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NLA OS Rep 945

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Staatsanwaltschaft Osnabrück

Laufzeit

1885-2012

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung

Die Staatsanwaltschaft (beim Landgericht) Osnabrück wurde im Zuge der Gerichtsverfassungsreform 1878 als Nachfolgerin der dortigen Kronanwaltschaft (Rep 928) eingerichtet.

Geschichte des Bestandsbildners

I. Zur Behördengeschichte
Der Ursprung der Staatsanwaltschaft liegt zum einen im sogenannten deutschen Fiskalat, das zu Beginn des 19. Jh. überall in Deutschland wieder verschwunden war, zum anderen im Vorbild der französischen Staatsanwaltschaft, die 1810 mit der gesamten übrigen napoleonischen Gesetzgebung zunächst im Rheinland eingeführt wurde.

Durch das "Provisorische Gesetz, das mündlich- öffentliche Verfahren mit den Geschworenen betreffend" findet die Staatsanwaltschaft erstmalig Eingang in den Königreichen Hannover und Preußen. Erstmalig werden hier Rechtsstellung und Befugnisse der Staatsanwaltschaft gesetzlich am 24. Dezember 1849 geregelt. Ihre feste Etablierung erhielt die Staatsanwaltschaft durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung und die Strafprozeßordnung vom 8. November 1850. Im Abschnitt II des Gerichtsverfassungsgesetzes Paragraph 52 ff. werden Sitz, Aufgaben und Befugnisse der Staatsanwaltschaft umrissen.

Bei jedem Obergericht, der Vorläuferbehörde des Landgerichts, wurde ein Staatsanwalt angestellt, bei den Oberappellationsgerichten ein Oberstaatsanwalt, der z.T. auch für die Amtsgerichte zuständig war. Der Oberstaatsanwalt war allen Staatsanwälten vorgesetzt und ihnen weisungsberechtigt, war seinerseits aber dem Justizministerium untergeordnet. Die Hauptaufgabe dieser streng monokratischen Behörde lag wie heute im Strafverfahren. Die Staatsanwaltschaft war öffentliche Anklagebehörde, daneben hatte sie die Beachtung der Gesetze bei den Gerichten, die Dienstführung der Gerichtspersonen, der Notare, Advokaten und Anwälte zu überwachen, die Aufsicht über die Gefängnisse usw.

Das Nähere regelte ausführlich die "Bekanntmachung betr. die Dienstanweisung für die Staatsanwaltschaft" (Hann. GS I 359). Am 25. Mai 1859 wurde die Staatsanwaltschaft durch königliche Verordnung in Kronanwaltschaft bzw. Kronoberanwaltschaft umbenannt (Han. GS I 663), Bezeichnungen, die auch in der späteren Preußischen Provinz Hannover (seit 20.9.1866) beibehalten wurden. An der Kompetenz der Staatsanwaltschaft änderte sich mit der Umbenennung nichts.
Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 erfolgte die Neuorganisation der Gerichte in Amtsgerichte, Landgerichte und Oberlandesgerichte. Durch das Ausführungsgesetz vom 24. April 1878 wurden im Bereich der Provinz Hannover die Appellationsgerichte, Obergerichte und Amtsgerichte aufgehoben. Am 5. Juli 1879 erfolgte die Neuregelung der Gerichtsbezirke.

Der Sprengel der Staatsanwaltschaft umfaßte analog zum Sprengel des späteren Landgerichts Osnabrück das Gebiet der Landdrostei Osnabrück und das Amt Diepholz mit 16 Amtsgerichten: Bentheim, Bersenbrück, Diepholz, Freren, Fürstenau, Iburg, Lingen, Malgarten, Melle, Meppen, Neuenhaus, Osnabrück, Papenburg, Quakenbrück, Sögel und Wittlage.

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1879 traten die im wesentlichen bis 1975 in Kraft befindlichen Reichsjustizgesetze in Funktion. Die Obergerichte werden jetzt in Landgerichte umbenannt. Erst seit diesem Zeitpunkt, dem 1.10.1879, kann man von der "Staatsanwaltschaft", diese Bezeichnung kam erst jetzt wieder zur Geltung, bei dem Landgericht Osnabrück sprechen. Der erste Beamte der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht hieß jetzt: "Der erste Staatsanwalt", beim Oberlandesgericht der Oberstaatsanwalt; bei Amtsgerichten durften geeignete Personen vom Justizministerium oder vom Oberstaatsanwalt zu Amtsanwälten ernannt werden. Die wichtigste Funktion der Staatsanwaltschaft blieb die öffentliche Anklage. Seit dem 1. April 1924 (Pr. GS 487) lautet die Amtsbezeichnung des Behördenleiters bei der Staatsanwaltschaft "der Oberstaatsanwalt". Der Vertreter des Behördenleiters führt den Titel "Erster Staatsanwalt". Unter dem Behördenleiter wirkten sogenannte Staatsanwaltschaftsräte, eine Bezeichnung die im Jahre 1937 wegfiel.

Am 20. Juli 1944 wird der Landgerichtsbezirk Osnabrück dem Oberlandesgericht Oldenburg zugeschlagen. Ausgenommen von dieser Umverteilung ist das Amtsgericht Diepholz, das zu Verden kommt. Gleichzeitig ging so die Dienstaufsicht für die Staatsanwaltschaft vom Generalstaatsanwalt in Celle auf den Generalstaatsanwalt in Oldenburg über. Kurz nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 nimmt die Staatsanwaltschaft ihre Tätigkeit wieder auf. In der Zeit von 1953 bis 1957 existiert in Lingen eine Zweigstelle der Staatsanwaltschaft.

Noch heute liegt die vornehmliche Aufgabe der Behörde in ihrer Funktion als staatliche Untersuchungs- und Anklagebehörde in Strafsachen. Ihr obliegt die Untersuchung und Verfolgung aller ihr bekanntgewordenen Straftaten, aufgrund des sogenannten Legalitätsprinzips. Dieses Prinzip besagt, daß die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, wegen aller gerichtlich strafbaren und verfolgbaren Handlungen einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (§ 152 StPO, Verfolgungszwang). Bei ihren Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft alle für und gegen den Beschuldigten sprechenden Tatsachen, sowie alle für die Strafzumessung bedeutsamen Umstände zu erforschen, oder durch die Polizei erforschen zu lassen (§ 151, 152 StPO), und diese in der Hauptverhandlung zu vertreten.

Sie betreibt auch die Strafvollstreckung (§ 451 StPO), soweit sie nicht bei geringen Strafen oder Strafen gegen Jugendliche den Amtsgerichten übertragen ist. Darüberhinaus ist auch eine Mitwirkung in Ehesachen durch die Staatsanwaltschaft möglich (§ 607 ZPO), ein Entmündigungsverfahren kann auch durch Antragstellung betrieben werden.

Nach § 141 GVG soll bei jedem Gericht eine Staatsanwaltschaft bestehen, bei den Landgerichten sollen ein oder mehrere Staatsanwälte wirken. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts, für welche die Staatsanwaltschaft bestellt ist. Die ersten Beamten der Behörde sind befugt, bei allen Gerichten ihres Bezirks die Amtsverrichtungen selbst zu übernehmen oder bestimmte Beamte damit zu beauftragen. Die Amtsanwälte wirken nur bei den Amtsgerichten mit (§ 143, 145 GVG). Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den dienstlichen Anweisungen ihrer Vorgesetzten nachzukommen. Die Staatsanwälte müssen zum Richteramt befähigt sein, sind aber nichtrichterliche Beamte. In ihren amtlichen Verrichtungen ist die Staatsanwaltschaft von den Gerichten unabhängig.

Die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft (Polizei-, Sicherheitsdienst usw.) haben den Anordnungen der Staatsanwaltschaft nachzukommen.

Bestandsgeschichte

II. Zum Aktenbestand
Der vorliegende Aktenbestand entstammt zahlreichen Ablieferungen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Osnabrück, die seit dem Jahre 1901 in die Abteilung Osnabrück des Niedersächsischen Landesarchivs gelangt sind. (...)
Bei den Akten handelt es sich ausschließlich um Ermittlungs- bzw. Strafprozeßakten, einschließlich der dazugehörigen Handakten und Gnadenhefte. Der gänzliche Mangel an Verwaltungsakten ist wohl darauf zurückzuführen, daß die Altregistratur des Landgerichts, die auf dem Dachboden des Dienstgebäudes am Kollegienwall lagerte, 1945 durch Kriegseinwirkungen erhebliche Verluste erlitt.

Nachbemerkung:
Seit der Erschließung des Bestandes 2001 wurden weitere, in der Regel jährlich erfolgte Akzessionen ergänzt (seit 2001 insgesamt 12 Zugänge). Unter den jüngeren Zugängen sind die Verfahrensakten über die Verfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen (sog. NSG-Verfahren) hervorzuheben.

Literatur

Sammlung der Gesetze, Verordnungen und Ausschreiben für das Königreich Hannover. Hannover 1849, 1850, 1859, 1852
Gesetz-Sammlung für die kgl. Preußischen Staaten. Berlin 1875, 1877, 1878, 1879
Preußische Gesetzsammlung. Berlin 1924
Carsten, Ernst: Die Geschichte der Staatsanwaltschaft in Deutschland bis zur Gegenwart. Ein Beitrag zur Reform des Strafprozesses. Neudruck der Ausgabe Breslau 1932, Aalen, 1971

Gritschneder, Otto (Hrsg.): Ullstein Lexikon des Rechts. Frankfurt/M., Berlin und Wien 1971
Gunkel, Karl: Zweihundert Jahre Rechtsleben in Hannover. Festschrift zur Erinnerung an die Gründung des kurhannoverschen Oberappellationsgerichts in Celle am 14. Oktober 1711. Hannover 1911
Harms, A.: Von der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Celle: In 250 Jahre OLG Celle 1711-1961. Celle 1961
Hue de Grais, Graf von, und Hans Peters: Handbuch der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche. 22.-25. Auflage. Berlin 1914-1930

Justizgebäude Osnabrück: (Veröffentlichung aus Anlaß der Einweihung der neuerbauten Justizgebäude in Osnabrück am 14. Februar 1969), Osnabrück 1969
Müller, H. (Hrsg.): Die preußische Justizverwaltung, Band I, Behörden und Beamte 1909 Berlin
Posener, Paul (Hrsg.): Rechtslexikon, Handwörterbuch der Rechts- und Staatswissenschaften. Berlin 1909
Roscher, Theodor: Gerichtsverfassung und Anwaltschaft im einstmaligen Kurstaat und Königreich Hannover. In: Festschrift zum 17. Deutschen Anwaltstage, Hannover 1905

Abkürzungen:
Hann. GS - Hannoversche Gesetzsammlung
Pr. GS - Preußische Gesetzsammlung, s. Lit.-Verz.

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M.

67,7 Regalmeter (3.500 Verzeichnungseinheiten)

Bearbeiter

Lothar Behr, Lydia Schneider, Thomas Brakmann, Eike Knehans

Benutzung

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Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Abgeschlossen: Nein

teilweise verzeichnet