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StAB 7.22

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

Scharrelmann, Wilhelm

Laufzeit

1882-1951

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners

Friedrich Wilhelm Scharrelmann wurde am 03.09.1875 als dritter von vier Söhnen des Ehepaares Wilhelmine und Heinrich Ludwig Scharrelmann geboren. Obwohl sein Vater als Kaufmann erfolglos war, wurde ihm eine Ausbildung an der Domschule ermöglicht. Bereits während seiner Schulzeit veröffentlichte er erste Gedichte, allerdings unter Pseudonymen.
Wie sein Bruder Heinrich, der später als Reformpädagoge und Kinderbuchautor bekannt wurde, besuchte er 1890 - 1895 das Bremer Lehrerseminar. Nach seinem Abschluss unterrichtete er zunächst in einem Waisenhaus, bevor er 1896 Lehrer an der Gemeindeschule in Seehausen wurde, wo er 1898 Johanne Aumund (1877 - 1955) heiratete. Das Paar bekam drei Kinder: Luise (1899), Hans (1902) und Wilhelm (1904). In Seehausen war Scharrelmann auch als Organist tätig und bald ergaben sich Konflikte mit dem ansässigen Pastor, später auch mit der Schulbehörde, die sich besonders an seiner ersten, vermeintlich zu freizügigen Publikation "Anna Maria" (1900) und den sozial- und kirchenkritischen "Blättern aus unser Herrgotts Tagebuch" (1905) entzündeten.
Diese Konflikte führten 1905 zu einer Versetzung nach Bremen an die Waller Volksschule. Scharrelmann engagierte sich hier im Bremer Lehrerverein und war Redakteur und Leiter der Zeitschrift "Roland - Monatsschrift für freiheitliche Erziehung", die im Schulkampf als Organ für die Forderungen des Lehrervereins nach der Demokratisierung der Schule und der Entfernung des Religionsunterrichts aus dem Lehrplan genutzt wurde. Zwar war er keine der entscheidenden Figuren des Schulkampfes, doch wurden ihm trotzdem mehrfach Verweise seitens der Behörde angedroht.

Zudem bekam Scharrelmann zunehmend gesundheitliche Probleme, die auch nach einer Versetzung an die Hilfsschule an der Vegesacker Straße im Jahr 1908 anhielten. Während des 1. Weltkriegs wurde er wegen seines Magenleidens nicht eingezogen. Nachdem er 1920 mit "Jesus der Jüngling" seinen ersten größeren finanziellen Erfolg verbuchen konnte, und sich seine gesundheitlicher Zustand nicht gebessert hatte, wurde er 1921 frühzeitig vom Schuldienst, den er seit 1917 an der Hilfsschule an der Mainstraße verrichtet hatte, pensioniert.
Von jetzt an widmete er sich ganz seiner schriftstellerischen Arbeit und der Kontaktpflege zu anderen Schriftstellern. 1924 wurde auf seinen Vorschlag hin "Die Kogge" gegründet, eine Vereinigung norddeutscher Autoren, der unter anderem Manfred Hausmann, Ludwig Hinrichsen, Dettmar Heinrich Sarnetzki, Hans Friedrich Blunck, August Hinrichs, Hermann Eicke, Carl Lange, Ludwig Bäte, Paul Schurek, Karl Wagenfeld, Hans Franck, Berend de Vries, Alma Rogge, Friedrich Lindemann und Waldemar Augustiny angehörten.
1928 zog Scharrelmann nach Worpswede auf den "Tannenhof". Hier hatte er schon früher viel Zeit verbracht und die Bekanntschaft von mehreren Worpsweder Künstlern gemacht. Nach seinem Umzug übernahm er den Vorsitz der "Vereinigung Worpsweder Künstler und Kunstfreunde". Außerdem begann er junge Schriftsteller wie Bruno Arbeiter, Theodor Heinz Köhler und Görge Spervogel zu unterstützen und zu fördern.
Über die Haltung Scharrelmanns in der NS-Zeit gibt es verschiedene Standpunkte: Er sei in eine "inneren Emigration" zurückgezogen , oder "mehr oder minder Teil des nationalsozialistisch organisierten Literaturbetriebs" gewesen. Tatsächlich war Scharrelmann "Förderndes Mitglied" der SS und Mitglied der Reichsschrifttumskammer, ist aber nie der NSDAP beigetreten. 1936 erhielt er für "Das Fährhaus" den Literaturpreis der Provinz Hannover.

Bis zu seinem Tod am 18.04.1950 war Wilhelm Scharrelmann als Schriftsteller tätig. In seinen Werken thematisierte er oft seine Heimat, insbesondere die Moorlandschaft, religiöse Motive und die Kindheit und das Heranwachsen. Eine Werkübersicht ist in "Antlitz der Freundschaft" auf S. 83 f. zu finden.
In Lilienthal wurde eine Straße nach ihm "Wilhelm-Scharrelmann-Straße" benannt, in Worpswede gibt es einen "Wilhelm-Scharrelmann-Weg" und in Bremen-Huckelriede eine "Scharrelmannstraße".
Imke Brünjes, August 2014

Bestandsgeschichte

Nach Wilhelm Scharrelmanns Tod kümmerte sich zunächst seine Frau Johanne um den Nachlass. Nachdem sie 1955 gestorben war, brachte seine Familie mit Hilfe von Carl Dantz einen Teil, der 16 Kartons umfasste, ins Staatsarchiv Bremen. Für diesen Bestand wurde am 30.05.1955 ein Depositalvertrag abgeschlossen, weitere Ablieferungen folgten 1984, 1985 und 1998. Teile des Nachlasses befinden sich noch im Besitz von Scharrelmanns Enkelin Anka Hüchting.
Der Depositalvertrag wurde am 04.04.2011 aufgehoben und der Bestand ist nun Eigentum des Staatsarchivs. Er dokumentiert v.a. die schriftstellerische Tätigkeit Scharrelmanns, außerdem bilden Korrespondenzen, insbesondere mit anderen Autoren, einen Schwerpunkt.
Zunächst wurde er durch ein provisorisches Verzeichnis erfasst. Die Neubearbeitung erfolgte von Juni bis August 2014. Die alten Archivsignaturen sind durch eine Konkordanz nachvollziehbar.
Da es sich um einen literarischen Nachlass handelt, wurden der Klassifikation die Erschließungsrichtlinien des Goethe- und Schiller-Archivs in Weimar zugrunde gelegt.

Die erste Gruppe "Werke" wurde nach Gattungen unterteilt. Innerhalb der Untergruppen sind die Werke alphabetisch gereiht. Im Gegensatz zur vorigen Ordnung wurden jetzt alle Materialien zu einem Werk, wie Arbeitsmaterial, Manuskripte, Rezensionen, Leserbriefe und Übersetzungen, zusammengefasst und jeweils chronologisch geordnet. Lediglich Rezensionen, die mehrere Werke behandeln, wurden am Ende der Klassifikationsgruppe angefügt. Eine Liste der im Staatsarchiv vorhandenen Werke ist an das Aktenverzeichnis angehängt.
Arbeitsmaterial, das sich keinem bestimmten Werk zuordnen ließ, wurde in der zweiten Klassifikationsgruppe "Allgemeines Arbeitsmaterial" zusammengefasst.
In der dritten Gruppe "Korrespondenz" wurden eingegangene und ausgegangene Schreiben zusammenbelassen, meistens handelt es sich nur um Eingänge. Wenn nur ausgegangene Briefe erhalten sind, bei denen es sich in der Regel um Durchschläge handelt, ist dies durch ein (A) kenntlich gemacht. Die Schriftwechsel wurden nach Korrespondenzpartner geordnet, bereits thematisch geordnete Korrespondenz wurde aber in diesem Zusammenhang belassen. Die alte Ordnung nach zeitlichen Abschnitten wurde aufgelöst. Da sich in einer Verzeichnungseinheit jetzt oft Korrespondenz aus vielen verschiedenen Akten befindet, konnte die alte Archivsignatur lediglich auf den Trennblättern zwischen den Briefen der einzelnen Korrespondenzpartner festgehalten werden, in der Konkordanz ist die neue Signatur nicht nachvollziehbar. Bei Behörden, Firmen, Verlagen und Zeitungen, die keinen Personennamen als Bezeichnung führen, wurde der Ortsname als erstes Ordnungskriterium verwandt. Glückwünsche und Dankschreiben, die sonst wenig bzw. keinen Inhalt haben, wurden separat chronologisch und ohne Angabe der Verfasser geordnet. Auch Leserbriefe von Scharrelmann offensichtlich nicht näher bekannten Personen, z.B. Schulklassen, wurden hier eingeordnet. Leserbriefe, die zusammen mit bestimmten Werken abgelegt waren, wurden dort belassen.

Die vierte Klassifikationsgruppe "Geschäftlich-berufliche und persönliche Unterlagen" umfasst Schriftgut zu Scharrelmanns literarischer Tätigkeit und seiner Mitgliedschaft in verschiedene Vereinigungen. Außerdem werden hier seine persönlichen Lebensumstände dokumentiert.
Werke von anderen Schriftstellern und anderweitig nicht einzuordnendes Schriftgut wurden in der fünften Gruppe "Sammlungs- und Erinnerungsstücke" zusammengefasst.
Im Zuge der Verzeichnung wurde der Bestand enteist und neu verpackt. Er umfasst 137 Verzeichnungseinheiten und ca. 2 lfm.

Enthält

Manuskripte von Dichtungen - Besprechungen - Korrespondenz mit Verlagen, Theatern, Schriftstellern, u.a. Hans Fallada, August Hinrichs, Karl Lerbs

Literatur

Alpers, Else: Wilhelm Scharrelmann. In: Stader Jahrbuch 1947. - Hamburg : Deutscher Literatur Verl., 1947. - S. 93 - 103.
Dies.: Wilhelm Scharrelmann. In: Niedersächsische Lebensbilder. - Hildesheim : Lax., 1954. - S. 314 - 323
Bähner, Monika: Wilhelm Scharrelmanns "Piddl Hundertmark" : Anklänge an ein proletarisches Kinderbuch. Bremen, Univ., Hausarb., 1993. - 30 S.
Dreyer, Alfred: Ein Dichter der Demut und Stille : zum 80. Geburtstag Wilhelm Scharrelmanns. In: Niedersachsen : Zeitschrift für Kultur, Geschichte, Heimat und Natur seit 1895. - Bremen : Schünemann, 1955 (3). - S. 221 f.
König, Johann-Günther: Versuch über Wilhelm Scharrelmann. In: Antlitz der Freundschaft, Hrsg. von Johann-Günther König. Mit e. Geleitwort von Anka Hüchting. - Bremen : Donat, 2000. - S. 16 - 75.

Krogmann, Ferdinand: Schriftsteller in Worpswede während des "Dritten Reiches" im Spiegel der Presse und eigener Werke. In: Landschaft, Licht und niederdeutscher Mythos / Strohmeyer, Arn [u.a.]. - Weimar, 2000. - 279 S.
Ders.: Worpswede im Dritten Reich : 1933 - 1945. - Bremen : Donat, 2011. - 304 S.
Patemann, Reinhard: Scharrelmann, Friedrich Wilhelm. In: Bremische Biographie 1912 - 1962. - Bremen : Hauschild, 1969. - S. 437 f.
Schwarzwälder, Herbert: Das Große Bremen-Lexikon. - Bremen : Ed. Temmen, 2002. - S. 625 f.
Tausend Jahre Plattdeutsch : Proben niederdeutscher Sprache und Dichtung / hrsg. von Conrad Borchling und Hermann Quistorf:
Bd. 2: Von 1900 bis zur Gegenwart. - Glückstadt bei Hamburg : Kock, 1929. - 459 S.
Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen:
39. Radikale Schulreform zwischen Programmatik und Realität : die schulpolitischen Kämpfe in Bremen vor dem Ersten Weltkrieg und in der Entstehungsphase der Weimarer Republik / Dirk Hagener. - Bremen : Schünemann, 1973. - 255 S.
Wulff, Hinrich: Geschichte und Gesicht der bremischen Lehrerschaft : Gestalten und Generationen aus hundert Jahren (1848 - 1948) ; ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Volksschule. - Bremen : Krohn, 1950. - S. 35 - 37.

Siehe

Korrespondierende Archivalien

4,111 Pers. - 4890 Personalakte
3-K.1.d.1.c.10 Nr. 5 Differenzen zwischen dem Pastor Dr. Rump in Seehausen und den Lehrern an der dortigen Gemeindeschule C. Karkmeyer und W. Scharrelmann
7,152 - 18 Korrespondenz zwischen Friedrich Lindemann und Wilhelm Scharrelmann
7,152 - 43 Biografische Artikel
7,152 - 107 Fotos
4,63/2 - 406 Biografische Presseartikel
7,30 - 92 Abbildungen bremischer Schulmänner
10,B Al - 1604 Lehrerportraits
9, S 3 - Wilhelm Scharrelmann

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M.

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