NLA WO 1002 Nds

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Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Verwaltungsgericht Göttingen

Laufzeit 

1983-2015

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, d.h. die Entscheidung in Verwaltungsstreitverfahren, in den preußischen Gebieten lag seit 1883 (Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung) in der Hand von Kreis- bzw. Stadt- sowie von Bezirksausschüssen als Verwaltungsgerichte und beim Oberverwaltungsgericht Berlin. Ein Bezirksausschuss als Verwaltungsgericht bestand aus dem Regierungspräsidenten als Vorsitzenden und aus sechs (weiteren) Mitgliedern. Mit dem Gesetz über die Anpassung der Landesverwaltung an die Grundsätze des Nationalsozialistischen Staates vom 15. Dezember 1933 wurden die Bezirksausschüsse in Bezirksgerichte umbenannt.

Nach Kriegsende bestimmte die Britische Militärregierung mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 36 vom 31. Oktober 1946 die Wiedereinrichtung von Fachgerichten zur Entscheidung von Verwaltungssachen. In der Verordnung Nr. 165 vom 15. September 1948 wurde ein Instanzenzug mit mehreren Landesverwaltungsgerichten und einem Oberverwaltungsgericht vorgesehen und damit das bis heute gültige verwaltungsgerichtliche Verfahren vorweggenommen, welches die Verwaltungsgerichtsordnung von 1960 regelt.

Für die Provinz Hannover, zu der auch Südniedersachsen im Wesentlichen gehörte, wurden Bezirksverwaltungsgerichte für die Regierungsbezirke Hannover, Hildesheim, Osnabrück, Lüneburg, Stade und Aurich gegründet. Jedes der aus der Verwaltung ausgegliederte Bezirksverwaltungsgericht war mit dem Präsidenten der Verwaltungsgerichte oder einem der zwei Vizepräsidenten, einem weiteren Richter und drei Laienbeisitzern besetzt. Aus den Bezirksverwaltungsgerichten gingen nach Gründung des Bundeslandes Niedersachsen die (Landes-)Verwaltungsgerichte hervor.

Eine Berufungsinstanz entstand erst mit der Gründung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg mit Wirkung vom 1. April 1949. Einen Monat später wurde die Zahl der Verwaltungsgerichte auf drei (Hannover, Braunschweig und Oldenburg) verringert, denen darüber hinaus Auswärtige Kammern in Osnabrück, Hildesheim, Lüneburg, Stade und Aurich zugeordnet waren. Damit bestanden in allen Sitzen eines Regierungs- bzw. Verwaltungspräsidenten Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreform wurden die Behörden Regierungs- bzw. Verwaltungspräsidenten zum 1. Februar 1978 in Bezirksregierungen umbenannt und ihre Zahl durch Zusammenschlüsse von acht auf vier verringert. Zur Bezirksregierung Braunschweig kamen daher große Teile Südniedersachsens, die zuvor zum Regierungspräsidenten Hildesheim gehörten. Damit wurde das Verwaltungsgericht Braunschweig auch für die Stadt Göttingen und die Landkreise Göttingen, Northeim und Osterode zuständig (siehe das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 1. März 1981, Nds. GVBl. 7/1981, S. 29).

Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 1. April 1992 (Nds. GVBl. 15/1992, S. 87) wurden mit Wirkung vom 1. August 1992 die Auswärtigen Kammern Göttingen des Verwaltungsgerichts Braunschweig gegründet. Hintergrund für die Justizreform war die Notwendigkeit der Beschleunigung von Asylverfahren, für die neue Kammern eingerichtet und zusätzliche Richterstellen geschaffen wurden. Nach einer provisorischen Unterkunft am Waageplatz bezogen die Auswärtigen Kammern Göttingen noch im November desselben Jahres das Gebäude der ehemaligen Landeszentralbank in Göttingen in der Berliner Straße. Dieses Gebäude ist bis heute Sitz des Verwaltungsgerichts Göttingen, welches aus den Auswärtigen Kammern Göttingen des Verwaltungsgerichts Braunschweig zum 1. Juli 1993 (Nds. GVBl. 20/1993, S. 175) entstand.

Mit dem Verwaltungsgericht Göttingen wurden auch die Auswärtigen Kammern in Lüneburg und Osnabrück zu vollwertigen Verwaltungsgerichten erhoben. Damit bestehen heute sieben Verwaltungsgerichte in Niedersachsen, die sich in Braunschweig, Göttingen, Hannover, Lüneburg, Oldenburg, Osnabrück und Stade (bereits seit 1981) befinden und denen das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg übergeordnet ist. An diesem werden Berufungsverhandlungen durchgeführt, sofern die Verwaltungsgerichte in ihren Urteilen und Beschlüssen eine Berufung zugelassen haben.

Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Göttingen erstreckt sich auf die Stadt Göttingen sowie die Landkreise Göttingen, Northeim und Osterode. Das Gericht hatte im Jahr 1992 zunächst drei, ab 1994 vier Kammern mit je drei oder vier hauptamtlichen Richtern. Das Verwaltungsgericht Göttingen ist zuständig für alle Verwaltungsrechtsstreitigkeiten in seinem Amtsbezirk, z. B. im Zusammenhang mit dem Beamtengesetz, dem Wehrpflichtgesetz, bei allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art sowie in Personalvertretungsangelegenheiten.

Durch die Prozessrechtsreform vom 1. Januar 1997 wurde die Arbeit der Verwaltungsgerichte aufgewertet, indem seither Rechtsmittel gegen deren Entscheidungen nur dann möglich sind, wenn sie vom Oberverwaltungsgericht ausdrücklich zugelassen werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von obergerichtlichen Entscheidungen abgewichen ist oder wenn Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.

Gemäß dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 2. Februar 2016 sind die derzeit neun Kammern für folgende Sachgebiete zuständig:

1. Kammer:
- Parlaments-, Wahl- und Kommunalrecht, Recht der juristischen Körperschaften des öffentlichen Rechts, Staatsaufsicht
- Wirtschafts- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Recht der freien Berufe
- Polizei-, Ordnungs- und Wohnrecht
- Ausländerrecht
- Berg- und Energierecht
- Straßen- und Wegerecht
- Recht des öffentlichen Dienstes
- Wehrpflichtrecht und Wehrrecht

2. Kammer:
- Rundfunk- und Fernsehrecht
- Landwirtschafts-, Jagd-, Forst- und Fischereirecht
- Raumordnung, Landesplanung, Bau-, Boden- und Städtebauförderungsrecht
- Immissionsschutzrecht
- Steuern
- Ausgleichsabgaben
- Vermögens- und SED-Rehabilitierungsrecht
- Sozialrecht und Sozialhilferecht
- Asylrecht

3. Kammer:
- Beteiligungen und Erschließungsvertragsrecht
- Abgabenrecht
- Anschluss- und Benutzungsrecht (ohne Abfallbeseitigung)
- Asylrecht

4. Kammer:
- Bildungsrecht, Sport
- Post-, Fernmelde- und Telekommunikationsrecht
- Rettungsdienstrecht
- Personenordnungsrecht
- Gesundheits- und Lebensmittelrecht
- Recht der Titel, Orden und Ehrenzeichen
- Umweltschutz
- Wasserrecht
- Gentechnik
- Bundes-Bodenschutzgesetz und Umweltinformationsgesetz
- Kirchensteuer
- Anschluss- und Benutzungsrecht (nur Abfallbeseitigung)
- Recht des öffentlichen Dienstes
- Justizverwaltungsrecht
- Asylrecht

5. Kammer:
- Disziplinarrecht der Landesbeamten
6. Kammer:
- Personalvertretungsrecht des Bundes
7. Kammer:
- Personalvertretungsrecht der Länder
- Recht der Richtervertretungen
8. Kammer:
- Hochschulzugangsrecht
- Numerus-clausus-Verfahren
9. Kammer:
- Disziplinarrecht der Bundesbeamten

Stand: April 2006 (erweitert und aktualisiert Februar 2016)

Bestandsgeschichte 

Die Bewertung der im Verwaltungsgericht Göttingen anfallenden Akten erfolgt durch das NLA WO seit 2002 in einem jährlichen Rhythmus. Sie findet jahrgangsweise nach Ende der Aufbewahrungsfrist statt.

Bei den Übernahmen von Schriftgut 1999 und 2002 erfolgte eine Bewertung einerseits nach dem Zufallsprinzip (als Stichprobe jede 200. Akte eines Jahrgangs für jede Kammer nach Aktenzeichen) und durch eine Einzelauswahl zeittypischer und besonderer Fälle. Seit dem Zugang 2003 wird auf die Stichprobe verzichtet und nur noch eine Einzelauswahl vor Ort vorgenommen. Ausschlaggebend für die Entscheidung der Archivwürdigkeit sind u.a. der Umfang der Akte, die Wahrnehmung des Falls in der Presse, die Länge des Verfahrens, die beteiligten Personen bzw. Personengruppen sowie der Instanzenzug.

Ein Großteil der Verfahren (zeitweise bis zu 50%), mit denen sich das Verwaltungsgericht Göttingen befasst, betraf in den vergangenen Jahren sog. NC-Fälle, d.h. Verfahren zur Hochschulzulassung insb. an der Universität Göttingen zu bestimmten Studiengängen (Human- und Zahnmedizin, Psychologie). Es handelt sich dabei zumeist um massenhaft anfallende einstweilige Rechtsschutzanträge auf außerkapazitäre Zulassung zu den Studiengängen, die allerdings als nicht archivwürdig bewertet und somit nicht übernommen wurden.

Andere Schwerpunkte der Arbeit des Verwaltungsgerichts werden dagegen beispielhaft anhand ausgewählter übernommener Fälle dokumentiert. Dies betrifft insbesondere Fälle des Asyl- und Ausländerrechts (Ausweisungen, Einbürgerungen etc.), des Denkmalschutzes, des Polizei- und Ordnungsrechts (z.B. Auflagen für oder Verbote von Demonstrationen, erkennungsdienstliche Maßnahmen), des Abgaberechts (kommunale Abfallbeseitigung, Müllgebühren), des Naturschutz- und Umweltrechts (Umweltverschmutzung, Windparks, Lärmimmission), des Förderungsrechts (z.B. EU-Agrarsubventionen), des Partei- und Vereinsrechts (NPD, Hells Angels) und des Sozialrechts (staatliche soziale Leistungen).

Der Bestand, der sich derzeit aus 17 Ablieferungen zusammensetzt, enthält auch in Zukunft noch Zuwachs, so dass die Zugangsnummer stets Bestandteil der Signatur ist.

Stand: Februar 2016

Enthält 

Prozesse; darin u.a. Abschiebung, Asyl, Bodensanierung, Denkmalsschutz, Folterung, Frauenbeauftragte, Georg-August-Universität Göttingen, Heilpraktikergesetz, Kleiderordnung (islamische), Kriegsdienstverweigerer, Scheinehe, Sozialhilfe, Spätaussiedler, Umweltverschmutzung

Literatur 

Hans Klinger, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Niedersachsen, in: Neues Archiv für Niedersachsen 8 (1955/1956), S. 163-168.

Niedersächsisches Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten (Hg.), 50 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit in Niedersachsen, Hannover 1997.

Horst-Rüdiger Jarck (Bearb.), Die Bestände des Staatsarchivs Wolfenbüttel, Göttingen 2005, S. 450f.

Homepage des Verwaltungsgerichts Göttingen

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

8,4

Bearbeiter 

Stefan Luttmer (2006)

Dr. Christian Helbich (2016)

Dr. Philip Haas (seit 2019)

Benutzung 

Aus datenschutzrechtlichen Gründen können die Erschließungsdaten des Bestandes online nicht angezeigt werden. Eine Einsichtnahme in die Daten ist nach Freischaltung nur im Lesesaal des Standortes Wolfenbüttel möglich. Bitte wenden Sie sich hierfür an die Lesesaalaufsicht. Ansonsten gelten für die Nutzung des Archivgutes des Bestandes zumeist die üblichen Schutzfristen für Sachakten von 30 Jahren gemäß § 5 Abs. 2 NArchG. Da alle Akten dieses Bestandes derzeit noch Schutzfristen unterliegen, können diese nur in begründeten Fällen mittels eines Ergänzungsantrages eingesehen werden.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

teilweise verzeichnet

Abgeschlossen: Nein