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NLA WO 31 Nds

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Arbeitsgericht Braunschweig

Laufzeit

1946-2016

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners

Bereits seit 1927 existieren infolge des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 23. Dezember 1926 erste Arbeitsgerichte auf dem Gebiet des heutigen Landes Niedersachsen. Da die Arbeitsgerichtsbarkeit ursprünglich in der Kompetenz der Amtsgerichte lag, waren auch die Arbeitsgerichte diesen zugeordnet. Nachdem mit Zusammenbruch der NS-Herrschaft alle Gerichte ihre Tätigkeit einstellten, nahmen die Arbeitsgerichte sie auf Anordnung der Militärregierung gegen Ende des Jahres 1945 an den gleichzeitig wiedereröffneten Amtsgerichten erneut auf (Justizblatt für Aurich, Oldenburg und Osnabrück Nr. 3 vom 15. Dezember 1945, S. 19).

Das von der Alliierten Kontrollbehörde am 30. März 1946 erlassene Kontrollratsgesetz Nr. 21 leitete den Neuaufbau der Arbeitsgerichtsbarkeit ein, indem es Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte als selbstständige Gerichte einführte (Justizblatt vom 13. Juli 1946, Nr. 9, S. 71 f.). Diese waren den Provinz- oder Landesarbeitsbehörden unterstellt und damit organisatorisch aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgegliedert. Ihre umfassende Eigenständigkeit gewann die Arbeitsgerichtsbarkeit vor allem durch das am 3. September 1953 verkündete neue Arbeitsgerichtsgesetz. Dadurch wurde sie zu einer eigenen, selbstständigen und durchgängig dreizügigen Fachgerichtsbarkeit. In Niedersachsen ist diese der Landesjustizverwaltung zugeordnet und wird auf unterster Ebene durch Arbeitsgerichte in Braunschweig, Celle, Emden, Göttingen, Hameln, Hannover, Hildesheim, Lingen (Ems), Lüneburg, Nienburg (Weser), Oldenburg, Osnabrück, Stade, Verden (Aller) und Wilhelmshaven gebildet. Ihnen übergeordnet ist das Landesarbeitsgericht mit Sitz in Hannover und in höchster Instanz das Bundesarbeitsgericht mit Sitz in Erfurt.

Eine grundlegende Regelung der Gerichtsverfassung und Ordnung des Prozesses in der Arbeitsgerichtsbarkeit erfolgte über das am 2. Juli 1979 verkündete Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Demnach werden an den Arbeitsgerichten Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern, den Tarifvertragsparteien und den gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (§ 2 Nr. 1-6, 9 ArbGG) in erster Instanz verhandelt. Hierunter fallen u.a. Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dem Eingehung oder Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ergeben. Sie werden im Urteilsverfahren entschieden, wobei die Prozessparteien dazu verpflichtet sind, dem Gericht die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu schildern und gegebenenfalls zu beweisen. Darüber hinaus sind Arbeitsgerichte auch zuständig für Beschlussverfahren (§ 80 ArbGG), in denen die Ermittlung des Sachverhalts ihnen selbst obliegt. Auf diesem Wege werden vor allem Streitigkeiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz (zumeist zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat) und dem Sprecherausschussgesetz (§ 2a Nr. 1 und 2 ArbGG) verhandelt. Hier entscheidet das Arbeitsgericht durch Beschluss. Vom Vorsitz beim Arbeitsgericht ausgeschlossen sind seit der Änderung des ArbGG im Jahr 1961 Nichtjuristen. Die Kammern werden seitdem mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt.

Stand: Juli 2015

Das Arbeitsgericht Braunschweig ist zuständig für die kreisfreien Städte Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg sowie Landkreise Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel. Es bestand längere Zeit aus sechs Kammern. 1993/4 kam eine siebente, 2002 eine achte Kammer hinzu. Die regionalen Zuständigkeiten der Kammern werden jährlich im Geschäftsverteilungsplan geregelt; sie sind in der Regel nicht identisch mit den Landkreisen. Entscheidend für die Zuweisung ist der Erfüllungsort der Arbeitsleistung, hilfsweise, wenn dieser außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Arbeitsgerichts liegt, der Wohnort des Arbeitnehmers bzw. der Sitz/Niederlassung des Arbeitgebers. Für das Jahr 2015 war die Zuständigkeit folgendermaßen verteilt:

- Kammer 1: Salzgitter
- Kammer 2: Clausthal-Zellerfeld, Seesen und Umgebung
- Kammer 3: Goslar, Bad Harzburg und Umgebung
- Kammer 4: Helmstedt und Umgebung
- Kammer 5: Peine und Umgebung
- Kammer 6: Gifhorn und Umgebung
- Kammer 7: Wolfsburg und Umgebung
- Kammer 8: Braunschweig, Wolfenbüttel und Umgebung

Stand: März 2016

Bestandsgeschichte

Der Bestand 31 Nds wurde mit der ersten Abgabe 1960 begründet. Bei den zunächst in unregelmäßigen Abständen stattfindenden Übernahmen fand eine Vorauswahl historisch interessanter Akten durch das Arbeitsgericht statt, die seitens des damaligen Staatsarchivs Wolfenbüttel lediglich überprüft wurde. Ab etwa 1970 wurden in der Auswahl zunehmend auch solche Fälle berücksichtigt, die ein Echo in der Lokalpresse gefunden hatten.

Seit den 1980er Jahren übernahm das Staatsarchiv die Auswahl und Bewertungsentscheidung. Die Akten mussten hierfür einzeln gesichtet werden. Kriterien für eine Übernahme waren zunächst zeittypische Verfahren und Beschlussverfahren einerseits, Fälle mit einer Bedeutung für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Region andererseits. 1989/90 erfolgte eine Übernahme der aus den vernichteten Prozessakten herausgenommenen Urteile zwischen 1946 und 1976 als Sammlung, die als dichte und aussagekräftige Quelle zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Region in der frühen Nachkriegszeit betrachtet wurde.

1990 wurde ein verändertes Bewertungsverfahren angewandt. Es erfolgte einerseits eine Einzelbewertung der Akten der Kammern 1, 2 und 6 (besondere und typische Fälle), andererseits eine Stichprobenauswahl (jede 50. Akte) anhand des Prozessregisters der Akten der Kammern 3-5 (besondere Fälle, v.a. dicke Akten). Weiterhin wurden Beschlussverfahren (BV) und einstweilige Verfügungen (Ga) per Einzeldurchsicht übernommen.

Bereits 1994 erfolgte eine erneute Änderung der Bewertungspraxis, diesmal angelehnt an das in Baden-Württemberg eingeführte Verfahren (siehe dazu: Der Archivar 45, 1992, Sp. 238f.). Danach sollte zunächst eine Stichprobenauswahl (jede 50. Akte) für alle Kammern anhand der Prozessregister seitens des Arbeitsgerichts vorgenommen und ein Verzeichnis mit den Ergebnissen angefertigt werden. Anhanddessen sollte seitens des Archivs eine Stichprobenauswahl für 2/3 der Kammern stattfinden, um besondere Fälle herauszufiltern, einerseits anhand der Namensverzeichnisse (Prozessbeteiligte) zu den Prozessregistern mit anschließender Einzeldurchsicht, andererseits durch eine Augenscheinprüfung am Regal (Umfang der Akten). Bei dem übrigen Drittel der Kammern sowie bei BV- und Ga-Sachen wurde eine Einzelfallbewertung sowohl von typischen wie auch besonderen Fällen vorgesehen. Das Konzept sah vor, die für die Einzelfall- und Stichprobenbewertung vorgesehenen Kammern bei jeder Aussonderung zu wechseln. In dieser Form wurde das Verfahren allerdings nicht umgesetzt: aufgrund der Masse an angebotenen Akten wurde die Menge der Stichprobenauswahl reduziert (jede 50. Akte nur für die Kammern 1 und 2, sonst jede 100.; ab 1998 grundsätzlich für alle Kammern jede 100. Akte), ebenso wurde auf eine Einzelfallbewertung von BV- und Ga-Sachen verzichtet.

Im Jahr 2000 erarbeitete eine Arbeitsgruppe ein Archivierungsmodell für das Schriftgut der Justiz. Auf eine Stichprobenauswahl bei den Arbeitsgerichten wird seither verzichtet. Die Übernahmen beschränken sich daher auf eine durch das Archiv getroffene Auswahl besonderer und typischer Fälle einerseits und andererseits auf Akten, die durch das Arbeitsgericht als archivwürdig gekennzeichnet wurden (insbesondere Fälle, die in Pressemitteilungen publik gemacht wurden). Im ersten Fall findet eine Vorauswahl anhand der Register und Namensverzeichnisse (bekannte Namen, Presseartikel, Prozessserien) sowie am Regal (Umfang der Akten, Instanzenzug bis zum Bundesarbeitsgericht, ggf. Stichproben und Prüfungsakten) statt, die anschließend einer Einzeldurchsicht unterzogen wird.

Bei der Verzeichnung der Akten wurden zunächst nur die Prozessbeteiligten, die Laufzeit und das ursprüngliche Aktenzeichen erfasst. Seit dem Zugang 47/2007 wird darüber hinaus auch der Prozessgegenstand angegeben.

Stand: März 2016

Enthält

u.a. Prozessakten; Urteilssammlung; Prozessregister; Arbeitsgerichtsprozesse

Literatur

Karl Borrmann, Die Arbeitsgerichtsbarkeit in Niedersachsen, in: Neues Archiv für Niedersachsen 7/9 (1954), S. 213-216.

Wolfgang Leinemann, Die geschichtliche Entwicklung der Arbeitsgerichtsbarkeit bis zur Errichtung des BAG, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 24 (1991), S. 961-966.

Dirk Neumann, Kurze Geschichte der Arbeitsgerichtsbarkeit, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 8 (1993), S. 342-345.

Horst-Rüdiger Jarck (Bearb.), Die Bestände des Staatsarchivs Wolfenbüttel, Göttingen 2005, S. 433.

Wolfgang Bender, Verfahrensakten der Arbeitsgerichtsbarkeit, in: Jens Heckl (Hg.), Unbekannte Quellen: "Massenakten" des 20. Jahrhunderts, Düsseldorf 2010, S. 128-136.

Homepage der Nds. Arbeitsgerichtsbarkeit

Geschäftsverteilungsplan des Arbeitsgerichtes Braunschweig für 2015 (letzter Zugriff: 29. Februar 2016)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M.

45,7

Bearbeiter

Dr. Ulrich Schwarz (2007)

Regina Schleuning (2015)

Dr. Christian Helbich (2016)

Dr. Philip Haas (ab 2020)

Benutzung

Aus datenschutzrechtlichen Gründen können die Erschließungsdaten des Bestandes online nicht angezeigt werden. Eine Einsichtnahme in die Daten ist nach Freischaltung nur im Lesesaal des Standortes Wolfenbüttel möglich. Bitte wenden Sie sich hierfür an die Lesesaalaufsicht. Ansonsten gelten für die Nutzung des Archivgutes des Bestandes zumeist die üblichen Schutzfristen für Sachakten von 30 Jahren gemäß § 5 Abs. 2 NArchG. Sofern Archivgut noch Schutzfristen unterliegt, kann dieses nur in begründeten Fällen mittels eines Ergänzungsantrages eingesehen werden.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet