NLA ST Rep. 71a

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Amtsadvokaten und Kammerkonsulenten zu Stade

Laufzeit 

1660-1849

Bestandsdaten

Kurzbeschreibung 

Prozesse und juristische Gutachten der Amtsadvokaten/Kammerkonsulenten

Geschichte des Bestandsbildners 

Aufgrund des weitgehenden Fehlens von General- und Organisationsunterlagen sowie des Umstandes, dass gedruckte Amtsträgerlisten erst im 18. Jahrhundert vorliegen, kann die Geschichte des Bestandsbildners nur lückenhaft rekonstruiert werden.
Die Entstehung des Typus der Amtsadvokaten beziehungsweise Kammerkonsulenten ist hinsichtlich der Herzogtümer Bremen und Verden vermutlich vor dem Hintergrund des Verrechtlichungs- und Professionalisierungsschubes in der Verwaltung unter schwedischer Herrschaft zu sehen. Seit wann ein eigenständiges Amt existierte, ist aufgrund der wenigen Akten aus dem 17. Jahrhundert nur schwer auszumachen (vergleiche auch unten die Bestandsgeschichte).
Die Aufgabe der Amtsadvokaten beziehungsweise Kammerkonsulenten zu Stade bestand in der anwaltlichen Vertretung sowie juristischen Gutachten in den die Herzogtümern Bremen und Verden betreffenden Fällen. Sie hatten die obrigkeitlichen Interessen in entsprechenden Gerichtsverfahren zu vertreten; selten wurden Untertanen in Prozessen gegen adlige Grundherren vertreten, soweit daran ein Interesse der Obrigkeit bestand. Auftraggeber für die Prozessführung und Gutachtertätigkeit war in hannoverscher Zeit ganz überwiegend die Königliche Kammer, Mandanten neben dieser vor allem die einzelnen Ämter sowie in einigen Fällen die Forstverwaltung; eine eindeutige Identifizierung des führenden Akteurs ist nicht immer möglich.
Neben der Prozessführung findet sich eine umfangreiche Gutachtertätigkeit, wobei beides nicht immer klar zu trennen ist.
Dominierende Themen der Prozesse und Gutachten sind Geld- und Naturaldienstleistungen der Untertanen, Herrschaftsrechte (etwa Brau-, Mühlen- und Jagdrechte) sowie Fragen der Jurisdiktion. Neben den bäuerlichen Untertanen tritt daher vor allem der in den beiden Herzogtümern ansässige Adel immer wieder als gegnerische Prozesspartei in Erscheinung.
Das Zurückgehen der Menge an Vorgängen im 19. Jahrhundert bis zuletzt 1849 dürfte wesentlich mit den starken Veränderungen der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialstrukturen in dieser Zeit zu tun haben; doch sind andererseits im Bestand zu den Amtsadvokaten in NLA HA Hann. 112 noch zahlreiche Prozesse bis in die 1880er Jahre belegt, sodass auch hier momentan keine sicheren Aussagen möglich sind.
Insgesamt bildet die Tätigkeit der Amstadvokaten beziehungsweise Kammerkonsulenten eine vorzügliche Quelle für lokal-, wirtschafts-, sozial- und rechtshistorische wie auch genealogische Fragestellungen.

Bestandsgeschichte 

Die Akten der Kammerkonsulenten und Amtsadvokaten zu Stade wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts vom Landgericht Stade an das seinerzeit zuständige Staatsarchiv Hannover abgegeben. Ein eigener Bestand für die Überlieferung der Kammerkonsulenten und Amtsadvokaten, einer Art früher Anwaltskammer, wurde erst nach der Überführung der Akten in das wiedererrichtete Staatsarchiv Stade gebildet. In der bis 1968 bestehenden ursprünglichen Anordnung bildeten die Akten von Justizkanzlei und Hofgericht, Elbzollgericht sowie Kammerkonsulenten und Amtsadvokaten einen gemeinsamen Archivbestand Rep. 71 Stade (Obergericht Stade). Hier nahmen die Akten von Justizkanzlei und Hofgericht die Nummern 1-57, das Elbzollgericht die Nummern 58-68 sowie die Akten der Kammerkonsulenten und Amtsadvokaten die Nummern 69-514 ein. Nach der provenienzmäßigen Trennung der Bestände im Jahr 1968 wurden die Akten der Kammerkonsulenten und Amtsadvokaten nicht mit einer neuen fortlaufenden Numerierung versehen, so dass die alte Zählung der Akten mit der laufenden Nummer 69 einsetzt.
Die erste Verzeichnung des Bestandes wurde in den Jahren nach 1968 von Paul Dubielzig durchgeführt. Die hier fehlende Nr. 514 wurde vom Unterzeichnenden nachgetragen. In seiner derzeitigen Gestalt umfasst der Bestand 475 Nummern aus den Jahren 1660 bis 1849; abschriftlich reicht die Überlieferung bis zum Jahr 1286 zurück. Die hier enthaltenen Akten der vorhannoverschen Zeit entstammen dabei teilweise der Tätigkeit des Hofgerichts zu Stade. Der Bestand stellt eine wichtige Ergänzung zu den Beständen Rep. 5a und Rep. 70 dar. Zuwachs zum Bestand der Kammerkonsulenten und Amtsadvokaten ist durch die provenienzmäßige Bearbeitung des provisorisch eingerichteten Bestandes Rep. 7 zu erwarten.
Hinsichtlich der Zuordnung der Vorgänge zu einzelnen Ämter ist zu beachten, dass letztere im Verlaufe des 17. bis 19. Jahrhunderts teils beträchtliche Veränderungen erfuhren. Eine exakte Rekonstruktion der ursprünglichen Amtszugehörigkeit der in den Akten verhandelten Vorgänge war daher nicht immer möglich .
Bei den in den Erschließungsdaten unter "Organisations- und Aktenzeichen" notierten alphanumerischen Signaturen der Buchstabengruppe A-F lässt sich nicht mehr sicher klären, wer diese vergeben hat. Entweder geschah dies durch das Staatsarchiv Hannover (vergleiche Nr. 432) - dann wäre es eine Alte Archivsignatur -, möglich ist aber auch die Bezirksregierung Hannover (vergleiche Nr. 261). Definitiv zeitgenössisch sind Aktenzeichen mit Band- zuzüglich Nummernangabe, die auf - nicht mehr erhaltene - Geschäftstagebücher hindeuten.

Stade, 31.01.2001
Dr. Christian Hoffmann

Die Erschließung wurde 2013 von Karin Schmeelk und Antje Schröpfer nochmals teilweise bearbeitet.

In den Jahren 2017/2018 wurde der Bestand vom Unterzeichnenden neu erschlossen. Diverse Signaturen fielen infolge von Neusignierung (Teilbände) oder Provenienzbereinigungen weg. Die vormalige Nr. 38 wurde umgeordnet zu NLA ST Rep. 74 Himmelpforten Nr. 2560 und die Nr. 475 zu NLA ST Rep. 71 Otterndorf Nr. 814. Einige Archivalien waren aus bestandserhalterischen Gründen unbenutzbar.
Das Findbuchvorwort wurde aktualisiert. Da Organisationsunterlagen weitgehend fehlen, wurde die Klassifikation nach einem abstrakt-systematisierenden Prinzip erstellt, was unvermeidbar zu Unschärfen führte. Die im Findmittel von 1968 verwendete Klassifikation ließ sich anhand der Archivalien nicht mehr als diejenige des Provenienzbildners nachweisen.
Die unten aufgeführte Liste der Amtsadvokaten im 18. Jahrhundert wurde erstellt von der Praktikantin Thalia Rübsteck.

Stade, 21.12.2018
Bernhard Homa

Literatur 

Volker Friedrich Drecktrah, Die Gerichtsbarkeit in den Herzogtümern Bremen und Verden und in der preußischen Landdrostei Stade von 1715 bis 1879. Frankfurt a.M./Berlin/Bern/Brüssel/New York/Oxford/Wien 2002 (Rechtshistorische Reihe 259)
Beate-Christine Fiedler, Die Verwaltung der Herzogtümer Bremen und Verden in der Schwedenzeit 1652–1712 – Organisation und Wesen der Verwaltung. Stade 1987
Peter von Kobbe, Geschichte und Landesbeschreibung der Herzogthümer Bremen und Verden. 2. Theile. Göttingen 1824
Erich von Lehe, Grenzen und Ämter im Herzogtum Bremen. Altes Amt und Zentralverwaltung Bremervörde, Land Wursten und Gogericht Achim. Göttingen 1926 (Studien und Vorarbeiten zum Historischen Atlas Niedersachsens 8)
Jutta Siegmeyer, Das Amt Hagen in schwedischer Zeit 1646 bis 1720. Stade 2016 (Beiträge zur Geschichte und Kultur des Elbe-Weser-Raumes 8)
Bernd Watolla (Bearb.), Quellen zur Bevölkerungsgeschichte des Elbe-Weser-Raums vom 16. bis zum 19. Jahrhundert im Niedersächsischen Landesarchiv – Staatsarchiv Stade –. Nach Vorarbeiten von Walter Deeters. Göttingen 2009 (Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung 62)

Findmittel 

Maschinenschriftliches Findbuch (Stand 31.01.2001)

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

NLA HA Hann. 112 Kammerkonsulenten- und Amtsadvokatenregistratur

NLA ST Rep. 5a Schwedisches Regierungsarchiv

NLA ST Rep. 70 Justizkanzlei und Hofgericht Stade 1652-1832/52, hier besonders Klassifikationsebenen 6 (Justizkanzlei) und 7 (Prozeßakten des Hofgerichts)

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

12,5 lfd. m

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Abgeschlossen: nein

teilweise verzeichnet

Liste der aus den Staatskalendern des 18. Jahrhunderts ermittelbaren Amtsadvokaten und ihrer nachweisbaren Amtszeiten:
Otto Rosenbruch: 1737-1740
Christian Stüve: (1738) 1741-1754
Peter Christian von Finckh (Finkh): (1751) 1755-1787
David Heinrich Wehner (gestorben 10.09.1816): 1789-1816 (?)
Georg Heinrich Stackemann (Stakemann): 1818-1825
Ernst Christian Körber ("Procurator"): 1824-1838
G.F.A. Stakemann ("Procurator"): 1839-1841
F. Knipping ("Procurator"): 1842-1849
C.H. Burghardt ("Procurator"): 1850-1852