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NLA HA Dep. 105

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Firmenarchiv und Nachlass Bernhard Sprengel

Laufzeit

1858-1986

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung

Korrespondenz in privaten und beruflichen Angelegenheiten, Geburtstage und Jubiläen, Vereins- und Korpsmitgliedschaften, Firmenverwaltung, Personalangelegenheiten, Unterhaltung des Firmeninventars, Herstellung und Vertrieb von Firmenprodukten, Mitgliedschaften in den Verbänden und Vereinen, Unterlagen zur Kammermusikgemeinde Hannover (Korrespondenz, Organisatorisches), Unterlagen zur Kestner-Gesellschaft, zur Nolde-Stiftung und anderen Einrichtungen
Findmittel: EDV-Findbuch 2010
Umfang: 31,2 lfdm

Bestandsgeschichte

Das in zwei Ablieferungen in das Hauptstaatsarchiv gelangte Firmenarchiv B. Sprengel & Co., in dem sich auch der Nachlass von Bernhard Sprengel befindet, liegt nunmehr vereinigt in einem Gliederungsrahmen vor. Die alte Ordnung der ersten Ablieferung nach Korrespondenzpartnern und Kartonfolge ist zwar noch im Feld Registratursignatur ersichtlich, wurde aber zugunsten eines vereinheitlichten, systematischen Zugriffs für das neue Findbuch aufgehoben. Der nach thematischen Kriterien arbeitende Benutzer konnte vorher nur mühsam über den Index einen Zugriff erhalten, und die Ordnung wurde von den Registraturbildnern selbst ab Mitte der 1930er Jahre nicht mehr eingehalten. Bei der Neuverzeichnung wurden außerdem die Titel überprüft, da diese vorher einfach vom Aktendeckel ungeprüft übernommen worden waren. So ergibt sich ein deutlich verändertes Erscheinungsbild.

Zeitlich setzt die Überlieferung trotz der Gründung der Firma im Jahre 1851 erst kurz vor dem 1. Weltkrieg ein. Die früheren Firmenakten müssen als verloren gelten. Sie befanden sich wahrscheinlich in den ersten sechs Kartons des alten Registraturschemas, die bei der Übergabe im Archivkeller der Firma nicht gefunden werden konnten.

Inhaltlich wird vor allem die von August Sprengel vorangetriebene Modernisierung und Erweiterung der Firma im Maschinen- und Fuhrpark deutlich. Als wirtschaftliche Einbrüche müssen die Inflation um das Jahr 1923 und die Weltwirtschaftskrise nach 1929 gelten, als auch die Preise für diese importabhängige Industrie (Rohkakao!) stark anstiegen und der Absatz entsprechend nachließ. Dies führte einerseits dazu, Werbung als neues Geschäftsfeld zu entdecken, andererseits aber auch die Kooperation unter den Marktführern zu suchen und Absprachen in den einschlägigen Verbänden zu treffen. Diese Kooperation machte sich dann vor allem im Rahmen der Aufrüstung bezahlt, als es galt, Aufträge für die Wehrmacht zu erhalten. So konnte Sprengel zusammen mit anderen Firmen sich die Versorgung mit nährstoffangereicherten Süßigkeiten und damit auch den Bestand der Firma über die langen Kriegsjahre sichern, in der andere Firmen ihre Produktion vermindern oder einstellen mussten. Außerdem blieb die Firma weitgehend von Kriegszerstörungen verschont, so dass die Produktion, wenn auch unter Verwendung von Ersatzstoffen, ununterbrochen laufen konnte. Dies ermöglichte einen guten Einstieg in die Nachkriegszeit, die vor allem in der zweiten Ablieferung (Acc. 2/80) zu verfolgen ist.

Die Angaben zum Unternehmen und den dazugehörigen Berufsverbänden und -vereinen fügen sich nahtlos an die erste Ablieferung an. Dagegen wird die Überlieferung durch den Nachlass Bernhard Sprengels entscheidend neu akzentuiert. Hier erst kommen die vielen weiteren Betätigungsfelder, die von einem sehr erstaunlichen Umfang waren, zum Tragen. So bietet sich vor allem für die zweite Ablieferung die grobe Unterscheidung zwischen dem privat-familiären und dem beruflichen Angelegenheiten an. Darüber hinaus empfiehlt sich jedoch eine Unterteilung des Bestandes nach den Haupttätigkeitsfeldern Bernhard Sprengels.

Zeitlich umfasst diese Ablieferung in etwa den Zeitraum von der Übernahme einer Teilhaberschaft Bernhard Sprengels im Unternehmen Mitte der 1930er Jahre bis hin zu seinem allmählichen Rückzug, zunächst aus der Firma ab Ende der 1960er bis Mitte der 1970er Jahre, dann auch aus den privaten Betätigungen Mitte bis Ende der 1970er Jahre. Daneben umfasst die zweite Ablieferung noch einen kleineren eigenen Bestand an Immobilien-, Steuer- und Vermögensakten aus geschäftlichem sowie privatem Schriftgut seines Vaters August Sprengel, der ungefähr mit dessen Eintritt in die Firma im Jahr 1893 beginnt. Diese Akten sind mit eingegliedert worden, können aber über den Index bzw. den Aktentitel und die Laufzeit leicht von dem restlichen Bestand unterschieden werden.

Die privaten Betätigungen Bernhard Sprengels gruppieren sich vor allem um sein Engagement für die Kammermusik sowie um moderne, bildende Kunst. Auf musikalischem Gebiet umfassen sie den jahrzehntelangen Vorsitz in der Kammermusikgemeinde Hannover und die Tätigkeit im Beirat des Niedersächsischen Symphonie-Orchesters sowie im Kulturkreis des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Zum 60. Geburtstag stiftete er 1959 darüber hinaus einen eigenen Preis für den künstlerischen Nachwuchs. Auf dem Gebiet der modernen Kunst engagierte er sich vorwiegend für die Entwicklung der Kestner-Gesellschaft, in deren Vorstand er viele Jahre saß. Dabei half er nicht nur mit Leihgaben aus seiner eigenen bedeutenden Privatsammlung moderner Kunst, sondern auch mit Know-how bei der Geschäftsführung aus. Sein Kunstinteresse, das sich auch bei der Ausgestaltung öffentlicher Bauten und Plätze in Hannover im Rahmen der Aufbaugemeinschaft Hannover manifestierte, führte schließlich zum Aufbau eines eigenen 'Sprengel-Museums', das er zur Aufnahme seiner der Stadt Hannover überlassenen Privatsammlung stiftete. Ausgelöst wurde diese Vorliebe durch seine frühe und engere Beziehung zu Emil und Ada Nolde, denen er bei der Rettung der Gemälde und dem Aufbau einer eigenen Stiftung in Seebüll entscheidend half. Auch hierüber sind zahlreiche Akten erhalten. Weniger bekannt dürfte dagegen sein reges Interesse am Handel mit antiken Geigen, bei der Förderung junger Violinisten, der Erhaltung bzw. dem Neubau vieler Orgelwerke in Hannover und Umgebung sowie seine Mitwirkung bei der Besetzung vieler Kulturstellen in Hannover sein.

Schließlich gibt es noch zahlreiche Unterlagen aus dem Firmenarchiv, die den durch die Planwirtschaft des Dritten Reiches und den 2. Weltkrieg nur bedingt gestörten Ausbau der Schokoladenfabrik bis hin zurallmählichen Übernahme der Firma durch die National Biscuit Company 1969 bzw. 1973 dokumentiert. Hier ist vor allem die Anpassung der Firma an die Kriegs- und unmittelbare Nachkriegswirtschaft, die Umstellung der Produktion aufgrund der begrenzten Rohstoffzufuhr und der veränderten Konsumbedingungen sowie der Aufbau einer neuen Verbandsstruktur nach dem Krieg hervorzuheben.

Zusammengefasst enthält der Bestand über die Person und die Firma Sprengel hinaus zahlreiche Angaben zum wirtschaftlichen und kulturellen Leben im Raum Hannover und darüber hinaus von den 30er bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts.

Die zweite Ablieferung ist vom Unterzeichnenden im November und Dezember 1998 verzeichnet worden. Er unterliegt in Analogie den nach dem Niedersächsischen Archivgesetz festgelegten Schutzfristen. Eine Ausnahme gilt für die privaten Akten unter dem Gliederungspunkt 01.02., die erst nach Ablauf von 50 Jahren eingesehen werden dürfen.

Abkürzungsverzeichnis:

ASU Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer
BDI Bundesverband der Deutschen Industrie
BDS Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie
ILV Institut für Lebensmitteltechnologie und Verpackung
NSO Niedersächsisches Symphonie-Orchester
TÜV Technischer Überwachungsverein
VDS Verband deutscher Schokolade-Fabrikanten


Hannover, im Dezember 2000
gez. Dr. Thomas Bardelle

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Ein kleines Korrespondenzkonvolut Bernhard Sprengels befindet sich im Sprengel Sprengel Museum Hannover (Kurt-Schwitters-Platz 1, 30169 Hannover). Dieses steht in Zusammenhang mit den Provenienzen der von Bernhard Sprengel erworbenen Kunstwerke, die 1969 per Schenkung der Stadt Hannover übereignet wurden. Ferner verfügt das Sprengel Museum über ein kleines Inventar der von Sprengel erworbenen und teils wieder veräußerten Werke. Arbeitskopien der dortigen Archivalien können nach Anfrage im Sprengelmuseum eingesehen werden.