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NLA HA Nds. 330 Moringen

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Landeskrankenhaus Moringen

Laufzeit

1948-2009

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners

Vorbemerkung: Zur Vorgeschichte siehe das Vorwort zum Vorgängerbestand Hann. 158 Moringen.

1945 wurde das von den Nationalsozialisten zum Konzentrationslager umgewandelte Provinzial-Werkhaus von den Amerikanern geräumt. Damals sind etwa 60 bis 80 Jugendliche unter fragwürdigen Umständen umgekommen. Die Gebäude wurden zunächst als Sammellager für bis zu 2000 polnische Flüchtlinge verwendet.

1948 wurde die Einrichtung durch das Land Niedersachsen unter dem Namen "Landwerkhaus" übernommen. Es diente der Unterbringung psychisch kranker Straftäter, wobei der Begriff "Korrigenden" beibehalten wurde. Weiterhin entstanden eine Trinkerheilstätte sowie ein Asyl- und Altersheim und eine dermatologische Landesklinik für zwangszuheilende geschlechtskranke Frauen.

Die bisher pädagogische wechselte 1954 zu einer nervenärztlichen Leitung mit der Aufgabe, Geistesschwache und chronisch Alkoholkranke zu betreuen und zu behandeln. Damit verbunden war die Errichtung einer bis heute bestehenden Krankenpflegeschule. Diese diente der Umschulung des Aufsichtspersonals zu Pflegepersonal und später der Ausbildung von Krankenpflegepersonal.

Seit den 1960er Jahren fand ein weiterer Ausbau statt, u.a. 1961 die Errichtung eines Frauenpavillons sowie verschiedener Funktionsräume. 1966 wurde die Bezeichnung Niedersächsisches Landeskrankenhaus Moringen eingeführt.

1978 wurden das Sozialzentrum mit Schwimmbad, Sporthalle und Festsaal, Cafeteria und Küche fertiggestellt und ebenso eine große, moderne Arbeits- und Ergotherapie errichtet. 1981 konnte der Neubau von vier Stationen mit jeweils 15 Planbetten im gelockerten Bereich bezogen werden. Zudem entstand ein Neubau für die Direktion und Verwaltung. 1987 wurden weitere Neubauten mit fünf Stationen im gesicherten Bereich eingeweiht. Damit konnten nun auch die Altbaustationen völlig renoviert und modernen therapeutischen Ansprüchen angepasst werden konnten.

1991 wurde eine Außenstelle des Landeskrankenhauses in Hannover eröffnet. Nach Umzug in andere Räumlichkeiten findet in diesem offenen Maßregelvollzug OMRV die Behandlung von 15 Patienten statt, die kurz vor der Entlassung stehen. 2006 wurde das Behandlungsangebot des Hauses um eine hochgesicherte Station ergänzt, in der 12 Patienten in zwei Wohngemeinschaften untergebracht sind.

Nach dem Abschluss des Umbaus der beiden Wachsäle 2007 standen für den Aufnahme- und Kriseninterventionsbereich eine Station mit 16 Plätzen zur Verfügung sowie eine weitere Nachfolgestation mit ebenfalls 16 Plätzen, die zusammen eine differenziertere Behandlung der schwierigsten Patienten ermöglichen. Daneben gibt es 23 Wohngemeinschaften mit je vier bis sechs Bewohnern, die sich zumeist relativ unabhängig unter pflegerischer und therapeutischer Anleitung selbst versorgen. Hier werden die Patienten hinsichtlich ihrer beruflichen Perspektiven und bevorstehenden Entlassung in eigenen Wohnungen betreut.

Aufgrund der durch die Landesregierung Niedersachsen umgesetzten Privatisierung der Landeskrankenhäuser übernahm das Krankenhaus Moringen seit 2006 das "Feste Haus" in Göttingen und damit die zentrale Position in der Versorgung hochgesicherter Patienten. Rund ein Drittel aller Maßregelvollzugspatienten Niedersachsens wurden seither nach möglichst individuellen Therapieplänen in Moringen behandelt.

Im Zuge der Verwaltungsreform wurden die Landeskrankenhäuser Moringen und Brauel sowie die Fachabteilung Bad Rehburg seit 2011 als gemeinsamer Landesbetrieb mit der Bezeichnung "Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen MRVZN" zusammengelegt. Die Einrichtungen an den einzelnen Standorten führen die Bezeichnung "MRVZN" sowie den jeweiligen Orts- bzw. Stadtnamen, also MRVZN Moringen.

Stand: Oktober 2014

Bestandsgeschichte

1. Bewertung und Übernahme von Patientenakten allgemein

In den Jahren 1986-1988 haben mehrere Landeskrankenhäuser (LKH) Patientenakten, die bis 1960 geschlossen worden waren, an die niedersächsischen Staatsarchive abgegeben. Eine Bewertung der Akten erfolgte dabei zunächst nicht. Später erstellte Bewertungsrichtlinien erwiesen sich als ungeeignet und wurden archivisch nicht angewandt.

In Anlehnung an allgemein anerkannte archivische Bewertungskriterien (siehe z.B. Rössler und Wischnath) werden alle Patientenakten von den Anfängen der Psychiatrie im 19. Jahrhundert bis in die unmittelbare Nachkriegszeit (ca. 1950) als uneingeschränkt archivwürdig eingeschätzt. Für die Zeit danach erfolgte eine Bewertung wegen den massenhaft zunehmenden Patientenakten, die jeweils aus der eigentlichen Krankenakte sowie einer in der Regel nicht archivwürdigen Verwaltungsakte bestehen.

In den letzten Jahren haben die Standorte des Niedersächsischen Landesarchivs (NLA) ein gemeinsames Bewertungsverfahren für Patientenakten entwickelt, das jedoch nicht flächendeckend umgesetzt wird.

In Hannover wurde seit 2004/2005 folgendes Verfahren angewandt:
- bis 1950 vollständige Übernahme der Akten ohne Bewertung
- 1950-1960 Übernahme mit Bewertung in 5-Jahres-Schritten (nach Aufnahmedatum, nämlich 1950, 1955, 1960)
- 1960-1975 Übernahme mit Bewertung nach dem DORT-Prinzip (Anfangsbuchstaben des Familiennamens D, O, R und T)
- ab 1975 Übernahme mit Bewertung in 5-Jahres-Schritten und nach dem DOT-Prinzip (Anfangsbuchstaben des Familiennamens D, O und T)

Hinsichtlich angebotener Personalakten sollte einerseits solches Schriftgut übernommen werden, welches einen Querschnitt der verschiedenen Berufsgruppen (v.a. Pflegepersonal, Ärzte) abbildet, und andererseits solches, welches besondere Fälle (Arbeitsunfälle, Dienstvergehen etc.) dokumentiert.

2008 konkretisierte eine NLA-Arbeitsgruppe das künftige Vorgehen hinsichtlich der Bewertung und Erschließung jüngerer Patientenakten der LKHs. Neben den reinen Patienten- und Personalakten sollten zunehmend auch allgemeine Verwaltungsakten, statistische Jahresberichte und andere Unterlagen, welche die Arbeit der LKH dokumentieren sowie eine komprimierte Parallelüberlieferung zu Patientenakten bieten (Protokolle/ Amtsbücher, z.B. Aufnahmebücher, Behandlungs- und Untersuchungsprotokolle), archiviert werden. Man verständigte sich auf eine vollständige Archivierung älterer Patientenakten bis 1945/50 sowie von Aufnahmebüchern und Behandlungsprotokollen bis zu dieser Zeit. Für die jüngeren Akten, die für die klinische und historische Forschung auch von Bedeutung sein können, wurde dagegen eine Bewertung in Form einer repräsentativen Stichprobe mittels statistischen Auswahlverfahren als unerlässlich angesehen, wobei eine Klumpenstichprobe, d.h. nach dem Anfangsbuchstaben des Familiennamens (DOT-Prinzip), gegenüber einer systematischen Stichprobe oder einer Zufallsstichprobe bevorzugt wird. Um die Übernahmemengen von Patientenakten nach 1978 der fünf LKH Lüneburg, Göttingen, Wunstorf, Hildesheim und Tiefenbrunn nochmals zu reduzieren, sollen künftig nur noch exemplarische Übernahmen von Patientenakten aus zwei LKHs stattfinden. Das quantitative Auswahlverfahren soll ferner durch eine qualitative Auswahl nach folgenden Kriterien ergänzt werden:

- Fälle, die in der wissenschaftlichen Literatur erwähnt sind
- Fälle, die unter sozialgeschichtlichen Aspekten typisch sind
- herausragende und/oder bekannt gewordene Fälle
- Patientenakten (regional) bekannter Persönlichkeiten
- Fälle, die aus medizingeschichtlicher Sicht typisch oder außergewöhnlich sind
- Fälle, in denen familiäre Zusammenhänge sichtbar werden

Hinsichtlich der qualitativen Auswahl soll vermehrt eine Zusammenarbeit mit dem medizinischen Personal in den (ehemaligen) LKHs gesucht werden, um deren Sachkenntnis einzubeziehen. Diese sollen die betreffenden Fälle kennzeichnen, um die Arbeit des Landesarchivs zu erleichtern.

Ausnahmen von der neuen Bewertungspraxis sollen für drei LKHs gemacht werden. Übernahmen von Patientenakten des vom NLA OL betreuten LKH Wehnen sollten wie bisher mittels einer systematischen Stichprobe erfolgen, indem jede 100. Akte archiviert wird. Bei den für den Maßregelvollzug zuständigen LKHs Moringen und Brauel soll auf eine repräsentative Stichprobe bei Patientenakten gänzlich verzichtet werden. Das angebotene Schriftgut soll vollständig übernommen werden.

2. LKH Moringen
Da es sich bei dem LKH Moringen um eine Einrichtung des Zwangsregelvollzugs und bis Ende der 1990er Jahre um die einzige forensische Klinik Niedersachsens handelt, sollen die Patientenakten vollständig übernommen werden.
Hinsichtlich der Verwaltungsakten wurde eine Anbietung nach Ablauf der 5-10jährigen Aufbewahrungsfrist vereinbart.
Die 2014 erfolgte Schriftgutanbietung seitens des Maßregelvollzugszentrums Moringen betraf nicht nur Akten des LKH Moringen, sondern auch der LKHs Göttingen, Tiefenbrunn, Wunstorf und Hildesheim. Angeboten wurden neben Personalakten auch Unterlagen des Lohn-, Besoldungs- und Rechnungswesens sowie Akten zur Personalakquise und -entwicklung, Generalakten und allgemeine Verfügungen. Übernommen wurden Personalakten nach folgenden Kriterien:
- Geburtsjahrgänge bis 1910: alle Berufe
- Geburtsjahrgang 1920: Pflegepersonal
- Geburtsjahrgang 1941: Ärzte
- Mitarbeiter mit über 20jährigen Dienstzeiten
- Ärzte mit über 5jährigen Dienstzeiten
Die übernommenen Akten wurden dabei auf die Bestände der fünf o.g. LKHs aufgeteilt.

Die seit 1978 angefallenen Unterlagen des LKH Moringen werden beim Niedersächsischen Landesarchiv Wolfenbüttel übernommen (Bestand 1032 B Nds).

In den Bestand Nds. 330 Moringen sind bislang zwei Ablieferungen des Landeskrankenhauses Moringen eingegangen.
Stand: September 2015

Enthält

Patienten- und Personalakten, Verwaltungsakten

Literatur

Kurze Geschichte des Fachkrankenhauses Moringen

Allgemein zu archivischen Bewertungskriterien für Patientenakten:

Wulf Rössler, Überlegungen zur Archivierung psychiatrischer Krankenunterlagen, in: Der Archivar 44 (1991), Sp. 435-442.

Michael Wischnath, Einführung zu den Bewertungs- und Erschließungsempfehlungen für Krankenakten, in: Der Archivar 51 (1998), S. 233-244.

Siehe

Korrespondierende Archivalien

Hann. 158 Moringen (Landeswerkhaus Moringen)
Nds. 330 Göttingen Acc. 2014/123 (Landeskrankenhaus Göttingen)
Nds. 330 Hildesheim Acc. 2014/120 (Landeskrankenhaus Hildesheim)
Nds. 330 Tiefenbrunn Acc. 2014/122 (Landeskrankenhaus Tiefenbrunn)
Nds. 330 Wunstorf Acc. 2014/121 (Landeskrankenhaus Wunstorf)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M.

1,5 lfdm

Bearbeiter

Dr. Christian Helbich (2015)

Benutzung

Daten die dem Sozialgeheimnis, der ärztlichen Schweigepflicht (§ 203 StGB) oder vergleichbaren Rechtsvorschriften unterliegen, sind nicht für die Online-Recherche freigestellt. Erschließungsinformationen und Archivgut können auf der Grundlage eines Benutzungsantrags im NLA Hannover unter Berücksichtigung der Schutzfristen nach §5 NArchG eingesehen werden.

Georeferenzierung

Bezeichnung

Moringen, Stadt [Wohnplatz]

Zeit von

1

Zeit bis

1

Objekt_ID

1677

Ebenen_ID

1

Geo_ID

1-1677

Link

Moringen, Stadt [Wohnplatz]