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NLA HA Nds. 227 Lüneburg

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Lüneburg

Laufzeit

1967-1980

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners

Vorbemerkung: Zur allgemeinen Geschichte der Finanzämter und zur Finanzverwaltung siehe das Gruppenvorwort zum Tektonikpunkt "Allgemeine Finanzverwaltung".

In Kooperation mit den Justizbehörden bildeten die Finanzbehörden ursprünglich Fahndungsarbeitsgruppen für die systematische Suche nach Steuersündern. Das Steuerstrafrecht war 1919 mit der Reichsabgabeordnung (RAO) einheitlich geregelt worden, die auch in der Bundesrepublik bis in die 1970er Jahre galt. Daher besaßen die Finanzbehörden auch weiterhin die Strafgewalt und konnten Steuerstraftaten wie Kriminalstrafen ahnden. Sie ermittelten nicht nur Steuervergehen, sondern verhängten auch Geldstrafen oder setzten Straf- und Beschwerdebescheide fest.

Für die Steuerfahndung waren in den 1950er Jahren sieben unselbständige Steuerfahndungssaußenstellen in Braunschweig, Emden, Göttingen, Hannover, Lüneburg (Stade-Lüneburg), Oldenburg und Osnabrück zuständig, die Teil der OFD Hannover und den Besitz- und Verkehrssteuerabteilungen in Hannover und Oldenburg zugeordnet waren. Mit Erlass des nds. Finanzministers vom 4. August 1961 wurden diese Außenstellen in selbständige Landesbehörden auf Ortsebene umgewandelt und als Steuerfahndungsstellen bezeichnet, wobei die Standorte Braunschweig, Emden und Göttingen als Standorte sofort und Osnabrück 1978 wegfielen. Der Amtsbezirk der Steuerfahndungsstelle Stade-Lüneburg umfasste dabei die Bezirke der Finanzämter Braunschweig-Land, Braunschweig-Stadt, Buchholz, Celle, Cuxhaven, Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Lüchow, Lüneburg, Osterholz-Scharmbeck, Peine, Rotenburg, Soltau, Stade, Syke, Uelzen, Verden, Wesermünde-Land, Winsen, Wolfenbüttel und Zeven.

Neben den Steuerfahndungsstellen gab es Steuerstrafstellen in den Finanzämtern Braunschweig-Stadt, Hannover-Süd, Oldenburg, Osnabrück und Stade, die jeweils für mehrere Finanzamtsbezirke (in der Regel innerhalb eines oder zweier Regierungsbezirke) tätig waren. Die Zuständigkeit des Finanzamtes Stade umfasste dabei die Bezirke der Finanzämter Buchholz, Cuxhaven, Lüchow, Lüneburg, Osterholz-Scharmbeck, Rotenburg, Soltau, Stade, Syke, Uelzen, Verden, Wesermünde-Land, Winsen und Zeven.

1967 erklärte das Bundesverwaltungsgericht (BVG) das bisherige Steuerstrafverfolgungsverfahren für verfassungswidrig, da die Verhängung von Kriminalstrafen gemäß Art. 92 GG den Gerichten vorbehalten ist. Die Finanzbehörden behielten infolge von Gesetzesänderungen zwar die Strafgewalt für Steuerordnungswidrigkeiten, dürfen bei Steuervergehen aber nur noch den tatsächlichen Sachverhalt ermitteln. Die bei der Steuerfahndung tätigen Beamten sind daher nunmehr Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft. Sie erhalten auf richterliche Anordnung Durchsuchungsbefehle und legen ihre Fahndungsergebnisse entweder dem zuständigen Amtsgericht zwecks Erlass eines Strafbefehls oder der zuständigen Staatsanwaltschaft vor, damit diese beim Amts- bzw. Landgericht Anklage erhebt. Die Aburteilung von Steuerstraftaten übernehmen somit die ordentlichen Gerichte.

Als Folge des Inkrafttretens der die RAO ersetzenden Abgabenordnung (AO, BGBl. I 29/1976, S. 613) zum 1. Januar 1977, nach der die Zuständigkeit für die Verfolgung von Steuerstraftaten einer Finanzbehörde für den Bereich mehrerer Finanzbehörden übertragen werden kann (§§ 387 und 409 AO), und der Gebiets- und Verwaltungsreform in Niedersachsen vom 1. Februar 1978 wurde das Steuerfahndungs- und Steuerstrafwesen neu organisiert. Mit der Verordnung über Zuständigkeiten von Finanzämtern für den Bereich mehrerer Finanzämter vom 30. November 1981 (Nds. GVBl. 27/1981, S. 395; BStBl. I 2/1982, S. 225) wurden die Steuerstraf- und die Steuerfahndungsstellen in Niedersachsen aufgelöst und zum 1. Januar 1982 als Finanzämter für Fahndung und Strafsachen zu einer Behörde vereint, die jeweils in den Sitzen der Bezirksregierungen eingerichtet wurden (Braunschweig, Hannover, Lüneburg und Oldenburg) und seither für die in den jeweiligen (ehemaligen) Regierungsbezirken liegenden Finanzämter zuständig sind.

Die Finanzämter für Fahndung und Strafsachen bestehen gemäß ihren Aufgaben nach § 4 der o.g. Verordnung aus Bußgeld- und Strafsachenstellen (Bustra) und aus Steuerfahndungsstellen. Erstere sind in staatsanwaltschaftlicher Funktion für die strafrechtliche Verfolgung von Steuerstraftaten (Strafverfahren) und die Ahndung von Steuerordnungswidrigkeiten zuständig (Bußgeldverfahren) und sorgen für die Bestrafung bei festgestellter Steuerhinterziehung bzw. für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten. Ziel der Verfolgung von Steuerstraftaten durch General- und Spezialprävention ist die vollständige Steuererhebung und eine gleichmäßige, gerechte Besteuerung. Die Fahndungsstellen dagegen erforschen Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten, ermitteln die Besteuerungsgrundlagen und decken unbekannte Steuerfälle auf (§ 208 AO). Sie sollen für die Verfolgung der zu Lasten der Allgemeinheit gehenden Steuerhinterziehungen sorgen.

Hinsichtlich des Besteuerungsverfahrens ist eine intensive Kooperation mit anderen Finanzämtern notwendig, insbesondere mit den als Betriebsprüfungsstellen agierenden Finanzämtern und den Finanzämtern für Großbetriebsprüfung, da strafrechtliche Ermittlungen häufig durch Auffälligkeiten bei den Veranlagungen bzw. Außenprüfungen ausgelöst werden. Im strafrechtlichen Bereich arbeiten die Finanzämter für Fahndung und Strafsachen mit den zuständigen Staatsanwaltschaften zusammen. Weiterhin gibt es zunehmend gemeinsame Aktionen mit der Polizei und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Zollverwaltung.

Stand: Juli 2015

Bestandsgeschichte

Seit 1991 existiert ein Archivierungsmodell für diese Finanzämter. Danach ist von dem angebotenen Schriftgut eine kleine Auswahl typischer oder besonders interessanter Fälle mit hohem Informationsgehalt zu übernehmen.

In den vorliegenden Bestand Nds. 227 Lüneburg sind bislang drei Ablieferungen des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen in Lüneburg eingegangen.

Bei dem Bestand handelt es sich um Übernahmen aus der Vorgängerbehörde, der dem Finanzamt Lüneburg angeschlossenen Steuerstrafstelle, die für den gesamten damaligen Regierungsbezirk Lüneburg zuständig war. Da für das erst im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreform 1977/1978 gegründete Finanzamt für Fahndung und Strafsachen in Lüneburg das NLA Stade zuständig ist, befindet sich die eigentlich in dieser Behörde angefallene Überlieferung (ab 1978) dort.

Stand: April 2002

Enthält

Steuerakten

Literatur

Siehe Gruppenvorwort

Deutsche Steuer-Gewerkschaft, Landesverband Niedersachsen (Hg.), Niedersächsische Finanzämter für Fahndung und Strafsachen. Braunschweig und Hannover, Lüneburg und Oldenburg. Vier Ämter – Eine Aufgabe – Ein Ziel, 2. Aufl. Hannover 2011.

Siehe

Korrespondierende Archivalien

Die Folgeüberlieferung des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen Lüneburg nach 1978 finden sich im NLA ST, Rep. 212.

Bestände weiterer Finanzämter für Fahndung und Strafsachen:
- NLA HA, Nds. 227 Hannover (Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Hannover)
- NLA OL, Rep 520 STRAF (Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Oldenburg)
- NLA WO, 27 Nds (Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Braunschweig)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M.

1,3

Bearbeiter

Dr. Christian Helbich (2015)

Benutzung

Sowohl Findmittel als auch Archivgut können im Niedersächsischen Landesarchiv Hannover unter Berücksichtigung der Einhaltung von Schutz- und Sperrfristen nach §5 NArchG eingesehen werden. Bei der Entscheidung über die Benutzung ist zu berücksichtigen, dass es sich um zur Person Betroffener geführtes Archivgut handelt, das dem Steuergeheimnis unterliegt.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Aus konservatorischen Gründen können einige Archivalien bis auf Weiteres zur Benutzung nicht vorgelegt werden.