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NLA WO 26 Urk

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Zisterzienserinnenkloster St. Crucis Braunschweig

Laufzeit

1228-1785

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners

Das Kloster wurde um 1230 laut Gründungslegende als Sühneleistung des Ritters Balduin von Campe im Zuge des Ministerialenaufstandes gegen Herzog Otto das Kind und die mit ihm verbündete Stadt Braunschweig gegründet (vgl. NLA WO VII B Hs Nr. 267, Bl. 4r-6v). Die erste urkundliche Erwähnung lässt sich für das Jahr 1241 nachweisen. Es ist nicht endgültig gesichert, welchem Orden das Kloster ursprünglich zugehörte. Es ist möglich, dass es zunächst ein Benediktinerinnenkloster war und erst im Laufe des 14. Jahrhunderts die Zisterzienserinnenregel übernahm. Die Angaben in den Urkunden wechseln hierzu häufig.

Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit stand das unmittelbar vor den Toren der Stadt Braunschweig auf dem Rennelberg (mons cursorum) liegende Kloster unter großem Einfluss der Stadt. Bis zur Reformation bestimmte der Altstädter Rat die Provisoren des Klosters, danach beriefen zunächst die fünf Weichbilde Braunschweigs je einen Vormund, während ab 1544 wiederum der Rat einen Propst und zwei Vormünder einsetzte. Die engen Beziehungen zur Stadt verdeutlichen auch die zahlreichen Stiftungen an das Kloster durch Braunschweiger Bürger sowie die Sozialstruktur des Konvents, der sich vorwiegend aus braunschweigischen Bürgertöchtern zusammensetzte. Auch die Pröpste kamen zumeist aus städtischen Familien.

Im Laufe des Mittelalters konnte das Kloster umfangreichen Besitz insbesondere um Lehndorf und Wedtlenstedt durch Stiftungen oder Kauf erwerben. In beiden Dörfern übte das Kloster seit dem 13. Jahrhundert auch das Patronatsrecht über die dortigen Kirchen aus. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden die Gebäude des Klosters aufgrund ihrer strategischen Lage häufig Opfer der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Braunschweig und ihrem nominellen Landesherrn. Die mittelalterliche, dreischiffige Klosterkirche wurde 1545 zur Verbesserung der Stadtverteidigung von den Braunschweigern abgerissen, wenige Jahre später auch die übrigen Konventsgebäude. 1567-1571 wurde neben neuen Konventsgebäuden die Kirche im Renaissancestil wiederaufgebaut. 1605 fiel auch diese der Zerstörung zum Opfer und wurde 1609 als schlichte, einschiffige Fachwerkkirche mit neuen Konventsgebäuden errichtet.

Der Reformation in Braunschweig widersetzte sich das Kloster zunächst. 1532 wurde die letzte katholische Äbtissin Gertrud von Holle aus ihrem Amt vertrieben. Einige Nonnen, die am alten Glauben festhielten, mussten das Kloster ebenfalls verlassen, während andere Frauen zum lutherischen Glauben übertraten und bleiben durften. Katholische Relikte wurden aus der Kirche weitgehend entfernt und das Kloster bald darauf in ein evangelisch-lutherisches Frauenkonvent mit einer Domina als Leiterin sowie einem lutherischen Prediger, die beide vom Braunschweiger Rat ernannt wurden, umgewandelt. Nach der Eroberung Braunschweigs durch die Herzöge Rudolf August und Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel 1671 ging das Kloster in landesherrliche Verwaltung über (vgl. 26 Urk Nr. 454). Seither beriefen die Landesherren die Pröpste und Prediger des Klosters.

Nach der Besetzung des Herzogtums durch französische Truppen wurde der Frauenkonvent 1808 aufgelöst. Die Einkünfte des Klosters wurden General Pierre Vatier zugewiesen. 1817 wurden erstmals nach der französischen Zeit wieder neue Konventualinnen eingeführt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts setzte ein wirtschaftlicher Niedergang ein: 1883 wurde die Klosterdomäne aufgelöst und der Grundbesitz wurde zunehmend verpachtet oder verkauft. In unmittelbarer Nähe zum Kloster wurde auf dem Rennelberg das heute noch existierende Gefängnis errichtet.

Die letzten Konventualinnen verließen das Kloster 1940, die letzte Domina starb 1944. Im Juni 1944 wurden die Gebäude des Klosters bei einem Bombenangriff vollständig zerstört. Die restlichen Besitzungen des Klosters ging daraufhin in die Verwaltung des Braunschweigischen Kloster- und Studienfonds über.

Bestandsgeschichte

Im Zuge der Reformation entzog die letzte katholische Äbtissin Gertrud von Holle die Kleinodien und das Klosterarchiv dem Zugriff der Stadt Braunschweig und überführte sie in das Kloster Steterburg, von wo sie wenig später nach Wolfenbüttel zu Herzog Heinrich dem Jüngeren zur Bewahrung gelangten (vgl. 26 Urk Nr. 366 und 367). Nach der Besetzung des Herzogtums durch Truppen des Schmalkaldischen Bundes 1542 scheint ein Teil der Urkunden und Akten wieder zurückgeführt worden zu sein, während ein anderer Teil im herzoglichen Archiv verblieb.

1733/34 wurden die älteren Urkunden und Akten aus dem Archiv des Klosters dem Klostersekretär Schottelius über- und an die herzogliche Klosterratsstube (41 Alt) abgegeben (vgl. 4 Alt 3 Cruc, Nr. 5902 und 5904). Weitere, teils noch aus vorreformatorischer Zeit stammende Kirchenschätze wurden 1757 während des Siebenjährigen Krieges aus dem Kloster in die Klosterratsstube gebracht. Von dort und aus dem Klosterarchiv wurden die älteren Urkunden 1763 offenbar dem herzoglichen Generalarchiv als Vorläufer des heutigen Nds. Landesarchivs übereignet (vgl. 11 Alt Crucis, Nr. 1), während die Kirchenschätze veräußert wurden.

Eine erste Verzeichnung erfolgte im Jahre 1752 in handschriftlicher Form. Die damals erstellten Kurzregesten weisen die Besonderheit auf, dass sie die Originale "fast durchgehends mit jeder Urkunde eigenen Worten beschrieben" haben, wie es im Repertorium heißt. Das bedeutet, jede lateinische Urkunde wurde auf Latein in den Worten des Originals zusammengefasst, jede niederdeutsche Urkunde entsprechend auf Niederdeutsch. Bei den damaligen Regesten handelt es sich also eher um zitierende Exzerpt als um Regesten im klassischen Sinne. Diese Verzeichnungsform bot den Vorteil, die Originale sprachlich abzubilden, erschwerte aber die Benutzung des Findmittels (v.a. bei unzureichenden Lateinkenntnissen) ungemein.
Eine Zählung im Jahre 1835 ergab drei fehlende Archivalien, die aber 1844 im Urkundenbestand zu St. Aegidien wieder aufgefunden wurden. Bei einer zweiten Zählung 1885 waren alle Urkunden vorhanden. Im späten 19. Jahrhundert wurden weitere Zugänge, insbesondere Stücke des 17. Jahrhunderts, in einem Supplementband ergänzend verzeichnet (insgesamt 92 Urkunden). Dieses Repertorium folgt nicht dem Wortlaut der Originale. Vermutlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Urkunden beider Findmittel neu nummeriert und in eine chronologisch geordnete Gesamtreihenfolge gebracht. Nur wenige Stücke wurden später als Buchstabensignaturen ergänzend eingegliedert (Nr. 412a, 443a).

Im Jahre 2021, während der „Corona-Krise“, übertrug der Archivrat Dr. Philip Haas aus dem Homeoffice das Hauptrepertorium und den Supplementband nach Arcinsys. Er übersetzte die in ersterem befindlichen Regesten aus dem Lateinischen und Niederdeutschen, wobei deren enge sprachliche Anlehnung an bzw. Zitation aus den Originalen durch großzügige Angabe entspechender Formulierungen in Klammern so weit wie möglich konserviert wurde. Im Zuge dieser Arbeit wurden die Regesten sprachlich komplett überarbeitet, dem heutigen Sprachgebrauch angenähert und der gegenwärtigen Orthografie angepasst. Soweit in vertretbarem zeitlichem Rahmen recherchierbar, wurden Orts- und Personennamen normalisiert, aber der im Original verwendete Begriff in Klammern aufgeführt. Sofern dies noch nicht geschehen war, wurde die Datierung nach Heiligentagen aufgelöst. Ein Teil der Regesten wurde später auch anhand der Originale überprüft und ggf. modifiziert, eine komplette Überprüfung und Neuverzeichnung war aus Gründen der Arbeitsökonomie nicht möglich.

Stand: Mai 2021

Enthält

v.a. Erwerb und Veräußerungen von Besitzungen, Lehensbriefe, Stiftungen, Privilegierungen durch die Herzöge, Präsentationen

Literatur

Regina Rößner, Braunschweig - Zisterzienserinnen, später ev. Damenstift (Kreuzkloster) (1230 bis 1944), in: Josef Dolle (Hg.), Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, Teil 1, Bielefeld 2012, S. 150-157.

Eva Schlotheuber, Klostereintritt und Bildung. Die Lebenswelt der Nonnen im späten Mittelalter. Mit einer Edition des 'Konventtagebuchs' einer Zisterzienserin von Heilig-Kreuz bei Braunschweig (1484-1507), Tübingen 2004.

Eva Schlotheuber, Fehden und Festessen - das Leben der Nonnen am Rande der Stadt, in: Anne-Marie Hecker und Susanne Röhl (Hg.), Monastisches Leben im urbanen Kontext, München 2010, S. 11-23.

Wilhelm Tunica, Zur Geschichte des Klosters St. Crucis zu Braunschweig, in: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Alterthumskunde 16 (1883), S. 129-164 und S. 271-318 sowie 17 (1884), S. 74-145.

Findmittel

Handschriftliches Findbuch aus dem Jahre 1752 und ein Supplementband aus dem späten 19. Jahrhundert.
EDV-Findbuch in Arcinsys aus dem Jahre 2021.

Siehe

Korrespondierende Archivalien

Weitere Urkunden mit Bezügen zum Kreuzkloster finden sich u.a. in folgenden Beständen:
- 5 Urk (Herzogliche Angelegenheiten verschiedener Art), u.a. Nr. 277
- 6 Urk (Kanonissenstift Gandersheim), u.a. Nr. 50 und 79
- 7 A Urk (Präsentationsurkunden des Kanonikerstifts St. Blasii in Braunschweig), u.a. Nr. 683, 1893, 1895 und 2052
- 8 Urk (Kanonikerstift St. Cyriaci Braunschweig), u.a. Nr. 1, 2, 71, 308, 312, 338 und 532
- 119 Urk (Braunschweiger Bürger), u.a. Nr. 59b, 61a und 61b

Aktenüberlieferung, u.a.:
- 2 Alt (Kanzlei, Geheimer Rat)
- 4 Alt 3 Cruc (Kammer betr. Kloster St. Crucis in Braunschweig, bis 1807)
- 4 Alt 8 (Klosterbauakten, Gliederungspunkt 4)
- 11 Alt Crucis (Kloster St. Crucis in Braunschweig)
- 22 A Alt (Amtsrechnungen I. Reihe, Gliederungspunkt 12)
- 41 Alt (Klosterratsstube)
- 50 Neu 3 Cruc (Kammer betr. Kloster St. Crucis in Braunschweig, ab 1808)
- 76 Neu (Herzogliche Baudirektion, Gliederungspunkt 8.3.1.5)
- 12 Neu (Staatsministerium, hier insb.: Landwirtschaft, Forsten und Kultus)
- 4 Nds Präs
- 40 Slg (Sammlung der Gesetze und Verordnungen, 18. Jh.)

Handschriftliche Überlieferung:
- VII B Hs Nr. 267-271a (Handschriften, u.a. Kopialbücher)
- VII B Hs Nr. 380 b (Einführungsrede des Abtes J. Fr. W. Jerusalem)

Karten:
- K (v.a. Grundbesitz des Klosters)

Weitere Überlieferung findet sich auch im Stadtarchiv Braunschweig, im Landeskirchlichen Archiv Wolfenbüttel sowie in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel (u.a. Cod. 1159 Novi)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M.

9,5 (476 Stück)

Bearbeiter

Dr. Philip Haas (2021)

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Abgeschlossen: Ja.