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NLA HA Dep. 106

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Hoya-Diepholzsche Landschaft

Laufzeit

1527-2000

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte

1. Zur Geschichte der Hoya-Diepholz'schen Landschaft

Die Hoya-Diepholz'sche Landschaft wurzelt in den gleichnamigen mittelalterlichen Territorien, also der Grafschaft Hoya und der Herrschaft bzw. (seit dem 16. Jahrhundert) Grafschaft Diepholz. Die Vereinigung der Stände dieser beiden Territorialgebilde erfolgte erst im 19. Jahrhundert. Freilich ist die ständische Mitwirkung in den beiden Grafschaften eine wesentlich geringere gewesen als im altwelfischen Raum. Namentlich in der Grafschaft Diepholz wurden die Stände nach dem Dreißigjährigen Krieg kaum mehr beteiligt. Dagegen lebten sie in der Grafschaft Hoya auch nach Aussterben des Dynastengeschlechts (1582) ohne wesentliche Unterbrechung bis in die Gegenwart fort.

In der Grafschaft Diepholz sind die Anfänge ständischer Mitwirkung erst relativ spät, seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, nachweisbar. Bei einer Vormundschaftsregelung im Jahr 1530 ist ermstmalig von einer "gemeinen Landschaft" die Rede. Privilegien und Zusammensetzung der Stände sind im einzelnen nie schriftlich festgelegt worden. Selbstverständlich entsprechen sie dem sonst Üblichen. So gab es bis zur Reformation eine Prälatur, bestehend aus den Klöstern Mariendrebber und Burlage. Aus der Ritterschadt nahmen allerdings immer nur wenige an den Landtagen teil, von den Flecken (Diepholz, Lemförde, Barnstorf und Cornau) war in aller Regel nur Diepholz vertreten. Die Auseinandersetzungen vor dem Aussterben des Grafenhauses (1585) und beim Übergang an das Fürstentum Lüneburg (ohne das Amt Auburg) sowie die Anpassung an das Verfassungsleben im welfischen Bereich führten dazu, dass bis 1616 mehrfach Landtage zusammentraten. Während und nach dem Dreißigjährigen Krieg sind die Stände nicht mehr zusammengerufen und nur noch selten beteiligt worden; Mitte des 17. Jahrhunderts wurde auch das Schatzkollegium aufgelöst. Erst mit der Neubelebung des Provinzial-Ständewesens nach der Franzosenzeit wurde die Grafschaft Diepholz wieder in das landständische Verfassungssystem einbezogen.

Die spätmittelalterliche Grafschaft Hoya zählte, im Gegensatz zu Diepholz, zu den größeren Territorialgebilden. Neben einer stattlichen Dienstmannschaft - später belief sich die Zahl der stimmberechtigten Rittergüter auf etwa 80 - gab es zwei Stifte (Bassum und Bücken) sowie vier Klöster (Schinna, Nendorf, Heiligenrode und Heiligenberg), die aber alle der Reformation zum Opfer fielen. Die dritte Kurie bestand aus einer Stadt (Nienburg) und 15 Flecken. Die Grafschaft war so ausgedehnt, dass sie sich teilen ließ in die Ober- und Untergrafschaft. Dabei ist zu beachten, dass im 14./15. Jahrhundert eine Ost-West-Linie die beiden Teile voneinander schied, nach dem Aussterben des Grafenhauses aber eine Nord-Süd-Linie. Die jüngere, in den Akten und Amtsbüchern des Bestandes genannte Ober- und Niedergrafschaft entstand dadurch, dass 1582 eine Hälfte als sog. Niedergrafschaft an das Fürstentum Lüneburg, die andere als Obergrafschaft an das ab 1584 von den Herzögen von Wolfenbüttel in Personalunion regierte Fürstentum Calenberg kam. Die welfischen Familienverträge des 17. Jahrhunderts haben in der Obergrafschaft die Territorialzugehörigkeit einzelner Ämter mehrfach verändert. Erst mit dem Aussterben der Celler Linie vereinigten die hannoverschen Kurfürsten fast die ganze Grafschaft in einer - ihrer - Hand; freilich (bis 1816) ohne die seit 1582 hessischen Ämter Freudenberg und Uchte.

Landstände lassen sich in der (Ober)Grafschaft erstmals 1372 nachweisen, und zwar bei Gelegenheit eines Erbvertrages. Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts dürften die Grafen lediglich ihre Ritterschaft und gelegentlich die Stadt Nienburg beteiligt haben. Alle drei Stände wurden erstmals 1459 herangezogen, als die Grafschaft im Erbgang in einer Hand vereinigt

werden konnte. Weitere Erbauseinandersetzungen, Ein- und Übergriffe der Celler Herzöge als Oberlehnsherren und schließlich eine erhebliche Verschuldung der Grafen machten die Beteiligung der Landstände im 16. Jahrhundert unabweislich. Nach 1582 folgte die Organisation der politischen, d. h. die Landstände der Ober- und Niedergrafschaft tagten fortan getrennt. Der Anfall der Celler Herrschaft an Hannover machte die Wiedervereinigung möglich, der Unions-Rezess von 1712 besiegelte sie. Er regelte neben dem Schuldenwesen die künftige Organisation und Verwaltung von Ritter- und Landschaft. Diese setzte sich schließlich zusammen aus dem Stift Bassum (als letztem Überrest der Prälatur), der Ritterschaft und den Hoyaschen Freien (bürgerliche Rittergutsbesitzer) sowie aus den Gemeinden (Stadt Nienburg und 15 Flecken). Die Tätigkeit der Landschaft blieb in der Hauptstache auf die Bewilligung und Verwaltung der landständischen Steuern beschränkt.

Nach dem Wiener Kongress lebte die Hoyasche Landschaft wieder auf; doch ging ihr bedeutsamstes Recht, das der Steuerbewilligung, auf die neue Allgemeine Ständeversammlung über. Um die Reste der alten ständischen Selbstverwaltung in allen Teilen des Königreichs funktionsfähig zu erhalten, wurden bereits 1814 die Grafschaften Hoya und Diepholz in ständischer Hinsicht miteinander verbunden. Doch die Repräsentanten der Grafschaft Diepholz sträubten sich dagegen, um nicht die Schulden der Grafschaft Hoya mitübernehmen zu müssen und in deren kostspielige ständische Verwaltung einbezogen zu werden. So führte erst ein Rezess vom 21. Januar 1832 die Vereinigung endgültig herbei. Ihre Verfassung und Geschäftsordnung erhielt die Hoya-Diepholz´sche Landschaft am 3. Mai 1863. Danach setzte sie sich aus drei Kurien zusammen. Zur ersten zählten ein Deputierter des adligen Damenstifts Bassum sowie die Besitzer der landtagsfähigen Güter. Die zweite

Kurie bestand aus 25 Abgeordneten der Städte und Flecken, die dritte aus 19 Deputierten der ländlichen Grundbesitzer. Spätere Verfassungsänderungen haben es bei dieser Grundstruktur belassen.


2. Bestandsgeschichte

Das Archiv der Hoyaschen Stände dürfte mindestens seit dem 18. Jahrhundert im Nienburger Rathaus gelegen haben; nach dem Erwerb eines landschaftlichen Hauses in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es dorthin überführt. Bis ins 20. Jahrhundert war das Archiv schwer zugänglich und ist daher von der Forschung kaum benutzt worden. Eine Gefährdung trat ein, als der Lehrer Friedrich Heller im Nienburger Landschaftshaus ein Heimatmuseum aufbaute und das Archiv dem Museum unterordnete. Konsequent zog er weitere einschlägige Archivalien an sein Haus, die mit den Akten der Landschaft vermischt wurden.

Den Zweiten Weltkrieg überstand das Landschaftsarchiv weitgehend unbeschadet. Doch traten nach dem Krieg Verluste ein, als zwei Kisten mit Akten, die in den Keller eines Bauernhauses nach Warmsen ausgelagert worden waren, durch Hochwasser erheblich beschädigt wurde. Die bei der Abgabe an das Archiv 1973 vorgefundenen, noch restaurierungsfähigen wassergeschädigten Archivalien sind inzwischen vom Hauptstaatsarchiv restauriert worden.

Nach längeren Verhandlungen wurde das Archiv der Hoya-Diepholz'schen Landschaft im Mai 1973 aus dem Landschaftsgebäude in Nienburg in das Hauptstaatsarchiv überführt. Da vor dem 19. Jahrhundert allein die Grafschaft Hoya eine kontinuierlich nachweisbare, vom Landesherrn bestätigte Verfassung besaß, die sich für die Grafschaft Diepholz nicht nachweisen lässt, beziehen sich die älteren Akten des Bestandes Dep. 106 fast ausschließlich auf die Grafschaft Hoya.


3. Erschließung

Die Verzeichnung der 1973 abgegebenen Landschaftsakten folgt im Wesentlichen einem älteren Repertorium, das der landschaftliche Kopist Schmeding in den 1840er Jahren anlegte und das in der Folgzeit weitergeführt wurde. Eine größere Anzahl von Akten ist als fehlend gekennzeichnet. Hierbei handelt es sich teils um Archivalien, die heute möglicherweise noch an anderer Stelle vorhanden sind (etwa im Heimatmuseum in Nienburg), teils um solche Stücke, die 1946 in ihrem Auslagerungsort Warmsen ins Hochwasser gerieten und zugrunde gingen, weil Trocknungs- und Restaurierungsmaßnahmen unterblieben.
Einige der als fehlend vermerkten Akten, die sich bislang im noch nicht abgegebenen Teil des Landschaftsarchivs im Museum Nienburg befanden, ist mit dessen Überführung nach Hannover im Dezember 2009 in den Bestand gelangt. Dazu gehören auch einige Karten (Kartensammlung - Altbestand, Nr. 258/1 ... bis 258/12 ... und Karten - Mappen, Mappe Nr. 1943).

Die Akten der Acc. 2009/159 sind vor der Abgabe an das Hauptstaatsarchiv im Auftrag der Hoya-Diepholz'schen Landschaft von Thorsten Neubert-Preine M.A. im Auftrag der Landschaft nach Provenienzen sortiert und verzeichnet worden. In Einzelfällen wurde diese Verzeichnung von der Unterzeichneten ergänzt.


4. Fremde Provenienzen

Mit den Akten der Acc. 2009/159 wurden zahlreiche Akten fremder (staatlicher und kommunaler) Provenienz abgegeben, die zu verschiedenen Zeiten in das Archiv der Landschaft bzw. des Heimatmuseums Hoya gelangt sind. Im Einverständnis mit der Landschaft wurden sie entnommen und unter Hinweis auf ihre Herkunft den zuständigen Beständen zugeordnet. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Akten der verschiedenen hoyaschen Ämter, Akten und Karten der Wasserbauinspektion Nienburg sowie Unterlagen von verschiedenen hoyaschen Flecken und Gemeinden, die den entsprechenden Beständen zugeordnet wurden und nun dort unter den folgenden Signaturen zu finden sind.

5. Benutzung

Die Benutzung des Bestandes erfolgt im Rahmen der Bestimmungen des Niedersächsischen Archivgesetzes.


6. Literatur

J. Guttzeit, Landschaft für die Grafschaften Hoya und Diepholz. Ursprung und Gründung vor 140 Jahren, in: Heimatblätter für die Grafschaft Diepholz (Beilage des Diepholzer Kreisblattes), 11. Folge (1959), Nr. 3.

Thorsten Neubert-Preine, Die Rittergüter der Hoya-Diepholz'schen Landschaft, Nienburg 2006.

Wolf-Rüdiger Reinicke, Landstände im Verfassungsstaat. Verfassungsgeschichte und gegenwärtige Rechtsstellung der Landschaften und Ritterschaften in Niedersachsen, Göttingen 1975, S. 67ff.

Findmittel

EDV-Findbuch (2010)

Weitere Angaben (Bestand)

Benutzung

Das Archivgut kann im Niedersächsischen Landesarchiv Hannover unter Berücksichtigung der Einhaltung von Schutz- und Sperrfristen nach §5 Niedersächsisches Archivgesetz (NArchG) eingesehen werden.