Nachlass Gerhard Eitzen
Der Hausforscher Gerhard Erwin Otto Eitzen wurde am 9. August 1916 in Lüneburg geboren und verstarb am 12. Oktober 1996 in Kommern (Eifel). Er gehörte zu den Mitbegründern der modernen Haus- und Gefügeforschung in Deutschland. Im Zuge seiner langjährigen Feldforschungen, die er über Niedersachsen hinaus auf ganz Mitteleuropa ausdehnte, dokumentierte er zahlreiche historische ländliche Bauten, von denen viele schon längst verschwunden sind. Sein gedrucktes Lebenswerk umfasst neben vier Buchpublikationen 69 wissenschaftliche Aufsätze und 35 Zeitungsbeiträge. Durch seine methodisch stringente Vorgehensweise, seine Fähigkeit zu klaren, konstruktiven Analysen und seine hervorragende zeichnerische Begabung übte Eitzen einen nachhaltigen Einfluss auf viele jüngere Hausforscher aus, der bis heute anhält.
Obwohl es sich bei Eitzens Zeichnungen um sogenannte „rekonstruierende Aufmaße“ handelte, die das Gebäude im Erbauungszustand zeigen und spätere Umbauten vernachlässigen, sind seine Arbeiten auch heute noch eine wertvolle Quelle für die Hausforschung. Eine große Zahl der von ihm untersuchten Gebäude ist abgerissen, und viele seiner Beobachtungen ließen sich heute gar nicht mehr durchführen. Die Skizzenbücher, in die Eitzen nur das eintrug und mit Maßen versah, was er auch vorfand, und die Fotos, die die Gebäude in ihrem Zustand zum Zeitpunkt des Aufmaßes zeigen, ermöglichen es, die Entstehung seiner Aufmaßzeich-nungen nachzuvollziehen. Darüber hinaus können sie wichtige Hinweise für aktuelle Bauuntersuchungen von Gebäuden enthalten, die seitdem weiter umgebaut und verändert worden sind. Mit den zahlreichen unpublizierten Aufmaßzeichnungen, Skizzen und Fotografien bietet der „Nachlass Eitzen“ einen reichen Quellenfundus von unschätzbarem Wert für Hausforschung und Denkmalpflege, dessen wissenschaftlich-kritische Auswertung erst am Anfang steht.
Der Bestand umfasst im Wesentlichen das schriftliche, zeichnerische und fotografische Mate-rial aus den Jahren von 1932 bis 1993, das Gerhard Eitzen am 22. September 1991 dem Museumsdorf Hösseringen als Vorlass überließ. Bei der Verzeichnung wurden schriftliche Unterlagen, Zeichnungen, Fotografien und Negative, die das Museumsdorf in früheren Jahren
von Eitzen oder anderen Personen bzw. Institutionen erhalten hatte, hinzugefügte, während andererseits Aufmaßzeichnungen und Fotos, die Regionen außerhalb Niedersachsens betrafen (Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Süddeutschland, Österreich und Südtirol), zum Teil an dortige Institutionen und Museen abgegeben wurden.
1980 konnte das Museumsdorf 25 Aufmaßzeichnungen Eitzens aus dem Besitz von Rudolf Helm, Vorra, übernehmen. Gerhard Eitzen selbst übergab 1981 dem Museum 41 Zeichnungen, und 1983 erhielt das Museumsdorf vom Uelzener Museums- und Heimatverein 28 Aufmaßzeichnungen. 1985 gelangte ein erster Teil der Negativsammlung Eitzens in das Museum. Einige Schleswig-Holstein betreffende Negative wurde an das Schleswig-Holsteinische Landesmuseum Schloss Gottorf abgegeben. 1990 erhielt das Museumsdorf aus dem Nachlass von Josef Schepers 90 Aufmaßzeichnungen aus Niedersachsen sowie eine geringe Anzahl von Briefen aus dessen Korrespondenz mit Gerhard Eitzen und Helmut Richter. 1993 wurden eine kleine Zahl von Aufmaßzeichnungen der Wehlburg, die nicht von Eitzen stammten, an das Museumsdorf Cloppenburg abgeben. Die Bayerische Landesstelle für nichtstaatliche Museen in München erhielt 1994 128 Negative, die nach der Beschriftung der Negativtaschen Bayern und Süddeutschland betrafen. Dem Tiroler Kunstkataster in Innsbruck wurde 2001 ein Konvolut von 25 Aufmaßzeichnungen, 476 Negativen und 331 Fotos übergeben, die in Österreich und Südtirol entstanden waren.
Vor der Verzeichnung umfasste der im Museumsdorf Hösseringen als „Archiv Eitzen“ aufbewahrte Bestand 196 Mappen, Umschläge, Hefte und Skizzenblöcke mit Manuskripten, Typoskripten, Notizen, Drucken, Landkarten und Aufmassskizzen und Notizen sowie 420 Postkarten, zwei Karteikästen mit Fotos, 33 Buntstift- und 46 Bleistiftzeichnungen, rund 2.750 Blätter mit Aufmaßzeichnungen, die zum großen Teil auf Vorder- und Rückseite oft mit mehreren Zeichnungen versehen sind, ca. 4.800 Fotos und etwa 3300 Negative.
Bei der Ordnung und Verzeichnung des Nachlasses wurden nicht alle Materialien in den Ar-chivbestand eingeordnet. So blieben aus arbeitsökonomischen Gründen die bereits 1985 über-nommenen Negative in der Negativsammlung des Museums (Filmnr. LWM 1985/67 bis 173) und wurden durch die 1991 erworbenen Negativstreifen ergänzt (Filmnr. LWM 1985/174 bis 482). Ebenfalls nicht in den Bestand aufgenommen wurde eine größere Anzahl von Fotos, die vermutlich in Österreich und Südtirol entstanden waren, sowie Fotos von Gebäuden des Freilichtmuseum Kommern, die diese am Originalstandort sowie deren Abbau und Wiedererrichtung zeigen. Diese Aufnahmen erhielten das Tiroler Kunstkataster in Innsbruck und das Rheinische Freilichtmuseum in Kommern. Die bereits verzeichneten Fotos aus Nordrhein-Westfalen wurden 2005 dem Westfälischen Freilichtmuseum Detmold übergeben und durch Fotokopien ersetzt, so dass der Benutzer die Möglichkeit hat, die Aufnahmen im Archiv des Museumsdorfes einzusehen. Nach Abschluss der Verzeichnung konnten im Jahre 2006 die im Besitz des Historischen Museums Hannover befindlichen Aufmaßzeichnungen Eitzens als Dauerleihgabe erworben werden. Im selben Jahr übergab Konrad Bedal, Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim, dem Museumsdorf Hösseringen Aufmaße von Häusern in Schleswig-Holstein als Schenkung. 2007 spendete Gisbert Eitzen dem Museumsdorf Druckplatten und Diapositive aus dem Besitz seines Vaters. Die Neuzugänge wurden anschließend in das Findbuch eingearbeitet (Signatur Eit 3205–3420, Eit 3421–3466 und Eit 3467–3472).
Bei der Ordnung des „Nachlasses Eitzen“ konnte weder auf eine vorhandene Systematik zurückgegriffen noch eine solche rekonstruiert werden. Aus den Beschriftungen der Mappen und Umschläge ließ sich erkennen, dass Gerhard Eitzen ursprünglich einen Teil seiner Notizen, Manuskripte und anderen Materialien nach bestimmten Kriterien abgelegt hatte, doch scheint diese Ordnung bereits vor Übergabe des Materials nicht mehr bestanden zu haben. Diese Tatsache sowie das Hinzufügen bzw. Aussondern von Unterlagen, Zeichnungen und Fotos durch das Museumsdorf machten eine völlige Neuordnung notwendig. Das Material wurde zunächst in die drei großen Gruppen „schriftlicher, zeichnerischer und fotografischer Nachlass“ eingeteilt. Bei der weiteren Gliederung wurde unterschiedlich verfahren. Während sich beim schriftlichen Material eine Ordnung nach sachlichen Gesichtspunkten anbot, wurden die Zeichnungen und Fotos nach Ländern, Bundesländern und Orten geordnet. Dabei konnte auf Vorarbeiten von Karl-Heinrich von Stülpnagel, Hans Blazejewski und vor allem von Manfred Völker zurückgegriffen werden, der 1993/94 einen großen Teil der Aufmaßzeichnungen in einer EDV-Datenbank erfasst (insgesamt 3106 Datensätze) und einen Teil der Fotos sortiert hatte.
Die Benutzung des Bestandes unterliegt keinen Beschränkungen.
In Veröffentlichungen sind die benutzten Materialien wie folgt zu zitieren (Beispiel):
ALWMH Eit 100
Hösseringen, September 2008
Ulrich Brohm
Link: https://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/detailAction?detailid=b23921