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NLA WO 100 Slg

Beschreibung

Identifikation (kurz)

Titel

21. Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (2009-2012) des Niedersächsischen Landtags zur Schachtanlage Asse II

Laufzeit

1911-2012

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners

Das ehemalige Salzbergwerk Asse II (abgeteuft 1906-1908) wurde seit 1965 als Forschungsbergwerk der Gesellschaft für Strahlenforschung mbH (GSF; heute: Helmholtz Zentrum München [HMGU]) betrieben und zwischen 1967 und 1978 offiziell für die großtechnische Erprobung der Endlagerung radioaktiver Abfälle genutzt. Hintergrund für die Entscheidung war die Internationale Konferenz über die Beseitigung radioaktiver Abfallprodukte in Monaco vom 16. bis 21. November 1959, bei der die Fachleute der Ansicht waren, dass die Lagerung radioaktiver Produkte - in fester Form oder in Behältern verschlossen - in künstlichen oder natürlichen Kavernen im Erdreich am besten geeignet sei. Die Einlagerung in Salzstöcken galt in Deutschland aufgrund der geologischen Voraussetzungen als die aussichtsreichste Option.

Als 1977 die Entscheidung getroffen wurde, den Salzstock Gorleben einer Prüfung zur geologischen Eignung für die Endlagerung radioaktiver Abfälle zu unterziehen, wurde die Einlagerung der Abfälle in der Asse II gestoppt. Anschließend wurden hier Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die Endlagerung im Salzstock Gorleben vorgenommen, u.a. Techniken zur Verfüllung und zum Verschluss von Bohrlöchern, Kammern, Strecken und Schächten in einem Endlager entwickelt und erprobt. 1995 endeten diese Forschungsarbeiten zur Endlagerung gänzlich. Daraufhin wurden die verbliebenen Hohlräume aus dem ehemaligen Salzabbau bis 2004 verfüllt und die endgültige Schließung 2007 beantragt.

Presseberichte über radioaktiv kontaminierte Salzlauge 2008 führten zu dem Vorwurf gegen den Betreiber, die Aufsichtsbehörden unzureichend informiert zu haben. Seit dem 1. Januar 2009 wurde die Asse II als ein Endlager nach Atomrecht und nicht mehr als Forschungsbergwerk nach dem Bergrecht betrieben, um die Anlage atomrechtlich angemessen schließen zu können. Neuer Betreiber wurde das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS); damit einher ging ein Wechsel der politischen Zuständigkeit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zum Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Das BfS verwarf das ursprüngliche Schließungskonzept und erarbeitete einen neuen Plan zur Rückholung der eingelagerten Abfälle.

Die Fehler der ehemaligen Betreiber, gegen die strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden, führten zur Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) des niedersächsischen Landtages am 16. Juni 2009. Dieser sollte sich mit den Geschehnissen um das Atommülllager Asse II auseinandersetzen. So ergaben die Ermittlungen, dass die Behälter zur Einlagerung des radioaktiven Materials nur auf geringe Haltbarkeit ausgelegt waren und dass die Betreiber bewusst in Kauf genommen hatten, dass sie innerhalb kurzer Zeit verrotten würden. Seitens der Grünen wurde der Vorwurf laut, dass die Industrie die Asse von Anfang an als ein billiges Endlager betrachtet habe.

Die Arbeiten des PUA wurden im Oktober 2012 abgeschlossen. Wenige Monate später beschloss der Bundestag das "Gesetz zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanlage Asse II" (20. April 2013; BGBl. I S. 921). Nach dieser sog. Lex Asse sollten die Kosten für die Rückholung der Abfälle und Stilllegung der Anlage, die auf vier bis sechs Milliarden Euro geschätzt wurden, nicht durch den Betreiber, sondern durch den Bund getragen werden.

Die Debatte um das Atommülllager Asse II hält bis heute insbesondere in der betroffenen Region an. Neuerdings wird die Frage gestellt, ob auch damalige Entscheidungsträger nachträglich haftbar gemacht werden können.

Stand: Mai 2016

Als Folge des Gesetzes zur Neuordnung der Organisationsstruktur im Bereich der Endlagerung vom 26. Juli 2016 (BGBl. I 37/2016, S. 1843) werden die Aufgaben des BfS als Betreiber, der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) und der Asse-GmbH als Betriebsgesellschaft künftig von der Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) mit Sitz in Peine übernommen. Die Endlagerüberwachung geht vom BfS auf das neue Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) als Atomaufsicht über.

Stand: April 2017

Bestandsgeschichte

Der Sammlungsbestand wurde im Zuge der Einsetzung des 21. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) am 16. Juni 2009 begründet, der die Vorgänge in der Schachtanlage Asse II bei Wolfenbüttel untersuchen sollte. Zu diesem Grund wurden Akten verschiedener Behörden dem PUA zur Verfügung gestellt und später eingescannt.

Nach Ende der Arbeit des PUA entschied der Landtag, dass die Kopien einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und zu diesem Zweck dem Niedersächsischen Landesarchiv (NLA) zur Verfügung gestellt werden sollten (Abschlussbericht S. 49). Aufgrund zahlreicher Wünsche aus der Region wurde als Ort der Aufbewahrung der Standort Wolfenbüttel bestimmt.

Die Verzeichnung der eingescannten Akten erfolgte ursprünglich durch Mitarbeiter des Standortes Hannover, nachdem der PUA seine Arbeit abgeschlossen hatte. Dabei wurde auf eine Klassifikation des Materials verzichtet, nur die ursprünglichen Provenienzen (Teil-Provenienzen) wurden jeweils angegeben. Eine Bewertung des Materials nach archivischen Grundsätzen erfolgte nicht, so dass der Bestand auch leere Akten und Duplikate umfasst.

Für die Bereitstellung der Sammlung im Standort Wolfenbüttel wurde entschieden, für diese nachträglich eine Klassifikation zu erstellen, die derzeit noch nicht abgeschlossen ist. Unverändert übernommen wurde vorerst auch die Akzessionsnummer (z.B. Acc. 2014/507), die nicht dem üblichen Schema der Signierung in Wolfenbüttel entspricht.

Stand: Mai 2016

Die ehemalige Bestandssignatur "Sammlung Asse-Untersuchungsausschuss" wurde im September 2018 in "100 Slg" umgeändert. Inzugedessen wurden auch die Akten im Herbst 2018 neu signiert und dem in Wolfenbüttel üblichen Schema für die Benennung der Zugänge angepasst. Die Nummerierung der Akten wurde dabei unverändert beibehalten. Die ehemaligen hannoverschen Akzessionsnummern sind im Feld "Alte Archivsignatur" angegeben.

Stand: Oktober 2018

Enthält

Sammlung von eingescannten Akten verschiedener Behörden und Einrichtungen (u.a. Nds. Umweltministerium und weitere Landesministerien, Bergämter, Bundesministerien, Dienststellen anderer Bundesländer, Forschungseinrichtungen, private Institutionen und Unternehmen), angelegt für den 21. PUA

Literatur

Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung mbH München (Hg.), Zur Sicherheit der Endlagerung radioaktiver Abfälle im Salzbergwerk Asse, München 1973.

G. Staupendahl, Zur Standsicherheit des Salzbergwerkes Asse II als Endlager für radioaktive Abfälle, München 1974.

Josef Wolf, Endlagerung verbrauchter Brennelemente aus dem AVR-Versuchskraftwerk im Salzbergwerk Asse, Jülich 1975.

Konrad Klarr, Grundlagen zur Geologie der Asse, München 1981.

Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung mbH München, Institut für Tieflagerung (Hg.), Salzbergwerk Asse. Forschung für die Endlagerung, Neuherberg [ca. 1984].

Detlev Möller, Endlagerung radioaktiver Abfälle in der Bundesrepublik Deutschland. Administrativ-politische Entscheidungsprozesse zwischen Wirtschaftlichkeit und Sicherheit, zwischen nationaler und internationaler Lösung, Frankfurt/M. 2009.

Asse-Einblicke. Informationen über ein Versuchsendlager (Zeitschrift des Bundesamtes für Strahlenschutz ab 2009).

Bundesamt für Strahlenschutz (Hg.), Fachinformation: Welcher Strahlenbelastung waren die Beschäftigten auf der Schachtanlage Asse II zwischen 1967 und 2008 ausgesetzt?, Salzgitter 2011.

Abschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 18. Oktober 2012.

Bundesamt für Strahlenschutz (Hg.), Asse II - Maßnahmen und Perspektiven, Salzgitter 2013.

Hartmut Gaßner und Georg Buchholz, Lex Asse - Gesetz zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanlage Asse II, in: Zeitschrift für Umweltrecht 24 (2013), H. 6, S. 336-342.

Bundesamt für Strahlenschutz (Hg.), Schachtanlage Asse II – Gesamtdarstellung zur Rückholungsplanung, Salzgitter 2014.

Ulrich Dornsiepen, Atommüll - wohin?, Darmstadt 2015.

Hans-Martin Arnoldt, Schachtanlage Asse. Karten, Pläne und andere Dokumente aus der Gründungs- und Betriebszeit des Bergwerkes, in: Heimatbuch Landkreis Wolfenbüttel 61 (2015), S. 191-199.

Bundesamt für Strahlenschutz (Hg.), Schachtanlage Asse II - Stand der Arbeiten zur Rückholung, Salzgitter 2017.

Siehe

Korrespondierende Archivalien

NLA HA
- Nds. 500 (Nds. Ministerium für Wirtschaft und Verkehr)
- Nds. 800 (Nds. Umweltministerium)
- Nds. 505 (Nds. Landesamt für Bodenforschung)
- Nds. 506 (Nds. Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG))
- Nds. 540 (Oberbergamt/Landesbergamt Clausthal-Zellerfeld (BaCl))
- Nds. 805 (Landesamt für Immissionsschutz)
- Hann. 184 (Preußisches Oberbergamt), Acc. 9 Nr. 3102-3112
- V.V.P. 99 (Die Linke, Fraktion im Nds. Landtag), Acc. 2013/074 Nr. 7-104

NLA WO
- 4 Nds Inneres (Bezirksregierung Braunschweig: Inneres), u.a. Zg. 28/2004 Nr. 31, 32, 99, 100, 107 und 286-291
- 48 A Nds (Bergamt Goslar), hier bes. Gliederungspunkt 11
- 48 B Nds (Bergamt Wolfenbüttel), hier bes. Zg. 2015/77: Burbach-Kaliwerke AG, Werk Asse (Vorbesitzer von Asse II bis 1965) und Gesellschaft für Strahlenforschung mbH (Betreiber des Forschungsbergwerks 1965-1995)
- 58 Nds (Landgericht Braunschweig), Zg. 20/1992 Nr. 61
- 1010 N (Niedersächsische Kaliindustrie), hier bes. Gliederungspunkt 12

WirtA BS
- NWA 6 (Reichswerke Hermann Göring), Zg. 2014/6 Nr. 194

Bundesarchiv
- B 106 (Bundesministerium des Innern)
- B 196 (Bundesministerium für Forschung und Technologie, HGr. 5 und 6 sowie API-Gr. 19)
- B 295 (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, API-Gr. 1)
- B 516 (Bundesamt für Strahlenschutz; bis Ende 2015 leerer Bestand)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M.

107,4m (4159 Stück)

Referent

Dr. Christian Helbich

Bearbeiter

Dr. Christian Helbich (2016, 2017, 2018)

Benutzung

Ein Großteil der Akten unterliegt derzeit noch Nutzungseinschränkungen. Dies betrifft jüngere Sachakten, die noch nicht 30 Jahre geschlossen sind, sowie Verschlussakten und personenbezogene Akten, für die nach dem NArchG noch längere Schutzfristen gelten. Erweiterte Schutzfristen bestehen weiterhin für einige Akten von Einrichtungen des Bundes gemäß dem BArchG sowie für Archivgut, das besonderen gesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften (Sozialgeheimnis, Firmengeheimnis) unterliegt. Frei nutzbar für Recherche und Bestellung sind rund 30 Prozent der Sammlung.

Für die Einsichtnahme in die Erschließungsinformationen und die Bestellung der noch gesperrten Sachakten in den Lesesaal des NLA Wolfenbüttel ist wie üblich ein Antrag auf Schutzfristenverkürzung (Ergänzungsantrag) nach § 5 Abs. 5 NArchG notwendig. Diese kann nach Nr. 2 dann gewährt werden, wenn die Nutzung geschützter Akten zur Durchführung eines wissenschaftlichen Forschungsvorhabens oder zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben von Presse und Rundfunk erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der Betroffenen durch geeignete Maßnahmen hinreichend gewahrt werden. Im speziellen Fall dieses Sammelbestandes soll darüber hinaus aber auch Nutzern, die lediglich ein persönliches Interesse geltend machen, grundsätzlich eine Schutzfristenverkürzung eingeräumt werden, sofern nach § 5 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 NArchG öffentliche Interessen oder schutzwürdige Interessen Betroffener dieser nicht entgegenstehen. Die Verkürzung erfolgt mittels eines reduzierten Ergänzungsantrages.

Eine Nutzung der personenbezogenen Akten (105 Stück) ist in begründeten Fällen und für berechtigte Nutzer (z.B. Betroffene oder Angehörige) nur mit Ergänzungsantrag und nach Rücksprache mit dem zuständigen Referenten möglich.

Aus rechtlichen Gründen ist ohne eine Aufhebung der VS-Einstufung durch die herausgebende Stelle gemäß Verschlusssachenanweisung i.V.m. dem Nds. Sicherheitsüberprüfungsgesetz (für die nds. Behörden) keine Nutzung der 46 als vertraulich eingestuften Akten und deren Erschließungsinformationen möglich. Diese betreffen folgende Behörden:
- Bundesamt für Strahlenschutz (22 Akten)
- Hessisches Ministerium für Wirtschaft und Technik (2 Akten)
- Nds. Umweltministerium (11 Akten)
- Nds. Wirtschaftsministerium (2 Akten)
- Nds. Staatskanzlei (5 Akten)
- Oberbergamt Clausthal-Zellerfeld/LBEG (4 Akten)

Stand: Mai 2016

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen

Abgeschlossen: ja