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NLA HA Dep. 137

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Familien- und Gutsarchiv von Engelbrechten zu Gronau bzw. Oppershausen

Laufzeit

1453-2006

Bestandsdaten

Bestandsgeschichte

1. Geschichte der Familie von Engelbrechten zu Gronau und Oppershausen

Ahnherr der Familie von Engelbrechten ist Dr. Arnold Engelbrecht (1582-1638), Geheimer Rat und Kanzler des Herzogs Friedrich Ulrich zu Braunschweig-Lüneburg (Wolfenbüttel). Der aus Wernigerode stammende Engelbrecht hatte zunächst in Helmstedt die Rechte studiert und war dann in den Dienst des Herzogs Friedrich Ulrich getreten, der ihn 1627 zum Kanzler erhob. Nach dem Aussterben des Mittleren Hauses Braunschweig im Jahr 1634 und der Wiederbegründung des Herzogtums Calenberg wurde Engelbrecht 1635 Kanzler des Herzogs Georg zu Braunschweig-Lüneburg (Calenberg). Für seine Verdienste wurde Engelbrecht 1632 mit einem von fünf landtagsfähigen Burgmannhöfen in der Stadt Gronau (Rittergut Gronau IV) im calenbergischen Teil des Großen Stift Hildesheim belehnt. Davor hatte sich der 1590 von Barthold Bock von Nordholz (gest. 1614) im Stil der Renaissance direkt an der Stadtmauer erbaute Hof im Besitz der Familie der Bock von Nordholz befunden, die zum Stiftsadel des Hochstifts Hildesheim gehörte und 1628 mit dem Tod des katholischen Domherrn Christoph Dietrich Bock von Nordholz im Mannesstamm erlosch.

Hatte sich Dr. Engelbrecht zu seinen Lebzeiten noch im Besitz sämtlicher Lehen der Bock von Nordholz (Lehen des Fürstentums Calenberg, des Hochstifts Hildesheim, der Grafschaft Schaumburg und der Grafschaft Nassau-Spiegelberg) befunden, so mussten seine Erben einen Teil der Lehen der Bock von Nordholz nach langwierigen Rechtsstreitigkeiten an andere Berechtigte, insbesondere aus den Familien von Münchhausen und von Wartensleben, abtreten. Der Burgmannshof in Gronau mit seinen bedeutenden Einkünften blieb jedoch im Besitz der Familie von Engelbrechten. Ausgestattet war der Hof mit etwa 210 Morgen (52 ha) Land, wovon ein Drittel vor dem Eimer Tor, ein weiteres Drittel bei Benstorf lag. Viele kleinere Parzellen befanden sich in der niederen und in der oberen Masch. Auch im benachbarten Banteln besaß die Familie von Engelbrechten eine Anzahl von dienst- und zinspflichtigen Bauern. Außerdem nahm die Familie hohe Einkünfte aus Meierzinsen und Zehnten von mehreren Dörfern im Amt Lauenstein ein und bezog auch Deputatsalz aus der Saline zu Salzhemmendorf. Nach der Rückgabe des Großen Stifts Hildesheim an den Bischof im Jahr 1643 fiel der Burgmannshof zu Gronau an das Hochstift Hildesheim zurück, doch lag der zughörige Landbesitz im Fürstentum Calenberg bzw. in einem zwischen Hildesheim und Calenberg umstrittenen Gebiet bei Gronau. Endgültig geregelt wurden die Verhältnisse erst 1815 mit der Integration des säkularisierten Fürstentums Hildesheim in das neugegründete Königreich Hannover. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts haben die von Engelbrechten das Rittergut Gronau nicht selbst bewohnt, sondern lediglich dessen Einkünfte genossen, die auf die verschiedenen Linien der Familie aufgeteilt wurden. 1973 übereignete der damalige Besitzer Friedrich von Engelbrechten aus Genf, Erbe seines 1945 in Berlin umgekommenen Vaters Max, den Burgmannshof mit dem zugehörigen Land der Stadt Gronau. Nach einer Restaurierung wurden dort das Stadtarchiv und das städtische Museum untergebracht, die sich noch heute hier befinden.

Die Nachkommen des Kanzlers Engelbrecht, die über vier Generationen hinweg als Juristen in führenden Positionen als Professoren der Universität Helmstedt, als städtische Syndizi sowie im Justiz- und Verwaltungsdienst tätig waren, stiegen mit dem Besitz von Gronau in den Adelsstand auf. Die Halbbrüder Georg von Engelbrechten (Oberappellationsrat) und Gottlieb Ludwig von Engelbrechten (Hofrat u. Prokurator), die beide Juristen am Oberappellationsgericht in Celle waren, erhielten am 2. Oktober 1727 bzw. am 10. November 1728 eine Bestätigung ihres Adels durch Kaiser Karl VI.

2. Bestandsinformation und Erschließung

Der kleine Bestand wurde dem NLA - Hauptstaatsarchiv Hannover im November 2008 von Goetz von Engelbrechten auf Molzen als Depositum übergeben und von der Unterzeichneten geordnet und verzeichnet. Er enthält zum einen Unterlagen des Gutsarchivs, die sich auf die Bewirtschaftung des Gutes Gronau und die Verteilung seiner Einkünfte auf die verschiedenen Berechtigten der Familie von Engelbrechten beziehen. Größte Bedeutung besitzen hier die Gutsrechnungen, die von 1785 bis 1894 in fast lückenloser Folge überliefert sind.

Die ältesten Unterlagen des Familienarchivs reichen bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurück. Sie betreffen Anna von Neefe, die zweite Frau und Witwe des Kanzlers Dr. Arnold Engelbrecht, und deren Kinder. Der größte Teil des Familienarchivs bezieht sich jedoch auf den als Justizrat in Stade tätigen Besitzer des Gutes Gronau Georg Ludwig Friedrich von Engelbrechten (1772-1852) und dessen Familie.

Hier ist insbesondere sein Sohn Oberst Adolf von Engelbrechten (1810-1897) zu Bückeburg zu nennen. Dessen Sohn Major Adolf Moritz Friedrich von Engelbrechten (geb. 1869) erwarb 1903 das Gut Oppershausen im ehemaligen Fürstentum Lüneburg und begründete damit die Linie Oppershausen der Familie von Engelbrechten. Unterlagen aus dem Guts- und Familienarchiv zu Oppershausen sind in geringen Teilen ebenfalls Teil des Bestandes (vgl. Gliederungspunkt 2).

3. Benutzung

Der Bestand ist nach den Bestimmungen des Depositalvertrages ohne Einschränkungen benutzbar. Die Benutzung kann jedoch aus konservatorischen Gründen (Pilzbefall oder Moderschaden) eingeschränkt werden.

Weitere Archivalien zu Georg Ludwig Friedrich von Engelbrechten und den Stader Zweig der Familie von Engelbrechten sind im NLA - Abteilung Stade zu finden.
Im Stadtarchiv Gronau (Leine) werden weitere Archivalien der Familie aufbewahrt, u. a.:
Akte A.VI.15 Befestigung der Leineufer. Darin auch: Klage des geheimen Justizrats von Engelbrechten in Stade kontra Magistrat wegen Unterhaltung und Herstellung der Leine-Ufer, Laufzeit: 1834-1854
Akte A.VIII.12 Forstsachen. Darin auch: Bürgermeister und rat kontra von Engelbrecht wegen Bauholzanweisung, Laufzeit: 1741-1797

4. Ergänzung

Die am 22.02.2013 nachgereichte Accession 2013/045 umfasst vor allem familiengeschichtliche Unterlagen sowie einen hildesheimischen Lehnbrief von 1681.

Hannover, im April 2013
gez. Dr. Sönke Thalmann

5. Ergänzung

2017 wurden überwiegend von Maximilian von Engelbrechten (1901-1945) auf Gut Oppershausen zusammengetragene Familienpapiere, Stammtafeln und genealogische Notizen sowie die politische und geschäftliche Korrespondenz und die persönlichen Unterlagen Maximilians von Engelbrechten nachgereicht (Acc. 2017/56).
Nach Abschluss eines Jurastudiums in Zürich, Genf, München und Göttingen ließ sich Maximilian von Engelbrechten 1929 als selbständiger Rechtsanwalt in Hannover und später in Berlin nieder. Wie aus seinen persönlichen Unterlagen hervorgeht, war er in den 1930er Jahren u. a. mit dem Fall der falschen Zarentochter Anastasia befasst und stand in regem Briefkontakt mit ihrem amerikanischen Anwalt Edward Huntington Fallows (1865-1940).
Maximilian von Engelbrechten war ein aktives und gestaltendes Mitglied in diversen Parteien, Vereinen und Verbänden. Der Deutsch-Hannoverschen Partei etwa gehörte er von 1926 bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1933 an. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang seine unter den persönlichen Unterlagen befindliche politische Korrespondenz, die die Positionierung der Deutsch Hannoverschen Partei und des Adels gegenüber verschiedenen politischen Strömungen und Parteien wie beispielsweise dem Nationalsozialismus und der NSDAP widerspiegelt.
1937 gab Maximilian von Engelbrechten seine Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt auf, um sich der Verwaltung des seit 1903 im Familienbesitz befindlichen Gutes Oppershausen zu widmen. Bereits vor 1933 an genealogischen Fragen interessiert, trug er im Laufe der Jahre eine bis ins 17. Jahrhundert zurückreichende Sammlung von Familienpapieren, Registerauszügen und genealogischen Notizen zusammen, die auch einige wenige Briefe, Ordenspatente und andere persönliche Unterlagen mehrere Vorfahren aus dem 17. und 19. Jahrhundert enthält und damit eine wertvolle Ergänzung zur Familiengeschichte darstellt.
Seit 1939 war Maximilian von Engelbrechten im Deutschen Konsulat in Genf tätig. Er gehörte dem Legationsrat des Auswärtigen Amtes an und trat 1941 der NSDAP bei. Einer Studie über 1944 bis 1947 verhängter Todesurteile sowjetischer Militärtribunale gegen Deutsche zufolge hatte er möglicherweise Verbindungen zur Widerstandsgruppe um den Chef der Militärabwehr, Admiral Wilhelm Canaris. Am 27. Juni 1945 wurde Maximilian von Engelbrechten von der sowjetischen Besatzungsmacht in Potsdam festgenommen und am 29. Oktober 1945 wegen Spionage zum Tod durch Erschießen verurteilt; das Urteil wurde am 20. November 1945 vermutlich in der Sowjetunion vollstreckt. Am 26. Oktober 2001 erfolgte seine Rehabilitierung durch die Hauptmilitär-Staatsanwaltschaft der Russischen Föderation (GWP). Aus den letzten vier Lebensjahren Maximilians von Engelbrechten sind keine Unterlagen in das Archiv gelangt.

Hannover, im August 2017
gez. Dr. Juliane Henzler

6. Ergänzung

Die am 15.10.2020 nachgereichte Accession 2020/130 umfasst vor allem eine aktuelle Broschüre zur Familiengeschichte der von Engelbrechten, Kopien der Adelsbestätigungen für die Halbbrüder Georg und Gottlieb Ludwig von Engelbrechten durch Kaiser Karl VI. aus dem Österreichischen Staatsarchiv Wien und Aktenstücke des Spoerckenschen Adelsgerichts auf Gut Molzen aus dem 18. Jahrhundert sowie ein Befehlsbuch der Königlich Deutschen Legion unbekannter Provenienz aus dem frühen 19. Jahrhundert.

Hannover, im April 2021
gez. Dr. Jonas Hübner

Enthält

Archiv der Familie von Engelbrechten zu Gronau bzw. Oppershausen

Literatur

Armgard von Reden-Dohna, Die Rittersitze des vormaligen Fürstentums Hildesheim, Göttingen 1995, S. 90-93.

Art. Engelbrechten, in Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser 3 (1909), S. 174-177.

Art. Engelbrechten (1728), in Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser 4 (1910), S. 1182-184.

Todesurteile sowjetischer Militärtribunale gegen Deutsche (1944-1947). Eine historisch-biographische Studie. Hg. v. Andreas Weigelt, Klaus-Dieter Müller, Thomas Schaarschmidt und Mike Schmeitzner. (= Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung 56). Göttingen 2015, S. 121.

Wolfgang W. Ewig, Stammtafel der adeligen und bürgerlichen Familie von Engelbrechten. Die Nachkommen des Kanzlers Dr. Arnold Engelbrecht (1582-1838), Barsinghausen 2020 (Broschüre).

Findmittel

EDV-Findbuch (2022)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M.

3,7

Bearbeiter

Dr. Sönke Thalmann (2013)

Dr. Juliane Henzler (2017)

Dr. Jonas Hübner (2021)

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Gronau (Leine), Stadt [Wohnplatz]

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Salzhemmendorf, Flecken, Gemeinde [Wohnplatz]