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NLA ST Rep. 133

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Einschätzungskupons

Laufzeit

1872-1872

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung

Fast flächendeckend sind Kupons aus dem gesamten ehemaligen Landdrostei- bzw. Regierungsbezirk Stade erhalten. Sie enthalten in einheitlichem Maßstab die Orts- und Gemarkungslage samt aller topographischen Besonderheiten
Findmittel: EDV-Findbuch 1995
Umfang: 16,5 lfdm

Bestandsgeschichte

Die in der vorliegenden Repositur 133 vereinigten insgesamt 610 Einschätzungskupons aus dem gesamten ehemaligen Landdrostei- bzw. Regierungsbezirk Stade verdanken ihre Entstehung der Übertragung des preußischen Grundsteuersystems auf die 1866 annektierten Landesteile. Mit dem "Gesetz betreffend die Ausführung der anderweiten Regelung der Grundsteuer in den Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen-Nassau" vom 11.2.1870 (Gesetz-Sammlung für die preußischen Staaten 1870, S. 85 ff.) wurde angeordnet, daß das im übrigen Preußen bereits mit Gesetz vom 21.5.1861 (Gesetz-Sammlung für die preußischen Staaten 1861, S. 253 ff.) einheitlich geregelte und zum 1.1.1865 in Kraft getretene Grundsteuersystem mit Wirkung vom 1.1.1875 auch in neuen Landesteilen Grundlage der Immobilienbesteuerung werden sollte.

Das gesamte Grundsteuersoll für die drei neuen Provinzen wurde dabei auf 3,2 Millionen Taler festgesetzt, die je nach Ertragswert proportional auf die einzelnen Provinzen, innerhalb dieser auf die einzelnen Landdrostei- bzw. Regierungsbezirke, innerhalb dieser auf die einzelnen Kreise, innerhalb dieser auf die einzelnen Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke und innerhalb dieser schließlich auf die einzelnen steuerpflichtigen Liegenschaften umgelegt werden mußten.
Voraussetzung dazu war die flächendeckende Erstellung eines genauen Grundsteuerkatasters nach einheitlichen Vorgaben. Ausgenommen von der Grundsteuer waren im wesentlichen nur die Domanialländereien, die dem öffentlichen Gebrauch dienenden Flächen (Wege u. Straßen, Kanäle, Häfen, Brücken, Eisenbahndämme etc.) sowie diejenigen Ländereien, die dem Unterhalt geistlicher, sozialer oder öffentlicher Institute von gemeinem Nutzen (Kirchen, Kranken- und Waisenhäuser, Schulen, Universitäten und dergl.) dienten und daher in der Regel auch vorher schon von der Grundsteuerpflicht befreit gewesen waren.

Nach den Vorgaben des Gesetzes von 1861 wurden daher zwischen 1872 und 1874 alle Liegenschaften in der Provinz Hannover von einer in jedem Kreis gebildeten Veranlagungskommission - die Leitung hatte der Landrat bzw., da in der Provinz Hannover die alten Ämter unterhalb der 1867 gebildeten preußischen Steuerkreise noch bis 1885 Bestand hatten, der Kreishauptmann - vor Ort aufgenommen und je nach ihrem Ertragswert klassifiziert. Bei den Kulturarten wurde dabei unterschieden zwischen Ackerland, Gärten, Wiesen, Weiden, Holzungen, Wasserstücken und Ödland, für die je nach den örtlichen Gegebenheiten Bonitätsklassen mit maximal acht Stufen festgelegt wurden. Auf dieser Basis ließ sich dann der Reinertrag einer jeden Liegenschaft (Bruttoertrag abzüglich Bewirtschaftskosten, berechnet auf einem mittleren Ernteniveau und zu Durchschnittspreisen der letzten 24 Jahre) ermitteln und die künftige Grundsteuerschuld genau festlegen.

Neben den Flur- bzw. Liegenschaftsbüchern, in denen die Ländereien nach ihrer tatsächlichen Lage bzw. nach ihrem Eigentümer tabellarisch aufgeführt wurden, waren die im Zuge der Veranlagung angefertigten Gemarkungskarten, also die hier vereinigten Einschätzungskupons, die maßgebliche Grundlage der künftigen Steuererhebung. Zwar sollten sie nach Möglichkeit im Wege der Kopierung bereits vorhandener Karten und nur ausnahmsweise durch Neuvermessung erstellt werden, aber sie enthalten in einem einheitlichen Maßstab jeweils sehr genau die Orts- und Gemarkungslage samt aller topographischen Besonderheiten, so daß sie für die Zeit unmittelbar vor dem Beginn der großen landwirtschaftlichen Umwälzungen und Kultivierungen in hervorragender Weise Auskunft über die altüberkommenen Siedlungs- und Wirtschaftsverhältnisse geben und damit von hohem archivischen Wert sind.

Nach Anlage A des o.a. Gesetzes von 1861 (Gesetz-Sammlung 1861, S. 304 ff.) sollte jede Karte auf einem ganzen Bogen Groß-Adlerpapier (38 Zoll lang, 26 Zoll breit) gezeichnet und in ihren Signaturen (Abkürzungen) und Symbolen einheitlich gestaltet werden. Nach Fertigstellung und Schlußkontrolle durch die Veranlagungskommission wurden die Einschätzungskupons jeweils für eine Ortslage bzw., bei größeren Orten, für einen Teil davon zu einem Atlas formiert und gebunden. Bei den 1876 als Steuer- und Vermessungsfachbehörden neu gebildeten Katasterämtern waren sie fortan eine wesentliche Grundlage der Arbeit, bis sie im Laufe des 20. Jahrhunderts ihre Aktualität einbüßten und in den Katasterämtern nicht mehr gebraucht wurden.

Überwiegend in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie daher von den einzelnen Katasterämtern an das damals für den Regierungsbezirk Stade zuständige Staatsarchiv Hannover abgegeben, bis sie nach der Gründung des Staatsarchivs in Stade 1959 bzw. 1965 nach hier gelangten. Vollständigkeit bei den Abgaben wurde allerdings nicht erreicht; wahrscheinlich sind die insgesamt geringfügigen Lücken im Bestand der Einschätzungskupons auf Kriegseinwirkungen sowie auf die Abtretung einzelner Gebietsteile an die Hansestädte Bremen und Hamburg zurückzuführen.

Wie im Staatsarchiv Hannover bildeten die Einschätzungskupons auch im Staatsarchiv Stade zunächst einen Bestandteil der Kartenabteilung und waren dementsprechend nicht zusammenhängend, sondern nur in den jeweiligen Ortslagen der kreisweise geführten Kartenverzeichnisse nachgewiesen. Als sich im Jahre 1994 die Notwendigkeit ergab, den knapp gewordenen Magazinplatz rationeller zu nutzen, wurden die Einschätzungskupons, die bis dahin stehend und damit sowohl platzfressend als auch dem Licht und der Verstaubung ausgesetzt aufgestellt gewesen waren, in extra große Archivkartons verpackt und in eine liegende, weniger Platz beanspruchende und der Bestandserhaltung förderlichere Aufbewahrung überführt. Dazu aber war es notwendig, sie zu einem eigenen Bestand mit einem klaren Signaturenschema zu formieren und in einem Findbuch in alphabetischer Reihenfolge zusammenhängend nachzuweisen und Konkordanzen zwischen alter und neuer Archivsignatur herzustellen. Diese Arbeiten hat die Archivangestellte Mari-Luise P e t z o l d nach Anweisung des Unterzeichneten selbständig durchgeführt. Wegen der alphabetischen Reihenfolge konnte auf Indices etc. verzichtet werden. Lediglich bei gleichlautenden Ortsnamen wurde durch Hinzufügung des Kreisnamens (alle Kreisangaben nach den Grenzen von 1885) weitere Klarheit geschaffen. Ergänzend zu den Einschätzungskupons ist die Überlieferung der einzelnen Katasterämter (Rep. 129 Bremervörde bis Rep. 129 Verden) heranzuziehen.

Stade, im Juni 1995
Dr. Bernd Kappelhoff


Weil bei verschiedenen Einschätzungskupons größerer Restaurierungsbedarf (Feuchtigkeits- und Schimmelschäden) festgestellt wurde, wurde der ganze Bestand vorsorglich für die Benutzung gesperrt. Bei Benutzungsinteresse müsste in jedem Einzelfall geprüft werden, welche Archivalien vorgelegt werden können. Interessierte Benutzer wenden sich bitte an das Archiv.

Gahde, im November 2025

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet

Georeferenzierung

Bezeichnung

Landdrostei Stade

Zeit von

1859

Zeit bis

1885

Objekt_ID

7

Ebenen_ID

2310

Geo_ID

2310-7

Link

Landdrostei Stade

Georeferenzierung

Bezeichnung

Landdrostei Stade

Zeit von

1823

Zeit bis

1859

Objekt_ID

3

Ebenen_ID

2610

Geo_ID

2610-3

Link

Landdrostei Stade