 macht Boden eine Bestandsaufnahme der Gesandtschaftsregistratur und stellt fest, daß zu viele Bücher und Drucksachen aufbewahrt worden seien. Das Dienstinventar blieb dann bis Ende 1913 unverändert (2 Aktenschränke, 6 Drucksachenrepositorien). Das Gesandtschaftsdomizil wechselte danach folgendermaßen:
Kanzlei:
1908-1909: Wilmersdorf, Augustastr. 55
1910 - 1916: ebenda, Augustastr. 25
1916: Berlin West 8, Händelstr. 10
1919-1926: Berlin West, Am Karlsbad 12-13 (zugleich Bodens Privatwohnung)
1926-1934: Berlin West 62, Lützowplatz 6 (zugleich Bodens Privatwohnung)
Von 1908 bis 1916 hatte sich die Kanzlei offenbar weiterhin in Küsels Privatwohnung befunden.
Ein undatierter Grundriß der letzten Unterkunft des Gesandten und der Dienststelle am Lützowplatz weist folgende Diensträume auf:
1 Zimmer des Gesandten
1 Zimmer des Legationsrats
1 Büroraum
1 Schreibmaschinenzimmer
2 Repräsentationsräume: Salon und Eßzimmer
Der Briefkopf der Gesandtschaft/Vertretungsschreiben trug folgende Behördenbezeichnungen:
1905 "Braunschweigische Gesandtschaft Berlin"; "Herzoglich Braunschweig-Lüneburgische Gesandtschaft
1906- 1914 "Der Herzoglich Braunschweigische Bevollmächtigte zum Bundesrat"
1914 "Herzoglich Braunschweigische Gesandtschaft"
1919-1920 "Braunschweigische Gesandtschaft"
1920-1926 "Braunschweigische und Anhaltische Gesandtschaft"
1928-1932 "Braunschweigische und Anhaltische Gesandtschaft Mecklenburg-Strelitzsche Vertretung bei der Reichsregierung"
1932 "Braunschweigische, Anhaltische und Mecklenburg-Strelitzsche Vertretung beim Reich"

Die Registraturverhältnisse der Gesandtschaft/Vertretung sind mangels älterer Aktenpläne und Geschäftstagebücher etc. nicht mehr rekonstruierbar. Zumindest Liebe und Boden besorgten die Aktenbildung persönlich: Liebe bevorzugte Einzelsachakten, die er selbst beschriftete und z.T. in bunter Mischung jahrgangsweise gebündelt zusammenfaßte. Unter v. Cramms Leitung wurden vornehmlich rein chronologische Serienakten, sogen. "Jahresakten" gebildet, die die verschiedensten Betreffe, die im Laufe eines oder mehrerer Jahre anfielen, zusammenfaßten. Boden wiederum bevorzugte die Sachakte, die er durch genaue persönliche Anweisungen an den Büroleiter anlegen ließ. Das bevorzugte Gliederungselement innerhalb der Akten war seit 1906 die Büroklammer oder ein Papierumschlag, die die Einzelvorgänge voneinander schieden. Die Mehrzahl der Akten des vorliegenden Bestandes trägt alte Aktentitel. Eingelegte oder angeklebte Aktenschwänze machten z.T. auf den Inhalt aufmerksam. Fadenheftung oder Lochung kommt bei den überwiegend losen Faszikeln fast gar nicht vor.

Liebe und Boden behandeln übrigens im Gegensatz zu v. Cramm alle Geschäftsvorgänge sehr ausführlich unter Berücksichtiglang aller Umstände und Gesichtspunkte und berichteten umfassend. In Liebes Geschäftsvorgängen finden sich viele privatdienstliche Korrespondenzen mit braunschweigischen Ministern und Beamten, insbes. Hofbeamten, so mit den Ministern Goertz-Wrisberg und Schulz sowie mit den persönlichen Adjutanten und - Kammerherrn des Herzogs. Ferner pflog er privatdienstliche Korrespondenz mit Oldenburger, Bückeburger, Waldecker, Dessauer, Rudolstadter und Berliner Kollegen und Beamten. Boden korrespondierte daneben mit Privaten, Firmen, Wirtschaftskreisen, staatlichen und sonstigen Stellen und spann überallhin im Interesse der von ihm vertretenen Länder Fäden. Insofern war er nicht nur in der eigenen Selbsteinschätzung der geborene Diplomat. Seinem Wirken wurde, soweit die Akten erkennen lassen, von allen Seiten höchstes Lob gezollt, selbst wenn sein Eintreten nicht zum vom Petenten gewünschten Ziele führte. Auf die für den Erhaltungszustand dieses Bestandes hinderliche Tatsache, daß Boden grundsätzlich im innerdienstlichen Verkehr mit Bleistift schrieb (fast alle Konzepte, Vermerke. Büroanweisungen etc.) sei ausdrücklich hingewiesen.

Der Geschäftsanfall in der Braunschweigischen Gesandtschaft/Landes Vertretung läßt sich aus den Tagebuchnummern (Journal) auf den ein zelnen Aktenstücken ablesen. In der Ära v. Cramm und Boden wurde offenbar ein Geschäftsjournal für jedes Jahr gesondert geführt, be ginnend mit Nr. 1. Nach dem ersten Weltkrieg erreichten die Tagebuchnummern gegen Jahresende teilweise die Höhe von 3000 und darüber. So trägt noch am 24. Febr. 1934 ein Eingang bei der Gesandtschaft die Tagebuch-Nr. 520.
Über den ursprünglichen systematischen Aufbau der Registratur konnte wenig ermittelt werden. In Liebes Wohnung fand man 1885 die Akten nach Gegenständen geordnet vor. 1905 - 1906 lagerten in Küsels Wohnung im Kanzleiraum auf dem Schreibtisch laufende Akten gesondert nach Materien; in seinem Schlafzimmer in einem großen 32 Fächer enthaltenden Schrank u.a. auch abgelegte Akten (nach Materien und Jahrgängen geordnet). Ab 1906 gab Boden laufend Akten zur Entlastung der Altregistratur und Druckwerke aus der Handbibliothek ab. Das Altrepertorium zu 19 B Neu spiegelt den inneren Aufbau der AbgabeSendungen wieder, die erst ab 1924 systematisch geordnet nach Wolfenbüttel gelangten.
Nach Liebes plötzlichem Tod ist die Registratur z.T. durch den Nachfolger verunordnet worden, der sich aus den Akten seines Vorgängers das passende heraussuchte, möglicherweise neu ordnete und seinerseits fortführte.

Sonderprovenienzen
Als Sonderprovenienzen im vorl. Bestand sind die Handakten anzusehen, die kraft Bodens Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der Deutschen Reichspost sowie in der Kaiiberufungsstelle angefallen sind. Von beiden Sonderprovenienzen sind etwa 1938 im Landeshauptarchiv Akten kassiert worden, u.a. auch Sitzungsprotokolle des Verwaltungsrat der Deutschen Reichspost (Listen der Kassata in 36 Alt Fb. 1, III 28 I Bd. 2).

Zwei Akten aus den Jahren 1841 - 1848 stammen aus dem Privatnachlaß und Dienstnachlaß Liebes (im Altrepertorium die Nr. 77 und 78). Diese Akten sind in folgenden Bestand überführt worden: 19 A Neu Findb. 1 Nachtrag II Nr. 35 - 36
Die sonstigen Sonderprovenienzen, die bei der Braunschweigischen Gesandtschaft/Vertretung erwuchsen, sind, soweit sie gesondert geführt und gelagert wurden, an die zuständigen Stellen abgegeben worden. Es handelt sich um folgende Akten:
Aug. 1916: Rückgabe von Akten, die aus der Mitvertretung für Oldenburg und beide Lippe seit 1914 angefallen sind
Dez. 1933: Abgabe von 29 Spezialakten, die seit 1921 aus der Mitvertretung von Mecklenburg-Strelitz erwachsen sind
6. April 1934: Abgabe von 28 Akten des geschäftsführenden Ausschusses und des Geschäftsordnungsausschusses an das Reichsarchiv [etwa aus d.J. 1921 - 1934]. Boden war [zeitweise] Vorsitzender desselben. [Verz. in 19 B Neu Nr. 9].
7. April 1934 Abgaben von 24 Akten betr. Ausgleichstelle der Länder (1919 - 1934) an die Landwirtschaftsstelle Braunschweig

Bereits 1885 nach Liebes Tod wurde festgestellt, daß die Bundesratsvertretungsakten für Lippe aus der Liebeschen Dienstregistratur nicht herausgelöst werden könnten, da er für alle Regierungen gemeinsam berichtet hätte. Dasselbe war z.T. 1933 der Fall, als Boden bei der Rückgabe der Mecklenburg-Strelitzschen Spezialakten darauf hinwies, daß weitere Vorgänge, die dieses Land betreffen, in den allgemeinen Akten vorlägen.

Kassation
Der vorliegende Bestand ist sehr stark kassiert worden, sowohl in Berlin wie im Archiv in Wolfenbüttel. Nachweislich sind mindestens rd. 2500 Nummern diesen Kassationen zum Opfer gefallen. Es sind höchstens rd. 31 % des ursprünglichen Bestandes erhalten. Die Kassationen vor 1885 sind zahlenmäßig nicht feststellbar. Mit einigen Aktenveruntreuungen durch den Kanzleibeamten Heese ist ferner ebenfalls zu rechnen.

Liebe gibt 1871, 1875 (zweimal), 1876 und 1877 Akten und Drucksachen ab, darunter auch solche aus der Zeit vor 1867. Am 16.2. 1876 bittet er das Staatsministerium, überflüssige und entbehrliche Akten, Schriftstücke und Drucksachen selbst beseitigen zu dürfen (zum Einstampfen oder als Makulatur wegzugeben). Seine Diensträume (Schreibraum, Arbeitszimmer) seien mit Schriftgut überfüllt, die exakte Ordnung gefährdet. Sein Aktenmaterial existiere jedesmal doppelt - im Konzept und Reinschrift. Am 21. Febr. erteilt das Staatsministerium daraufhin die Kassationsgenehmigung für Liebe. Bis Mai 1882 hat er laut eigener Angabe mehrfach davon Gebrauch gemacht, beim bevorstehenden Umzug beabsichtigt er wieder, Drucksachen zu kassieren.
Bis 1885, dem Todesjahr Liebes ist also mit mehreren Kassationen zu rechnen, wobei Umfang und betroffenes Schriftgut dunkel bleiben.
Bei den folgenden großen Kassationen, die in Berlin und Wolfenbüttel in den Jahren 1929 - 1938 vorgenommen wurden, sind genaue Listen der wegkassierten Akten erhalten.
Drucksachen der Braunschweigischen Vertretung gab Liebe an das Archiv ab, Boden von 1906 bis 1909 an die Bibliothek in Wolfenbüttel. Auf Bitten Dr. Zimmermanns überläßt Boden hinfort auch die Drucksachen dem Archiv, das dieselben z.T. aber seinerseits dann an die Bibliothek weitergibt (Einzelheiten, z.T. Verzeichnisse der abgegebenen Drucksachen in 36 Alt Fb. 1, III 28 I Bd. 1 - 2).
Unter den Archivdirektoren Zimmermann und Voges werden die regelmäßig mit Abgabeverzeichnissen eintreffenden Sendungen im Archiv nur kurrent gemacht und in ein Archivrepertorium jeweils gesondert nacheinander eingetragen. Dabei werden die Aktenlaufzeiten und Aktentitel etwas genauer, aber keinesfalls exakt genug erfaßt. Boden seinerseits kümmerte sich teils persönlich um die Abgaben, insbesondere die allerletzten.
Aus der Aktenabgabe vom Mai 1929 kassiert Archivdirektor Voges im Archiv rd. 345 Akten aus allen Sachbereichen der Zeit nach 1918, darunter u.a. politische Betreffe und Verwaltungsrat der Deutschen Reichspost. Archivwürdig schienen ihm nur solche Akten, die eine tätige Mitwirkung der Braunschweigischen Vertretung an der Reichsgesetzgebung erkennen ließen.

Aus der Abgabe vom Juli 1931 kassiert Voges rd. 192 Nummern, darunter viele Reichssachen (auch Auswärtiges).
Von dem im Juli 1933 nach Wolfenbüttel geschickten Akten kassiert Dr. Kleinau im Jahre 1938 rd. 323 Nummern (aus allen Sachbereichen, insbesondere aber Reichssachen).
Am 7. April 1934 übersendet Boden letztmals 338 Akten, die im Archiv nicht mehr zur Kassation gelangten. In Berlin ließ Boden 737 Akten einstampfen, über die er ein Verzeichnis nach Wolfenbüttel sandte. Wiederum sind alle Sachbereiche betroffen, darunter auch Dienststellenverwaltung der Gesandtschaft, geschäftsführender Ausschuß des Reichsrats, Kaliberufungsstelle, Verwaltungsrat der Deutschen Reichspost, politische Angelegenheiten.
Nachträglich nahm Dr. Kleinau 1938 eine Kassation innerhalb aller Aktenabgaben seit 1919 vor, wobei rd. 910 Nummern aus der Zeit seit 1874, stärker erst aber seit ca. 1905, ausgesondert wurden.
Diese Kassata wurden im Altrepertorium zu 19 B Neu gekennzeichnet ("Kass.").
Die Gesamtzahl der in den Jahren 1929 - 1938 kassierten Faszikel beläuft sich auf rd. 2500 Nummern. Im Jahre 1955 fehlten bei einer Überprüfung einige laut Altfindbuch vorhandene Akten (ist dort angemerkt). Der Unterzeichnete kassierte bei der Neuverzeichnung rund 10 ganz belanglose und inhaltsleere Akten.

Kassationslisten finden sich in: 12 A Neu Fb. 13 Nr. 37825 (Kass. 1934)

Als Findmittel diente im Archiv bis zur jetzigen Neuverzeichnung ein Altrepertorium, das insgesamt 1566 Aktentitel aufwies und die einzelnen Abgaben vorwiegend gesondert für sich mehr oder weniger systematisch gegliedert aufführte. Die Abgaben von 1933 und 1934 waren hierin nicht mehr nachgetragen worden. Alte Signaturen des Archivbestandes lauten:

"Gewölbe II, Repertorium 23"
"4 Bört 12»
"3 Std. XI, XII und 33 (Bört)»
Gegenakten und Parallelakten sind im hiesigen Archivbestand 12 A Neu vorhanden. Vorakten birgt der Bestand 19 C Neu: bei dessen Neuverzeichnung müßten möglicherweise einige Akten in den vorl. Bestand 19 B Neu überführt werden. Bislang wurden folgende Akten aus 19 C Neu II in 19 B Neu eingegliedert:
19 B Neu 254, 256, 257, 531, 879; 13 u. 377 = (als Teil in bestehende Akte eingegliedert).
Für die von Braunschweig mitvertretenen Staaten sind Akten in folgenden Staatsarchiven zu erwarten:
Bückeburg
Detmold
Marburg: Bestand 122 (Waldeckisches Landesdirektorium)
Oldenburg
Oranienbaum (für Anhalt)
Rudolstadt
Schwerin (für Mecklenburg-Strelitz)
In der hiesigen Dienstregistratur liegen unter SR 19 B Neu ausführliche Berichte (aus dem Jahre 1976) von Staatsarchiven der Bundesrepublik über Aktenbestände der ehem. Bundesrats-/ Reichsvertretungen der Einzelstaaten.
Die Protokolle und Drucksachen des Bundesrats sowie des Reichsrats lagern in der hiesigen Dienstbücherei. Weitere Drucksachen und Bücher aus der ehemaligen Handbibliothek der Gesandtschaft sind in die hiesige Dienstbücherei gelangt (einzelne Abgabelisten in:
36 Alt Fb. 1, III 28 I; 12 A Neu Fb. 5 Nr. 44; 12 A Neu Fb. 13, Nr. 37825; 19 B Neu Nr. 23). Einige Drucksachen wurden auch an die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel abgegeben (s. oben S. 44).
Akten des Reichsrats sowie des Reichsdisziplinarhofes sind in das zentrale Staatsarchiv in Potsdam gelangt. Schriftgut der Reichskalistellen befinden sich heute im Bundesarchiv sowie (angeblich) in Halle/Saale (s. die entsprechenden Beständeübersichten und Ohlendorf, s. unten Literaturverzeichnis!)

VI. Nachlässe der drei braunschweigischen Gesandten
Leider ist nur ein Nachlaß von den drei Braunschweiger Gesandten in Berlin in das Staatsarchiv gelangt. Burghard von Cramm gab in den Jahren 1891 bis 1911 seinen umfang- und inhaltsreichen Nachlaß selbst an das Staatsarchiv ab (vorhanden in den Beständen 204 N und 298 N). Darunter befindet sich eine Akte (204 N 76), die provenienzmäßig in den vorliegenden Bestand gehört. Ausführliche Personalnachrichten mit Zeitungsausschnitten über v. Cramm enthält ein Band der Dienstbibliothek (Zg. 338/59).

Über Liebes Nachlaß ist leider nicht viel bekannt. Sofort nach seinem Tode bemühte sich der Archivar Paul Zimmermann bei seinem Sohn Viktor um Abgabe der privatdienstlichen Korrespondenzen an das Landeshauptarchiv (vgl. 249 N vorl. Nr. 382). Von Friedrich von Liebe fand sich im vorliegenden Bestand ein Nachlaßsplitter (im Altrepertorium unter Nr. 77 verzeichnet, jetzt 19 A Neu Nachtrag II, Nr. 36). Im Bestand 298 N, 842 befinden sich Abschriften von an ihn und seine Witwe gerichteten Briefen, die Paul Zimmermann 1902 fertigen ließ: Liebes Witwe Anna hatte diese dem Landeshauptarchiv am 29.11.1899 auf dessen Ansuchen zur Auswertung mit der Bitte um Rückgabe überlassen (36 Alt III 32a Vol. III, Tagebuch-Nr. 5586). Liebes Ehefrau Anna starb am 8. April 1900. Sein einziger Sohn Viktor v. Liebe (geb. 1838) stieg im braunschweigischen Justizdienst zum Oberlandesgerichtsrat auf, war Mitarbeiter der Kommission für das BGB und seit 1889 Reichsgerichtsrat. Er forderte am 2. Febr. 1902 das Landeshauptarchiv auf, diejenigen Schriftstücke aus dem Nachlaß seines Vaters an ihn auszuliefern, die seine Stiefmutter "vor Jahren" dem Staatsarchiv übergeben hatte, da er deren testamentarischer Besitzer sei (s. 249 N vorl. Nr. 384). Am 7./8. Februar 1902 wurden ihm die Papiere dann zurückgesandt (36 Alt III 32a Vol. III, Tagebuch-Nr. 5586). Viktor August von Liebes Nachlaß ist verloren. Im Deutschen Zentralarchiv Potsdam existiert seine Personalakte (vermischt mit braunschweigischen Akten) [Mitteilung von Professor Werner Schubert in Kiel Febr. 1978]. Er starb am 13. September 1906 in Berlin unter Hinterlassung seiner Ehefrau und von 3 Töchtern. Seine Tochter Elisabeth von Liebe steht noch 1925 mit der braunschweigischen Gesandtschaft in Verbindung (s. 19 B Neu 1107) [vergl. zum Vorstehenden 27 Slg v. Liebe]. Verschiedene Akten von und betr. Friedrich v. Liebe, darunter auch Korrespondenzen, befinden sich an folgenden Stellen:

202 N 301
241 N
249 N vorl. Nr. 382, 384
259 N 38, 40 - 43
260 N
298 N 842
1 Neu 234
68 Neu
40 Neu Gr. 2 Fb. 3, Zg. 52/65 Nr. 112 - 118
12 A Neu Fb. 5, Nr. 22903 , 3354, Fb. 3 Nr. 42
27 Slg
Friedrich Boden ist am 21.3.1947 in Berlin gestorben (vgl. W. Spieß: Chronik von Braunschweig 1801 - 1950, Braunschweig 1952, S. 128). Über seinen etwaigen Nachlaß ist nichts bekannt. Reste insbesondere Persönlich-Familiäres befanden sich im Jahr 1995 noch im Besitz seiner Fmilie [vgl. auch 39 A Slg]. In 19 B Neu 19 sind die Söhne Walter (geb. ca. 1900, im Jahre 1922 Student der Forstwissenschaft, und Horst (geb. 1907) bezeugt. Eine Tochter Eva (geb. 1902) war mit einem Offizier verheiratet (ebenda Nr. 1102). Ein Bruder des Gesandten war der braunschw. Minister Robert Boden (Personalakte 68 Neu 52; von 1913 bis 8.11.1918 Minister: s. 12 A Neu 13 Nr. 27062). Privatgeschäftlicher Briefwechsel Bodens mit einem Verwandten findet sich in Nr. 1031.

Für die Ausarbeitung der behördengeschichtlichen und bestandgeschichtlichen Angaben im Vorwort wurden folgende Akten benutzt:
- 19 B Neu 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 20, 21, 23, 24, 25, 26, 29, 30, 32, 34, 36, 38, 39, 40, 42, 44, 45, 46, 47, 50, 54, 61, 157, 270
- 204 N 76, 442
- 23 A Neu Fb. 1 Nr. 589
- 12 A Neu Fb. 5 Nr. 5, 14, 28. 29, 32, 33, 34, 35, 39, 43, 44, 1560, 2290
- 12 A Neu Fb. 7 a - 7b Nr. 139 - 155
- 12 A Neu Fb. 13 Nr. 3, 37394 -37406, 37825
- 68 Neu Nr. 52, 234
- 36 Alt Fb. 1 III 28 I Bd. 1 - 2
Der Wert des vorliegenden Bestandes für die Forschung bestimmt sich aus der bedeutsamen Stellung des Bundesrats in der Reichsverfassung, dem umfassenden Geschäftskreis der Gesandtschaft, der Aktivität und der besonderen Qualifikation der Gesandten Liebe und Boden sowie der großen Überlieferungsverluste für die zentralen deutschen Reichsbehörden und Einrichtungen. Der Wert ist für die Reichsgeschichte und Landesgeschichte, von der Kompetenz der Provenienzstellen her gesehen,hoch zu veranschlagen.

Der Bestand wurde in den Jahren 1976 - 1977 vom Unterzeichneten geordnet und verzeichnet. Das Findbuch schrieb Herr Wöhler, das Vorwort dazu Frau Schröder.
Wolfenbüttel, Juni 1982

(Dr. D. Lent)

Parallelakten:
- Drucksachen der braunschweigischen Gesandtschaft in Berlin sind z.T. in die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel gelangt (s. Vorwort, oben S. 2)
- Altfindbuch"Rep. 40, Urkundengewölbe" [jetzt 36 Alt Nr. 1000]. Verzeichnis der Protokolle des Bundestags (1816 ff), des Deutschen Reichstags, des Bundesrates und Reichsrates, Drucksachen etc. [jetzt meist Ya, Amtl. Drucksachen]
- Angeblich befinden sich Akten des Bundesrates in Moskau (unbestätigte Angabe von gutunterrichteter Seite)
- Bestand 03.01. Reichsrat im Deutschen Zentralarchiv Potsdam (s. dortige Beständeübersicht, 1957, S. 39)
- SR 19 B Neu: Detaillierte Mitteilungen des Bundesarchivs und von elf anderen westdeutschen Archiven aus den Jahren 1975 - 1976 Über dortige Aktenbestände der Bevollmächtigten zum Bundesrat/Reichsrat, 1867 - 1934
- 19 A Neu; 19 C Neu
- 5 N 251 - 252, 462
- 68 Neu
- 12 A Neu Fb. 5 Nr. 13 - 56, 1560
- 12 A Neu Fb. 7a - 7b Nr. 139 ff
- 12 A Neu Fb. 13 Nr. 37393 ff, 37825, 4270 ff, 13499£f
- 204 N 77 (Provenienz: 19 B Neu!)
- Dienstbücherei: Ya: Bundesrat/Reichsrat-Protokolle etc.
- 204 N Familie v. Cramm
- Dienstbücherei Zg. 338/59 (Zeitungsausschnitte betr. Burghard von Cramm)
- 12 Neu 7 Nachtr. II Nr. 492
- Akten betr. Liebe: s. Vorwort oben S. 48
- H. Roß: Entwicklung, Aufbau und Aufgaben des Landesarchivs Oranienbaum [betr. Anhalt] (In: Archivmitteilungen 13, 1963, S. 59 - 64)
- Das Bundesarchiv und seine Bestände 3. Aufl., Boppard a. Rh. 1977. - S. 97 f: Verbleib der Akten der Kaliprüfungsstelle
- Kurt Ohlendorf: Archivalische Bestandsinformation zur Geschichte der Monopole und ihrer Verbände in der deutschen Kaliindustrie (In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1970,
S. 227 - 245)
- Wolfgang Benz: Quellen zur Zeitgeschichte, Stuttgart 1973, (Deutsche Geschichte seit dem 1. Weltkrieg Bd. 3, Veröffentlichung des Instituts für Zeitgeschichte)
- Klara van Eyll (Hrg.): Deutsche Wirtschaftsarchive. Nachweis historischer Quellen in Unternehmen, Kammern und Verbänden der Bundesrepublik Deutschland. (Wiesbaden 1978)
Archivbestände zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Weimarer
Republik, Übersicht über Quellen in Archiven der Bundesrepublik Deutschland. Bearb. von Thomas Trumpp und R. Köhne (Boppard a. Rh. 1979)
- Kurt Ohlendorf: Das Wirtschaftsfacharchiv der Kaliindustrie bei der Vereinigung Volkseigener Betriebe Kali in Erfurt (In: Archivmitteilungen Jg. 9, 1959, S. 15 - 17) [= Zuständig für alle Kalischriftgutregistraturen, u.a. auch der Kaliprüfungsstelle)

Literatur:
- Hans Fenske: Reich, Bundesrat und Einzelstaaten 1867 - 1914. Ein Literaturbericht. (In: Der Staat, Bd. 13, 1974, S. 265 - 279)
- Hans Joachim Schreckenbach: Innerdeutsche Gesandtschaften. (In: Archivar und Historiker. Festschrift für Heinrich Otto Meisner, Berlin 1956, S. 404 - 428)
- Ernst Deuerlein: Der Bundesratsausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten 1870 - 1918, Regensburg 1955
- Werner Hillebrand: Das Gesandten- und Agentenwesen des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel am Ende des Alten Reiches 1764 _ 1806/07. (In: Braunschweigisehes Jahrbuch Bd. 44,
1963, S. 119 - 161)
- Lamar Cecil: The German Diplomatie Service 1871 - 1914. Verlag Princeton University Press, Princeton 1976
- Heinrich Otto Meisner: Die Protokolle des Deutschen Bundestags 1816 - 1866. Eine quellenkundliche Untersuchung. (In: Archivalisehe Zeitschrift Bd. 47, 1951, S. 1 - 22)
- Heinz Kreutzmann: Liebe. Hannover 1956 [= Minister Friedrich August von Liebe]
- Ders.: Braunschweig und der deutsche Dualismus 1848 - 1866. Phil. Diss. Göttingen 1950 (masch.sehr.) [ = behandelt vornehmlich Liebes Politik]
- Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 1 - 6, Stuttgart 1960 - 1981 [wird fortgesetzt]
- Christof Römer (Bearb.): Braunschweig (In: Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815 - 1945, begr. von Walther Hubatsch, Reihe B, hrg. Thomas Klein, Bd. 16, Teil I, S. 1 - 311) Marburg/Lahn 1981 [mit erschöpfender Bibliographie]

- Albert Rhamm: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig, 2. Aufl., Braunschweig 1907
- H. von Frankenberg: Das Staats- und Verwaltungsrecht des Herzogtums Braunschweig (Hannover 1909)
- Christof Römer: Regierung und Volk im 19. Jahrhundert. Die Zeit Herzog Wilhelms (1831 - 1884). Braunschweig 1979 (Veröffentlichungen des Braunschweigischen Landesmuseums 18)
- H. Philippi: Preußen und die braunschweigische Thronfolgefrage 1866 - 1913 (Hildesheim 1966)
- Christof Römer: Prinzregent Albrecht - Braunschweig und Preußen 1885 - 1906. Gesellschaftliche, politische und militärische Herrschaftsstrukturen eines Landesstaates im Kaiserreich. Braunschweig 1981 (Veröffentlichungen des Braunschweigischen Landesmuseums 28)
- Karl Lange: Braunschweig Reichsland? Die Alldeutschen und die Thronfolgefrage. In Braunschweigisches Jahrbuch Bd. 60, 1979, S. 109 - 141
- Gerd Heinrich: Geschichte Preußens: Staat und Dynastie. Berlin 1981
- W. Hartwieg: Um Braunschweigs Thron 1912/13 (Braunschweig 1964)
- E. A. Roloff: Braunschweig und der Staat von Weimar. Braunschweig 1964
- F. Boll: Massenbewegungen in Niedersachsen 1906 - 1920. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung zu den unterschiedlichen Entwicklungstypen Braunschweig und Hannover Bonn 1981 [betr. SPD, USPD, Revolution 1918 usw.]
- E.A. Roloff: Bürgertum und Nationalsozialismus 1930 - 1933. Braunschweigs Weg ins Dritte Reich (Hannover 1961)
- Rudolf Morsey: Hitler als braunschweigischer Regierungsrat (In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Heft 4, 1960, S. 419 - 448)
- W. Küchenthal: Etliche Erinnerungen aus ... seiner Tätigkeit von 1925 ab als braunschweigischer Staatsminister und als Vorsitzender des Braunschweigischen Staatsministeriums ... Bd. 1-4 (Hedeper 1971) (Masch.sehr, vervielfältigt) [kritisiert u.a. Morseys Darstellung!]

- B. Schwineköper (Hrg.): Provinz Sachsen-Anhalt (Stuttgart 1975) (Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 11) [mit landesgeschichtlicher Darstellung und Bibliographie von Anhalt]
- Thomas Klein: Sachsen-Anhalt in: Geschichte der Deutschen Länder - "Territorien-Ploetz" Bd. 2, hrg. G.W. Sante (Würzburg 1971), S. 245 - 276)
- Richard Dietrich: Das Reich, Preußen und die Einzelstaaten bis zur Entlassung Bismarcks. Bemerkungen zur Problematik einer Verfassungsgeschichte des Bismarckreiches. In: Festschrift für Hans Herzfeld zum 80. Geburtstag, hrg. von Dietrich Kurze (1972), S. 236 - 256. [Verf. benutzte 19 B Neu!] [Dienstbibliothek Zg. 315/72]
- Binder, Hans Otto: Reich und Einzelstaaten während der Kanzlerschaft Bismarcks 1871 - 1890. Eine Untersuchung zum Problem der bundesstaatlichen Organisation, Tübingen 1971
- Reichert, Hans Klaus: Baden am Bundesrat 1871 - 1890 (Phil. Diss. Heidelberg 1962)
- Schönhoff, Hans Georg: Hamburg im Bundesrat. Die Mitwirkung Hamburgs an der Bildung des Reichswillens 1867 - 1890, Hamburg 1967
- Dahl, Helmut P.: Lübeck im Bundesrat 1871 - 1914. Möglichkeiten und Grenzen einzelstaatlicher Politik im Deutschen Reich. Lübeck 1969
- Kleine, Georg H.: Der Württembergische Ministerpräsident Frhr. Hermann v. Mittnacht (1825 - 1909), Stuttgart 1969 [Die Hälfte des Buches betrifft Bundesratspolitik]
- Rauh, Manfred: Förderalismus und Parlamentarismus im Wilhelminischen Reich. Düsseldorf 1973
- Ulrich Heß: Die Politik der thüringischen Staaten im Bundesrat des Deutschen Reiches 1867 - 1918. In: R. Groß u. M. Kobuch (Hrg.): Beiträge zur Archivwissenschaft u. Geschichtsforschung (Weimar 1977), S. 292 - 316
- Heinrich Otto Meisner: Bundesrat, Bundeskanzler, Bundeskanzleramt 1867 - 1871 (In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 54, 1943, S. 382 433)
- H.J. Schreckenbach: Das Archiv der Sächsischen Gesandtschaft in Berlin (In: Archivmitteilungen 1958, S. 50 ff)
- Findbuch »Generalübersicht zum Bestand 12 A Neu" (masch.sehr.): Im Vorwort ein Abriß der Behördengeschichte des Braunschweigischen Staatsministeriums mit Literaturhinweisen
- Moderne Braunschweigische Geschichte, hrg. von Werner Poös und Klaus Erich Pollmann (Hildesheim, Zürich, New York 1982) [Sammelband mit verschiedenen Themen seit 1832]
- Richard Moderhack (Hrg.): Braunschweigische Landesgeschichte im Überblick (3. Aufl., Braunschweig 1979) [410 S., mit Bibliographie]

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Abgeschlossen: nein

teilweise verzeichnet